RS Vfgh 2007/2/26 B1802/06 ua

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Veröffentlicht am 26.02.2007
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

EMRK Art8
AsylG 1997 §5
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
Dubliner Übereinkommen betr die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen innerhalb der EG BGBl III 165/1997

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinanderdurch neuerliche Abweisung der Berufungen gegen die Zurückweisung vonAsylanträgen fast fünf Jahre nach aufhebendem Erkenntnis des VfGHinfolge Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit zur Frage einesverpflichtenden Selbsteintritts in das Asylverfahren und der daraufberuhenden Abwägung zwischen einem Eingriff in das Privat- undFamilienleben und der Notwendigkeit einer Abschiebung

Rechtssatz

Im E v 26.11.01, B901/01 ua, erkannte der Verfassungsgerichtshof (unter Verweis auf VfSlg 16160/2001; she auch VfSlg 16122/2001), dass die belangte Behörde dem §5 AsylG fälschlicherweise einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hat. Diesem Fehler wird nicht dadurch abgeholfen, dass sich die belangte Behörde nur verbal zur verfassungskonformen Auslegung bekennt, aber dann jegliche Ermittlungstätigkeit unterlässt, um feststellen zu können, ob auch im Tatsächlichen Gründe, die eine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechten bewirken können, vorliegen. Dass sich aus einem Akt, den die Behörde nahezu fünf Jahre lang nicht bearbeitet hat und aus einer vor mehr als fünf Jahren eingebrachten Berufung keine Hinweise über die derzeitige Situation der Beschwerdeführer ergeben, ist evident. Auch wenn der angefochtene Bescheid bloß die Zuständigkeit zu beurteilen hatte, können inzwischen Umstände eingetreten sein, die aus grundrechtlicher Sicht zum Selbsteintritt in das Asylverfahren verpflichten. Die Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit und der darauf beruhenden Abwägung zwischen dem durch die Abschiebung möglicherweise bewirkten Eingriff in das Privat- und Familienleben (Art8 Abs1 EMRK) einerseits und der Notwendigkeit der Abschiebung im Interesse der öffentlichen Ordnung (Art8 Abs2 EMRK) andererseits verletzt die Beschwerdeführer in ihrem durch das BVG BGBl 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander.

Entscheidungstexte

  • B 1802/06 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 26.02.2007 B 1802/06 ua

Schlagworte

Asylrecht, Privat- und Familienleben, Auslegung verfassungskonforme,Ermittlungsverfahren, Behördenzuständigkeit, Ersatzbescheid, Bindung(der Verwaltungsbehörden an VfGH)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1802.2006

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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