TE Vfgh Erkenntnis 1983/2/24 B374/79

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Veröffentlicht am 24.02.1983
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Index

L3 Finanzrecht
L3730 Aufenthaltsabgabe, Nächtigungstaxe, Ortstaxe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
StGG Art4
StGG Art5
StGG Art6 Abs1
Sbg OrtstaxenG §4 Abs3

Leitsatz

Sbg. Ortstaxengesetz; keine Bedenken gegen §4 Abs3 und 4 - hinreichende Determinierung, keine Gleichheitswidrigkeit, keine Gleichartigkeit mit der Grundsteuer, kein Verstoß gegen Freizügigkeit der Person und Aufenthaltsfreiheit; keine Verletzung im Eigentumsrecht und im Gleichheitsrecht beim Vollzug

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer von Anteilen der Liegenschaft EZ 216 KG F. in der Gemeinde Flachau (Sbg.), mit denen das Eigentum an der Wohnung Top 13 im Hause I auf dieser Liegenschaft untrennbar verbunden ist.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Gemeindevorstehung Flachau vom 24. April 1979 wurde dem Beschwerdeführer für die Jahre 1976 und 1977 gemäß §4 Abs3 und 4 des Sbg. Ortstaxengesetzes 1972, LGBl. 79, eine Ortstaxe in der Höhe von S 765,- vorgeschrieben.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung hat die Sbg. Landesregierung mit Bescheid vom 17. Juli 1979 als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen den Bescheid der Landesregierung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Freizügigkeit der Person nach Art4 StGG und Freiheit der Niederlassung nach Art6 StGG geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

3. Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. §1 Abs1 des oben genannten Ortstaxengesetzes ermächtigt die Gemeinden des Landes Sbg., auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zur Schaffung und Erhaltung von Fremdenverkehrseinrichtungen oder zur Förderung des Fremdenverkehrs eine Nächtigungsabgabe (Ortstaxe) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

Im Abs2 dieses Paragraphen ist vorgesehen, daß die Erhebung der Ortstaxe in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt.

Im §4 Abs4 ist festgelegt, daß der Eigentümer einer Ferienwohnung, der im Gemeindegebiet nicht den ordentlichen Wohnsitz hat, für seine eigenen und die Nächtigungen seiner im §5 Abs1 litb angeführten Angehörigen jährlich eine pauschale Ortstaxe bis spätestens 31. Jänner des darauffolgenden Jahres zu entrichten hat. Der Berechnung dieser Ortstaxe sind bei Ferienwohnungen, die eine kleinere Nutzfläche als 40 Quadratmeter besitzen, 90 Nächtigungen, bei größeren Ferienwohnungen 120 Nächtigungen zugrunde zu legen.

Die Festsetzung der Ortstaxen ist mit den Beschlüssen des Gemeinderates von Flachau vom 30. November 1975 (für das Jahr 1976) und vom 2. Dezember 1976 (für das Jahr 1977) erfolgt.

2. Der Beschwerdeführer bringt folgende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides vor:

a) Der unbestimmte Gesetzesbegriff "Ferienwohnung" sei nicht hinreichend determiniert.

Der VfGH kann diese Auffassung nicht teilen. Art18 Abs1 B-VG gebietet dem Gesetzgeber, das verwaltungsbehördliche Verhalten in einem solchen Maße zu determinieren, daß die Übereinstimmung der Verwaltungsakte mit dem Gesetz überprüft werden kann (s. VfSlg. 4139/1962, 4862/1964, 5923/1969 und 8203/1977). Ob eine Ferienwohnung iS des zweiten Satzes des §4 Abs3 des Sbg. Ortstaxengesetzes (eine Wohnung, die der Eigentümer nicht länger als zwei Monate im Jahr ohne wesentliche Unterbrechung bewohnt) vorliegt, ist anhand der im Gesetz aufgestellten Kriterien ohne weiteres einer Überprüfung zugänglich (vgl. auch VfGH 24. 2. 1983 B365/79, betreffend den gleichlautenden Begriff der Ferienwohnung im §3 Abs4 des Sbg. Kurtaxengesetzes idF der Nov. LGBl. 80/1972 sowie die Erk. VfSlg. 8452/1978 und VwSlg. 5337 F/1979, beide betreffend den - weniger präzis als hier umschriebenen - Begriff der Ferienwohnung im §3 Abs3 des Tir. Aufenthaltsabgabegesetzes, LGBl. 23/1976).

b) Nach Auffassung des Beschwerdeführers seien die Bestimmungen des §4 Abs3 und 4 des Ortstaxengesetzes gleichheitswidrig, weil diejenigen, die in der Gemeinde Flachau einen ordentlichen Wohnsitz haben, keine Ortstaxe entrichten müßten.

Der VfGH hat im bereits zitierten Erk. VfSlg. 8452/1978 ausgesprochen, daß es einen sachlich bedeutsamen Unterschied darstellt, ob die Person in der betreffenden Unterkunft ihren ständigen Wohnbedarf deckt oder sich dort nur während des Urlaubes, der Ferien oder sonst zeitweilig aufhält. Einer derartigen Unterscheidung liegt auch der Umstand zugrunde, daß der Eigentümer einer Ferienwohnung gewöhnlich zu den Kosten der für die Allgemeinheit bestimmten Einrichtungen des Ortes oder Gebietes weniger beiträgt und am örtlichen Wirtschaftsleben weniger nachhaltig beteiligt ist als derjenige, der sich in der Gemeinde ständig aufhält.

