RS Vfgh 2006/9/26 B3258/05

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 26.09.2006
beobachten
merken

Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EMRK Art10
RAO §10 Abs2
RL-BA 1977 §9 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Verwendung der Berufsbezeichnung "Advokat" statt "Rechtsanwalt"; keine Bedenken gegen die maßgeblichen Bestimmungen der Rechtsanwaltsordnung und der Richtlinien für die Berufsausübung in Hinblick auf das Gleichheitsrecht, die Meinungsäußerungsfreiheit und die Erwerbsausübungsfreiheit; öffentliches Interesse an dieser sachlich gerechtfertigten, nicht unverhältnismäßigen Regelung

Rechtssatz

Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, dass die in §9 Abs1 RL-BA 1977 enthaltene Verpflichtung, die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" zu führen, in Art10 Abs2 EMRK - und somit auch in §10 Abs2 RAO sowie §1 DSt 1990 - Deckung findet. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers widerspricht es nicht der Informationsfreiheit, einer bestimmten Berufsgruppe, die aufgrund ihrer Schulbildung, Befähigung und Prüfungen eine bestimmte Berechtigung erworben hat, eine bestimmte - und eben nur diese - Berufsbezeichnung vorzuschreiben.

Die Verpflichtung zur Führung einer einheitlichen Berufsbezeichnung kann durch den Schutz der Rechte anderer gerechtfertigt werden und scheint auch im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht, das ebenfalls von der Verpflichtung zur Führung einer bestimmten Berufsbezeichnung ausgeht, notwendig zu sein.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist es nicht unsachlich, einer bestimmten Berufsgruppe eine bestimmte Bezeichnung vorzuschreiben und den Mitgliedern dieser Berufsgruppe zum Schutz der Rechte anderer aufzutragen, diese Berufsbezeichnung zu führen.

Da es sich somit bei der Verpflichtung gemäß §9 Abs1 RL-BA 1977 um eine im öffentlichen Interesse gelegene, sachlich gerechtfertigte und nicht unverhältnismäßige Maßnahme handelt, begegnet diese auch unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Erwerbsausübung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Auch keine Bedenken hinsichtlich §23 RL-BA 1977; kein weisungskonformes Verhalten des Beschwerdeführers bis zur Berufungserhebung; Rechtskraft der unangefochten gebliebenen Weisung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rechtsanwälte, Berufsrecht, Disziplinarrecht, Meinungsäußerungsfreiheit, Erwerbsausübungsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B3258.2005

Dokumentnummer

JFR_09939074_05B03258_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten