TE Vfgh Erkenntnis 1985/12/12 V45/85, V46/85, V47/85, V48/85, V49/85, V50/85, V51/85, V52/85, V53/85

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Veröffentlicht am 12.12.1985
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6930 Wasserversorgung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
F-VG 1948 §7 Abs3
F-VG 1948 §7 Abs4
F-VG 1948 §7 Abs5
F-VG 1948 §8 Abs1
FAG 1979 §15 Abs3 Z4
FAG 1985 §15 Abs3 Z5
Nö GemeindewasserleitungsG 1978 §6 Abs6
Nö GemeindewasserleitungsG 1978 §11 Abs3
Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24.03.82 über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung §10 Abs3

Leitsatz

Nö. GemeindewasserleitungsG, keine Bedenken gegen den eine Verordnungsermächtigung enthaltenden §11 Abs3 im Hinblick auf die Regelung des F-VG; die in §11 Abs3 leg. cit. vorgesehene Vorschreibung einer Mindestwassergebühr für die ersten sechs Jahre nach Inbetriebnahme der Wasserleitungsanlage ohne Abstellen auf den tatsächlichen Wasserverbrauch nicht unsachlich; V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982 über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung; rechtzeitige Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes der Gemeindewasserleitung iS des §11 Abs3 Nö. GemeindewasserleitungsG - §10 Abs3 der V nicht gesetzwidrig

Spruch

§10 Abs3 der V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982, Z 81-810-WVA-1982, über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Eichgraben in der Zeit vom 25. März bis 8. April 1982, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Marktgemeinde Eichgraben hat eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage errichtet. Mit Beschl. vom 24. März 1982, Z 81-810-WVA-1982, erließ der Gemeinderat der Marktgemeinde Eichgraben die V über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Eichgraben vom 25. März bis 8. April 1982.

Die genannte V stützt sich auf §11 Abs3 des nö.

Gemeindewasserleitungsgesetzes vom 14. März 1978, LGBl. 6930-0, der lautet:

"Der Gemeinderat kann für die ersten sechs Jahre nach Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung, im Falle des §6 Abs6 nach Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes, durch Verordnung festlegen, daß eine Mindestwassergebühr zu entrichten ist. Die Mindestwassergebühr darf den Betrag nicht überschreiten, der sich bei einem Verbrauch von 10 Kubikmeter Wasser monatlich ergeben würde. Die Mindestwassergebühr berechtigt zum Bezug jener Wassermenge, die der Gemeinderat ihrer Berechnung zugrunde gelegt hat."

§§7, 8 und 10 der V lauten:

"§7

Mindestwassergebühr

(1) Gemäß §11 Abs3 des Nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 wird festgesetzt, daß für Liegenschaften, für die von der Gemeinde ein Wassermesser beigestellt wird, eine Mindestwassergebühr in der Höhe von S 160,-/Monat zu entrichten ist. Der Berechnung dieser Gebühr wurde ein monatlicher Verbrauch von 10 Kubikmeter Wasser bei einer Grundgebühr pro Kubikmeter von S 16,- zugrundegelegt. Für den Ablesungszeitraum von 12 Monaten ergibt sich daher eine Mindestwassergebühr von S 1.920,-.

Die Mindestwassergebühr berechtigt zum Bezug einer Wassermenge von 120 Kubikmeter im Ablesungszeitraum.

(2) Ist die Wasserbezugsgebühr, die auf Grund des tatsächlichen Verbrauches errechnet wird, höher als die Mindestwassergebühr, so ist die Wasserbezugsgebühr auf Grund des tatsächlichen Verbrauches zu entrichten.

§8

Entstehung des Abgabenanspruches, Ablesungszeitraum, Entrichtung der Wasserbezugsgebühren und Wassermessergebühren

(1) Hinsichtlich der Entstehung der Gebührenschuld der Wasserbezugsgebühren und Wassermessergebühren gelten die Bestimmungen des §15 des NÖ. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978.

(2) Die Wassergebühr wird auf Grund einer einmaligen Ablesung im Kalenderjahr gemäß §11 Abs1 und 2 NÖ. Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 berechnet. Der Ablesungszeitraum beträgt daher zwölf Monate. Er beginnt mit 1. Mai und endet mit 30. April. Für die Bezahlung der so berechneten Wasserbezugsgebühren bzw. der beschlossenen Mindestwassergebühr werden vier Teilzahlungszeiträume wie folgt festgelegt:

1. vom 1.  5. bis 31.  7.

2. vom 1.  8. bis 31. 10.

3. vom 1. 11. bis 31.  1.

4. vom 1.  2. bis 30.  4.

Die auf Grund der einmaligen Ablesung festgesetzte Wasserbezugsgebühr bzw. die Mindestwassergebühr, die sich auf Grund der Bestimmungen des §7 Wasserabgabenordnung ergibt, wird auf die vorgenannten Teilzahlungszeiträume aufgeteilt, wobei die einzelnen Teilbeträge in der gleichen Höhe auf- oder abgerundet werden. Die einzelnen Teilbeträge sind jeweils am 15. 2., 15. 5., 15. 8. und 15. 11. fällig. Im ersten Teilzahlungszeitraum eines jeden Kalenderjahres erfolgt die Abrechnung der festgesetzten Teilzahlungen mit der auf Grund der Ablesung errechneten Wasserbezugsgebühr, ebenso die Abrechnung der Mindestwassergebühr. Erforderlichenfalls werden die Teilbeträge für die folgenden Teilzahlungszeiträume neu festgesetzt.

(3) Die jährliche Wassermessergebühr ist in gleichen Teilbeträgen gleichzeitig mit den Teilzahlungen für die Wasserbezugsgebühr bzw. Mindestwassergebühr zu entrichten.

(4) Die Entrichtung der Wasserbezugsgebühr bzw. Mindestwassergebühr hat durch Einzahlung mittels Erlagscheines auf das Konto der Gemeinde 190 bei der Raika Eichgraben zu erfolgen.

§10

(1) Gemäß §5 Abs3 des NÖ. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 wird diese Wasserabgabenordnung mit 1. Mai 1982 nach erfolgter zweiwöchiger Kundmachung rechtswirksam.

(2) Auf Abgabentatbestände für Wasseranschluß-, Ergänzungs- und Sonderabgabe sowie für Wassermessungen und Wasserlieferungen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung verwirklicht wurden bzw. erfolgten, sind die bis dahin geltenden Abgaben- und Gebührensätze weiterhin anzuwenden.

(3) Mit 1. 5. 1982 beginnt die Verpflichtung zur Abgabe der Mindestwassergebühr und endet mit 30. 4. 1988."

Mit V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 12. Dezember 1983 wurden die §§7 und 8 der angeführten V mit Wirkung vom 1. Mai 1984 in hier nicht wesentlichen Teilen, vor allem hinsichtlich der Höhe der Abgabe, geändert:

2. Mit in den Jahren 1983 und 1985 erlassenen Bescheiden gab der Gemeinderat der Marktgemeinde Eichgraben Berufungen des F und der F B (B329/83), des Mag. R S (B339/83), der R R (B349/83), des W und der G B (B350/83), des Ing. O S (B351/83), des Dr. W und der H F (B352/83), des G L (B355/83), des O und der B K (B366/83), der E R (B405/83) und des Dr. K und der Dipl.-Kfm. H R (B370/85) gegen erstinstanzliche Abgabenbescheide nicht Folge, mit denen den Genannten für bestimmte Zeiträume jeweils eine Mindestwassergebühr gemäß §7 der V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982 vorgeschrieben wurde. Den gegen diese Bescheide der zweiten Instanz von den Genannten jeweils erhobenen Vorstellungen gab die Nö. Landesregierung mit in den Jahren 1983 und 1985 erlassenen Bescheiden nicht Folge. In der Begründung der Bescheide berief sich die Behörde jeweils im wesentlichen darauf, aus §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes und §7 der genannten V ergebe sich, daß die Vorschreibung einer Mindestwassergebühr für die jweiligen Liegenschaften in Eichgraben durch die Abgabenbehörde erster Instanz zu Recht erfolgt sei, da sowohl "der Abgabentatbestand verwirklicht als auch der Abgabenanspruch entstanden war". Die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe daher in richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes die Berufung gegen den Bescheid erster Instanz als unbegründet abgewiesen. Die Genannten seien daher durch den Inhalt der in Vorstellung gezogenen abgabenrechtlichen Bescheide zweiter Instanz in ihren Rechten nicht verletzt worden.

3. Die Bf. führten in ihren gemäß Art144 B-VG an den VfGH gegen die Vorstellungsbescheide jeweils erhobenen Beschwerden aus, die V vom 24. März 1982, deren Wirksamkeit am 1. Mai 1982 beginne, sei gesetzwidrig, da im Zeitpunkt der Beschlußfassung von einer Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes der Gemeindewasserleitung keine Rede sein könne. Nach eigenen Darstellungen der Gemeinde erstrecke sich die Herstellung weiterer Teilabschnitte noch auf Jahre hinaus. §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 stelle auf die Inbetriebnahme der Gesamtwasserleitung ab. Durch den Zusatz, daß im Falle der Errichtung in Teilabschnitten die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes maßgeblich sei, sei deutlich zum Ausdruck gebracht, daß "keinesfalls der jeweilige Teilabschnitt" maßgeblich sei, weil sonst der Ausdruck "jeweils letzten Abschnittes" gebraucht worden wäre. Die Bf. stellten daher die Anträge, §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 als verfassungswidrig, §§7 und 10 Abs3 der genannten V vom 24. März 1982 als gesetzwidrig sowie den jeweiligen Vorstellungsbescheid der Nö. Landesregierung als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Die Nö. Landesregierung erstattete jeweils als bel. Beh. eine Gegenschrift, in der sie die Zurückweisung bzw. die Abweisung der Beschwerde beantragte.

5. Bei der Beratung des VfGH aus Anlaß dieser Beschwerden sind Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des §10 Abs3 der genannten V vom 24. März 1982 entstanden.

Der VfGH beschloß, aus Anlaß der genannten Beschwerden gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §10 Abs3 der genannten V vom 24. März 1982 einzuleiten (V45 - 53/85, V56/85).

II. 1. Der VfGH begründete die Einleitungsbeschlüsse zu B329/83, B339/83, B349/83, B350/83, B351/83, B352/83, B355/83, B366/83, B405/83 und B370/85 nach Darstellung des Sachverhaltes wie folgt:

"Die Beschwerdeführer stützen die Behauptung, die Verordnung sei gesetzwidrig, darauf, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung am 1. Mai 1982 der dritte Abschnitt der Wasserleitung der Marktgemeinde Eichgraben noch nicht einmal geplant, viel weniger in Betrieb genommen worden sei. Unter Inbetriebnahme sei zu verstehen, daß die zu dem betreffenden Bauabschnitt gehörigen Liegenschaften mit Wasser versorgt würden. Die belangte Behörde hingegen ist der Auffassung, daß der Gemeinderat mit Recht bei der Erlassung der Verordnung davon ausgegangen sei, daß die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes mit der Inbetriebnahme eines Rohrstranges dieses Abschnittes erfolgt sei. Sie bestreitet daher nicht, daß am 1. Mai 1982 der dritte und letzte Bauabschnitt der Wasserleitungsanlage der Marktgemeinde Eichgraben noch nicht zur Gänze in Betrieb genommen war.

Der VfGH hat das Bedenken, daß die in §10 Abs3 der Verordnung mit Beginn ab 1. Mai vorgenommene Anordnung der Vorschreibung einer Mindestwassergebühr gemäß §11 Abs3 des nö.

Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 deshalb in Widerspruch zu dieser Gesetzesstelle steht, weil der letzte Bauabschnitt der Gemeindewasserleitung am 1. Mai 1982 noch nicht in Betrieb genommen war. Die Inbetriebnahme eines Rohrstranges des letzten Bauabschnittes der Gemeindewasserleitung scheint dem Gesetzesbefehl des §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 nicht zu genügen. Der letzte Bauabschnitt ist wohl erst dann in Betrieb genommen, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, daß sämtliche in den Bauabschnitt aufgenommenen Liegenschaften mit Wasser versorgt werden können.

Gegen die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle besteht daher das Bedenken, daß sie mit §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 deshalb in Widerspruch steht, weil damit der Beginn des Anspruches der Gemeinde auf eine Mindestwassergebühr ab 1. Mai 1982 angeordnet wird, obwohl zu diesem Zeitpunkt eine Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes der Wasserleitung noch nicht erfolgt war."

2. Die Landesregierung erstattete zum Verordnungsprüfungsverfahren folgende Äußerung:

"1. Im Unterbrechungsbeschluß äußert der VfGH Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des §10 Abs3 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982, 81-810-WVA-1982, dahingehend, daß die durch diese Bestimmung mit Beginn ab 1. Mai 1982 vorgenommene Anordnung der Vorschreibung einer Mindestwassergebühr mit §11 Abs3 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, LGBl. 6930-0, insofern in Widerspruch stehe, als der letzte Bauabschnitt der Gemeindewasserleitung Eichgraben am 1. Mai 1982 noch nicht in Betrieb genommen war.

Die zu diesem Zeitpunkt angenommene Inbetriebnahme bloß eines Rohrstranges des letzten Bauabschnittes einer Gemeindewasserleitung scheine dem Gesetzesbefehl des §11 Abs3 lig. cit. nicht zu genügen; der letzte Bauabschnitt einer Gemeindewasserleitung sei vielmehr erst dann in Betrieb genommen, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, daß sämtliche in den Bauabschnitt aufgenommenen Liegenschaften mit Wasser versorgt werden können.

2. Gegenstand der dem Verordnungsprüfungsverfahren zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren sind Bescheide der NÖ Landesregierung als Aufsichtsbehörde, mit denen Bescheide des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben bestätigt wurden. In diesen Bescheiden hat der Gemeinderat, gestützt auf die §§7 Abs1 und 2 und 8 Abs1 der zitierten Verordnung, den Beschwerdeführern eine Mindestwassergebühr beginnend ab dem 1. Mai 1982 vorgeschrieben.

Gemäß §10 Abs3 der zitierten Verordnung beginnt die Verpflichtigung zur Abgabe der Mindestwassergebühr am 1. Mai 1982 und endet mit 30. April 1988. Durch §10 Abs3 der Verordnung wird der zeitliche Geltungsbereich der §§7 Abs1 und 2 und 8 Abs1 bestimmt, sodaß der Beginn der Gebührenvorschreibung durch §10 Abs3 bedingt ist und diese Bestimmung ebenfalls die Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide darstellt, weshalb gegen die Annahme der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung keine Bedenken bestehen.

3. Für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung ist auf den Inhalt des §11 Abs3 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 (GWLG), LGBl. 6930-0, abzustellen, sofern diese Gesetzesbestimmung tatsächlich auch die Rechtsgrundlage dieser Verordnungsbestimmung darstellt (siehe Punkt 6).

§11 Abs3 leg. cit. ermächtigt nach dem hier maßgeblichen Inhalt die Gemeinde, für die ersten sechs Jahre

-

nach Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung (1. Fall)

-

im Falle des §6 Abs6 leg. cit. nach Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes (2. Fall)

eine Mindestwassergebühr vorzuschreiben. Kernpunkt der Interpretation dieser Bestimmung ist dabei die Frage, welche Inhalte der Landesgesetzgeber den Begriffen 'Inbetriebnahme', 'Gemeindewasserleitung' und 'Bauabschnitt' beigelegt hat.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1969 wird hiezu unter anderem ausgeführt (Ltg-514/1-1969):

'In Abweichung von der Regelung des §10 werden hier die möglichen Besonderheiten bei der Bemessung der Wasserbezugsgebühr geregelt ...

Die im Abs3 vorgesehene Regelung soll einer in der Praxis sehr häufig getroffenen Feststellung entgegenwirken, eine gleichmäßige Belastung aller Abgabenpflichtigen gewährleisten und die Gemeinde vor einem Verlust bewahren. In der Praxis hat sich sehr häufig herausgestellt, daß die Liegenschaftseigentümer in der ersten Zeit ihren Wasserbedarf drosseln, um das durch die Darlehensrückzahlungen höher belastete Wasser nicht mitbezahlen zu müssen. Auf Grund der vorgeschlagenen Regelung soll nun der Gemeinderat eine Mindestwassergebühr für die ersten sechs Jahre festsetzen können. Diese Mindestwassergebühr darf den Preis für 10 Kubikmeter Wasser nicht übersteigen. Die Liegenschaftseigentümer können bis zu diesem Betrag Wasser ohne weitere Zahlung beziehen. Durch Abs4 wird klargestellt, daß ein höherer Wasserverbrauch erst die Bezahlung einer höheren Wasserbezugsgebühr nach sich zieht.'

Bei der Interpretation einer Rechtsvorschrift ist zunächst von der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang auszugehen. Nach der Wortinterpretation bedeutet der Begriff 'Inbetriebnahme' im Zusammenhang mit einer Wasserleitung nichts anderes, als den Beginn der bestimmungsgemäßen Verwendung der Anlage, nämlich die tatsächliche Aufnahme des Transportes von Wasser. Dies geht auch aus §6 Abs6 GWLG hervor, als dort von der Inbetriebnahme eines Abschnittes nach Fertigstellung ausgegangen wird. Demnach ist unter dem Begriff Fertigstellung die Errichtung der für die Wasserversorgung erforderlichen technischen Anlagen zu verstehen, unter Inbetriebnahme die tatsächliche Versorgungsaufnahme mittels dieser Anlagen.

Für den Begriff 'Gemeindewasserleitung' enthält das GWLG eine Legaldefinition im §1. Demnach sind Gemeindewasserleitungen 'Wasserversorgungsunternehmungen, die von einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband betrieben werden'. In 'NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz - Gemeindewasserleitungsgesetz - Kanalgesetz', NÖ Studiengesellschaft für Verfassungs- und Verwaltungsrechtsfragen, Wien 1978, S. 62, wird hiezu ausgeführt, daß 'der Gesetzgeber die Begriffe 'Gemeindewasserleitungen' und 'Wasserversorgungsunternehmungen' gleichstellt. Er will offensichtlich damit zum Ausdruck bringen, daß nicht bloß die technische Einrichtung, nämlich eine Leitung für die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, dem Geltungsbereich des Gesetzes unterliegt, sondern das gesamte damit verbundene wirtschaftliche Geschehen, das den Unternehmensbegriff ausmacht.'

Unklar ist, ob der Begriff 'Gemeindewasserleitung' im §11 Abs3 in dieser Bedeutung verwendet wird oder der Gesetzgeber hier diesen Begriff bloß im Sinne von Wasserleitungsanlage verstanden hat, als die Verwendung des Begriffes 'Inbetriebnahme' für Unternehmungen zumindest unüblich ist. Im allgemeinen Sprachgebrauch würde der Beginn einer wirtschaftlichen Betätigung eher als 'Betriebsaufnahme' bezeichnet werden.

Eine Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung würde demnach dann vorliegen, wenn ein Wasserversorgungsunternehmen einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes tatsächlich die Versorgung von Liegenschaft mit Wasser aufnimmt. Diese Versorgung setzt zwangsläufig das Vorhandensein der hiefür erforderlichen technischen Anlagen, wie z. B. Rohrleitungen, Hochbehälter, Pumpen usw., voraus, andernfalls könnte ja technisch gar kein Transport von Wasser erfolgen. Die hiefür erforderlichen wirtschaftlichen Vorkehrungen müssen dabei ebenfalls gegeben sein, sodaß §1 GWLG für die vorliegende Problemstellung keine Hilfestellung bieten dürfte. Dafür spricht auch die Tatsache, daß eine wirtschaftliche Unternehmung keine Teilung in Bauabschnitte zuließe.

Für den Begriff 'Bauabschnitt' enthält das GWLG keine Definition. Nach herkömmlicher Erfahrung wird unter diesem Begriff ein Teil einer Wasserversorgungsanlage verstanden, wobei diese Unterteilung durch die Art der Errichtung (arg. Bauabschnitt) bedingt ist. Nicht bestimmt ist dabei, welchen Umfang dieser Anlagenteil umfassen muß, um einen Bauabschnitt im Sinne des §11 Abs3 GWLG darstellen zu können. Allein nach dem Errichtungsmodus wäre auch eine Untergliederung einer Wasserversorgungsanlage in der Form möglich, daß jeder Straßenrohrstrang einen eigenen Bauabschnitt darstellt. Ebenso könnte die Gemeindewasserleitung in ihrer Gesamtheit in einem Zug ohne Unterteilung in Abschnitte errichtet werden - und somit einen einzigen Bauabschnitt darstellen.

Nach §6 Abs6 GWLG unterscheidet sich ein Bauabschnitt von einem vom Bauherrn für die Arbeitsdurchführung frei disponierbaren 'Baulos' dadurch, daß er alle Anlagenteile umfassen muß, die eine selbständige Inbetriebnahme unabhängig von der Inbetriebnahme der gesamten Gemeindewasserleitung zulassen. Aus diesem Grund dürfte nicht jeder einzelne Hauptrohrstrang für sich einen Bauabschnitt im Sinne dieser Gesetzesstelle darstellen. Vielmehr kann darunter nur ein System von Hauptrohrsträngen samt den weiteren für eine Wasserversorgung erforderlichen Einrichtungen als Bauabschnitt angesehen werden, das als solches, eventuell auch in Verbindung mit bereits inbetriebgenommenen anderen Bauabschnitten eine selbständige Inbetriebnahme ermöglicht. Eine geographische Geschlossenheit des dadurch versorgten Gebietes ist aber ebensowenig erforderlich wie eine Berücksichtigung der bestehenden Untergliederungen des Gemeindegebietes in Katastralgemeinden oder Ortsteile.

Nach der Wortinterpretation allein ist demnach die Frage, wann die Inbetriebnahme einer Gemeindewasserleitung bzw. des letzten Bauabschnittes einer Gemeindewasserleitung im Sinne des §11 Abs3 GWLG als Voraussetzung für die Normierung einer Mindestwassergebührenregelung vorliegt, nicht zu lösen.

Aus der vom Gesetzgeber dieser Regelung vorangestellten Überschrift ist abzuleiten, daß die Mindestwassergebühr eine besondere Form der Bemessung der Wasserbezugsgebühren darstellt, die ein Abgehen von der im §10 leg. cit. normierten Bemessungsart gestattet.

Nach der Absicht des Gesetzgebers soll mit dieser Regelung den aus der Erfahrung bekannten Anlaufschwierigkeiten begegnet werden, weshalb sie sich von der im §10 leg. cit. enthaltenen Regelung zunächst durch eine zeitliche Befristung unterscheidet. Darüber hinaus weicht sie durch die Normierung einer Untergrenze für den der Gebührenbemessung zugrunde zu legenden Wasserverbrauch ab. Bei einem diese Mindestmenge übersteigenden Verbrauch findet weiterhin die Regelung des §10 Anwendung (§11 Abs4 GWLG). Die nach §10 GWLG zu entrichtende Wasserbezugsgebühr ist nicht durch das Erfordernis der Inbetriebnahme der Gesamtanlage bedingt, sondern setzt nur im Einzelfall einen Wasserbezug durch den Abgabepflichtigen voraus. Dieses Erfordernis enthält nur §11 Abs3 GWLG, sodaß §10 GWLG keine Interpretationshilfe bietet.

Theoretisch könnte bereits die Versorgung einzelner Liegenschaften als auch erst die tatsächliche Versorgung sämtlicher in den Versorgungsbereich aufgenommener Liegenschaften als Inbetriebnahme angesehen werden. Aus dem Charakter als Gebührenregelung läßt sich das Kriterium der Versorgung von Liegenschaften insofern ableiten, als die Entrichtung einer Wasserversorgungsgebühr zwangsläufig einen Wasserbezug voraussetzt. Dies ergibt sich auch im Zusammenhalt mit §15 Abs4 GWLG, der das Entstehen des Gebührenanspruches regelt.

Im Weg über den Versorgungsbereich und der daraus resultierenden Versorgungspflicht obliegt es der Gemeinde, zu bestimmen, welche Rohrsysteme samt den dazugehörigen technischen Einrichtungen als eine Wasserversorgungsanlage und damit als Gemeindewasserleitung zu gelten haben. Es besteht keine Verpflichtung für eine Gemeinde, eine Wasserversorgungsanlage zu errichten und zu betreiben. Die Gemeinde ist vielmehr bei der Wahl des Versorgungsbereiches für eine Gemeindewasserleitung frei und es obliegt allein ihrer Entscheidung, ob sie sämtliche Liegenschaften oder nur einen Teil, alle Katastralgemeinden oder nur einzelne oder zunächst nur einen Teil des Gemeindegebietes und erst in weiterer Folge andere Ortsteile mit Wasser versorgt. Dieser Umstand findet etwa auch in §5 Abs5 GWLG seinen Niederschlag. Demnach können die Gemeinden mehrere Wasserversorgungsanlagen mit jeweils getrennten Versorgungsbereichen betreiben und unter der Voraussetzung, daß die Errichtung wegen der Lage einzelner Katastralgemeinden oder Ortschaften sowie wegen besonderer technischer Einrichtungen für die Wasserlieferung notwendig ist, die Wasserabgaben und Wassergebühren innerhalb des Gemeindegebietes verschieden hoch festsetzen.

Die Festlegung der einzelnen Bauabschnitte sowie deren Inbetriebnahme kommt ebenfalls der Gemeinde zu. Es obliegt daher primär der Gemeinde, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme im Sinne des §11 Abs3 GWLG zu bestimmen.

Die im Unterbrechungsbeschluß getroffene Annahme, daß erst nach Schaffung einer Versorgungsmöglichkeit für sämtliche den letzten Bauabschnitt aufgenommene Liegenschaften eine Inbetriebnahme gemäß §11 Abs3 leg. cit. vorliegt, würde bedeuten, daß eine Inbetriebnahme bei einem derartigen Begriffsverständnis faktisch nie eintreten könnte. Es würde dabei vorausgesetzt, daß die Gemeinde für alle Liegenschaften des Versorgungsbereiches Hauptrohrstränge projektiert und auch tatsächlich ausführt, obwohl sie nur für die anschlußpflichtigen Liegenschaften eine Versorgungspflicht trifft. Es dürfte daher höchstens auf anschlußpflichtige Liegenschaften im Versorgungsbereich des letzten Bauabschnittes abgestellt werden. Gemäß §1 Abs1 in Verbindung mit §2 und §5 des NÖ Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978, LGBl. 6951-0, können darunter nur solche Liegenschaften fallen, die Gebäude, Betriebe oder sonstige Anlagen mit einem Wasserbedarf aufweisen. Aber selbst dann noch wäre der Kreis derartiger Liegenschaften unbestimmt, als durch eine Baumaßnahme jederzeit der Anschlußzwang für eine Liegenschaft entstehen bzw. wegfallen kann.

Auch durch die Forderung nach einer bloßen Versorgungsmöglichkeit für sämtliche in den Bauabschnitt aufgenommene Liegenschaften kann dieser Unbestimmtheit nicht begegnet werden. Dadurch könnten allein die anschlußpflichtigen, aber tatsächlich noch nicht angeschlossenen Liegenschaften ausgeschieden werden.

Die Annahme im Unterbrechungsbeschluß würde ferner voraussetzen, daß bei der Festlegung eines Bauabschnittes auf zu versorgende Liegenschaften abgestellt wird. Eine derartige Verpflichtung ist dem GWLG nicht zu entnehmen, sodaß ein Bauabschnitt auch durch die Angabe von Ortsteilen oder durch die Bezeichnung der dazugehörigen Hauptrohrstränge festgesetzt werden könnte, es muß daher aber nicht auf die anschließbaren bzw. anzuschließenden Liegenschaften abgestellt werden. Wegen der Unbestimmtheit über die Anzahl dieser Liegenschaften könnte auch im Zeitpunkt der Festlegung der Bauabschnitte eine derartige Zuordnung gar nicht vorgenommen werden.

Diese Frage ist nur in einem eigenen Verfahren nach dem NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 zu klären, wonach bescheidmäßig über die Anschlußpflicht im Zweifelsfall abzusprechen ist. Erst nach Abschluß aller derartiger Verfahren würde sich sodann die Zahl der anzuschließenden Liegenschaften ergeben und es könnte dann erst tatsächlich überhaupt eine Planung der Wasserversorgungsanlage Platz greifen, wobei wiederum als besonderes Hindernis die Bestimmungen über die Ausnahme vom Anschlußzwang im §2 Abs1 des NÖ WAG anzusehen wären. Demnach besteht u. a. kein Anschlußzwang für Liegenschaften, deren Wasserbedarf durch eine im Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bereits bestehende Anlage erfolgt bzw. deren Wasserbedarf nach Inbetriebnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage aus einer eigenen Anlage gedeckt wird. Bei der Ermittlung des Zeitpunktes der Inbetriebnahme kann daher auf die in einen Bauabschnitt aufgenommenen Liegenschaften nicht abgestellt werden.

Bei mehreren möglichen Interpretationen einer gesetzlichen Bestimmung ist einer verfassungskonformen Auslegung der Vorrang zu geben (VfSlg. 3910, 4174, 4482). Aus dem Gleichheitsgrundsatz läßt sich demnach für die Interpretation des §11 Abs3 GWLG ergänzen, daß nur solche Interpretationsergebnisse heranzuziehen sind, die zu sachlich gerechtfertigten Differenzierungen der Abgabenpflichtigen führen.

Die Normierung einer Mindestwassergebühr zu einem Zeitpunkt, wo noch nicht sämtliche Liegenschaften des Versorgungsbereiches, wohl aber sämtliche anschlußpflichtige Liegenschaften des Versorgungsbereiches versorgt werden, dürfte auf jeden Fall mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar sein. Bei den nicht anschlußpflichtigen Liegenschaften handelt es sich um Grundflächen, die entweder gar keinen Wasserbedarf aufweisen (wie z. B. unbebaute Grundflächen) oder aber deren Wasserbedarf durch eigene ausreichende Wasserversorgungsanlagen gedeckt wird oder bei denen aus technischen und wirtschaftlichen Gründen eine Wasserversorgung nicht möglich ist, weshalb diese Grundflächen für die Gebührenregelung und damit für die Festsetzung des Zeitpunktes der Inbetriebnahme überhaupt nicht zu berücksichtigen sind. Die Eigentümer dieser Liegenschaften werden von der Gebührenregelung auch gar nicht berührt.

Ebensowenig können Liegenschaften, die erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Wege der Änderung des Flächenwidmungsplanes oder im Falle einer Bauführung, für eine Wasserversorgung in Frage kommen, keine Berücksichtigung finden. Andernfalls könnte eine Inbetriebnahme ja nie angenommen werden, als eine derart bedingte Ausweitung oder Ergänzung der Wasserversorgungsanlage nahezu immer möglich und unbestimmt ist. Es kann daher nur der tatsächliche im Entscheidungszeitpunkt bereits bekannte Umfang an zu versorgenden Liegenschaften den Rahmen für die Beurteilung abgeben.

In der Praxis zeigt sich oft, daß eine Wasserversorgungsanlage für die Maximalversorgung projektiert wird, tatsächlich dann aber einige Straßenstränge dieses Projektes nicht zur Ausführung gelangen. Es sind dies zumeist Rohrstränge, die zwar bebaubare, aber tatsächlich noch nicht bebaute Liegenschaften versorgen sollen. Ferner muß oft die Versorgung von Straßenzügen mit nur geringer Bebauung aus wirtschaftlichen Gründen zurückgestellt werden, weil hier die zu erwartenden Abgaben- und Gebührenerträge nicht einmal eine teilweise Abgeltung der Errichtungs- und Erhaltungskosten der Gemeinde erwarten lassen. Somit muß zwischen dem Konzept einer Maximalversorgung durch eine Gemeindewasserleitung und dem durch die tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in der Gemeinde realisierbaren Umfang unterschieden werden.

Eine 'Inbetriebnahme' des letzten Bauabschnittes im Sinne des §11 Abs3 GWLG dürfte daher bereits dann vorliegen, wenn der Kreis der tatsächlich versorgten Liegenschaften eine so große Anzahl erreicht hat, daß aus einer späteren Versorgungsaufnahme für einzelne Liegenschaften resultierende Unterschiede in der Wasserbezugsgebührenberechnung sachlich zu rechtfertigen sind.

4. Die Beschwerdeführer behaupten, daß am 1. Mai 1982 der dritte Abschnitt der Gemeindewasserleitung der Marktgemeinde Eichgraben noch nicht einmal geplant, viel weniger noch in Betrieb genommen worden sei und vermeinen demnach, §10 Abs3 der Verordnung stütze sich auf §11 Abs3 2. Fall GWLG.

Bereits in der Wasserabgabenordnung vom 29. Juli 1977 enthielt §7 die Aussage, daß 'eine Mindestwassergebühr nach Inbetriebnahme der letzten Baustufe durch Ergänzung der Verordnung festgesetzt' wird, woraus die Absicht auf eine Errichtung der Wasserversorgungsanlage im Sinne des §6 Abs6 GWLG geschlossen werden kann.

Im Zuge der Ausführung der Bauarbeiten wurde das Gesamtvorhaben in Baulose zerlegt, wie es bei jedem größeren Projekt erforderlich ist. So wurden z. B. mit Gemeinderatsbeschluß vom 4. November 1974 die Arbeiten für den Bauteil I vergeben und über den Arbeitsumfang der Bauabschnitte bestimmt.

Ebenso wurde bei den vom Wasserwirtschaftsfonds gewährten Finanzmittel auf Bauabschnitte abgestellt, sodaß auch aus dieser Unterteilung in sogenannte 'Fondsbauabschnitte' abgeleitet werden kann, daß es sich hier um die Errichtung einer Wasserversorgungsanlage im Sinne des §6 Abs6 GWLG handelt.

Weiters beschäftigte sich auch der Gemeinderat in seiner Sitzung anläßlich des Beschlusses der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung am 24. März 1982 mit dem Begriff Bauabschnitt, als die Gesamtbaukosten aus den Kosten der einzelnen Bauabschnitte (BA 01 bis BA 03) addiert wurden. Dabei handelte es sich um die in der Praxis als sogenannte 'Fondsbauabschnitte' bezeichneten Teile der Gesamtanlage. In dieser Sitzung wurde auch der Einwand eines Gemeinderates, daß eine Mindestwassergebühr erst bei Inbetriebnahme des letzten 'Bauabschnittes' beschlossen werden könne, damit entkräftet, daß diese Voraussetzung nunmehr gegeben sei, weshalb auch der Einwand unberücksichtigt blieb und der Gemeinderat den Beschluß auf Einhebung einer Mindestwassergebühr ab 1. Mai 1982 faßte.

Schließlich wurde in den ersten beiden Bauabschnitten jeweils nach ihrer Fertigstellung die Wasserversorgung aufgenommen, sodaß §10 Abs3 der Gemeindeverordnung an §11 Abs3 2. Fall GWLG zu messen ist.

5. Es trifft jedoch keinesfalls zu, daß der Bauabschnitt 3 am 1. Mai 1982 noch nicht einmal geplant war und vom Bauabschnitt 3 der Gemeindewasserleitung Eichgraben im Zeitpunkt der Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung nur ein Rohstrang errichtet war. Der Bauabschnitt 3 stellt nicht auf einen geschlossenen Ortsteil der Marktgemeinde ab, sondern er umfaßt die restlichen Rohrstränge der Gemeindewasserleitung, darunter auch bisher noch nicht errichtete Rohrstränge in den beiden anderen bereits inbetriebgenommenen Bauabschnitten. Am 1. Mai 1982 waren die Hauptrohrstränge 5.2, 5.3 und 5.4 des Systems 5 im Ortsteil Hinterleiten (Erdbeer-, Brombeer- und Himbeerstraße) soweit in Betrieb, daß damit 41 Liegenschaften versorgt wurden und für 9 weitere Liegenschaften eine Anschlußmöglichkeit geschaffen wurde.

Nach der finanziellen Situation der Marktgemeinde Eichgraben wurde mit der Inbetriebnahme dieser Anlagenteile der Rahmen der Finanzierbarkeit erreicht und ein weiterer Ausbau der Gemeindewasserleitung erschien zunächst nicht möglich. Dieser Umstand führte schließlich auch zu einer Einstellung der weiteren Bauarbeiten. Demnach stellte die Inbetriebnahme dieser Rohrstränge die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes der Gemeindewasserleitung dar, als damit die Gemeindewasserleitung den zu diesem Zeitpunkt errichtbaren Umfang erlangt hatte, wenn dies auch noch nicht dem etwa 10 Jahre früher projektierten Umfang entsprach.

Auch unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes hat der Gemeinderat der Marktgemeinde Eichgraben mit der in Prüfung gezogenen Verordnungsstelle keine sachlich ungerechtfertigte Differenzierung geschaffen. Es wurde damit eine den Intentionen des Gesetzgebers entsprechend gleichmäßige Heranziehung aller Abgabepflichtigen erreicht, als alle angeschlossenen und von der Gemeinde mit Wasser versorgbaren Liegenschaftseigentümer von der Mindestwassergebühr betroffen waren. Eine Berücksichtigung der erst in einem späteren Zeitpunkt anschließenden Liegenschaftseigentümer hat dabei nicht Platz zu greifen, als diese Personen von der Regelung zunächst überhaupt nicht berührt werden können. Sofern ein Liegenschaftseigentümer zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der in Betrieb genommenen Bauabschnitte einen Wasseranschluß erhält, gleichgültig ob es sich dabei um einen freiwilligen Anschluß gemäß §2 GWLG oder einen Anschluß in Ausführung der Anschlußpflicht handelt, liegt es in der Natur der Sache, daß seiner Gebührenbemessung eine höhere Grundgebühr zugrundegelegt wird, als bei den anderen Gebührenpflichtigen im Zeitpunkt des Entstehens ihrer Gebührenpflicht. Ebenso verhält es sich bei jeder Änderung einer Gebührenbemessung, als die jeweilige Bemessungsart für die Abgabepflichtigen je nach Dauer des Leistungsbezuges einen unterschiedlich langen Zeitraum gilt. Dabei ist es auch möglich, daß einzelne Abgabepflichtige von einer aufgegebenen Gebührenregelung überhaupt nicht mehr berührt werden und für sie bedingt durch den Anschlußzeitpunkt nur mehr die neue Bemessungsart Anwendung findet, gleichgültig, ob die frühere günstiger oder ungünstiger war. Bei gegebener Sachgerechtigkeit der neuen Gebührenregelung kann daher diese Unterscheidung keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bewirken. Es darf dabei nicht auf die Dauer des einzelnen Gebührenverhältnisses abgestellt werden, da ansonsten in gleichen Zeiteinheiten auch für jenen neu angeschlossenen Abgabepflichtigen die Grundgebühr des 1. angeschlossenen Abgabepflichtigen zur Anwendung kommen müßte und erst mit der gleichen zeitlichen Verzögerung, wie sie die Herstellung seines Anschlusses gegenüber dem des 1. Abgabepflichtigen aufweist, die Erhöhungen der Grundgebühr auch ihm gegenüber verrechnet werden dürften.

Es ergibt sich daher aus der Tatsache, daß nach Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung noch weitere Anschlüsse hergestellt werden und diese Abgabepflichtigen nur einen kürzeren Zeitraum - in bestimmten Fällen wegen der zeitlichen Befristung überhaupt nicht mehr - von der Mindestwassergebührenregelung berührt werden, keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.

Ebenso stellt die Bemessungsart der Mindestwassergebühr keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar. In seinem Erkenntnis VfSlg. 4488/1963 hat der VfGH ausgeführt, daß eine Errechnung des Entgeltes für die bereitgestellte Einrichtung der Wasserleitung, die nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern nach dem nach gewissen äußeren Merkmalen vermuteten Wasserverbrauch erfolgt, nicht sachfremd ist.

Mit der Mindestwassergebühr soll eine dem Aufwand der Gemeinde adäquate Regelung für einen Zeitraum geschaffen werden, in dem die in §10 GWLG allgemeine Regelung nach den herkömmlichen Erfahrungen versagt. Eine Überwälzung (im Sinne der Adäquanz) ist bei einer Berechnung der Wasserbezugsgebühr nach dem tatsächlichen Verbrauch von einer genauen Kenntnis der Verbrauchssituation und deren Entwicklung abhängig. Während ein Teil des Aufwandes der Gemeinde für eine Wasserversorgungsanlage rein verbrauchsbedingt ist, wie etwa das Entgelt für bezogene Wassermengen von einem anderen Unternehmen, besteht der andere Teil des Aufwandes in verbrauchsunabhängigen Fixkosten für die Erhaltung und Erneuerung der Anlage. Mit der Mindestwassergebühr wird nun gleichmäßig auf alle Abgabepflichtigen der verbrauchsunabhängige Erhaltungs- und Erneuerungsaufwand nach einem besonderen Berechnungsschema, nämlich durch die Fixierung einer Verbrauchsuntergrenze, aufgeteilt. Diese Berechnungsart stimmt mit der Tatsache überein, daß für einen Abgabepflichtigen auch dann Erhaltungs- und Erneuerungskosten der Wasserversorgungsanlage anfallen, wenn er über seinen Anschluß kein Wasser aus der Gemeindewasserleitung entnimmt. Die Äquivalenz der Regelung bleibt dabei im Wege der Grundgebührenermittlung gewahrt.

Erst nach einem längeren Betriebszeitraum, der gestützt auf die vorhandenen Erfahrungen mit sechs Jahren sachgerecht normiert wurde, kann bei einer Umstellung auf eine rein verbrauchsorientierte Gebührenbemessung eine Vermeidung von Verlusten für die Gemeinde angenommen werden. Innerhalb dieses Zeitraumes entwickelt sich der Wasserverbrauch nach dem tatsächlichen Bedarf der einzelnen Abgabepflichtigen und eine Beeinflussung des Gebührenertrages durch das Verbrauchsverhalten der Wasserbezieher ist daher nach diesem Zeitraum nicht mehr anzunehmen. Diese Erfahrung stellt gleichzeitig auch die sachliche Rechtfertigung für diese befristete Sonderregelung dar.

Aus diesen Gründen bestehen daher keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des §10 Abs3 der Wasserabgabenordnung der Gemeinde Eichgraben.

6. Sollte der VfGH dennoch die Übereinstimmung dieser Verordnungsstelle mit §11 Abs3 GWLG verneinen, wäre zu prüfen, ob nicht eine andere gesetzliche Ermächtigung ihre Rechtmäßigkeit zu belegen vermag.

In den Erkenntnissen VfSlg. 3550/1959 und 7227/1973 hat der VfGH ausgeführt, daß eine Wasserversorgungsanlage eine Gemeindeeinrichtung ist, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben wird, für deren Benützung durch Beschluß der Gemeindevertretung auf Grund der Ermächtigung des §15 Abs3 litd des damaligen FAG 1973 vorbehaltlich weitergehender Ermächtigungen durch die Landesgesetzgebung Gebühren ausgeschrieben werden können.

Diese bundesgesetzliche Ermächtigung berechtigt die Gemeinden zur selbständigen Schaffung materiellen Steuerrechts innerhalb der durch das Wesen 'Gebühr' bestimmten Höchstgrenze (VfSlg. 5156/1965). Die Gebühr darf demnach ein angemessenes Verhältnis zur Leistung nicht übersteigen, sie darf - zuzüglich sonstiger Einnahmen, die sich im Zusammenhang mit dem Betrieb der Einrichtung ergeben - nicht höher sein als die Kosten, die der Gemeinde durch die Schaffung, die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung erwachsen. Es bedarf keiner materiellen landesgesetzlichen Vorschrift, um die in Rede stehende bundesgesetzliche Ermächtigung handhaben zu können

(VfSlg. 5156/1965).

Die bezeichnete bundesgesetzliche Ermächtigung der Finanzausgleichsgesetzgebung ist verfassungsrechtlich unbedenklich; sie beruht auf §7 Abs5 F-VG 1948.

Die in der Wasserabgabenordnung der Marktgemeinde Eichgraben normierte Mindestwassergebühr stellt wegen ihrer Berücksichtigung des äquivalenten Entgeltscharakters eine Gebühr im Sinne dieser Ermächtigung dar. Die im §11 Abs3 GWLG liegende Ermächtigung wäre daher bei einer derartigen Auffassung nicht 'weitergehend' als die bundesgesetzliche Ermächtigung in §15 Abs3 Z4 FAG 1979, BGBl. Nr. 673/1978, sodaß die Ermächtigung des §11 Abs3 GWLG nicht wirksam geworden ist. Rechtsgrundlage der in der Wasserabgabenordnung der Marktgemeinde Eichgraben festgesetzten Mindestwassergebühr könnte sodann ausschließlich die im FAG 1979 enthaltene Ermächtigung abgeben, sodaß die Gesetzmäßigkeit allein an §15 Abs3 Z4 FAG 1979 zu messen wäre. Der damit zu Unrecht angeführten Rechtsgrundlage käme kein Einfluß auf die Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu.

Unter Zugrundelgung der im Punkt 5 enthaltenen Ausführungen über die Sachgerechtigkeit dieser Regelung ist lediglich noch die Frage zu beantworten, ob die Erträge der Mindestwassergebühr zuzüglich der sonstigen Einnahmen aus dem Betrieb der Gemeindewasserleitung die umschriebene Höchstgrenze für Gebühren gesetzwidrigerweise überschreiten. Nach dem Rechnungsabschluß des Jahres 1982 der Marktgemeinde Eichgraben standen für die Gemeindewasserleitung Einnahmen von 1,558.735,94 S Ausgaben in der Höhe von 2,885.404,36 S gegenüber, sodaß die Einnahmen bei weitem nicht an die Kosten heranreichten und auch aus diesem Grund eine Gesetzwidrigkeit nicht hervorkommen kann.

7. Die NÖ Landesregierung beehrt sich daher, den

Antrag

zu stellen, der VfGH möge aussprechen, daß §10 Abs3 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeine Eichgraben vom 24. März 1982, 81-810-WVA-1982, über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung nicht gesetzwidrig ist.

3. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Eichgraben äußerte sich im Verordnungsprüfungsverfahren wie folgt:

"1. Wie bereits aktenkundig des näheren von der NÖ. Landesregierung ausgeführt und dargetan, bedarf die von den Beschwerdeführern vorgebrachte Sachverhaltsdarstellung einer Berichtigung und Ergänzung, insb. hinsichtlich des tatsächlichen Ablaufes der Errichtung und Inbetriebnahme der ggst. Gemeindewasserleitung im Zusammenhalte mit der Auslegung der Gesetzesstelle im §11 Abs3 NÖ. GWLG. 1978: '... nach Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung, im Falle des §6 Abs6 nach Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes, ...'.

So wird insbesondere in dieser Äußerung der NÖ. Landesregierung (Seite 13) darauf hingewiesen, daß am 1. Mai 1982 bereits 1200 Liegenschaften angeschlossen waren und die Hauptrohrstränge 5.2, 5.3 und 5.4 des Systems 5 im Ortsteil Hinterleiten soweit in Betrieb waren, daß damit 41 Liegenschaften versorgt wurden.

Nach Ansicht des Gemeinderates - die auch durch Auskünfte zuständiger Stellen der NÖ. Landesregierung untermauert wurde - war damit die Gemeindewasserleitung bzw. der letzte Bauabschnitt in Betrieb genommen und es waren somit die gesetzlichen Voraussetzungen des §11 Abs3 des NÖ. GWLG. 1978 erfüllt.

Das Abwarten einer vollständigen Inbetriebnahme - also der konkreten Versorgung auch der letzten zum Bauabschnitt gehörigen Liegenschaft mit Wasser - hätte zu einer nicht absehbaren Verzögerung, möglicherweise einer völligen Verhinderung der Einhebung einer Mindestwassergebühr geführt und konnte daher dem Sinn dieser Gesetzesstelle nicht entsprechen.

Im übrigen erschien zum Zeitpunkt der Beschlußfassung, 24. 3. 1982, aufgrund der finanziellen Situation der Marktgemeinde Eichgraben ein weiterer Ausbau der Gemeindewasserleitung zunächst nicht möglich, was damals auch zu einer Einstellung der Bauarbeiten führte.

Die Gemeindewasserleitung hatte also den zu diesem Zeitpunkt errichtbaren Umfang erlangt, wenn dies auch noch nicht dem etwa 10 Jahre früher projektierten Umfang entsprach.

Die NÖ. Landesregierung hat unsere Verordnung nach Prüfung ihrer Gesetzmäßigkeit gemäß §88 NÖ. GO. 1973 am 10. Okt. 1982 zu GZ II/1-WAO-395/9-82, zustimmend zur Kenntnis genommen und gemäß §5 Abs3 NÖ. GWLG. 1978 die Rechtswirksamkeit mit 1. Mai 1982 festgesetzt.

Aus diesen Gründen bestehen daher keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des §10 Abs3 der Wasserabgabenordnung der Gemeinde Eichgraben.

2. Sollte der VfGH dennoch die Übereinstimmung dieser Verordnungsstelle mit §11 Abs3 GWLG. verneinen, wäre zu prüfen, ob nicht eine andere gesetzliche Ermächtigung ihre Rechtmäßigkeit zu belegen vermag, wie dies ebenfalls bereits von der NÖ. Landesregierung ausgeführt und begründet wurde.

In den Erkenntnissen VfSlg. 3550/1959 und 7227/1973 hat der VfGH ausgeführt, daß eine Wasserversorgungsanlage eine Gemeindeeinrichtung ist, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben wird, für deren Benützung durch den Beschluß der Gemeindevertretung auf Grund der Ermächtigung des §15 Abs3 litd des damaligen FAG 1973 (vorbehaltlich weitergehender Ermächtigungen durch die Landesgesetzgebung) Gebühren ausgeschrieben werden können.

Gestützt auf die in diesen Erkenntnissen eingehend begründete Rechtsansicht des VfGH halten wir dafür, daß unsere in Prüfung gezogene Verordnungsstelle ihre rechtliche Grundlage und Deckung (auch)

a) in der Bestimmung des Art116 Abs2 B-VG hat, wonach die Gemeinden das Recht haben, im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben. So auch §1 Abs2 der NÖ. Gemeindeordnung 1973, und zwar gemäß §32 NÖ. GO. 1973 im eigenen Wirkungsbereich (Art118 Abs2 B-VG).

Was den 'Rahmen der Finanzverfassung' betrifft, scheint uns wesentlich zu sein, daß im F-VG 1948 wiederholt auf die gebotene Bedachtnahme hingewiesen wird, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden (§4 F-VG 1948) und daß eine Verpflichtung zur Erhebung von Abgaben vorgesehen ist, wenn dies zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes oder zur Deckung bestimmter Erfordernisse im Haushalt der Gemeinden erforderlich ist (§8 Abs6 F-VG 1948).

Unter dem Begriff 'Abgaben auszuschreiben' ist das gleiche zu verstehen, was im §7 Abs5 F-VG 1948 mit diesem Begriff und im §8 Abs5 F-VG 1948 mit dem Begriff 'Abgaben erheben' verstanden wird. Es ist dies das Recht der Gemeinden, Steuerquellen zu erschließen, um sie zu nutzen (VfSlg. 5359, 5559, 5855, 5961).

b) die Regelung des §7 Abs5 F-VG 1948 ermächtigt den Bundesgesetzgeber, die des §8 Abs5 leg. cit. den Landesgesetzgeber, den Gemeinden das sogenannte 'freie Beschlußrecht' zur Ausschreibung bzw. Erhebung von Abgaben zu gewähren. Im Rahmen des freien Beschlußrechtes können die Gemeinden durch sogenannte selbständige Verordnungen Steuerquellen erschließen und sie können sie nutzen. Hiebei sind die Gemeinden an keine Weisungen gebunden, sie sind insoweit autonom. Vom freien Beschlußrecht Gebrauch zu machen, heißt also, im Sinne des Art116 Abs2 B-VG 'Abgaben auszuschreiben'. Die Angelegenheit fällt in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gem. Art118 Abs2 B-VG (VfSlg. 5359, 7967).

Dieses 'freie Beschlußrecht' unterliegt gem. §7 Abs5 F-VG 1948 - besonders wie hier für ausschließliche Gemeindeabgaben - keinen Einschränkungen; gem. §8 Abs5 F-VG 1948 solchen nur insofern, als Landesgesetze die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insb. ihr zulässiges Höchstmaß bestimmen müssen. Vielmehr ist - wie bereits ausgeführt - nach den §§4 und 8 Abs6 F-VG 1948 auf die Deckung bestimmter Erfordernisse im Haushalt der Gemeinden Bedacht zu nehmen.

Erklärt die Bundesgesetzgebung (wie hier §14 Abs1 Z15 und §14 Abs2 FAG 1979) eine Abgabe als ausschließliche Gemeindeabgabe und überläßt sie diese der Ausschreibung durch die Gemeindevertretung, so darf dieses Satzungsrecht der Gemeinde nicht durch die Landesgesetzgebung eingeschränkt werden (VfSlg. 2170).

c) Eine solche bundesgesetzliche Ermächtigung liegt im Gegenstande durch die Finanzausgleichsgesetzgebung vor, und zwar im Artikel II Abschnitt D 'Gemeindeabgaben auf Grund freien Beschlußrechtes' §15 Abs3 und §15 Abs5 FAG. 1979.

Diese ausdrückliche bundesgesetzliche Ermächtigung der Finanzausgleichsgesetzgebung ist verfassungsrechtlich unbedenklich; sie beruht auf §7 Abs5 F-VG 1948.

Es muß daher vorerst einmal festgehalten werden, daß unsere Verordnung des Gemeinderates vom 24. 3. 1982 zur Gänze (auch im Punkte des §10 Abs3 dieser VO) ihre Rechtsgrundlage und Deckung in der in den Finanzausgleichsgesetzen enthaltenen Ermächtigung findet (VfSlg. 7227 und 3550).

§10 insb. auch §10 Abs3 unserer VO v. 24. 3. 1982 entspricht der Ermächtigung des Bundesgesetzgebers im §15 Abs5 des FAG 1979. Die ggst. VO wurde somit auch zu Recht von der NÖ. Landesregierung nach Prüfung gem. §88 der NÖ. GO. 1973 zur Kenntnis genommen und der Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit mit 1. Mai 1982 festgesetzt.

Unsere auf §15 Abs3 und Abs5 FAG 1979 iVm. §7 Abs5 F-VG gestützte Ermächtigung, Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen auszuschreiben und die Beschlüsse der Gemeindevertretung in Kraft zu setzen, wird durch die beiden Vorbehalte, nämlich im §8 Abs1 F-VG und im §15 Abs3 FAG 1979 'vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung' nicht berührt bzw. eingeschränkt. Von einer 'weitergehenden' Ermächtigung im Sinne des §15 Abs3 FAG 1979 könnte nämlich schon dann nicht gesprochen werden, wenn im §11 Abs3 des GWLG 1978 die Verordnungsermächtigung zur Festlegung und Erhebung (somit auch Fälligstellung) einer Mindestwassergebühr durch die Gesetzesstelle '... nach Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung, im Falle des §6 Abs6 nach Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes,' eingeschränkt worden wäre (sofern nämlich der VfGH nicht ohnehin der aufgezeigten Interpretation der Landesregierung folgen sollte).

Bei der von den Beschwerdeführern getroffenen Auslegung würde hingegen besonders dieser vorerwähnte Satzteil des §11 Abs3 NÖ. GWLG. 1978, der dann ein weder sachlich noch rechtlich gerechtfertigtes Hinausschieben der Entstehung und der Zahlungsfälligkeit des Abgabenanspruches zum Inhalt hätte, in unlösbarem Widerspruch sowohl zu den Bestimmungen der §§7 Abs5 und 8 Abs5 des F-VG 1948, weiters zu §15 Abs3 und Abs5 des FAG 1979, als auch zu den Bestimmungen des §15 GWLG. stehen, die solche Einschränkungen nicht kennen (vgl. auch §3 NÖ. AO. 1977); im Gegenteil, eine solche Einschränkung würde den Bestimmungen der §§2, 4 und 8 Abs6 F-VG 1948 zuwiderlaufen, wonach der zuständige Gesetzgeber darauf Bedacht zu nehmen hat, daß den Gemeinden auch die für die Besorgung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen finanziellen Mittel zukomme. Gerade dies aber würde im Gegenstande durch die obige Gesetzesstelle (wollte man der Auslegung der Beschwerdeführer folgen) nachhaltig verhindert werden, da dann die Fälligkeit der entscheidend ins Gewicht fallenden Mindestwassergebühr auf Jahre bzw. sogar andauernd aufgeschoben wäre. Dies ist somit ein weiteres Argument für die Auslegung dieser Gesetzesstelle im Sinne der NÖ. Landesregierung, auch dahin, daß der Landesgesetzgeber mit dieser Gesetzesstelle keine zeitliche oder sonstige Einschränkung der Entstehung und der Fälligkeit des Abgabenanspruches beabsichtigt hat bzw. haben konnte.

3. Von besonderer Bedeutung scheint uns auch, daß im §15 Abs3 Z4 des FAG 1979 die Ermächtigung zur Ausschreibung und Einhebung von Gebühren auf die Benützung von Gemeindeeinrichtungen abgestellt wird. Tatsache ist, daß die Beschwerdeführer die ggst.

Gemeindewasserleitung zumindest seit dem 1. Mai 1982 benützt haben bzw. benützen konn

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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