TE Vwgh Erkenntnis 1966/5/18 1333/65

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Veröffentlicht am 18.05.1966
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 1334/65

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Vizepräsidenten Dr. Dietmann, und die Hofräte Dr. Koprivnikar, Dr. Mathis, Dr. Härtel und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichter Dr. Fröhlich, über die Beschwerden des FA in S und der MM in B, beide vertreten durch Dr. Karl Tamm, Rechtsanwalt in Salzburg, Rainerstraße 25, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 18. Mai 1965, Zl. II - 50.065 - 10/65 (mitbeteiligte Partei: Firma E KG in B), betreffend die Versicherungspflicht nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund (Bundesministerium für soziale Verwaltung) Aufwendungen in der Höhe von S 60,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei inhaltlich gleichen Bescheiden vom 19. Mai 1962 hatte die Salzburger Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte das Begehren der beiden Beschwerdeführer, den Bestand der im § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG, sowie im § 1 Abs. 1 AlVG 1958 geregelten Versicherungspflicht in der Vollversicherung und Arbeitslosenversicherung als Provisionsvertreter der Firma E KG in B, ab dem 1. Februar 1957 auszusprechen, wegen Mangels der Voraussetzung der Versicherungspflicht abgewiesen.

Den von den beiden Beschwerdeführern gegen die Bescheide des Versicherungsträgers erhobenen Einsprüchen hatte der Landeshauptmann von Salzburg mit den inhaltlich gleichen Bescheiden vom 19. Februar 1965 Folge gegeben, die Bescheide des Versicherungsträgers behoben und ausgesprochen, dass FA und bzw. MM als Dienstnehmer der Firma E KG in B, ab dem 1. Februar 1957 bzw. ab dem 1. September 1957 für die gesamte Dauer ihrer Beschäftigung bei der genannten Firma gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG in die Vollversicherungspflicht und gemäß § 1 Abs. 1 AlVG 1958 in die Arbeitslosenversicherungspflicht einzubeziehen gewesen seien. Gemäß § 60 ASVG seien die Sozialversicherungsbeiträge nachzuberechnen und dem Dienstgeber zur Bezahlung vorzuschreiben. Zur Begründung der beiden Bescheide hatte die Einspruchsbehörde im wesentlichen ausgeführt, dass die beiden Einspruchswerber auf Grund einer ausdrücklichen Abrede und auf Grund der von der Firma gegebenen Weisungen über ihre Arbeitszeit auf längere Sicht nicht hätten frei verfügen können und demnach in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt gewesen seien. Auch die wirtschaftliche Abhängigkeit der Einspruchswerber sei gegeben gewesen, weil die Firma diesen erst die Mittel zur Verfügung gestellt habe, die es ihnen ermöglicht hätten, die Waren zu verkaufen. Die Tätigkeit der Einspruchswerber für die Firma sei gegen Entgelt erfolgt.

In den von der Salzburger Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte gegen die Bescheide der Einspruchsbehörde eingebrachten inhaltlich gleichen Berufungen war vorgebracht worden, dass die Provisionsvertretertätigkeit der beiden Einspruchswerber für die Firma E KG auf Grund eines freiwillig eingegangenen, auf den Bestimmungen des Handelsagentengesetzes beruhenden Anbotsvertrages ausgeübt worden sei, demzufolge sich diese verpflichtet hätten, einen Mindestumsatz an P-Küchengeräten pro Woche gegen eine vereinbarte Verkaufsprovision (ohne Fixum) zu tätigen, das Risiko des Entfalles der Provision bei einer Ablehnung oder Stornierung zustandegebrachter Kaufverträge auf sich zu nehmen, laut Vertrag aus eigenem eine geeignete Verkaufswerbung durchzuführen und die damit verbundenen Kosten und Spesen selbst zu tragen. Die Weisungsgebundenheit stelle sich daher nicht in Ausschaltung, sondern nur als Beschränkung der Bestimmungsfreiheit dar, welche auch bei längerer Dauer nicht einen Zustand persönlicher Abhängigkeit herbeiführe. Nach dem Erkenntnisse vom 12. Februar 1964, Zl. 241/63, sei der Umstand, dass Berichte und Besuchssummare zu verfertigen gewesen seien, nicht als Merkmal persönlicher Abhängigkeit zu werten und es bedürfe einer näheren Begründung, unter welchen Gesichtspunkten eine solche Wertung vorgenommen werde, da ja beispielsweise auch ein selbstständiger Handelsagent nach § 2 Abs. 1 zweiter Halbsatz des Handelsagentengesetzes verpflichtet sei, den Geschäftsherrn ohne Verzug von jedem Geschäft in Kenntnis zu setzen. Bezüglich der behaupteten Weisungen der Firma über den Beginn und das Ende der Wochenarbeitszeit und die Arbeitstage werde auf eine Verkaufsmeldung des Vertreters KG vom 22. Juni 1961 verwiesen, in der unter der Rubrik "Bemerkungen" mitgeteilt worden sei, dass die Tour wegen eines schlechten Besuches am Donnerstag abgebrochen worden sei. Die Überwachung der Tätigkeit allein hinsichtlich des Arbeitserfolges vermöge eine persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten zum Auftraggeber nicht zu begründen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1963, Zl. 118/63). Die Betriebsmittel seien den Einspruchswerbern von der Firma nicht zur Verfügung gestellt, sondern an die Vertreter vermietet bzw. verkauft worden. Auf die Ausführungen in dem Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 1960, Zl. 125/58, werde verwiesen. Die Einspruchswerber hätten laut der Vereinbarung bzw. Provisionsabrechnung für die Abhaltung der Verkaufsveranstaltungen erforderlichen Spesen wie Saalmiete, Verlosungsgut, Kochgut, Druck und Versand der Einladungskarten, Projektorenmiete selbst aufzukommen gehabt und hätten sich sonach nicht in wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Firma befunden.

Mit dem angefochtenen Bescheide der belangten Behörde wurde den Berufungen der Salzburger Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge gegeben und in Abänderung der Bescheide der Einspruchsbehörde festgestellt, dass die Beschwerdeführer auf Grund ihrer Tätigkeit als Provisionsvertreter der Firma E KG in B ab dem 1. September bzw. ab dem 1. Februar 1957 weder der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG noch der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 AlVG 1958 unterlegen sind. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach der Darstellung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens aus, auf Grund der im wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Zeugen und der Parteien, die sich auch mit dem als Muster vorgelegten Vertragsbrief deckten, sie der nachstehende Sachverhalt erwiesen: die beiden Vertreter hätten sich gegenüber der Firma verpflichtet, den Verkauf von Niederdruckkochtöpfen auf Rechnung der Firma in Zweiergruppen zu besorgen. Für den aus mehreren Einheiten bestehenden Kochtopf sei jeder Zweiergruppe ein verschieden hoher Provisionssatz vom Verkaufspreis (22 bzw. 10 %) gewährt worden. Jeder Gruppe sei ein bestimmtes Arbeitsgebiet zur Bereisung zugeteilt worden. Es sei in der Regel jeden Montag festgelegt worden, in welchem Gebiet Werbeveranstaltungen durchzuführen gewesen seien. Der einzelne Verkauf sei erst mit der Zustimmung der Firma verbindlich geworden. Über die Veranstaltungen habe jede Gruppe hinsichtlich der Zahl der Einladungen, der Besucherzahl und der Abschlüsse wöchentlich summarisch zu berichten gehabt. Eine Umteilung sei nur gelegentlich vorgekommen. Auf Grund der Bestellscheine sei die Provision bevorschusst und erst nach der Bezahlung der von den Kunden gekauften Geräte abgerechnet worden. Das Vorführgerät sei den Vertretern am Beginn der Tätigkeit zur Verfügung gestellt worden. Den Preis dafür hätten die Vertreter in fünf Raten bezahlen müssen. Solange das Gerät nicht bezahlt gewesen sei, hätten die Raten als Miete gegolten. Die Raten seien von den Provisionen abgezogen worden. Die Kosten der Reise (Personenkraftwagen) hätten die Vertreter selbst zu tragen gehabt. Die Miete des Projektors und des Vorführraumes, den Preis für das Kochgut und das Verlosungsgut - die Werbeveranstaltungen seien durch Warenverlosungen attraktiver gestaltet worden - seien gleichfalls von den beiden Vertretern zu bezahlen gewesen. Auch für die sonstigen Kosten der Veranstaltungen (z. B. Druck der Einladungskarten) hätten die Vertreter aufzukommen gehabt. Es sei ein Konkurrenzverbot vereinbart gewesen und im Falle der Übertretung eine Konventionalstrafe. Für den Ankauf von Personenkraftwagen habe die Firma Darlehen gewährt, die der Vertreter habe zurückzahlen müssen. Die Vertreter seien verpflichtet gewesen, das Verlosungs- und Kochgut bei der Firma zu kaufen. Die Abrechnung sei in der Regel gegen Aufrechnung der fälligen Provisionen erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Judikatur (vgl. die Erkenntnisse Slg. Nr. 4495/A und vom 1. Juli 1959, Zl. 760/57) ausgeführt, dass die wirtschaftliche Abhängigkeit sich aus dem Mangel an Sachgütern (eigenen Betriebsmitteln des Arbeitenden) und daraus ergebe, dass alle vorhandenen Güter immaterieller Art dem Arbeitszwecke gewidmet werden müssten. Demnach sei die Stellung des Dienstnehmers im betrieblichen Lebensbereich als Gegenstück der innerbetrieblichen Unternehmerposition dadurch gekennzeichnet, dass der Dienstnehmer an den Betriebsmitteln nicht als Eigentümer beteiligt sei, dass er an der Geschäfts- und Betriebsleitung nur als delegiertes Organ des Unternehmens teilhaben könne und dass er seine Fähigkeiten aus zwei Gründen, und zwar mangels eigener Betriebsmittel und mangels eigener Verfügungsgewalt, nicht zum eigenen Nutzen verwenden könne, sondern sie dem Unternehmen, in dem er beschäftigt sei, dienstbar machen müsse. In den vorliegenden Fällen, durch die Eigenart der Betriebsform (Werbung und Verkauf von Kochtöpfen an verschiedenen Orten) bedingt, könnten als wesentliche Betriebsmittel nur das Fahrzeug, das jeweilige Vorführlokal, der Projektor, der Vorführtopf, das Koch- und Verlosungsgut sowie die sonstigen Werbemittel (Einladungskarten etc.) angesehen werden. Da jedoch, wie sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten ergebe, die beiden Vertreter für Saalmieten, Projektormiete, Vorführkochtopf, Koch- und Verlosungsgut und das sonstige Werbematerial selbst hätten aufkommen müssen, seien sie Eigentümer (Eigentum im weitesten Sinne des Wortes) der für sie wesentlichen Betriebsmittel gewesen. Ohne diese Betriebsmittel sei eine Tätigkeit, wie sie die beiden Vertreter während der strittigen zeit entfaltet hätten, überhaupt nicht denkbar gewesen. Da sohin die beiden Vertreter als Eigentümer der Betriebsmittel hätten gewertet werden müssen, hätten sie auch nicht als wirtschaftlich abhängig im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und der vorstehend wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelten können. Wenn man schließlich bei dem erwiesenen Sachverhalte die Frage stelle, ob die beiden Vertreter ein Unternehmerrisiko getroffen habe, dann müsse dies bejaht werden. Die Vertreter seien nämlich an dem Umsatze nur prozentuell beteiligt gewesen und hätten die Reisekosten sowie die nicht unbeachtlichen Werbe- und Vorführkosten selbst getragen. Sie hätten auch die Gestaltung des Verkaufs an Ort und Stelle selbst bestimmt und sohin im betrieblichen Lebensbereiche die eigenen Betriebsmittel und ihre eigene mehr oder minder einsatzfähige Arbeitskraft und ihre eigene Geschäftsleitung an Ort und Stelle zu einer organisatorischen Einheit verbunden - dies trotz der grundsätzlich mit der Firma im Einverständnis erfolgten Festsetzung der Reiseroute und der sonstigen Beschränkungen -, von der das Gelingen oder Misslingen ihrer geschäftlichen Tätigkeit abgehangen sei. Es sei demnach eine Risikotragung vorgelegen, wie sie nur für einen selbstständigen Erwerbstätigen typisch sei. Dem gegenüber könne bei der Abwägung aller Umstände den sicherlich auch vorliegenden Merkmalen einer Abhängigkeit (z. B. Gebietsbeschränkung und eine gewisse Weisungsgebundenheit) keine entscheidende Bedeutung zukommen. In diesem Zusammenhange sei noch bemerkenswert, dass den beiden Vertretern kein fixes Gehalt, sondern nur eine Provision zugestanden sei und die Firma für die außerordentlich hohen Aufwendungen der Vertreter grundsätzlich nicht aufgekommen sei, sohin in dieser Hinsicht kein Risiko getragen habe. Mangle es in beiden Fällen an einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, dann müsse das Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen verneint werden, weil die Sozialversicherungspflicht kraft Gesetzes nur dann eintrete, wenn sämtliche der im § 4 Abs. 2 ASVG geforderten Merkmale (Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt) vorlägen. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei sohin den Berufungen Folge zu geben und die Versicherungspflicht des FA und der MM auf Grund ihrer Tätigkeit bei der Firma zu verneinen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres Zusammenhanges in sachlicher Hinsicht zur gemeinsamen Behandlung zu verbinden, und hat erwogen:

In den inhaltlich gleich lautenden Beschwerdeausführungen vertreten die beiden Beschwerdeführer die Auffassung, dass bei ihnen die wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben gewesen sei, weil sie ihre Tätigkeit von Beginn an nur durch Vorschüsse seitens der Firma hätten finanzieren können und dadurch immer mehr in eine Abhängigkeit vom Dienstgeber getreten seien. So hätten sie sich z. B. das Auto nie ohne Hilfe der Firma anschaffen können. Wie der Landeshauptmann von Salzburg in seinem Bescheide richtig ausgeführt habe, äußere sich die Selbstständigkeit einer Tätigkeit vor allem in der Tatsache, dass sie nicht selbst verrichtet werden müsse, sondern auch von einem Bevollmächtigten verrichtet werden könne. Dies sei jedoch für die Beschwerdeführer ausgeschlossen gewesen. Wirtschaftliche Selbstständigkeit könne auch schon deshalb nicht angenommen werden, weil sie gegen eine plötzliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Dienstgeber in keiner Weise gefeit gewesen seien. Eine Auflösung des Vertragsverhältnisses würde für sie die wirtschaftliche Vernichtung bedeutet haben; sie seien daher in dieser Hinsicht dem Dienstgeber vollkommen ausgeliefert gewesen. Nach Punkt II ihres Vertrages mit der Firma sei diese berechtigt gewesen , einseitig fristlos den Vertrag aufzulösen. Dies habe einen Zustand dauernder Unsicherheit ihrer wirtschaftlichen Lage zur Folge gehabt. Für die wirtschaftliche Abhängigkeit spreche weiters Punkt V des Vertrages. Es sei dort ausdrücklich festgehalten worden, dass der Kaufvertrag erst dann zustandekomme, wenn die Firma die Annahme der Kaufverträge schriftlich bestätigt habe. Es sei der Firma freigestanden, ohne Angabe von Gründen von ihnen gestellte Kaufanträge nicht zu genehmigen und Verkäufe an Kunden nicht durchzuführen. Damit sei erwiesen, dass das Unternehmerwagnis ausschließlich der Dienstgeber zu tragen gehabt habe. Da die wirtschaftliche Abhängigkeit nur im Rahmen der gegebenen Beschäftigungsverhältnisse zu beurteilen sei und sie, wie bereits ausgeführt worden sei, nur durch die Vorfinanzierung seitens der Firma die Betriebsmittel hätten einsetzen können, könne von einem Eigentum an diesen zumindest im faktischen Sinne sowie von einer eigenen Verfügungsgewalt nicht gesprochen werden. Sie hätten die Betriebsmittel keineswegs zum eigenen Nutzen verwenden können, sondern hätten sie der Firma dienstbar machen müssen. Sie hätten nämlich nach Punkt IX des Vertrages erst dann Eigentümer an den Betriebsmitteln werden können, wenn diese bereits für die Firma mehr oder minder keinen Wert mehr besessen hätten. Damit habe die Firma die wirtschaftliche Abhängigkeit sogar in einem solch hohen Maße bestimmt, wie es bei anderen Dienstverhältnissen nicht üblich sei.

Der Verwaltungsgerichtshof konnte die eben wiedergegebene Auffassung der Beschwerdeführer nicht teilen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnisse vom 4. Dezember 1957, Slg. Nr. 4495 (A), ausgeführt hat, sind bei der Prüfung, ob eine gegen Entgelt ausgeübte Beschäftigung durch wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gekennzeichnet sei, unter anderem auch die außerhalb des Bereiches dieser Erwerbstätigkeit bestehenden Vermögensverhältnisse außer Betracht zu lassen. Es kann daher im Beschwerdefall entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer z. B. der Umstand, dass die Firma den Beschwerdeführern durch einen von ihr gewährten Kredit die Anschaffung eines Personenkraftwagens, den sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigten, ermöglicht hat, nicht als ein Merkmal gewertet werden, das eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Beschwerdeführer zur Firma aufzeigt. Die Behauptung der Beschwerdeführer, dass sie nach Punkt IX des Vertrages das Eigentum an den Betriebsmitteln hätten erst erwerben können, wenn diese für die Firma wertlos geworden seien, findet in der Aktenlage nicht ihre Deckung. Nach dem in den Akten des Verwaltungsverfahrens festgehaltenen Wortlaut der Vereinbarung der Beschwerdeführer mit der Firma wurde die für die Vertretertätigkeit notwendige Ausrüstung den Beschwerdeführern von der Firma zur Verfügung gestellt, wobei der Gegenwert dieser Ausrüstung in verzolltem Zustand den Beschwerdeführern von der Firma in fünf gleichen Teilen anlässlich der Provisionsabrechnung angelastet wurde und die Geräte nach vollständiger Bezahlung in das Eigentum der Beschwerdeführer übergingen. Die tatsächlichen Annahme der belangten Behörde, die von den Beschwerdeführern nicht als den Tatsachen nicht entsprechend bekämpft worden sind, lassen die Behauptung der Beschwerdeführer nicht als gerechtfertigt erkennen, dass sie die von der belangten Behörde aufgezählten Betriebsmittel, die in der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer gestanden sind, nicht unmittelbar zu ihrem eigenen Nutzen verwendet haben. Da die Beschwerdeführer unbestrittenermaßen lediglich die vereinbarte Provision für jeden vermittelten Auftrag erhielten und weder ein Fixum noch die Reisekosten noch auch die Aufwendungen von der Firma ersetzt erhielten, die sie zum Zwecke der Kundenwerbung zu machen hatten, ging ihre Tätigkeit auf ihre eigene Rechnung und Gefahr; sie allein - und nicht die Firma - hatten das Risiko ihrer geschäftlichen Tätigkeit zu tragen. Der von den Beschwerdeführern aufgezeigte Umstand, dass die Firma von den Beschwerdeführern gemeldete Kaufanträge von Kunden durchzuführen nicht verpflichtet gewesen ist, spricht nicht - wie die Beschwerdeführer meinen - dafür, dass das Unternehmerwagnis hinsichtlich der Tätigkeit der Beschwerdeführer bei der Firma gelegen gewesen sei, sondern bestätigt vielmehr die Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheide, dass die beiden Beschwerdeführer ein Unternehmerrisiko getroffen habe. Das nach dem Übereinkommen der Firma zustehende Recht zur Kündigung bzw. zur sofortigen Auflösung ist nicht als disziplinäre Maßnahme zu werten, sondern durch die Natur des Vertragsverhältnisses bedingt. Hinsichtlich des die persönliche Arbeitspflicht der Beschwerdeführer betreffenden Vorbringens kann der Verwaltungsgerichtshof auf seine Ausführungen in dem schon erwähnten Erkenntnisse vom 4. Dezember 1957, Slg. Nr. 4495 (A), verweisen, in dem ausgeführt worden ist, dass, wenn im Rahmen eines Werkvertrages persönliche Arbeitspflicht besteht, dies eine Ausnahme darstellt, während für ein Beschäftigungsverhältnis die persönliche Arbeitspflicht der Regelfall ist. Sofern daher erkennbar ist, ob eine bestehende persönliche Arbeitspflicht die Regel oder die Ausnahme darstellt, kann daraus auf ein Beschäftigungsverhältnis oder auf ein Werkleistungsverhältnis geschlossen werden. Der auf ein Werkleistungsverhältnis hinweisende Ausnahmefall kann dadurch offenbar werden, dass persönliche Arbeitspflicht ausdrücklich vereinbart worden ist, da sich eine ausdrückliche Vereinbarung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erübrigen würde, weil für dieses die persönliche Arbeitspflicht ohnedies essenziell ist.

Die Beschwerdeführer bringen vor, es habe persönliche Abhängigkeit bestanden, weil sie den Ordnungsvorschriften des Betriebes insofern unterworfen gewesen seien, als der Dienstgeber die Arbeitstage, den Beginn und das Ende der Wochenarbeitszeit, den Ort ihrer Tätigkeit und die Zahl der durchzuführenden Veranstaltungen bindend vorgeschrieben habe. Sie seien auch dem Weisungsrechte des Dienstgebers unterstanden, der nicht nur die angeführten Arbeitsbedingungen geregelt habe, sondern sie auch in Gebiete entsandt habe, von denen sie im vorhinhein gewusst hätten, dass ein Geschäft nicht zu machen sei, sodass von einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht die Rede sein könne. Ihre Dienstnehmerqualifikation ergebe sich ferner daraus, dass sie den Arbeitserfolg nicht nach ihrem Gutdünken hätten herbeiführen können, sondern in ihrer Tätigkeit vom Firmeninhaber und insbesondere vom Verkaufsleiter der Firma ständig überwacht worden seien. Da ein wöchentlicher Mindestumsatz vorgeschrieben gewesen sei, habe die Firma auch disziplinär gegen sie einschreiten können. Wenn sie den vorgeschriebenen Umsatz nicht erzielt hätten, würde die Firma befugt gewesen sein, das Dienstverhältnis vor dem Ablaufe der vereinbarten sechswöchigen Kündigungsfrist aufzulösen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es im Fall der Unmöglichkeit einer klaren Unterscheidung im Sinne des § 4 Abs. 2 zweiter Halbsatz ASVG maßgebend, ob es sich um ein auf Dauer angelegtes Verhältnis handle. Eine auf lange Sicht eingegangene Arbeitspflicht deute auf einen hohen Grad von Abhängigkeit und somit auf ein Dienstverhältnis hin.

Nach der Auffassung der Beschwerdeführer sollen offenbar die von ihnen aufgezeigten Hinweise auf die Gestaltung ihrer Tätigkeit eine persönliche Abhängigkeit nachweisen. Diese Auffassung der Beschwerdeführer steht jedoch mit den in dem erwähnten grundlegenden Erkenntnisse vom 4. Dezember 1957 entwickelten Gedankengängen nicht ganz im Einklang. Die aufgezeigten Umstände, die der belangten Behörde - wie sich aus dem oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - keineswegs entgangen sind, könnten im Sinne der Ausführungen in dem angeführten Erkenntnisse nur dann als Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit gewertet werden, wenn sie nicht bloß eine Beschränkung, sondern eine Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit der Beschwerdeführer herbeigeführt hätten. Dass eine Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit der Beschwerdeführer im Beschwerdefalle nicht gegeben gewesen ist, konnte die belangte Behörde auf der Grundlage des von ihr ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten, von den Beschwerdeführern nicht bestrittenen Sachverhaltes berechtigterweise annehmen. Sie konnte daher auch im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 ASVG zu Recht feststellen, dass den vorliegenden Merkmalen, die auf eine Abhängigkeit hindeuten, wie z. B. die Gebietsbeschränkung und eine gewisse Weisungsgebundenheit, im Beschwerdefall eine entscheidende Bedeutung nicht zukomme. Bei der gegebenen Sachlage konnte auch der mehr oder minder längeren Dauer der Tätigkeit der Beschwerdeführer entscheidende Bedeutung nicht zukommen.

Es ergibt sich sohin, dass die angefochtenen Bescheide mit der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Rechtswidrigkeit nicht behaftet sind. Die Beschwerden waren daher nach § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Ersatz von Aufwendungen gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a, 49 Abs. 2, 53 und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit Artikel I lit. B Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965 Wien, am 18. Mai 1966

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1966:1965001333.X00

Im RIS seit

27.09.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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