TE Vfgh Erkenntnis 1984/10/2 B677/81

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Veröffentlicht am 02.10.1984
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art140 Abs7 erster Satz
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
BAO §240 Abs3
EStG §25 Abs1 Z3

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 10101/1984

Leitsatz

EStG 1972; Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes infolge Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §25 Abs1 Z3 (unterschiedslose Erfassung der Pensionsbezüge sowohl aus der Pflichtversicherung als auch aus der freiwilligen Weiter- oder Höherversicherung)

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bf., welcher von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Alterspension einschließlich eines besonderen Steigerungsbetrages infolge einer Höherversicherung bezieht, begehrte die Erstattung im Kalenderjahr 1979 einbehaltener Lohnsteuer mit der Begründung, daß der auf die Höherversicherung zurückzuführende Pensionsteil steuerfrei zu belassen gewesen wäre. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. wies den Erstattungsbetrag mit ihrem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 12. November 1981 ab. Dieser Bescheid beruht im wesentlichen auf der Auffassung, daß ein unrechtmäßiger Steuereinbehalt voraussetzender Rückzahlungsanspruch iS des §240 Abs3 BAO nicht bestehe, weil §25 Abs1 Z3 EStG 1972 unterschiedslos sowohl aus der Pflichtversicherung als auch aus einer freiwilligen Weiter- oder Höherversicherung resultierende Pensionsbezüge erfasse.

2. Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde nach Art144 B-VG macht insbesondere geltend, daß der Bf. wegen der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §25 Abs1 Z3 EStG 1972, in seinen Rechten verletzt worden sei.

II. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §25 Abs1 Z3 EstG 1972 ein und hob diese Gesetzesstelle mit dem Erk. G101/84 vom 30. Juni 1984 als verfassungswidrig auf.

III. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Wie sich aus Art140 Abs7 B-VG ergibt, bewirkt die Aufhebung einer Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig für den Anlaßfall, daß sie auf ihn nicht mehr anzuwenden ist. Die vorliegende Beschwerdesache ist daher so zu beurteilen, als ob die aufgehobene Gesetzesstelle bereits im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs und demnach auch in dem der Erlassung des angefochtenen, über die begehrte Rückzahlung der Abgabe absprechenden Bescheides nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte. Die bel. Beh. hätte sohin bei ihrer Entscheidung über den geltend gemachten Erstattungsanspruch auf dem Boden des §240 Abs3 BAO so vorzugehen gehabt, als ob der auf den besonderen Steigerungsbetrag entfallende Teil der Alterspension des Bf. lohnsteuerfrei zu belassen gewesen wäre und der dementsprechende Steuerbetrag vom Abfuhrpflichtigen - infolge der Unanwendbarkeit des §25 Abs1 Z3 EStG 1972 - zu Unrecht einbehalten wurde. Daraus folgt, daß der Bf. durch den bekämpften Bescheid wegen der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde; der Bescheid war sohin aufzuheben.

Schlagworte

Einkommensteuer, VfGH / Anlaßfall, Einkunftsarten Arbeit nichtselbständige (Einkommensteuer)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B677.1981

Dokumentnummer

JFT_10158998_81B00677_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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