TE Vfgh Beschluss 2005/10/12 B3088/05

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Veröffentlicht am 12.10.2005
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §18 Abs4, §58 Abs3
GEG 1962 §7 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Erledigung betreffendBerichtigung eines Zahlungsauftrages für Gerichts- undJustizverwaltungsgebühren; kein Vorliegen eines Bescheides

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Aus der Beschwerdeschrift und der angefochtenen, als "Bescheid" bezeichneten Erledigung ergibt sich folgender Sachverhalt:

1.1. Die Beschwerdeführer veräußerten als jeweilige Hälfteigentümer eine nähere bezeichnete Liegenschaft. Mit Zahlungsauftrag vom 21. November 2003 wurde den Beschwerdeführern und dem Käufer der Liegenschaft für die Einverleibung des Eigentums des Käufers eine Eintragungsgebühr gemäß Tarifpost 9 litb Z1 GGG in der Höhe von € 27.035,-- zu ungeteilter Hand vorgeschrieben.

1.2. Mit Schriftsatz vom 9. November 2004 stellten die Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag gegen den Zahlungsauftrag und einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Vorschreibung der Eintragungsgebühr. Letzterem wurde mit Bescheid des Kostenbeamten des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9. Dezember 2004 nicht stattgegeben. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt mit Bescheid vom 2. März 2005 abgewiesen. Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz vom 23. Mai 2005 wurde die Berufung der Beschwerdeführer hinsichtlich des Berichtigungsantrages zurückgewiesen und hinsichtlich des Wiederaufnahmeantrages abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhobenen die Beschwerdeführer fristgerecht Berufung und beantragten u.a., das Bundesministerium für Justiz möge gemäß §7 Abs3 GEG 1962 von Amts wegen den Zahlungsauftrag abändern.

1.3. Mit einer als "Bescheid" überschriebenen Erledigung vom 11. August 2005 wurde der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz nicht Folge gegeben. In der Begründung wird auch ausgeführt, dass für eine "an sich mögliche" Berichtigung des Zahlungsauftrages "durch das Bundesministerium für Justiz" gemäß §7 Abs3 GEG 1962 kein Grund bestehe.

2. Die Beschwerdeführer erheben gegen diese Erledigung, die sie als "Bescheid (offenbar) des Bundesministers für Justiz" bezeichnen, Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der sie die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend machen und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides sowie für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof begehren und den Antrag stellen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG ist daher das Vorliegen eines Bescheides. Dies ist hier aber nicht der Fall:

3. Die den Beschwerdeführern zugestellte, dem Verfassungsgerichtshof in Kopie vorliegende Ausfertigung der angefochtenen Erledigung ist als "Bescheid" bezeichnet. Der Kopf der Erledigung enthält keine Bezeichnung einer Behörde, sondern lediglich das Aktenzeichen "BMJ-B301.416/0001-I 7/2005". Auch der Spruch enthält keinen Hinweis auf die Behörde, von der die Erledigung stammt. Die Erledigung trägt zwar am Ende des Textes ein Datum, aber weder den Namen des Genehmigenden, noch eine Unterschrift, eine Beglaubigung, eine Fertigungsklausel oder einen Hinweis auf eine elektronische Fertigung.

4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Bezeichnung der Behörde in schriftlichen Bescheidausfertigungen (vgl. §58 Abs3 AVG iVm §18 Abs4 leg.cit.) so wesentliche Bedeutung zu, dass dann, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, das betreffende Schriftstück - mag es auch sonst die Merkmale eines Bescheides aufweisen - nicht als Bescheid angesehen werden kann (zB. VwGH 14.5.1987, 87/02/0036; 5.6.1987, 85/18/0149; 30.10.1991, 91/03/0247; 23.10.2002, 2002/16/0231). Dem Erfordernis der Bezeichnung der Behörde ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann Rechnung getragen, wenn für jedermann erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde, wobei die Frage, welcher Behörde eine Erledigung zuzuordnen ist, anhand des äußeren Erscheinungsbildes nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist (zB. VwGH 30.9.1996, 96/12/0268; vgl. auch VwGH 14.6.1993, 92/10/0448).

5. Der Verfassungsgerichtshof hat sich dieser Auffassung angeschlossen (VfSlg. 15.175/1998). Vor ihrem Hintergrund ist es offenkundig, dass es sich bei der den Beschwerdeführern zugestellten Erledigung um keinen Bescheid handelt: Auf dem ganzen Schriftstück findet sich nicht der geringste Hinweis auf die Behörde, von der es herrührt. Auch dem Spruch ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Den Namen des Genehmigenden, eine Unterschrift, eine Beglaubigung, eine Fertigungsklausel oder einen Hinweis auf eine elektronische Fertigung enthält die Erledigung nicht. Das Aktenzeichen ("BMJ-B301.416/0001-I 7/2005"), aus dem sich allenfalls ein Hinweis auf die die Erledigung erlassende Behörde ergeben könnte, kann dem Erfordernis der Bezeichnung der Behörde nicht genügen, dient das Aktenzeichen doch nur verwaltungsinternen Zwecken (VwGH 14.6.1995, 93/12/0135). Selbst wenn eine Behörde auf dem Briefumschlag, in dem die angefochtene Erledigung zugestellt wurde, angeführt wäre, würde dies nicht ausreichen, um daraus eindeutig auf die Behörde rückschließen zu können, von der die Erledigung ausgeht (VfSlg. 15.175/1998).

Bei der angefochtenen Erledigung handelt es sich daher um keinen Bescheid. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Da die Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist, wurde dieser Beschluss gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst.

Bei diesem Ergebnis war auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht einzugehen.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Bescheid Unterschrift, Bescheid Zurechnung,Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Verwaltungsverfahren,Erledigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B3088.2005

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2011
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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