TE Vfgh Erkenntnis 1985/2/21 A11/83

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Veröffentlicht am 21.02.1985
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Index

30 Finanzverfassung, Finanzausgleich
30/02 Finanzausgleich

Norm

B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
FAG 1979 §8 Abs3
VolkszählungsG 1980 §2 Abs1
Kundmachung des Österr Statistischen Zentralamtes gemäß §7 VolkszählungsG 1980, Amtsblatt zur Wr Zeitung Nr 40 vom 18.02.83

Beachte

in den Entscheidungsgründen ebenso die Erk. A18/83, A3/84 und A13/84 vom selben Tag; diese vier angeführten Erk. betreffen Klagen von nö. Gemeinden; sie entsprechen inhaltlich - weitgehend wörtlich - den in VfSlg. 10044/1984 angeführten vier Erk. vom 14. Juni 1984, die Klagen von bgld. und nö. Gemeinden betreffen

Leitsatz

B-VG Art137; Klage wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem Finanzausgleich; Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß §10 FAG 1979 bzw. FAG 1985; Bedeutung der "Volkszahl" nach §8 Abs3 für die Berechnung; keine Bedenken gegen die aufgrund eines Erk. des VfGH berichtigte "Bürgerzahl-Verordnung" des Österreichischen Statistischen Zentralamtes, Amtsblatt zur Wr. Zeitung Nr. 40 vom 18. Feber 1983

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Verfahrenskosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Im Rechtsstreit der klagenden Partei Marktgemeinde P, Bezirk Bruck a. d. Leitha, NÖ, wider die beklagte Partei Land NÖ wegen vermögensrechtlicher Ansprüche nach dem FAG 1979 - beim VfGH protokolliert zur Z A11/83 - wurde die Fällung des folgenden Urteils begehrt:

"Die beklagte Partei Land Niederösterreich ist schuldig, die Ertragsanteile der klagenden Partei Marktgemeinde P an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben ab 1. Jänner 1983 unter Zugrundelegung einer Gemeindezahl von 1272 (gemeint wohl: 1696), welche sich gemäß §3 FAG 1979 durch Vervielfachung der Volkszahl von 1272 mit 11/3 ergibt, zu berechnen und den nach Abzug der bereits überwiesenen Ertragsanteile verbleibenden Restbetrag binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution an die Klägerin zu überweisen.

Weiters ist die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei die Kosten dieses Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen."

1.1.2. In der Klagserzählung wird - sinngemäß zusammengefaßt - vorgebracht:

Die klagende Partei erhalte jährliche Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem sog. abgestuften Bevölkerungsschlüssel (§§8 Abs3, 10 Abs2 FAG 1979), der von der "Volkszahl" ausgehe. Diese "Volkszahl" bestimme sich nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt aufgrund der letzten Volkszählung (1981) festgestellten Ergebnis, das mit dem Beginn des dem Zählungsstichtag nächstfolgenden Kalenderjahres (das ist 1982) wirke. In einer Kundmachung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes (zur Volkszählung 1981) sei die "Volkszahl" der Marktgemeinde P zu gering festgesetzt. Unter Zugrundelegung der richtigen "Volkszahl" hätten sich für die klagende Gemeinde Ertragsanteile ergeben, welche höher seien als die tatsächlich berechneten und überwiesenen.

1.2.1. Das Land NÖ als beklagte Partei erstattete eine schriftliche Klagebeantwortung und beantragte darin die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens.

Zur Begründung wurde in der Hauptsache ausgeführt, daß das Land NÖ alle Verpflichtungen, die ihm gegenüber der klagenden Gemeinde aus dem FAG 1979, und zwar unter Zugrundelegung des vom Österreichischen Statistischen Zentralamt publizierten endgültigen Ergebnisses der Volkszählung, entstanden seien, bisher voll erfüllt habe.

1.2.2. Das beklagte Land NÖ verkündete dem Bund den Streit (§21 ZPO iVm. §35 Abs1 VerfGG 1953), und zwar mit der Begründung, daß es bei einem Obsiegen der klagenden Partei an diese Gebietskörperschaft zum Ausgleich des erhöhten Finanzbedarfes mit finanziellen (Nach-)Forderungen herantreten müsse. Der Bundesminister für Finanzen gab daraufhin bekannt, daß der Bund in den Rechtsstreit nicht einzutreten beabsichtige.

1.3. Aufgrund des - das I. Hauptstück des Volkszählungsgesetzes vom 5. Juli 1950, BGBl. 159/1950, idF BGBl. 398/1976 ablösenden - Volkszählungsgesetzes 1980, BGBl. 199/1980, fand die letzte ordentliche Volkszählung im Jahr 1981 (mit dem Zähltag: 12. Mai 1981) statt. Die bei dieser Volkszählung ermittelte Bürgerzahl (inländische Staatsbürger, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz haben) wurde mit der "Kundmachung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes gemäß §7

(2) Volkszählungsgesetz 1980, BGBl. Nr. 199/1980", verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 24 vom 30. Jänner 1982, veröffentlicht. Der VfGH hob die - auf Verordnungsstufe stehende (s. auch Punkt 2.3.) - Kundmachung über die Feststellung der Bürgerzahl mit Erk. vom 18. Dezember 1982, V34, 35/82 ua. (= VfSlg. 9598/1982), als gesetzwidrig auf, und zwar im wesentlichen deshalb, weil sie nicht in einem dem Volkszählungsgesetz entsprechenden Verfahren, nämlich ohne Einhaltung der im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehenen Vorgangsweise, zustandegekommen war. Nach ergänzenden Verfahrensschritten veröffentlichte das Österreichische Statistische Zentralamt in der Folge die berichtigte Bürgerzahl - bundesländerweise gegliedert - als Teilergebnis der Volkszählung 1981 im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 40 vom 18. Feber 1983. Dazu ergibt das vom Österreichischen Statistischen Zentralamt noch im Feber 1983 herausgebrachte, die kundgemachte Bürgerzahl aufgliedernd mitverwertende Elaborat "Volkszählung 1981, Wohnbevölkerung nach Gemeinden (revidierte Ergebnisse) mit der Bevölkerungsentwicklung seit 1869", daß auf die Marktgemeinde P eine Wohnbevölkerung von 1226 Personen (das ist die Volkszahl) entfällt, eine Zahl, die insgesamt 1215 Österreicher (das ist die Bürgerzahl) mitumschließt.

2. Über die Klage wurde erwogen:

2.1.1. Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2.1.2. Obwohl die Marktgemeinde P keine ziffernmäßig bestimmte Summe einklagt, macht sie mit der vorliegenden Klage einen vermögensrechtlichen Anspruch iS des Art137 B-VG geltend, weil die Überweisung eines nach ihrer Berechnungsmethode zu ermittelnden Geldbetrages begehrt wurde, der die ihr bereits überwiesenen Ertragsanteile übersteigt. Dieser gegen ein Bundesland gerichtete Anspruch ist - wie es Art137 B-VG fordert - weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch verwaltungsbehördlichen Bescheid zu erledigen (vgl. VfSlg. 7644/1975).

2.1.3. Die Klage ist daher zulässig.

2.2. Die Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben sind nach den Bestimmungen des §10 (Abs1 bis 4) FAG 1979 (und des bis auf Abs4 Z4 inhaltsgleichen §10 FAG 1985, BGBl. 544/1984; in Kraft getreten am 1. Jänner 1985) zu ermitteln:

Zufolge Abs1 des §10 FAG 1979 (FAG 1985) werden zum Zweck der Ermittlung dieser Anteile (mit Ausnahme der Spielbankabgabe) zunächst - nach Ausscheidung der auf Wien als Gemeinde entfallenden Quote - die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im §8 Abs2 FAG 1979 (FAG 1985) angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt. Von den so länderweise errechneten Beträgen sind 13,5 vH auszuscheiden und (vom Bund) den Ländern zu überweisen; sie sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Landesmittel). Nach Abs2 leg. cit. haben die Länder die restlichen 86,5 vH als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die einzelnen Gemeinden nach folgendem Schlüssel aufzuteilen: Vorerst erhalten jene Gemeinden, deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreichte, 30 vH des Unterschiedbetrages zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft. Die verbleibenden Ertragsteilen sind nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel (§8 Abs3 dritter Satz FAG 1979 (FAG 1985)) auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen. (Die Abs3 und 4 des §10 FAG 1979 (FAG 1985) betreffen jeweils die Ermittlung von Finanzbedarf und Finanzkraft und sind für die vorliegende Klage ohne Bedeutung.)

