TE Vfgh Beschluss 2008/10/8 B1457/08 ua

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Veröffentlicht am 08.10.2008
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §18
VfGG §33
VfGG §82 Abs1

Leitsatz

Abweisung der Wiedereinsetzungsanträge wegen Versäumung der Frist zurMängelbehebung; kein minderer Grad des Versehens; Zurückweisung derBeschwerden als verspätet

Spruch

1. Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden abgewiesen.

2. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die beim Verfassungsgerichtshof per Telefax eingebrachten

Beschwerden richten sich gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien je vom 17. Juni 2008,

Zlen. UVS-03/M/7/3649/2008-1, UVS-03/M/7/3642/2008-1, UVS-03/M/7/3646/2008-1 und UVS-03/M/7/3643/2008-1, UVS-03/MV/7/3644/2008-1 sowie UVS-03/MV/7/3645/2008-1.

2. Mit Schreiben vom 25. August 2008 - zugestellt am 28. August 2008 - forderte der Verfassungsgerichtshof den Beschwerdeführer gemäß §18 VfGG unter Hinweis auf die Säumnisfolgen auf, innerhalb von zwei Wochen die eingebrachten Schriftsätze mit der Unterschrift des bevollmächtigten Rechtsanwaltes versehen wieder vorzulegen.

3. Mit den am 23. September 2008 persönlich beim Verfassungsgerichtshof abgegebenen Schriftsätzen begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der zweiwöchigen Frist zur Mängelbehebung. Gleichzeitig legt er die mit der eigenhändigen Originalunterschrift des bevollmächtigten Rechtsanwaltes versehenen Beschwerden vor.

4. Zur Begründung der Wiedereinsetzungsanträge wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Praktikantin des bevollmächtigten Rechtsanwaltes versehentlich die Aufforderungen zur Mängelbehebung vom 25. August 2008 mit ihren Lernunterlagen vermischt habe. Der Fehler sei ihr erst am 15. September 2008 - nach Ablauf der Mängelbehebungsfrist - aufgefallen.

II. Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen

die Versäumung der Beschwerdefrist sind zulässig, aber nicht begründet:

1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

a) Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 9817/1981, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).

Aus §39 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ergibt sich, dass das Verschulden des Bevollmächtigten eines Beschwerdeführers einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist.

b) Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Zugleich mit dem Antrag ist dem §149 Abs1 ZPO zufolge auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.

2. Das Hindernis für die rechtzeitige Mängelbehebung fiel am 15. September 2008 weg. Mit dem am 23. September 2008 persönlich beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde diese Frist daher gewahrt.

3. Jedoch kann von einem minderen Grad des Versehens des bevollmächtigten Rechtsanwaltes im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden: Dass eine Mitarbeiterin des bevollmächtigten Rechtsanwaltes während ihrer Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei Schriftstücke des Verfassungsgerichtshofes, mit denen dem bevollmächtigten Rechtsanwalt eine Mängelbehebungsfrist gesetzt wird, vor Bearbeitung mit ihren Lernunterlagen vermischt und ihr dieses Versehen erst nach Ablauf von 18 Tagen auffällt, kann nicht als bloß geringfügiger Fehler gewertet werden, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen kann.

4. Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor, weshalb die darauf gerichteten Anträge abzuweisen waren.

III. Da die Mängelbehebungsfrist ungenützt verstrichen ist, sind die Beschwerden wegen nicht behobenen Mangels formeller Erfordernisse zurückzuweisen.

IV. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb und c VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen, Beschwerdefrist, VfGH /Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1457.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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