RS Vfgh 2005/11/30 G99/05

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Veröffentlicht am 30.11.2005
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Index

32 Steuerrecht
32/05 Verbrauchsteuern

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
NormverbrauchsabgabeG 1991 (NoVAG) §12a

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung der Beschränkung der Erstattung der Normverbrauchsabgabe auf Leasingunternehmen und solcher Art des Ausschlusses anderer Unternehmen schlechthin von der Erstattung; sachlich nicht zu rechtfertigende Privilegierung inländischer Leasingunternehmen auch im Fall der Veräußerung von Gebrauchtfahrzeugen in das Ausland

Rechtssatz

Aufhebung der Worte ",das gemäß §1 Z2 der gewerblichen Vermietung dient, nach Ablauf der Vermietung im Inland" sowie "an den Vermieter" in §12a des Bundesgesetzes, mit dem eine Abgabe für den Normverbrauch von Kraftfahrzeugen eingeführt wird (Normverbrauchsabgabegesetz - NoVAG 1991), BGBl 695/1991 idF BGBl I 132/2002.

Zwischen den Fällen des KFZ-Leasing und jenen der KFZ-Lieferung (= Kauf) bestehen Unterschiede im Tatsächlichen insofern, als in Fällen der Lieferung die Normverbrauchsabgabe - NoVA regelmäßig sofort (im Kaufpreis) überwälzt wird, während sie bei Leasingverträgen nur durch Erhöhung der einzelnen Leasingraten, und somit auf die Vertragsdauer verteilt, überwälzt werden kann. Daraus folgen Unterschiede im Tatsächlichen zwischen inländischen Leasing-Unternehmen und solchen ausländischen Leasing-Unternehmen, die Leasingverträge im Inland abschließen. Während erstere die NoVA im Regelfall auf die gesamte Nutzungsdauer des Leasingfahrzeuges verteilen und "amortisieren" können (weil das Fahrzeug idR während der gesamten Nutzungsdauer im Inland genutzt wird), steht ausländischen Leasingunternehmen hiefür nur der typischerweise kürzere Zeitraum der Inlandsvermietung zur Verfügung. Die mangelnde Berücksichtigung dieses Umstandes hat der EuGH im Urteil vom 21.03.02, Rs. C-451/99, Cura Anlagen, als Benachteiligung der im Ausland ansässigen Leasingunternehmen gewertet und als Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche Dienstleistungsfreiheit eingestuft: Die NoVA als Verbrauchsabgabe müsse im Mitgliedstaat des Gebrauchs proportional zur Dauer der Zulassung dieses Fahrzeuges sein. Mit §12a NoVAG 1991 hat der Gesetzgeber in der Folge die gemeinschaftsrechtlich erforderliche Gleichstellung zwischen inländischen und ausländischen Leasingunternehmen herbeigeführt.

Verbringt ein inländisches Leasingunternehmen jedoch nach Beendigung des Leasingvertrages ein Leasingfahrzeug in das Ausland, hat es im Ergebnis NoVA nur für den Zeitraum der Inlandsnutzung zu entrichten; verbringt ein anderer Unternehmer ein KFZ, für das NoVA entrichtet wurde, für Unternehmenszwecke in das Ausland, bleibt er mit der vollen NoVA belastet und hat diese in die Preise seiner Leistungen einzukalkulieren, wobei auch er im Wettbewerb mit anderen Unternehmern steht, die eine solche Belastung möglicherweise nicht zu tragen haben. Es kann aber keineswegs davon ausgegangen werden, dass die geschilderten "Exportvorgänge" auch nur typischerweise auf Fahrzeuge beschränkt wären, die von der NoVA befreit sind (siehe §3 NoVAG; Entlastung hier ohnedies nicht erforderlich).

Eine sachlich nicht zu rechtfertigende Privilegierung von inländischen Leasingunternehmen gegenüber anderen Unternehmen ergibt sich aus §12a leg cit auch für den Fall der Veräußerung von Gebrauchtfahrzeugen in das Ausland. Während Leasingunternehmen in diesem Fall die NoVA (anteilig) erstattet bekommen, unterbleibt dies bei anderen Unternehmen, so dass diese beim Verkauf entweder einen höheren Preis verlangen oder einen niedrigeren Gewinn in Kauf nehmen müssen.

Aufhebung unter Fristsetzung bis 31.12.06, um dem Gesetzgeber vor Eintritt der Wirkungen der Aufhebung die Möglichkeit zu geben, die Erstattungsregelung auf jene Fälle zu reduzieren, in denen sie nach diesem Erkenntnis geboten ist.

Anlassfall: E v 05.12.05, B623/04 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides; Quasi-Anlassfall: E v 03.12.05, B441/05.

Entscheidungstexte

Schlagworte

EU-Recht, Normverbrauchsabgabe, VfGH / Fristsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:G99.2005

Dokumentnummer

JFR_09948870_05G00099_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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