TE Vfgh Beschluss 1986/12/3 WI-12/86

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Veröffentlicht am 03.12.1986
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
DSt 1872 §22
RAO §27 idF BGBl. 556/1985
RAO §28 Abs1 litc idF BGBl. 556/1985

Leitsatz

Art141 Abs1 lita B-VG; Antrag auf Aufhebung der in der Vollversammlung der RAK f. Wien, NÖ und Bgld. vom 5. Juni 1986 vollzogenen Wahl je eines ersten und zweiten Präsidentenstellvertreters sowie mehrerer Ausschußmitglieder und Mitglieder des Disziplinarrates; Plenarversammlung der RAK einziges satzungsgebendes Organ der Kammer - jenen Organen dieser Körperschaft, deren Wahl angefochten wird, fehlt diese Qualifikation; keine Zuständigkeit des VfGH; da es sich bei den angefochtenen Akten keinesfalls um Wahlen zu satzungsgebenden Organen handelt

Spruch

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Rechtsanwalt Dr. K L "als bevollmächtigter Vertreter der Wählergruppe 'Club der Rechtsanwälte im Wr. Juristenverband - Konzipientenverband'" und Rechtsanwalt Dr. H R stellen in einer beim VfGH eingebrachten und auf Art141 Abs1 lita B-VG gestützten Anfechtungsschrift den Antrag, die in der Vollversammlung der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. vom 5. Juni 1986 vollzogene Wahl je eines ersten und zweiten Präsidentenstellvertreters sowie mehrerer Ausschußmitglieder und Mitglieder des Disziplinarrates - aus näher dargelegten Gründen - als rechtswidrig aufzuheben.

2. Über diese Wahlanfechtung wurde erwogen:

2.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der VfGH ua. über die Anfechtung von Wahlen zu den satzungsgebenden Organen (Vertretungskörpern) der gesetzlichen beruflichen Vertretungen. Nun ist die Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. zwar eine gesetzliche berufliche Vertretung, doch sind jene Organe dieser Körperschaft, deren Wahl angefochten wurde, keine satzungsgebenden. Eine solche Qualifikation kommt - nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 3895/1961; s. auch VfSlg. 8639/1979, 8975/1980) - lediglich der allerdings nicht gewählten Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer zu. Denn sie setzt ihre eigene Geschäftsordnung sowie die des Ausschusses und des Disziplinarrates fest, sie erläßt den Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben, bestimmt generell die Höhe der Mitgliedsbeiträge und prüft und genehmigt alle Rechnungen (vgl. insbesondere §27 Rechtsanwaltsordnung, RGBl. 96/1868 idF BGBl. 556/1985; §22 Disziplinarstatut, RGBl. 40/1872 idF BGBl. 480/1985). Nur diese der Plenarversammlung übertragenen, für Funktion und Gebarung der Kammer wesentlichen generellen Selbstverwaltungsmaßnahmen treten - insgesamt gesehen - als Satzung in Erscheinung. Weder der Ausschuß - der die Anordnungen der Plenarversammlung bloß auszuführen hat (§28 Abs1 litc Rechtsanwaltsordnung) - noch andere Organe der Kammer sind zur Fassung derartiger Beschlüsse zuständig; sie alle sind demnach nicht satzungsgebende Vertretungskörper iS des Art141 Abs1 lita B-VG, deren Wahl beim VfGH bekämpft werden kann.

Daraus folgt, daß es sich bei den angefochtenen Akten also keinesfalls um Wahlen zu satzungsgebenden Organen handelt.

2.2. Der VfGH war darum zur Entscheidung über die eingebrachte Wahlanfechtung nicht zuständig. Die Anfechtung mußte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren - als unzulässig - zurückgewiesen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Rechtsanwaltskammer, Wahlen, VfGH / Wahlanfechtung, berufliche Vertretungen, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:WI12.1986

Dokumentnummer

JFT_10138797_86WI0012_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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