Aus all dem ergibt sich, daß die sogenannte Unterverteilung der verbleibenden 86,5 vH der Ertragsanteile ausschließlich den Ländern obliegt: Wenngleich das FAG 1979 (FAG 1985) die Überweisung dieser Beträge an die Länder nicht ausdrücklich anordnet, folgt aus der Regelung des §10 FAG 1979 (FAG 1985) in ihrer Gesamtheit zwingend, daß der Bund die in Rede stehenden Gelder den Ländern zur Verteilung zur Verfügung stellen muß. Damit wird zugleich den Gemeinden ein Rechtsanspruch darauf eingeräumt, daß ihnen das Land die gemäß den Vorschiften des §10 Abs2 FAG 1979 (FAG 1985) ermittelten Ertragsanteile tatsächlich überweist (vgl. VfSlg. 7644/1975).

Demgemäß ist hier die Marktgemeinde P aktiv, das Land NÖ passiv klagslegitimiert.

2.3. Wie der VfGH bereits in seinem Erk. VfSlg. 9598/1982 mit ausführlicher Begründung darlegte, handelt es sich bei einer (im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu publizierenden) Kundmachung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes gemäß §7 Abs2 Volkszählungsgesetz 1980 (über die "Bürgerzahl") um eine V in der Bedeutung des Art139 B-VG. Der VfGH hält an dieser Rechtsauffassung fest. Nun ist das Verfahren zur Berechnung der - hier der Höhe nach strittigen - Ertragsanteile im FAG 1979 (FAG 1985) geregelt (s. dazu schon: Punkt 2.2.). Dazu ordnet §8 Abs3 FAG 1979 (FAG 1985) an, daß sich das - für die Berechnung bedeutsame - Schlüsselelement "Volkszahl" nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt aufgrund der letzten Volkszählung festgestellten Ergebnis bestimmt, das mit dem Beginn des dem Stichtag der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahres (hier: 1982) wirkt.

Diese "Volkszahl", das ist die Zahl der Wohnbevölkerung im ganzen Bundesgebiet (s. §2 Abs1 Volkszählungsgesetz 1980), die nicht für sich allein, gleichsam isoliert betrachtet werden kann, sondern alle im Inland ansässigen Österreicher notwendig miteinschließt, setzt sich demgemäß aus der Zahl der österreichischen Staatsbürger ("Bügerzahl") und der Zahl der Nicht-Staatsbürger, jeweils im gesamten Bundesgebiet, zusammen. Angesichts des Umstandes, daß das endgültige Volkszählungsergebnis insgesamt schon deshalb als in sich geschlossene Einheit zu begreifen ist, weil andernfalls je nach dem gewählten Ausgangspunkt - wie etwa Gemeinde, Land oder Bund - verschiedene, miteinander unverträgliche Einzelresultate möglich wären, können Änderungen der "Bürgerzahl" nach Lage der Verhältnisse nicht ohne Auswirkung auf die "Volkszahl" bleiben: Die mit V des Österreichischen Statistischen Zentralamtes im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" (Nr. 40 vom 18. Feber 1983) - in Form einer bundesländerweisen Bündelung aller gemeindebezogenen Einzelergebnisse - rechtsverbindlich festgelegte und kundgemachte "Bürgerzahl" (Zahl der Österreicher) ist - so gesehen - ganz unabhängig von der Rechtsqualität des schon erwähnten Elaborats Volkszählung 1981 integrierender Bestandteil (Teilwert, Komponente) der im FAG umschriebenen "Volkszahl" und darum für die rechtliche Beurteilung des - aus der "Volkszahl" der Marktgemeinde P abgeleiteten - Klagsanspruchs (mit-)maßgebend, sodaß der VfGH die diese ("Bürger-")Zahl feststellende generelle Norm ("Bürgerzahl-Verordnung") bei Entscheidung über das Klagebegehren ebenso anzuwenden hat wie §8 Abs3 FAG 1979 (FAG 1985) selbst. Soweit Davy, Revidiertes Volkszählungsergebnis und Finanzausgleich, ZfV 1984, S 495 ff. (503), dafürhält, die These "Bürgerzahl = verbindlich festgelegte Volkszahlkomponente" könne "höchstens" für die Volkszahl je Bundesland (nicht Gemeinde) gelten, wird außer acht gelassen, daß jede publizierte Bundesländerzahl ja nur die Summe der hier relevanten Gemeindeergebnisse ausdrückt, also ohne diese regionalen Teilresultate, wie sie sich im einzelnen ergaben, gar nicht bestehen könnte.

Wenn die klagende Partei im gegebenen Kontext im Hinblick auf das Erk. VfSlg. 7644/1975 vermeinen sollte, der VfGH habe darin Feststellungen des Österreichischen Statistischen Zentralamtes über Bevölkerungszahlen als bloße Tatsachenannahmen nachgeprüft und korrigiert, so zielte dieser Einwand allein deswegen ins Leere, weil das in Rede stehende Erk. auf dem Boden des Volkszählungsgesetzes vom 5. Juli 1950, BGBl. 159/1950, erging und damit auf jener Rechtslage beruhte, die durch das Volkszählungsgesetz 1980 - jedenfalls im Punkt der Rechtsnatur der neu geregelten Bürgerzahlfeststellung - die hier entscheidende Änderung erfuhr: Anders als das Volkszählungsgesetz 1980 sah das Volkszählungsgesetz vom 5. Juli 1950, BGBl. 159/1950, in Verordnungsform gekleidete (Tatsachen-)Feststellungen über die "Bürgerzahl" nämlich gar nicht vor, sodaß das vom Statistischen Zentralamt ermittelte endgültige Volkszählungsergebnis als schlichte Tatsachenfeststellung (ohne normative Wirkung) im Streitfall überprüft werden mußte (VfSlg. 7332/1974).

2.4.1. Eine verfassungsgerichtliche Nachprüfung (Neuermittlung) der nunmehr, dh. nach dem Inkrafttreten des Volkszählungsgesetz 1980, verordnungsmäßig festgestellten - alle österreichischen Staatsbürger erfassenden - "Bürgerzahl" iS der zum Erk. VfSlg. 7644/1975 führenden Vorgangsweise ist darum kraft geltenden Rechts ausgeschlossen. Nur wenn Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der - nach dem bereits Gesagten in dieser Streitsache präjudiziellen - V des Österreichischen Statistischen Zentralamtes über die Bürgerzahlfestsetzung ("Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 40 vom 18. Feber 1983) bestünden, hätte der VfGH im vorliegenden Prozeß von Amts wegen ein Normenkontrollverfahren iS des Art139 B-VG einzuleiten (vgl. die im wesentlichen gleichgelagerte Fälle betreffenden Erk. des VfGH vom 23. November 1984 A21/83, A2/84, A10/84, VfSlg. 10044/1984 und 10102/1984).

Derartige Bedenken bestehen hier aber nicht.

In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, daß das Ergebnis der Volkszählung gemäß §7 Abs1 Volkszählungsgesetz 1980 - den Intentionen des Art26 Abs2 B-VG entsprechend - "so rasch wie möglich zu ermitteln und kundzumachen" ist. Das bedeutet zugleich, daß dem Österreichischen Statistischen Zentralamt die Behebung von Mängeln oder Zweifeln, die bei der Auswertung des Zählungsmaterials unter Umständen auftreten, keinesfalls uneingeschränkt möglich sein kann. Der Gesetzgeber nimmt vielmehr eine gewisse Fehlerquote - gezwungenermaßen - mit in Kauf. Diese Quote möglichst gering zu halten, ist der Sinn der Vorschrift des §6 Abs6 Volkszählungsgesetz 1980, die das Österreichische Statistische Zentralamt ua. dazu verpflichtet, "insbesondere ... bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze die betroffenen Gemeinden zu hören". Das Gesetz überläßt auf diese Weise die allfällige Richtigstellung und Auswertung der Volkszählungsunterlagen nicht allein dem Statistischen Zentralamt, es statuiert vielmehr eine Mitwirkungskompetenz der Gemeinden. Daß sich diese Kompetenz auf ein bloßes Anhörungsrecht beschränkt, trägt der Notwendigkeit einer raschen Auswertung der Zählungsunterlagen gebührend Rechnung (VfSlg. 9598/1982).

Gesetzwidrig wäre die sogenannte "Bürgerzahl-Verordnung" also nicht bereits dann, wenn das darin ausgedrückte Ergebnis der Volkszählung an gewissen, der Natur der Sache nach unvermeidlichen und darum zu tolerierenden Unschärfen litte. Vielmehr könnten einzig und allein Mängel, die über eine derartige, aus dem spezifischen, rasch abzuwickelnden Zählungsverfahren zwangsläufig resultierende Fehlergrenze hinausreichen, die Gesetzmäßigkeit der V in Frage stellen, so vor allem der Umstand, daß die Norm überhaupt nicht in einem dem Volkszählungsgesetz 1980 entsprechenden Verfahren, und zwar ohne Einhaltung der im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehenen Vorgangsweise, zustande kam (vgl. VfSlg. 8213/1977, 8330/1978, 8697/1979, 9358/1982, 9598/1982).

2.4.2. Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Denn schon das gesamte Klagsvorbringen erschöpft sich im Kern bloß in der - hier für sich allein nicht zielführenden - Behauptung des einen oder anderen - lediglich punktuell wirkenden - individuellen Zuordnungsfehlers, ohne darüber hinausgreifende und erst damit zur Gesetzwidrigkeit der "Bürgerzahl-Verordnung" führende Verfahrensverstöße allgemeiner Natur, wie sie dem Erk. des VfGH VfSlg. 9598/1982 zugrunde liegen, auch nur ansatzweise anzudeuten und darzutun (s. die schon zu Abschn. 2.4.1. zitierten Erk. des VfGH vom 23. 11. 1984, und VfSlg. 10044/1984 und 10102/1984): Auch aus den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt dem VfGH vorgelegten Akten über insgesamt 84 österreichische Staatsbürger, die zunächst der klagenden Gemeinde zugezählt, aber von anderen Gemeinden (W, B und H) - als dorthin gehörend - reklamiert wurden, sind keine zureichenden Anhaltspunkte für eine gesetzwidrige Abwicklung des Berichtigungsverfahrens zu ersehen. Wie die amtlichen Unterlagen zeigen, wurde das Anhörungsverfahren nämlich den Regeln des §6 Volkszählungsgesetz 1980 entsprechend, und zwar unter Zugrundelegung des maßgebenden (materiellen) Wohnsitzbegriffes iS der Rechtsanschauung des VfGH (s. VfSlg. 9598/1982), abgeführt und in Wägung und Würdigung des gesamten Erhebungs- und Ermittlungsmaterials (des Vorbringens aller berührten Kommunen), insbesondere einer Reihe aussagekräftiger Kriterien zur Wohnsitzfrage, teils durch Zuordnung der betroffenen Zensiten an die reklamierenden Gemeinden - in deren Gebiet ein "ordentlicher Wohnsitz" dieser Bürger nach Überzeugung des Statistischen Zentralamtes liegt - (46 Fälle), teils durch Belassung der bisherigen Zuordnung (38 Fälle) ordnungsgemäß beendet.

Da also der VfGH bei dieser Sach- und Rechtslage - aus der Sicht dieser Streitsache - keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die "Bürgerzahl-Verordnung" hegt, erweist sich das Klagebegehren - da der Streitfall auf der Basis der in Rede stehenden V und damit auch auf der Grundlage der von der klagenden Partei bestrittenen Volkszahl für P (das sind 1226 Personen) zu entscheiden ist - als unbegründet; es war daher allein schon aus diesen Erwägungen abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung fußt auf §41 VerfGG 1953 (die beklagte Partei war nicht rechtsanwaltlich vertreten; auch sonstige ersatzfähige Kosten fielen nicht an).

2.6. Da die Schriftsätze der Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und die dem VfGH vorgelegten Akten erkennen lassen, daß durch eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist, wurde gemäß §19 Abs4 VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Finanzausgleich, Volkszählung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:A11.1983

Dokumentnummer

JFT_10149779_83A00011_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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