TE Vfgh Erkenntnis 1985/12/12 B329/83

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Veröffentlicht am 12.12.1985
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6930 Wasserversorgung

Norm

Nö GemeindewasserleitungsG 1978 §11 Abs3
Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24.03.82 §10 Abs3

Beachte

ähnlich B339/83, B349/83, B350/83, B351/83, B352/83, B355/83, B366/83 und B405/83, alle vom selben Tag

Leitsatz

Nö. GemeindewasserleitungsG §11 Abs3; V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982 über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung §§7 Abs1 und 2, 8 Abs1 und 10 Abs3; Vorschreibung einer Mindestwassergebühr; Vorschreibung, die nicht auf den tatsächlichen Wasserverbrauch abstellt, durch sechs Jahre nicht unsachlich; kein Anhaltspunkt für Willkür

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Eichgraben hat mit Abgabenbescheid vom 28. Juli 1982 dem F und der F B für ihre Liegenschaft in Eichgraben eine Mindestwassergebühr von 160 S monatlich beginnend ab dem 1. Mai 1982 vorgeschrieben. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1982, Z 8567-8-810-1982, gab der Gemeinderat derselben Marktgemeinde der von F und F B dagegen erhobenen Berufung nicht Folge. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, gemäß §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes vom 14. März 1978, LGBl. 6930-0, könne der Gemeinderat für die ersten sechs Jahre nach Inbetriebnahme der Gemeindewasserleitung, wenn diese in Bauabschnitten ausgeführt werde, gemäß §6 Abs6 des angeführten Gesetzes nach Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes, durch V festlegen, daß eine Mindestwassergebühr zu entrichten sei. Die Mindestwassergebühr dürfe den Betrag nicht überschreiten, der sich bei einem Verbrauch von 10 Kubikmeter Wasser monatlich ergeben würde. Die Inbetriebnahme des letzten Bauabschnittes sei bereits erfolgt. Für die Einhebung der Mindestwassergebühr gelte §7 der angeführten V des Gemeinderates.

2. Der gegen diesen Bescheid von den Genannten erhobenen Vorstellung gab die Nö. Landesregierung mit Bescheid vom 20. April 1983, Z II/1-BE-395-44/1-83, unter Berufung auf §61 der nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-4, nicht Folge. In der Begründung des Bescheides berief sich die Behörde darauf, aus §§11 Abs3 und 15 Abs4 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes und §§7 Abs1 und 2 sowie 8 Abs1 der vom Gemeinderat erlassenen V vom 24. März 1982 ergebe sich, daß die Vorschreibung einer Mindestwassergebühr für die Liegenschaft des F und der F B in Eichgraben in der Höhe von 160 S je Monat beginnend ab 1. Mai 1982 durch die Abgabenbehörde erster Instanz zu Recht erfolgt sei, da sowohl "der Abgabentatbestand als auch der Abgabenanspruch der genannten Abgabe eingetreten" seien. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe daher in richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes die Berufung gegen den Bescheid erster Instanz abgewiesen. Die Genannten seien daher durch den Inhalt des in Vorstellung gezogenen abgabenrechtlichen Bescheides zweiter Instanz in ihren Rechten nicht verletzt worden.

3. F und F B erhoben gegen den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 20. April 1983 unter Berufung auf Art144 B-VG Beschwerde an den VfGH, in der sie die Anträge stellten, §11 Abs3 des nö.

Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 "wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte" (gemeint offenbar: wegen Verfassungswidrigkeit), die V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982 wegen Verfassungswidrigkeit, Gesetzwidrigkeit "bzw. wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte" und den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 20. April 1983 wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte kostenpflichtig aufzuheben.

4. Die Nö. Landesregierung erstattete als bel. Beh. eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der VfGH am 13. Juni 1985 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des §10 Abs3 der V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982, Z 81-810-WVA-1982, über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren und betreffend Wasserabgabenordnung, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Eichgraben in der Zeit vom 25. März bis 8. April 1982, von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erk. vom heutigen Tage, VfSlg. 10738/1985, hat der VfGH §10 Abs3 der genannten V nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

III. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die Bf. erachten sich durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung des nach ihrer Ansicht verfassungswidrigen §11 Abs3 des nö. Gemeindewasserleitungsgesetzes und wegen Anwendung des nach ihrer Ansicht gesetzwidrigen §10 Abs3 der V des Gemeinderates der Marktgemeinde Eichgraben vom 24. März 1982 betreffend die Vorschreibung einer Mindestwassergebühr ab 1. Mai 1982 in ihren Rechten verletzt. Der VfGH hat in seinem Erk. VfSlg. 10738/1985 ausgesprochen - vgl. II. -, daß §10 Abs3 der genannten V nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird. Er hat im selben Erk. auch dargetan, daß Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs3 nö. Gemeindewasserleitungsgesetz weder unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips noch unter jenem des Gleichheitsgrundsatzes bestehen. Soweit die Beschwerde meint, es sei unsachlich, wenn der Gesetzgeber eine Mindestwassergebühr vorsieht, dh. bei der Regelung der Wasserverbrauchsgebühr nicht auf den tatsächlichen Wasserverbrauch abstellt, ist darauf zu verweisen, daß der VfGH in seinem Erk. Slg. 8998/1980 ausgesprochen hat, die Annahme sei sachlich, daß die der Gemeinde für den Betrieb, die Erhaltung und die Erweiterung der Wasserversorgungsanlage erwachsenen Kosten nur zum geringeren Teil durch den stärkeren oder geringeren Wasserverbrauch entstehen, zum überwiegenden Teil aber durch das jederzeitige Bereitstellen und Bereithalten des Wassers. Demnach ist die Vorschreibung einer Mindestwassergebühr, die nicht auf den tatsächlichen Wasserverbrauch abstellt, durch sechs Jahre nicht unsachlich. Die von der Beschwerde geltend gemachten Bedenken treffen daher nicht zu.

2. Im Beschwerdeverfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß andere Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides verfassungsrechtlich bedenklich wären. Eine aus der Rechtswidrigkeit genereller Normen abzuleitende Rechtsverletzung hat daher - entgegen den Ausführungen der Beschwerde - nicht stattgefunden.

3. Die von den Bf. geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz könnte bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9015/1981, 9928/1984) nur stattgefunden haben, wenn die bel. Beh. Willkür geübt hätte. Dies behaupten die Bf. jedoch weder ausdrücklich noch der Sache nach. Der VfGH konnte keinen Anhaltspunkt finden, der für eine solche Annahme sprechen könnte.

4. Da das Beschwerdeverfahren auch nicht ergab, daß die Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem anderen als dem geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurden, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Wasserversorgung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B329.1983

Dokumentnummer

JFT_10148788_83B00329_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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