TE Vfgh Erkenntnis 1985/6/17 B244/82

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.06.1985
beobachten
merken

Index

86 Veterinärrecht
86/02 Tierärzte

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
TierärzteG §2 Abs1 Z1 litb
TierärzteG §31 Abs2 Z1 bis Z18
TierärzteG §32 Abs3 Z1 bis Z8
VfGG §20 Abs2

Leitsatz

TierärzteG; keine Zuständigkeit der Bundeskammer der Tierärzte zur Feststellung der Pflichtmitgliedschaft (hier: eines Grenztierarztes iS des §2 Abs1 Z2 litb) zu einer Landeskammer; Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit einer an das Rechtsbüro des Österreichischen Gewerkschaftsbundes gerichteten, als Antwort auf ein Schreiben betreffend die Mitgliedschaft des Bf. zu dieser Kammer formulierten Erledigung vom 8. März 1982 (Betreff: "Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Kammerzugehörigkeit") verweist der Vorstand der Bundeskammer der Tierärzte auf ein Erk. des VwGH über die Zugehörigkeit eines Grenztierarztes (§2 Abs1 Z2 litb TierärzteG) zur Versorgungskasse und zur Sterbekasse der Bundeskammer und führt abschließend aus:

"Der Antrag des Tierarztes ... auf bescheidmäßige Feststellung, daß er nicht Pflichtmitglied der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs sei, muß daher vom Vorstand der Bundeskammer abgelehnt werden."

Die Beschwerde sieht darin eine bescheidmäßige Erledigung eines am 29. Jänner 1982 durch den bevollmächtigten Sekretär der Gewerkschaft öffentlicher Dienst eingebrachten Antrages des Bf. auf Feststellung, daß er nicht Mitglied der Bundeskammer der Tierärzte sei, und rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz: Grenztierärzte müßten wie Amtstierärzte von der Kammermitgliedschaft ausgenommen sein.

Der belangte Vorstand der Bundeskammer der Tierärzte hat trotz der mit einem Hinweis auf die Säumnisfolgen verbundenen Aufforderung durch den VfGH keine Verwaltungsakten vorgelegt. Eine Stellungnahme hat er nach Erledigung der Beschwerde B204/82 in Aussicht gestellt. Nachdem der zu B204/82 angefochtene Bescheid der bel. Beh. durch den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz wegen Unzuständigkeit der Behörde in Ausübung des Aufsichtsrechts als nichtig aufgehoben worden war, hat der VfGH jenes Verfahren mit Beschl. vom 14. Dezember 1983 eingestellt. Gleichwohl hat der belangte Kammervorstand keine Äußerung abgegeben und kein Aktenstück vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist zulässig.

Gemäß §20 Abs2 VerfGG kann der VfGH aufgrund der Behauptungen des Bf. erkennen, wenn die Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vorgelegt hat. Der Gerichtshof geht iS dieser Bestimmung davon aus, daß der Bf. einen förmlichen Antrag auf Feststellung der Pflichtmitgliedschaft eingebracht und die bel. Beh. die Zuständigkeit zur Erledigung solcher Anträge allgemein in Anspruch genommen hat; er wertet daher die angefochtene Erledigung als Bescheid, mit dem der Antrag in der Sache abgewiesen wird. Dagegen ist ein Instanzenzug nicht vorgesehen (vgl. VwGH Z 08/3692/80 vom 12. Feber 1982).

III. Im Ergebnis ist die Beschwerde auch begründet.

Der VwGH hat in seinem Erk. vom 12. Feber 1982, Z 08/3692/80, und der darauf aufbauenden Rechtsprechung dargelegt, daß die Pflichtmitgliedschaft der ordentlichen Mitglieder jeweils zu der einzelnen Landeskammer besteht, deren örtlicher Wirkungsbereich sich auf das Bundesland erstreckt, für das sie errichtet wurde, und daß die Feststellung der ordentlichen Mitgliedschaft weder im Katalog des §31 Abs2 Z1 bis 18 TierärzteG noch im Katalog der ausschließlichen Zuständigkeit der Bundeskammer in §32 Abs2 Z1 bis 8 TierärzteG ausdrücklich erwähnt wird, sodaß zur Entscheidung über die Pflichtmitgliedschaft die jeweils örtlich zuständige Landeskammer berufen ist.

Dieser Auslegung schließt sich der VfGH an.

Daraus folgt, daß die Bundeskammer der Tierärzte zur Feststellung der Pflichtmitgliedschaft nicht zuständig ist.

Die Entscheidung einer unzuständigen Behörde verletzt aber den Betroffenen nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Der Bescheid ist daher aufzuheben. Auf das Beschwerdevorbringen in der Sache ist unter diesen Umständen nicht mehr einzugehen.

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Auslegung eines Bescheides, Bescheidbegriff, VfGH / Vorverfahren, Behördenzuständigkeit, Tierärzte, Tierärzte Kammer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B244.1982

Dokumentnummer

JFT_10149383_82B00244_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten