Gesamte Rechtsvorschrift GBVO

Gewebebankenverordnung

GBVO
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Stand der Gesetzesgebung: 08.09.2017

§ 1 GBVO Geltungsbereich


(1) Diese Verordnung findet Anwendung auf den Betrieb von Gewebebanken gemäß § 2 Z 15 des Gewebesicherheitsgesetzes (GSG), BGBl. I Nr. 49/2008.

(2) Die Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 218/1983, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 77/2007, und die Verordnung biologische Arbeitsstoffe, BGBl. II Nr. 237/1998, werden durch diese Verordnung nicht berührt.

(3) Die Begriffsbestimmungen des § 2 des Gewebesicherheitsgesetzes (GSG), BGBl. I Nr. 49/2008, und des § 1 der Gewebeentnahmeeinrichtungsverordnung, BGBl. II Nr. 191/2008, jeweils in der geltenden Fassung, finden auch auf diese Verordnung Anwendung.

§ 2 GBVO Qualitätssystem


(1) Das Qualitätsmanagement von Gewebebanken umfasst alle koordinierten Tätigkeiten zur Leitung und Kontrolle einer Gewebebank in Bezug auf Qualität auf allen Ebenen.

(2) Qualität ist von allen an den Arbeitsabläufen der Gewebebank beteiligten Personen anzustreben, wobei die Geschäftsführung und die verantwortliche Person gemäß § 9 GSG einen systematischen Qualitätsanspruch und die Einführung und Aufrechterhaltung eines Qualitätssystems gewährleisten.

(3) Die Funktion des Qualitätsmanagementsystems muss regelmäßig überprüft werden, um kontinuierliche und systematische Verbesserungen zu ermöglichen.

(4) Alle schriftlichen Anleitungen, Verfahrensanweisungen, Spezifikationen, Herstellungsvorschriften, Standardarbeitsanweisungen (SOPs) und sonstigen relevanten Dokumente im Zusammenhang mit der Entgegennahme, Verarbeitung, Testung, Lagerung und Verteilung von Zellen und Geweben sind von der verantwortlichen Person durch Unterschrift zu genehmigen.

§ 3 GBVO Personal


(1) Gewebebanken müssen über ausreichendes qualifiziertes Personal verfügen, um die Tätigkeiten, für die sie bewilligt wurden, durchzuführen zu können.

(2) Das Personal muss vor Aufnahme der Tätigkeit sowie bei Änderung der Verfahren oder neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen geschult werden sowie ausreichende Gelegenheiten zur entsprechenden beruflichen Entwicklung erhalten. Die Schulungsprogramme müssen sicherstellen, dass sich alle Mitarbeiter bei der Durchführung der ihnen zugewiesenen Aufgaben als sachkundig erwiesen haben, über ausreichende Kenntnisse und Verständnis der wissenschaftlichen/technischen Verfahren und Grundsätze verfügen, die für die ihnen zugewiesenen Aufgaben relevant sind, den organisatorischen Rahmen, das Qualitätssystem sowie die Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften der Einrichtung, in der sie arbeiten, verstehen und ausreichend über den weiteren ethischen und rechtlichen Zusammenhang ihrer Arbeit informiert sind. Über die Schulungsmaßnahmen sind Aufzeichnungen zu führen, in denen insbesondere Datum, Dauer, Ort und Inhalt sowie alle Vortragenden und Teilnehmenden angeführt sind. Die Durchführung jeder Schulungsveranstaltung ist durch die Unterschrift der/des Vortragenden sowie der Teilnehmerinnen/Teilnehmer zu bestätigen. Die Fachkunde des Personals ist regelmäßig im Rahmen des Qualitätssystems zu bewerten.

(3) Die Aufgaben und Verantwortungsbereiche sind in einem Organisationsschema festzulegen.

(4) Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Personals in Gewebebanken müssen in Funktionsbeschreibungen festgelegt werden, die regelmäßig zu aktualisieren sind.

(5) Die Funktionsbeschreibungen und Organisationsschemata sind nach betriebsinternen Verfahren zu genehmigen.

(6) Die verantwortliche Person ist neben den Aufgaben gemäß § 11 und den Aufgaben im Rahmen der Gewebevigilanzverordnung, BGBl. II Nr. 190/2008, dafür verantwortlich, dass die Gewebebank ihre Verpflichtungen gemäß Abs. 1 und 2, im Rahmen der Dokumentation, der Qualitätssicherung, bei der Entgegennahme, Verarbeitung, Lagerung, Kennzeichnung, Verpackung und Verteilung von Zellen und Geweben, sowie im Zusammenhang mit Beziehungen zu Dritten erfüllt.

(7) Der verantwortlichen Person und allen Mitarbeitern in leitender oder verantwortlicher Stellung sind ausreichende Befugnisse einzuräumen, damit sie ihren Aufgaben nachkommen können.

§ 4 GBVO Räumlichkeiten


(1) Die Räumlichkeiten sind so einzurichten und zu warten, dass sie für die Tätigkeiten, für die die Gewebebank bewilligt wurde, geeignet sind. Sie müssen die Möglichkeit einer logischen Aufeinanderfolge der Arbeitsschritte bieten, um das Fehlerrisiko zu minimieren, sowie eine wirksame Reinigung und Wartung gestatten, um das Kontaminationsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren.

(2) Für die einzelnen Arbeitsvorgänge ist ein geeigneter Luftreinheitsgrad aufrecht zu erhalten. Erfolgt die Verarbeitung von Zellen oder Geweben bei Umgebungsexposition, muss dies in einer Umgebung mit spezifizierter Luftqualität und Sauberkeit erfolgen, um das Kontaminationsrisiko, einschließlich des Risikos der Kreuzkontamination zwischen einzelnen Spenden, so gering wie möglich zu halten. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist zu validieren und zu überwachen.

(3) Sofern in Abs. 4 nicht anders vorgesehen ist, ist bei Exposition von Zellen oder Geweben gegenüber der Umgebung während der Verarbeitung ohne anschließenden Inaktivierungs- oder Sterilisationsprozess eine Luftqualität mit einer Keimzahl und Partikelzahl entsprechend Stufe A der Definition des aktuellen Leitfadens für die Gute Herstellungspraxis, Anhang 1 zur Richtlinie 2003/94/EG zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate erforderlich, mit einer für die Verarbeitung der betreffenden Zellen oder Gewebe geeigneten Hintergrundumgebung, die in Bezug auf Keimzahl und Partikelzahl mindestens der Stufe D des genannten Leitfadens für die Gute Herstellungspraxis entspricht.

(4) Von den Anforderungen des Abs. 3 kann abgewichen werden, wenn

1.

nachgewiesen wird, dass die Exposition gegenüber einer Umgebung der Stufe A schädliche Auswirkungen auf die erforderlichen Eigenschaften der Zellen oder Gewebe hat,

2.

nachgewiesen wird, dass mit der Art und Weise der Verwendung der Zellen oder Gewebe beim Empfänger ein erheblich geringeres Risiko der Übertragung einer bakteriellen oder Pilzinfektion auf den Empfänger einhergeht als bei der Zell- oder Gewebetransplantation, oder

3.

es technisch nicht möglich ist, das erforderliche Verfahren in einer Umgebung der Stufe A durchzuführen.

Die Umgebungsbedingungen sind zu spezifizieren. Es ist nachzuweisen und zu dokumentieren, dass durch die gewählte Umgebung die erforderliche Qualität und Sicherheit der Zellen oder Gewebe erreicht werden kann, dies insbesondere unter Berücksichtigung des Bestimmungszwecks, der Art der Verwendung und gegebenenfalls des Immunstatus des Empfängers.

(5) Für alle Arbeitsräume und Lager sind schriftliche Hygiene- und Kleidungsvorschriften festzulegen.

(6) In allen Arbeits- und Lagerräumen der Gewebebank sind geeignete Kleidung und Ausstattung für den persönlichen Schutz und die Hygiene bereitzustellen.

(7) Für die Lagerung von Zellen und Geweben sind die Lagerungsbedingungen einschließlich relevanter Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit oder Luftqualität, festzulegen, die notwendig sind, um die erforderlichen Eigenschaften der Zellen und Gewebe, aufrechtzuerhalten. Kritische Parameter sind zu kontrollieren, zu überwachen und aufzuzeichnen, um nachzuweisen, dass die spezifizierten Lagerungsbedingungen erfüllt werden.

(8) Es sind Lagerungseinrichtungen bereitzustellen, die Zellen und Gewebe, die noch nicht freigegeben wurden, eindeutig von jenen trennen oder unterscheiden, die freigegeben und die verworfen wurden, um Verwechslungen und Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Räumlich getrennte Bereiche oder Lagerungsvorrichtungen oder die sichere Trennung innerhalb der Lagerungsvorrichtung sind sowohl im Quarantäne- als auch im Freigabelagerungsbereich für bestimmte Gewebe und Zellen gemäß speziellen Kriterien vorzuhalten.

(9) Gewebebanken müssen über schriftliche Anleitungen und Verfahrensanweisungen für Zugangskontrollen, Reinigung und Wartung, Abfallentsorgung und das Verhalten im Notfall verfügen.

§ 5 GBVO Ausrüstung


(1) Die Ausrüstung, wie Maschinen und Instrumente, sowie sonstige Betriebs- und Hilfsmittel müssen für die zu verrichtenden Arbeiten jeweils geeignet und in hinreichender Anzahl vorhanden sein, sodass eine dem Stand der Technik entsprechende Verarbeitung, Lagerung und Verteilung gewährleistet sind. Die Ausrüstung ist so auszuwählen, dass eine Gefährdung der Zellen oder Geweben, der Empfänger und/oder des Personals nach Möglichkeit ausgeschlossen oder auf das nicht ausschließbare Minimum reduziert wird.

(2) Die Ausrüstung, die hinsichtlich der Produktqualität kritisch ist, ist zu identifizieren und entsprechend dem vorgesehenen Verwendungszweck zu qualifizieren, regelmäßigen Inspektionen zu unterziehen und nach den Anweisungen des Herstellers zu warten. Neue und reparierte Ausrüstungen sind vor Inbetriebnahme zu testen. Die Testergebnisse sind zu dokumentieren.

(3) Sind durch die Ausrüstung kritische Verarbeitungs- oder Lagerungsparameter berührt, sind diese zu ermitteln und müssen Gegenstand angemessener Überwachungs-, Warn-, Alarm- bzw. Korrekturmaßnahmen sein, damit Fehlfunktionen und Defekte festgestellt werden und damit gewährleistet ist, dass die kritischen Parameter zu jedem Zeitpunkt innerhalb definierter Grenzen gehalten werden. Wartung, Instandsetzung, Reinigung, Desinfektion und Dekontaminierung aller kritischen Ausrüstungen sind regelmäßig durchzuführen und entsprechend zu dokumentieren. Es müssen Verfahren für den Betrieb jedes Teils der kritischen Ausrüstung vorhanden sein, die ausführlich angeben, welche Maßnahmen im Falle von Fehlfunktionen oder Versagen zu ergreifen sind.

(4) Waagen, Gewichtsstücke und andere Messeinrichtungen sind gemäß dem Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 137/2004 und BGBl. I Nr. 6/2007, zu eichen. Gemäß dem Ergebnis einer Risikoanalyse als kritisch definierte Messeinrichtungen, die nicht unter das Maß- und Eichgesetz fallen, müssen entsprechend qualifiziert und kalibriert sein.

(5) Für alle Tätigkeiten müssen die Spezifikationen aller kritischen Betriebsmittel und Reagenzien sowie Spezifikationen für das Verpackungsmaterial festgelegt werden. Kritische Betriebsmittel und Reagenzien müssen dokumentierten Anforderungen und Spezifikationen entsprechen und gegebenenfalls den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes, BGBl. Nr. 657/1996, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 153/2005 und BGBl. I Nr. 6/2007, der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte und der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika oder – bei einer Beschaffung in Drittländern – gleichwertige Standards erfüllen.

(6) Unterlagen über den Bestand an Ausrüstungen sowie über die Qualifizierung, Reinigung und Wartung (gerätespezifische Daten) sind ab der letzten datierten Unterschrift mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

§ 6 GBVO Betriebshygiene


(1) Es ist Vorsorge zu treffen, dass Zellen und Gewebe nicht durch äußere Einwirkungen nachteilig beeinflusst werden.

(2) Diese Vorsorge gemäß Abs. 1 hat nach einem Hygieneprogramm zu erfolgen, das in der Gewebebank aufliegen muss. Die Anweisungen sind so zu gestalten, dass Verunreinigungen von Ausrüstung, Zellen und Geweben und Verpackungsmaterial verhindert werden.

(3) Das Hygieneprogramm hat zumindest zu enthalten:

1.

Anweisungen über das hygienische Verhalten bei der Entgegennahme, Verarbeitung, Testung, Lagerung und Verteilung sowie Angaben über die zu verwendende Arbeitskleidung,

2.

Anweisungen über die durchzuführenden Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen, deren Häufigkeit und die zu verwendenden Geräte und Hilfsmittel,

3.

Angaben über die mit der Reinigung oder Desinfektion beauftragten und für die ordnungsgemäße Durchführung dieser Tätigkeiten verantwortlichen weisungsbefugten Personen, und

4.

Anweisungen zur Entsorgung von Abfall einschließlich Angaben über die mit der Entsorgung beauftragten und für die ordnungsgemäße Durchführung dieser Tätigkeiten verantwortlichen weisungsbefugten Personen.

(4) Das Hygieneprogramm ist, soweit es von diesen zu beachten ist, allen in der Gewebebank tätigen Personen und den Personen im Sinne des Abs. 3 Z 3 und 4 vor Beginn ihrer Tätigkeit, nach jeder Änderung des Hygieneprogramms und in der Folge zumindest einmal jährlich nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(5) Abwasser, Abfall und andere Rückstände in und aus den Arbeitsräumen und ihrer unmittelbaren Umgebung sind auf sichere und hygienische Art und Weise zu entsorgen.

§ 7 GBVO Dokumentation


(1) Gewebebanken müssen ein System eingerichtet haben, das eine umfassende und korrekte Dokumentation für alle Tätigkeiten sicherstellt. Das System muss gewährleisten, dass alle Arbeitsschritte standardisiert sind und dass alle Arbeitsschritte, insbesondere hinsichtlich Entgegennahmen, Verarbeitung, Lagerung, Transport, Verteilung oder Entsorgung, einschließlich der Aspekte der Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung nachvollziehbar sind. Die Unterlagen müssen klar, deutlich, fehlerfrei und auf dem aktuellen Stand sein und regelmäßig überprüft werden.

(2) Für jede kritische Tätigkeit sind die entsprechenden Materialien und Ausrüstungen sowie das dabei tätige Personal festzulegen und zu dokumentieren.

(3) Alle Änderungen von Unterlagen sind zu überprüfen, zu datieren, zu genehmigen, zu dokumentieren und unverzüglich durch befugtes Personal zu implementieren. Es ist ein Dokumentenkontrollverfahren für die Chronologie der Dokumentenüberprüfungen und -änderungen einzurichten, welches sicherstellt, dass nur die aktuellen Fassungen der Dokumente verwendet werden.

(4) Werden Unterlagen nicht schriftlich, sondern mit elektronischen, fotografischen oder anderen Datenverarbeitungssystemen aufgezeichnet, so muss die Gewebebank das System vorher validieren, indem nachgewiesen wird, dass die Daten während des voraussichtlichen Aufbewahrungszeitraums ordnungsgemäß gesichert werden. Diese mit solchen Systemen gespeicherten Daten müssen jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können und sind dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen auf Verlangen vorzulegen. Elektronisch gespeicherte Daten müssen durch geeignete Maßnahmen wie Duplizierung oder Back-up und Übertragung in ein anderes Speichersystem gegen Datenverlust oder -beschädigung geschützt werden. Diese Maßnahmen müssen nachvollziehbar sein.

(5) Unbeschadet Abs. 6 sind alle Aufzeichnungen, einschließlich Rohdaten, die für die Sicherheit und Qualität der Gewebe und Zellen kritisch sind, so zu dokumentieren, dass der Zugang zu diesen Daten mindestens zehn Jahre nach dem Verfalldatum, der klinischen Verwendung oder der Entsorgung sichergestellt ist.

(6) Gewebebanken haben die Daten gemäß der Anlage in einem geeigneten und lesbaren Datenarchiv mindestens 30 Jahre lang zu speichern.

§ 8 GBVO Qualitätssicherung


(1) Gewebebanken sind verpflichtet, mindestens alle zwei Jahre ein Audit hinsichtlich aller Tätigkeiten, für die die Gewebebank bewilligt wurde, durch unabhängige, fachkundige und entsprechend geschulte Personen durchführen zu lassen. Diese haben zu überprüfen, ob die Vorschriften des GSG und dieser Verordnung sowie die Bestimmungen der Betriebsbewilligung eingehalten werden und alle Tätigkeiten entsprechend dem Stand der Wissenschaften und Technik durchführt werden. Die Ergebnisse des Audits und vorgeschlagene Korrekturmaßnahmen sind zu dokumentieren.

(2) Abweichungen von den erforderlichen Qualitäts- oder Sicherheitsstandards sind zu untersuchen und zu bewerten und es ist auf Basis der Bewertung eine Entscheidung über notwendige Korrektur- und Präventivmaßnahmen zu treffen.

(3) Korrekturmaßnahmen sind ohne unnötigen Aufschub umzusetzen. Die Umsetzung ist zu dokumentieren. Präventiv- und Korrekturmaßnahmen sind nach ihrer Einführung auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

§ 9 GBVO Entgegennahme von Zellen und Geweben


(1) Alle Eingänge von Zellen oder Geweben sind bei der Übernahme dahingehend zu prüfen, ob die Lieferung einschließlich der Transportbedingungen, der Verpackung, der Kennzeichnung einschließlich der zugehörigen Unterlagen und Rückstellproben der Spender den Vorschriften der Gewebeentnahmeeinrichtungsverordnung (GEEVO), BGBl. II Nr. 191/2008, und den Spezifikationen der Gewebebank entspricht. Eingänge, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, sind abzusondern. Sie sind zu verwerfen, wenn auf Grund der Abweichungen anzunehmen ist, dass nach dem Stand der Wissenschaften und Technik die Zellen oder Gewebe für eine Verwendung beim Menschen nicht geeignet sind.

(2) Gewebebanken müssen über schriftliche Standardarbeitsanweisungen (SOPs) verfügen, anhand deren jeder einzelne Eingang überprüft wird; weiters über SOPs für den Umgang mit und die Absonderung von Eingängen, die den Vorgaben nicht entsprechen oder deren Testergebnisse unvollständig sind, um jedes Kontaminationsrisiko zu vermeiden.

(3) Diese Überprüfung einschließlich der Entscheidung über die Freigabe zur weiteren Verarbeitung oder Lagerung zur Verteilung muss von einer dafür qualifizierten und benannten Person erfolgen. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses dieser Prüfung müssen die Eingänge unter Quarantänebedingungen gelagert werden.

(4) Gewebebanken müssen

1.

hinsichtlich Keimzellen, die zur Partnerspende bestimmt sind, folgende Daten dokumentieren:

a)

die Einwilligung, auch in Bezug auf den Zweck bzw. die Zwecke, für welche die Gewebe bzw. Zellen verwendet werden dürfen sowie sonstige spezifische Anweisungen für die Entsorgung, falls die Gewebe bzw. Zellen nicht zu dem Zweck verwendet werden, für den die Einwilligung erteilt wurde,

b)

Spenderidentität und -merkmale: Art des Spenders, Alter, Geschlecht, Vorliegen von Risikofaktoren,

c)

Partneridentität,

d)

Ort der Gewinnung und

e)

entnommene Gewebe und Zellen und einschlägige Merkmale.

2.

hinsichtlich aller übrigen Eingänge die Daten gemäß § 6 Abs. 3

der GEEVO dokumentieren.

(5) Rückstellproben der Spenderinnen/Spender sind für jenen Zeitraum aufzubewahren, der basierend auf einer Risikoevaluierung von der Gewebebank festgelegt wurde.

§ 10 GBVO Verarbeitung


(1) Kritische Verarbeitungsschritte, die die Qualität und Sicherheit berühren, sind in Herstellungsvorschriften festzulegen und zu validieren, sie dürfen die Zellen oder Gewebe nicht klinisch unwirksam oder schädlich für den Empfänger werden lassen. Die Validierung kann beruhen

1.

auf Studien, die die Gewebebank selbst durchgeführt hat,

2.

auf Daten aus Veröffentlichungen, oder

3.

bei etablierten Verarbeitungsverfahren auf nachträglicher Bewertung der klinischen Ergebnisse für die von der Gewebebank verteilten Zellen oder Gewebe.

(2) Die Verarbeitungsschritte sind in SOPs festzulegen, die der validierten Methode entsprechen und gemäß § 7 dokumentiert werden.

(3) Es ist sicherzustellen, dass alle Verarbeitungsschritte gemäß den genehmigten Verarbeitungsverfahren, gemäß der Herstellungsvorschrift und den SOPs durchgeführt werden. Das Personal ist entsprechend zu schulen.

(4) Werden die Zellen oder Gewebe einem Inaktivierungs- oder Sterilisationsprozess unterzogen, ist dies zu spezifizieren, zu dokumentieren und zu validieren.

(5) Wesentliche Änderungen von kritischen Verarbeitungsschritten sind vor ihrer Einführung zu validieren und zu dokumentieren.

(6) Die Verarbeitungsschritte sind regelmäßig zu bewerten, um sicherzustellen, dass sie weiterhin die spezifizierten Ergebnisse erzielen.

(7) Die Verfahren zur Aussonderung von Zellen oder Geweben müssen die Kontamination anderer Spenden und Produkte, der Verarbeitungsumgebung und des Personals vermeiden.

§ 11 GBVO Lagerung und Freigabe der Produkte


(1) Für jede Art der Lagerbedingungen ist die Höchstlagerdauer zu spezifizieren. Der gewählte Zeitraum muss unter anderem die mögliche Verschlechterung der erforderlichen Zell- und Gewebeeigenschaften berücksichtigen.

(2) Es muss ein Inventarsystem für Zellen und Gewebe vorhanden sein, welches sicherstellt, dass sie nicht zur Verteilung freigegeben werden können, bevor alle in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen erfüllt sind. Es müssen SOPs vorliegen, welche die Umstände und das Verfahren für die Freigabe von Zellen oder Geweben zur Verteilung genau festlegen. Die Freigabe hat schriftlich durch die verantwortliche Person gemäß § 9 GSG zu erfolgen.

(3) Auf allen Stufen der Verarbeitung muss ein System zur Identifizierung von Zellen und Geweben eindeutig freigegebene Produkte von nicht freigegebenen (in Quarantäne befindlichen) und ausgesonderten Produkten unterscheiden.

(4) Produkte müssen vor ihrer Freigabe zur Verteilung den festgelegten Spezifikationen entsprechen. Jede Abweichung von schriftlich festgelegten Spezifikationen oder Laborkontrollen sowie jede Abweichung von Laborergebnissen sind zu untersuchen, zu begründen und schriftlich zu dokumentieren.

(5) Aus der Dokumentation über die Freigabe muss ersichtlich sein, dass, bevor Zellen oder Gewebe freigegeben werden, alle Anforderungen nach dieser Verordnung erfüllt wurden, dass insbesondere alle aktuellen Meldevordrucke, einschlägigen medizinischen Aufzeichnungen, Verarbeitungsaufzeichnungen und Ergebnisse von Laborkontrollen gemäß einem schriftlichen Verfahren von der verantwortlichen Person gemäß § 9 GSG überprüft worden sind.

(6) Die verantwortliche Person gemäß § 9 GSG muss nach der Einführung neuer Spenderauswahl- oder Testkriterien oder signifikant geänderter Verarbeitungsschritte eine dokumentierte Risikobewertung hinsichtlich der Qualität oder Sicherheit aller bereits gelagerten Gewebe und Zellen und hinsichtlich deren weiterer Verwendung durchführen.

§ 12 GBVO Verteilung


(1) Kritische Transportbedingungen wie Temperatur und Höchstdauer zur Erhaltung der erforderlichen Gewebe- und Zelleigenschaften sind festzulegen.

(2) Das Behältnis für die Endverpackung muss sicher sein und gewährleisten, dass Qualität der Gewebe und Zellen entsprechend den festgelegten Bedingungen gewahrt wird. Die Sicherheit und Zweckmäßigkeit aller Behältnisse sind zu validieren.

(3) Wird der Transport von Dritten vorgenommen, hat die Gewebebank mit diesen eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Bedingungen eingehalten werden.

(4) Es müssen Verfahren für den Umgang mit Anfragen nach Geweben und Zellen vorhanden sein. Die Regeln für die Zuweisung von Geweben und Zellen an bestimmte Patienten oder Einrichtungen des Gesundheitswesens sind zu dokumentieren und diesen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

(5) Es müssen SPOs für den Umgang mit zurückgeschickten Produkten vorhanden sein, einschließlich gegebenenfalls Kriterien für deren Wiederaufnahme in den Bestand.

§ 13a GBVO Verwendung des Einheitlichen Europäischen Codes


(1) Gewebebanken haben nach der Entgegennahme der Zellen und Geweben gemäß § 12 Abs. 3 GSG, BGBl. I Nr. 49/2008, oder bei deren Einfuhr von einem Drittstaatslieferanten eine Spendenkennungssequenz zuzuteilen.

(2) Gewebebanken haben bei gepoolten Zellen und Geweben dem endgültigen Produkt eine neue Spendenkennungsnummer zuzuteilen und die Rückverfolgbarkeit zu den einzelnen Spenden zu gewährleisten.

(3) Die Spendenkennungssequenz darf nicht mehr verändert werden, wenn sie für den Verkehr freigegebenen Zellen und Geweben zugeteilt worden ist. Kodierungsfehler sind zu berichtigen und jede Berichtigung ist vollständig zu dokumentieren.

(4) Gewebebanken haben spätestens vor der Verteilung zur Verwendung beim Menschen eines der zulässigen Produktkodierungssysteme und die entsprechenden Produktnummern für die Gewebe und Zellen aus dem EU-Kompendium der Zell- und Gewebeprodukte anzuwenden.

(5) Gewebebanken haben eine geeignete Splitnummer und ein geeignetes Verfallsdatum zu verwenden.

§ 13 GBVO Kennzeichnung für die Verteilung


(1) Die Primärverpackung für Zellen oder Gewebe muss folgende Angaben tragen:

1.

Art der Zellen und Gewebe und gegebenenfalls Los- oder Chargennummer,

2.

Kennung der Gewebebank,

3.

den Einheitlichen Europäischen Code der zur Verwendung beim Menschen verteilten Zellen und Gewebe oder die Spendenkennungssequenz der für den Verkehr freigegebenen Zellen und Gewebe, die nicht zur Verwendung beim Menschen verteilt werden,

4.

bei autologer Spende: „NUR ZUR AUTOLOGEN VERWENDUNG“, und Angabe von Spender/Empfänger und

5.

den Hinweis „BIOLOGISCHE GEFÄHRDUNG“, wenn ein Produkt bekanntermaßen ein positives Testergebnis für einen Marker einer relevanten Infektionskrankheit ergeben hat.

Kann eine der Informationen gemäß Z 3 und 4 nicht auf der Primärverpackung angegeben werden, so ist sie auf einem gesonderten Blatt anzugeben, das der Primärverpackung so beizufügen ist, dass die eindeutige Zuordnung erhalten bleibt.

(2) Folgende Informationen sind entweder auf der Primärverpackung oder in beiliegenden Unterlagen anzugeben:

1.

Beschreibung (Definition) und gegebenenfalls Maße des Gewebe- oder Zellprodukts,

2.

gegebenenfalls Morphologie und funktionelle Daten,

3.

Datum der Gewebe-/Zellverteilung,

4.

Ergebnisse biologischer Tests beim Spender,

5.

Lagerungsempfehlungen,

6.

Anleitung zum Öffnen des Behälters, der Verpackung und gegebenenfalls erforderliche Handhabung / Rekonstitution,

7.

Verfalldaten nach Öffnung / Handhabung,

8.

Anleitung zur Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen oder Zwischenfälle gemäß der Gewebevigilanzverordnung, BGBl. II Nr. 190/2008,

9.

Vorliegen potenziell schädlicher Rückstände und

10.

bei eingeführten Zellen und Geweben aus Drittstaaten das Land, in dem sie gewonnen wurden, sowie das Ausfuhrland (falls abweichend vom Land der Gewinnung).

(3) Die Primärverpackung ist in einer Außenverpackung zu transportieren, die folgende Angaben tragen muss:

1.

die Kennung der Gewebebank, einschließlich Anschrift und Telefonnummer,

2.

die Kennung der für die Verwendung beim Menschen verantwortlichen Bestimmungseinrichtung, einschließlich Anschrift und Telefonnummer,

3.

die Aufschrift „VORSICHT GEWEBE UND ZELLEN“,

4.

werden lebende Zellen für die Transplantation benötigt, ist die Aufschrift: „NICHT BESTRAHLEN“` hinzuzufügen,

5.

empfohlene Transportbedingungen, (zB „KÜHL AUFBEWAHREN“, „AUFRECHT AUFBEWAHREN“), und

6.

Sicherheitsinstruktionen/gegebenenfalls Kühlverfahren.

§ 14 GBVO Rückruf


(1) Innerhalb der Gewebebank muss qualifiziertes Personal damit beauftragt werden, die Notwendigkeit eines Rückrufs zu bewerten und die nötigen Maßnahmen einzuleiten und zu koordinieren.

(2) Es muss ein wirksames Rückrufverfahren vorhanden sein, einschließlich einer Beschreibung der Verantwortlichkeiten und der zu ergreifenden Maßnahmen. Diese umfassen auch die Meldung an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen gemäß § 17 Abs. 3 GSG.

(3) Innerhalb vorher festgelegter Zeiträume sind Maßnahmen wie die Verfolgung und gegebenenfalls Rückverfolgung aller einschlägigen Gewebe und Zellen zu ergreifen. Durch diese Maßnahmen sind jene Spender zu ermitteln, die zur Verursachung der Reaktion beim Empfänger beigetragen haben könnten, um verfügbare Gewebe und Zellen von diesen Spendern zu identifizieren sowie belieferte Einrichtungen über die etwaige Gefährdung zu informieren.

§ 15 GBVO Bezugnahme auf Rechtsakte der Europäischen Union


Durch diese Verordnung werden

1.

die Richtlinie 2006/86/EG zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen, ABl. Nr. L 294 vom 25.10.2006 S. 32,

2.

die Richtlinie 2006/17/EG zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen, ABl. Nr. L 35 vom 09.02.2006 S. 40 und

3.

die Richtlinie (EU) 2015/565 zur Änderung der Richtlinie 2006/86/EG hinsichtlich bestimmter technischer Vorschriften für die Kodierung menschlicher Gewebe und Zellen, ABl. Nr. L 93 vom 09.04.2015 S. 43

umgesetzt.

§ 16 GBVO Inkrafttreten


§ 7 Abs. 6, § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Z 8, 9 und 10, § 13a samt Überschrift, § 15 samt Überschrift und die Anlage in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 18/2017 treten mit 29. April 2017 in Kraft.

Anlage

Anl. 1 GBVO


Angaben der Gewebebank

1.

Spenderkennung

2.

Spendenkennung, die mindestens Folgendes umfasst:

Kennung der Entnahmeeinrichtung (mit Kontaktangaben) oder Gewebebank

Eindeutige Spendennummer

Datum der Beschaffung

Ort der Beschaffung

Art der Spende (z. B. Einfach- vs. Mehrfachgewebespende, autolog vs. allogen; Lebendspende vs. postmortale Spende)

3.

Produktkennung, die mindestens Folgendes umfasst:

Kennung der Gewebebank

Art von Geweben und Zellen/Produkt (Basisnomenklatur)

Poolnummer (bei gepooltem Material)

Splitnummer (falls vorhanden)

Verfallsdatum (falls vorhanden)

Gewebe-/Zellstatus (d.h. in Quarantäne, gebrauchsfertig usw.)

Beschreibung und Ursprung der Produkte, erfolgte Bearbeitungsschritte, Material und Zusätze, die mit den Geweben und Zellen in Berührung kommen und sich auf deren Qualität und/oder Sicherheit auswirken

Kennung der Einrichtung, die die endgültige Kennzeichnung vornimmt

4.

Einheitlicher Europäischer Code (falls vorhanden)

5.

Kennung der Verwendung beim Menschen, die mindestens Folgendes umfasst:

Datum der Verteilung/Entsorgung

Kennung des Anwenders

Gewebebankenverordnung (GBVO) Fundstelle


Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, mit der nähere Regelungen für den Betrieb von Gewebebanken getroffen werden (Gewebebankenverordnung – GBVO)
StF: BGBl. II Nr. 192/2008 [CELEX-Nr.: 32006L0017, 32006L0086]

Änderung

BGBl. II Nr. 87/2014 [CELEX-Nr.: 32012L0039]

BGBl. II Nr. 18/2017 [CELEX-Nr.: 32015L0565]

Präambel/Promulgationsklausel

Auf Grund des § 30 des Gewebesicherheitsgesetzes, BGBl. I Nr. 49/2008, wird verordnet:

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