Der VfGH teilt daher auch die auf den Gleichheitssatz gestützten Bedenken des Beschwerdeführers nicht.

c) Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Ansicht, §4 Abs3 und 4 des Ortstaxengesetzes verstoße gegen Art4 StGG, weil die Freizügigkeit der Person innerhalb des Staatsgebietes dadurch eingeschränkt werde, daß für den Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet eine Abgabe zu entrichten ist, während dies bei einem Aufenthalt in einem anderen Gebiet nicht der Fall sei. Wenn der Aufenthalt in der Gemeinde Flachau zu einem abgabepflichtigen Tatbestand führe, sei die "Freizügigkeit des Wohnsitzes" iS des Art6 StGG ebenfalls nicht mehr gegeben, da diese durch eine Ortstaxe "erkauft" werden müßte.

Hiezu genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 8689/1979) zu verweisen, wonach sich das durch Art4 StGG garantierte Recht auf die örtliche Bewegung als solche bezieht. Die Entrichtung einer Abgabe beschränkt aber dieses Recht nicht.

Ebensowenig liegt ein Verstoß gegen die in Art6 StGG garantierte Niederlassungsfreiheit vor. Auch hier genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 3221/1957 betreffend die Wr. Ortstaxe sowie VfSlg. 7135/1973) hinzuweisen.

d) Der Beschwerdeführer vermeint, die Vorschreibung einer Ortstaxe führe insofern zu gleichartigen Abgaben, als der Beschwerdeführer als Eigentümer der Wohnung an die Gemeinde Flachau Grundsteuer, gleichzeitig jedoch auch Ortstaxe, deren Anknüpfungsmoment das Eigentum an einer Wohnung und somit bei einer Eigentumswohnung an einer Liegenschaft sei, zu entrichten habe. Sowohl die Grundsteuer als auch die (pauschalierte) Ortstaxe würden von derselben Gebietskörperschaft eingehoben, wobei Anknüpfungsmoment für die Abgaben das Eigentum an der Wohnung und in beiden Fällen der Beschwerdeführer sowohl Steuerschuldner als auch Steuerträger sei. Der Besteuerungsgegenstand sei somit zur Gänze, der Besteuerungsvorgang fast ident.

Hiezu ist zu bemerken, daß dieses Vorbringen nicht zutrifft, weil der Gesetzgeber im Hinblick auf die der Pauschalierung zugrunde liegende unwiderlegliche Vermutung eines durchschnittlichen Aufenthaltes in der Ferienwohnung an diesen Aufenthalt als Besteuerungsgegenstand anküpft, sodaß die diesbezüglichen Erwägungen im Erk. VfSlg. 5577/1967, S 563, auch hier gelten (und zwar ungeachtet dessen, daß dem genannten Erk. nicht der Aufenthalt in Ferienwohnungen zugrunde lag).

e) Auch sonst bestehen aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides (vgl. auch VfGH 24. 2. 1983 B365/79, betreffend die gleichlautenden Bestimmungen des Sbg. Kurtaxengesetzes idF der Nov. LGBl. 80/1972).

3. Vom Beschwerdeführer wird auch vorgebracht, er habe seine Wohnung in Flachau zum "zweiten Mittelpunkt" seiner Lebensinteressen gewählt. Die Annahme der Behörde, es wäre nicht möglich, zwei ordentliche Wohnsitze zu haben, sei denkunmöglich, da sie "im Endergebnis bei einem Abgabenbescheid wiederum zur Verletzung des Eigentumsrechtes führt".

Eine derartige Annahme ist im angefochtenen Bescheid gar nicht enthalten. Die Behörde ist auf Grund von Ermittlungen (Vernehmung einer Auskunftsperson) zu der Feststellung gelangt, daß der Beschwerdeführer sich in der Gemeinde Flachau nur vorübergehend aufhält und daher dort keinen ordentlichen Wohnsitz iS des §21 Abs2 der Sbg. Landesabgabenordnung idF der Nov. LGBl. 7/1967 hat. Diese Feststellung der Behörde ist im Hinblick auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren keineswegs denkunmöglich. Ob sie auch richtig ist, hat der VfGH nicht zu beurteilen.

Daß die Behörde Willkür geübt hätte, ist weder vom Beschwerdeführer behauptet worden noch im Verfahren vor dem VfGH hervorgekommen.

4. Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid weder im Eigentums- noch im Gleichheitsrecht verletzt worden (zu den allgemeinen Voraussetzungen einer Verletzung dieser Grundrechte vgl. etwa VfSlg. 8866/1980 und 8808/1980). Daß der behauptete Verstoß gegen die Art4 und 6 StGG nicht vorliegt, wurde bereits oben unter Punkt 2.c dargelegt.

5. Da auch nicht hervorgekommen ist, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde, ist die Beschwerde abzuweisen.

Schlagworte

Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B374.1979

Dokumentnummer

JFT_10169776_79B00374_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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