TE Vfgh Erkenntnis 1981/6/17 G35/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.06.1981
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6845 Forst, Wald

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z6
B-VG Art10 Abs2
B-VG Art15 Abs9
ForstG 1975 §15, §15 Abs2
Krnt Landes-ForstG 1979 §3 Abs2

Beachte

vgl. Kundmachung LGBl. 86/1981 am 2. November 1981

Leitsatz

Ktn. Landes-Forstgesetz 1979; keine Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Erlassung des §3 Abs2

Spruch

§3 Abs2 des Ktn. Landes-Forstgesetzes 1979, LGBl. 77/1979 idF LGBl. 99/1979, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Landeshauptmann von Ktn. ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Das Landesgericht Klagenfurt stellt gemäß Art89 Abs2 und Art140 Abs1 B-VG den Antrag, den §3 Abs2 des Ktn. Landes-Forstgesetzes 1979, LGBl. 77/1979, (im folgenden KLFG) als verfassungswidrig aufzuheben.

Beim antragstellenden Gericht ist zu Z 3 R 134/80 ein Rekurs gegen einen Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau anhängig. Mit diesem Beschluß wurde ein im Anschluß an eine Verlassenschaftssache ua. gestellter Antrag auf Bewilligung, daß das Grundstück 227/6 Wald in EZ 147 der KG S. in diese und in das Grundstück 227/10 Wald geteilt, letzteres lastenfrei abgeschrieben, hiefür eine neue EZ eröffnet und das Eigentum für eine bestimmte Person einverleibt werde, abgewiesen.

Der Beschluß wurde damit begründet, daß die Teilung von Waldgrundstücken iS des KLFG genehmigungspflichtig sei. Im Grundbuch dürfe die Eintragung der Teilung von Waldgrundstücken nur bewilligt werden, wenn eine der in §3 Abs2 lita bis e KLFG vorgesehenen Unterlagen vorläge. Da dem Gesuch derartige Unterlagen nicht angeschlossen gewesen seien, sei es abzuweisen gewesen.

2. Das zur Entscheidung über den Rekurs berufene Landesgericht Klagenfurt hält die Bestimmungen des §3 Abs2 KLFG für verfassungswidrig. Hiezu wird unter Hinweis auf ihren Wortlaut ausgeführt, daß darin nicht Voraussetzungen festgelegt seien, die von den Grundstückseigentümern oder -erwerbern bei der Teilung von Waldgrundstücken zu beachten seien. Es handle sich bei diesen Vorschriften vielmehr um die Anordnung an die Grundbuchsgerichte, solche Teilungen nur nach Vorlage bestimmter verwaltungsbehördlicher Urkunden grundbücherlich durchzuführen. Eine solche Gesetzesvorschrift gehöre nicht zum forstrechtlichen, sondern zum Bereich des Zivilrechtswesens iS des Art10 Abs1 Z6 B-VG. Sie sei nicht gedeckt durch die dem Landesgesetzgeber im §15 Abs2 des Forstgesetzes 1975 erteilte Ermächtigung, das bei der Teilung von Waldgrundstücken einzuhaltende Mindestausmaß und die Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen näher auszuführen. Darüber hinaus stehe sie mit der vom Landesgesetzgeber in Ausübung der Ermächtigung des §15 Abs2 des Forstgesetzes 1975 vorzunehmenden Festsetzung des bei der Teilung von Waldgrundstücken einzuhaltenden Mindestausmaßes sowie der Ausnahmevoraussetzungen in keinem zwingenden inhaltlichen Zusammenhang, sondern diene nur der Sicherstellung des in §15 Abs1 des Forstgesetzes 1975 vom Bundesgesetzgeber festgelegten Verbotes der Waldteilung. Die angefochtene landesgesetzliche Bestimmung könne daher auch nicht auf Art15 Abs9 B-VG gestützt werden.

3. Die Ktn. Landesregierung vertritt in ihrer Äußerung die Auffassung, daß die Bestimmungen des §3 Abs2 KLFG ihre Grundlage in Art15 Abs9 B-VG hätten und daß sie zur Regelung der im §1 Abs2 und §2 enthaltenen Normen des KLFG iS des Art15 Abs9 B-VG auch erforderlich seien. Sie begehrt, den Antrag des Landesgerichtes Klagenfurt als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Nach dem mit "Waldteilung" überschriebenen §15 des Forstgesetzes 1975, BGBl. 440/1975 (im folgenden ForstG 1975 bezeichnet) ist die Teilung von Waldgrundstücken, wenn die Grundstücksteile nicht mehr das für die Walderhaltung und eine zweckmäßige Waldbewirtschaftung erforderliche Mindestausmaß aufweisen würden, verboten (Abs1 erster Satz). In besonders begründeten Fällen, wie bei Trassenführungen, hat die Behörde, unbeschadet sonstiger bundes- oder landesgesetzlicher Voraussetzungen für eine Teilung von Waldgrundstücken mit Bescheid Ausnahmen von diesem Verbot zu bewilligen (Abs1 zweiter Satz).

Nach Abs2 dieses Paragraphen wird die Landesgesetzgebung gemäß Art10 Abs2 B-VG ermächtigt, das Mindestausmaß unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse sowie die Voraussetzungen für die Ausnahmen festzusetzen.

b) In Ausführung der Bestimmungen des §15 Abs2 hat der Ktn. Landesgesetzgeber den 1. Abschnitt (§§1 bis 3) des KLFG erlassen, dessen §1 wie folgt lautet:

"(1) Die Teilung von Waldgrundstücken, durch welche die Grundstücksteile nicht mehr das für die Walderhaltung und eine zweckmäßige Waldbewirtschaftung erforderliche Mindestausmaß aufweisen würden, ist verboten (§15 Abs1 erster Satz Forstgesetz 1975).

(2) Das erforderliche Mindestausmaß (Abs1) liegt nicht mehr vor, wenn die durch die Teilung entstehende Breite eines Grundstücksteiles, der im Grenzkataster oder im Grundsteuerkataster der Benützungsart Wald zugeordnet ist, geringer als 40 m oder die Fläche eines solchen Grundstücksteiles geringer als ein Hektar wäre."

Nach §2 Abs1 KLFG hat die Bezirksverwaltungsbehörde in besonders begründeten Fällen, unbeschadet sonstiger bundes- oder landesgesetzlich erforderlicher Voraussetzungen, auf Antrag des Grundstückseigentümers mit Bescheid Ausnahmen vom Verbot des §1 zu bewilligen (§15 Abs1 zweiter Satz ForstG 1975), wenn das Interesse an den Erfordernissen des Gemeinwohles die aus dieser Teilung für die Walderhaltung und eine zweckmäßige Waldbewirtschaftung zu erwartenden Nachteile erheblich überwiegt.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Abs1 sind insbesondere bei Vorliegen der in Abs2 lita bis c näher umschriebenen Umstände (für Teilstücke Rodungsbewilligung oder die Feststellung, daß es sich nicht um Wald iS des §5 ForstG 1975 handelt, oder Zusammenschluß mit benachbarten Grundstücken) gegeben.

Nach §2 Abs4 ist eine Ausnahmegenehmigung nicht erforderlich, wenn die Teilung als Folge einer Enteignung zugunsten einer Gebietskörperschaft oder im Zuge einer Beurkundung eines Rechtsgeschäftes in einem Anmeldungsbogen über die Verbücherung von Straßen-, Wege- und Wasseranlagen iS der §§15 bis 22 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. 3/1930 idgF, erfolgt.

§3 lautet (soweit hier von Bedeutung):

§3

"(1) Teilungen, die entgegen den Bestimmungen der §§1 und 2 vorgenommen werden, sind unwirksam.

(2) Wird von einer Grundstücksteilung eine Fläche betroffen, die im Grenzkataster oder Grundsteuerkataster der Benützungsart Wald zugeordnet ist, so darf diese Teilung erst dann grundbücherlich durchgeführt werden, wenn dem Grundbuchsgericht eine der nachstehend angeführten Unterlagen vorliegt:

a) eine Rodungsbewilligung für die von der Teilung betroffene Fläche;

b) ein Bescheid der Behörde (§5 des Forstgesetzes 1975), daß es sich hinsichtlich der ganzen von der Teilung betroffenen Fläche nicht um Wald handelt;

c) ein Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß §2;

d) eine Bestätigung der Behörde, daß die Teilung nicht gegen das Verbot des §1 verstößt oder

e) eine Bestätigung der Behörde, daß eine Ausnahme gemäß §2 Abs4 vorliegt."

2. a) Das antragstellende Gericht hat gemäß §62 Abs1 VerfGG 1953, idF der Nov. BGBl. 311/1976, die Bedenken, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des §3 Abs2 KLFG sprechen (Pkt. I.2.), dargelegt.

b) Ein Antrag eines zur Entscheidung in zweiter Instanz berufenen Gerichtes nach Art89 Abs2 B-VG hat des weiteren zur Voraussetzung, daß das Gericht die Gesetzesstellen, deren Aufhebung es beantragt, in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte (vgl. VfSlg. 8458/1978).

Es sind keine Umstände hervorgekommen, aus denen geschlossen werden könnte, daß das antragstellende Gericht die angefochtenen Gesetzesstellen in dem bei ihm anhängigen Rekursverfahren nicht anzuwenden hätte.

c) Die Prozeßvoraussetzungen sind gegeben; das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig.

3. Wie sich aus dem Wortlaut der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen des §3 Abs2 KLFG ergibt, beschränkt sich ihr Inhalt auf die Festlegung von Voraussetzungen, unter denen eine Teilung von Grundstücken, die im Grenzkataster oder Grundsteuerkataster der Benützungsart Wald zugeordnet sind, grundbücherlich durchgeführt werden darf. Die Bestimmungen haben ausschließlich Anordnungen an das Grundbuchsgericht und nicht etwa Erfordernisse, die von den Grundstückseigentümern bei der Teilung von Waldgrundstücken zu beachten sind, zum Gegenstand.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß es sich bei der angefochtenen Bestimmung um eine Regelung für das Verfahren in Grundbuchsachen, somit um eine Regelung auf einem zum Zivilrechtswesen (Art10 Abs1 Z6 B-VG) gehörigen Gebiet handelt. Im Hinblick auf diesen ausschließlich zivilrechtlichen Inhalt der angefochtenen Bestimmung bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, daß sie nicht als Ausführungsbestimmung zu §15 Abs2 ForstG 1975 in Betracht kommen kann. Auf diese Bestimmung kann sich daher die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zu ihrer Erlassung nicht stützen.

4. a) Die Ktn. Landesregierung bringt in ihrer Äußerung vor, daß die vom VfGH mit Erk. VfSlg. 8458/1978 aufgehobene Bestimmung des §3 Abs3 Z2 litb des Sbg. Gesetzes vom 6. Juli 1977, mit dem Ausführungsbestimmungen zum Forstgesetz 1975 erlassen werden, LGBl. 80/1977, mit den Bestimmungen des §3 Abs2 KLFG keineswegs auch nur vergleichbar sei; die im Sbg. Gesetz aufgehobene Regelung habe nämlich Anordnungen für das Grundbuchsgericht enthalten, die nicht Waldgrundstücke, sondern solche Grundstücke betrafen, die im Grenzkataster oder Grundstückskataster der Benützungsart "landwirtschaftlich genutzte Grundflächen oder Alpe" zugeordnet waren. Diese Regelung wäre daher mit den Bestimmungen über die Waldteilung in keinem wie immer gearteten Zusammenhang gestanden; die Regelungen des §3 Abs2 KLFG bezögen sich jedoch ausschließlich auf die Durchführung von Teilungen von Waldgrundstücken, die im Grenzkataster oder im Grundsteuerkataster der Benützungsart Wald zugeordnet seien.

Überdies wären die Bestimmungen der §§1 und 2 KLFG leges imperfectae, wenn vom Landesgesetzgeber nicht auch die Bestimmungen des §3 Abs2 KLFG erlassen werden könnten.

Der Vertreter der Ktn. Landesregierung hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Ktn. Landesgesetzgeber diese Bestimmungen in Kenntnis des Erk. VfSlg. 8458/1978 beschlossen habe und bemüht gewesen sei, sie entsprechend zu gestalten.

b) Die Auffassung der Ktn. Landesregierung trifft nicht zu. Im Erk. VfSlg. 8458/1978 hat der VfGH ausgeführt, daß die ausschließlich Anordnungen an das Grundbuchsgericht enthaltenden Bestimmungen zur Regelung des (vom Landesgesetzgeber zu bestimmenden) Mindestausmaßes von Waldgrundstücken nicht erforderlich seien; sie dienten ihrem Inhalt nach vielmehr der Sicherstellung der Einhaltung des im §15 Abs1 ForstG 1975 vom Bundesgesetzgeber festgelegten Verbotes der Waldteilung. Es stelle sich daher die Frage, ob der Landesgesetzgeber zur Erlassung der angefochtenen Bestimmungen auf Grund des Art15 Abs9 B-VG befugt gewesen sei, überhaupt nicht.

Der von der Ktn. Landesregierung angeführte Umstand der Beschränkung der Regelungen im KLFG auf Grundstücke, die im Grenzkataster oder im Grundsteuerkataster der Benützungsart Wald zugeordnet sind, vermag an der Bestimmung des §3 Abs2 KLFG als einer Vorschrift, die ausschließlich an das Grundbuchsgericht gerichtet und damit zivilrechtlichen Inhaltes ist, ebensowenig zu ändern wie die unterschiedliche Formulierung der genannten Bestimmungen. Es gilt daher auch für §3 Abs2 KLFG die Aussage des genannten Erk. uneingeschränkt.

Zu der Behauptung der Ktn. Landesregierung, wonach die §§1 und 2 KLFG leges imperfectae wären, wenn nicht auch die Bestimmungen des §3 Abs2 KLFG vom Landesgesetzgeber erlassen werden könnten, ist zu bemerken, daß eine Grundbuchseintragung über die Teilung eines Waldgrundstückes iS des §15 Abs1 ForstG 1975 erst bei Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen vorgenommen werden darf (§§26 und 94 des Allgemeinen Grundbuchsgesetzes 1955, BGBl. 39). Einer diesbezüglichen ergänzenden Bestimmung über das Unterbleiben einer Grundbuchseintragung ohne Vorliegen einer Ausnahmebewilligung nach §2 KLFG bedarf es somit nicht (vgl. auch Anm. 1 zu §15 ForstG 1975 im Österreichischen Recht, VIIc 1, S 15).

Es erübrigt sich damit, auf das weitere, von diesen unzutreffenden Voraussetzungen ausgehende Vorbringen der Ktn. Landesregierung einzugehen.

5. Die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Erlassung der angefochtenen Bestimmungen ist weder in der Ermächtigung des §15 Abs2 ForstG 1975 noch im Art15 Abs9 B-VG begründet. §3 Abs2 KLFG war daher - dem Antrag des Landesgerichtes Klagenfurt entsprechend - als verfassungswidrig aufzuheben.

Die übrigen Aussprüche stützen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.

Schlagworte

Forstwesen, Waldteilung, Kompetenz Bund - Länder Forstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:G35.1980

Dokumentnummer

JFT_10189383_80G00035_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten