TE Vfgh Erkenntnis 1981/2/27 B190/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.1981
beobachten
merken

Index

27 Rechtspflege
27/03 Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
StGG Art5
EO §74
EO §75
GEG 1962 §6
GEG 1962 §7
GJGebG 1962 §6 Abs1
GJGebG 1962 §20 Abs2
GJGebG 1962 §28 lita, §28 litc

Leitsatz

GJGebG 1962; keine Bedenken gegen §20 Abs2 und §28 lita; keine denkunmögliche und keine willkürliche Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes H. vom 18. Jänner 1978, AZ E 189/78, wurde auf Antrag des Finanzamtes Salzburg gemäß §38 litc Grundbuchsgesetz 1955 zur Sicherstellung einer Forderung der Republik Österreich an rückständigen öffentlichen Abgaben im Betrag von 3,671.107,64 S die Vormerkung des Pfandrechts auf die dem Abgabenschuldner A.B. gehörende Liegenschaft EZ 952 der KG H. bewilligt.

2. Für die anschließende Grundbuchseintragung und den Antrag schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes H. dem A.B. mit Zahlungsauftrag vom 18. Jänner 1978, 1 KVB-Ziv 1200/78, eine Einhebungsgebühr, eine Eingabengebühr, eine Eintragungsgebühr und Ausfertigungskosten in der Gesamthöhe von 41.432 S zur Zahlung vor.

3. Der dagegen von A.B. eingebrachte Berichtigungsantrag wurde mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Feber 1978, Jv 733-33/78, abgewiesen, und zwar unter amtswegiger Einschränkung des Zahlungsauftrags um 240 S, darunter die gesamten Ausfertigungskosten, auf insgesamt 41.192 S.

In der Begründung dieses Bescheides wurde - sinngemäß zusammengefaßt - ausgeführt:

Die Zahlungspflicht für die Eingabengebühr (nach TP1 lita des Abschnittes I des einen Bestandteil des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes 1962 bildenden Tarifes) treffe gemäß §6 Abs1 Z1 GJGebGes 1962 an sich die einschreitende Partei, die aber nach §10 Z1 GJGebGes 1962 von der Gebührenzahlung befreit sei. Daher komme §20 Abs2 GJGebGes 1962 zur Anwendung, wonach im Exekutionsverfahren - von vorliegend nicht in Betracht zu ziehenden Fällen abgesehen - der Verpflichtete zum Ersatz der Gerichtsgebühren, welche die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, auf jeden Fall verhalten sei; die Gebührenfreiheit im Exekutionsverfahren nach Anm. 4 litf zu TP1 des obzitierten Tarifs beziehe sich dagegen nur auf eigene Eingaben des Verpflichteten.

Für die Eintragungsgebühr (nach TP11 litb dieses Tarifs) sei gemäß §28 lita GJGebGes 1962 in Fällen des §38 litc GBG 1955, wie dem gegenständlichen, derjenige zahlungspflichtig, gegen den sich die Eintragung richte, hier also der Berichtigungswerber als Abgabenschuldner.

4. Gegen diesen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des A.B. an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt wird.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Der VfGH sprach bereits wiederholt aus, daß ein iS des §6 Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962 (GEG 1962), BGBl. 288/1962, erlassener Zahlungsauftrag ein Bescheid ist und daß in der Regelung des §7 GEG 1962, wonach der Zahlungspflichtige die Berichtigung eines derartigen Zahlungsauftrages verlangen kann, ein Instanzenzug im Sinn des Art144 Abs1 B-VG liegt (vgl. VfSlg. 7275/1974, 7827/1976).

Die Vorschrift des §7 Abs7 GEG 1962 schließt ein Rechtsmittel gegen den Berichtigungsbescheid aus, der Instanzenzug ist darum erschöpft. Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7619/1975, 8275/1978) kann eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechts nur vorliegen, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die belangte Behörde bei der Bescheiderlassung Willkür übte. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechts hingegen findet statt, wenn sich der Bescheid auf eine verfassungswidrige Rechtsvorschrift stützt oder wenn er gesetzlos ist, wobei eine denkunmögliche Gesetzesanwendung einer Gesetzlosigkeit gleichkommt (zB VfSlg. 7623/1975, 7996/1977).

a) Das Verwaltungsgeschehen bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der in materieller Hinsicht insbesondere auch auf die §§20 Abs2 und 28 lita Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz 1962 (GJGebGes 1962), BGBl. 289/1962, in der Fassung der letzten Novelle BGBl. 403/1977 gegründete, also keinesfalls gesetzlose Bescheid vom 21. Feber 1978 in willkürlicher oder denkunmöglicher Gesetzeshandhabung erlassen worden wäre (zur Behandlung der pfandweisen Sicherstellung nach §38 litc GBG 1955 als Exekutionssache

s. ZBl 1938/52, RPflSlgE 1964/164, RPflSlgG 1642); auch die beschwerdeführende Partei erhob in dieser Richtung keinen Vorwurf. Zur Prüfung der einfachgesetzlichen Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides ist der VfGH aber nicht berufen; diese Aufgabe kommt ausschließlich dem VwGH zu.

b) Das Vorbringen des Beschwerdeführers zielt denn auch insgesamt auf den Nachweis ab, daß der angefochtene Bescheid auf verfassungswidrigen Rechtsvorschriften beruht.

Wie die folgenden Ausführungen zeigen, ist dieses Vorbringen aber offenkundig nicht stichhältig; der VfGH sieht sich weder auf Grund der Beschwerdeausführungen noch aus anderen Erwägungen zur amtswegigen Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt.

aa) Unter dem Gesichtspunkt des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebots macht der Beschwerdeführer vorerst - zusammenfassend wiedergegeben - geltend, es sei sachlich ungerechtfertigt, eine verpflichtete Partei, die einem gebührenbefreiten betreibenden Gläubiger gegenüberstehe und daher an dessen Stelle zur Gebührentragung herangezogen werde, schlechterzustellen als einen Verpflichteten, gegen den ein nichtgebührenbefreiter Gläubiger einschreite, der die Gerichtsgebühren selbst tragen müsse.

Der Beschwerdeführer - der im gegebenen Zusammenhang die Vorschrift des §6 Abs1 Z1 GJGebGes 1962 über die grundsätzliche Zahlungspflicht der einschreitenden Partei bei Eingaben offenbar bloß versehentlich anführt - wendet sich damit gegen die von der belangten Behörde angewendete Bestimmung des §20 Abs2 GJGebGes 1962, die im Exekutionsverfahren den Verpflichteten zum Ersatz der Gerichtsgebühren, welche die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, auf jeden Fall verpflichtet, sofern nicht der Antrag des betreibenden Gläubigers abgewiesen wird oder soweit nicht nach §75 EO die Gebühren dem Gläubiger zur Last fallen.

Der VfGH führte jedoch bereits in seinem Erk. VfSlg. 8137/1977 zu §20 Abs2 GJGebGes 1962 aus, es treffe zwar zu, daß nach dieser Norm der verpflichteten Partei im Exekutionsverfahren der Ersatz von Gerichtsgebühren auferlegt werde, mit denen sie, wenn als betreibender Gläubiger eine nichtgebührenbefreite und daher gemäß §6 Abs1 Z1 GJGebGes 1962 zur Zahlung der Gebühr verpflichtete Partei einschreite, zunächst nicht belastet wäre; die verpflichtete Partei habe aber auch in einem solchen Fall dem betreibenden Gläubiger im Rahmen der Verpflichtung zur Kostenerstattung nach §74 EO jenen Betrag zu ersetzen, den der Gläubiger als Gerichtsgebühr zu entrichten verpflichtet gewesen sei. Dieser gleiche Betrag sei aber, wenn eine gebührenbefreite Partei als betreibender Gläubiger auftrete, als Gerichtsgebühr zu ersetzen und damit anstatt an den Betreibenden unmittelbar an den Bundesschatz zu entrichten. Die Regelung des §20 Abs2 GJGebGes 1962 bewirke demnach, daß die Begünstigung der persönlichen Gebührenbefreiung nicht auch zur Begünstigung für die zur Tragung der Kosten des Exekutionsverfahrens verpflichtete Partei werde. Der VfGH hält an seiner damals vertretenen Rechtsauffassung fest, daß damit auch eine durch den Umstand, ob der betreibende Gläubiger gebührenbefreit ist oder nicht, sachlich ungerechtfertigte unterschiedliche wirtschaftliche Belastung der verpflichteten Parteien bei der Tragung der Verfahrenskosten vermieden wird; er kann nicht finden, daß eine solche Regelung gegen das Gleichheitsgebot des Art7 Abs1 B-VG verstößt.

bb) Der VfGH hegt aber auch keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des §28 lita GJGebGes 1962 über die Zahlungspflicht für die Eintragungsgebühr. Diese Gesetzesstelle lautet: "Für die Eintragungsgebühr sind zahlungspflichtig: a) derjenige, der den Antrag auf Eintragung (Hinterlegung, pfandweise Beschreibung, Einreihung) stellt, im Falle des §38 litc GBG 1955 derjenige, gegen den sich die Eintragung richtet", wobei der bezogene §38 litc GBG 1955 anordnet, daß eine Vormerkung stattfindet "auf Grund des Einschreitens öffentlicher Behörden in Fällen, wenn diese nach ihrem Wirkungskreise berufen sind, von Amts wegen die pfandweise Sicherstellung von Ansprüchen des Bundes oder eines Landes zu verfügen" Der einzige erkennbar §28 lita GJGebGes 1962 betreffende Einwand des Beschwerdeführers, daß nach dem System des Gebührenrechts die verpflichtete Partei nicht zur Gebührenzahlung verhalten sein solle, ist schon vom Ansatz her verfehlt, weil gemäß §28 litc GJGebGes 1962 für die Eintragungsgebühr bei Eintragungen im Wege der Zwangsvollstreckung grundsätzlich auch der Verpflichtete zahlungspflichtig ist (s. auch §74 EO), soweit diese Gebühr nicht nach §75 EO ausnahmsweise dem Gläubiger zur Last fällt.

cc) Wenn der Beschwerdeführer schließlich behauptet, die - eine Gebührenvorschreibung bloß für eine Zwangsmaßnahme der Sicherung und demgemäß einen unmittelbaren Eigentumseingriff gestattenden - Bestimmungen der §§20 Abs2, 28 lita GJGebGes 1962 seien mit Art5 StGG unvereinbar, so verkennt er den Umfang dieses Grundrechtes: Art5 StGG schützt das Eigentum nur soweit, als nicht die Gesetze einen Eingriff erlauben, und auch Art1 des 1. Zusatzprotokolls zur MRK steht Steuer- und Abgabengesetzen nicht im Wege. Ein solches Gesetz kann dieses Recht also nur verletzen, wenn es in seiner Wirkung einer Aufhebung des Grundrechtes gleichkommt (VfSlg. 6316/1970, 7770/1976, 7996/1977, 8305/1978). Davon kann hier nicht die Rede sein.

3. Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, daß der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid weder im Gleichheitsrecht noch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurde und daß auch eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm nicht stattfand.

Da im Beschwerdeverfahren auch die Verletzung anderer als der geltend gemachten Grundrechte nicht hervorkam, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, VfGH / Instanzugserschöpfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B190.1978

Dokumentnummer

JFT_10189773_78B00190_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten