RS Vfgh 2004/12/15 G57/04

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.12.2004
beobachten
merken

Index

L3 Finanzrecht
L3610 Fernsehschilling, Kulturschilling

Norm

B-VG Art20
B-VG Art105 Abs2
B-VG Art111
B-VG Art142
RundfunkgebührenG §5
WAO §204 ff
Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 §6, §8

Leitsatz

Aufhebung von Bestimmungen des Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 betreffend die Übertragung der Einhebung des Kulturförderungsbeitrags an die Gebühreninkasso Service GmbH (GIS); Verfassungswidrigkeit der Beleihung eines ausgegliederten Rechtsträgers mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung mangels effektiver Steuerungs- und Lenkungsfunktionen eines obersten (dem Landtag gegenüber verantwortlichen) Organs

Rechtssatz

§6 sowie die Wortfolge "Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach §6 Abs1 obliegt in erster Instanz der Gesellschaft;" im ersten Satz des §8 Abs1 Wr KulturförderungsbeitragsG 2000, LGBl 23/2000, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Verfassungsrechtliche Notwendigkeit der Unterstellung der beliehenen Gesellschaft unter die Leitungsbefugnis eines obersten Organs, dessen Mitglieder gemäß Art105 Abs2 B-VG iVm Art142 B-VG (dem Landtag gegenüber) verantwortlich sind (VfSlg 14473/1996, 16400/2001).

Nur die Mitglieder der Wiener Landesregierung, nicht aber jene der Abgabenberufungskommission sind dem Landtag gegenüber verantwortlich (Art105 Abs2 B-VG iVm Art142 B-VG).

Der Wiener Landesregierung sind Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der Gesellschaft nicht in expliziter Weise eingeräumt. Art20 B-VG wirkt gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern nicht unmittelbar, sondern "verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsvorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen, und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten". Weisungsbefugnisse gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern jeder Art sind daher ausdrücklich einzuräumen.

Die gemäß §5 Abs6 RundfunkgebührenG dem Bundesminister für Finanzen eingeräumte Aufsicht über die Gesellschaft bezieht sich auf Fragen der Vollziehung des RundfunkgebührenG und kann daher die für die Landesvollziehung des Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 erforderlichen effektiven Leitungs- und Steuerungsrechte der Wiener Landesregierung nicht ersetzen.

Die Möglichkeit, auf die Zusammensetzung eines Organs Einfluß zu nehmen, kann eine effektive Steuerungs- und Lenkungsfunktion, die dieses Organ gegenüber einem beliehenen Rechtsträger wahrzunehmen hat, nicht begründen.

Im konkreten Fall der Beleihung der Gebühreninkasso Service GmbH mit den behördlichen Aufgaben des §6 (iVm §8) Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 wurden somit die verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung von Hoheitsakten nicht eingehalten.

Anlaßfall B527/03, E v 03.03.05, Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ausgliederung, Behördenzuständigkeit, Beleihung, Finanzbehörden, Förderungswesen, Hoheitsverwaltung, Kunst und Kultur, Rundfunkgebühren, Verwaltungsorganisation, Oberste Organe der Vollziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G57.2004

Dokumentnummer

JFR_09958785_04G00057_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten