TE Vwgh Erkenntnis 1970/4/17 0751/69

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Veröffentlicht am 17.04.1970
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §11 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfin. Dr. Poria , und die Hofräte DDr. Dolp, Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Jurasek als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Dr. Gerhard, über die Beschewerde des Dr. W G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Oktober 1968, Zl. VerkR-33.824/6-1968, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit, infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 772,12 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Linz sprach mit Straferkenntnis vom 10. September 1968 aus, der Beschwerdeführer habe am 17. November 1967 um 17,40 Uhr in Linz auf der Dähnhofstraße vom Blumauerplatz kommend seinen dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagen in Richtung stadtauswärts gelenkt, wobei er beim Einbiegen nach rechts in die Volksgartenstraße die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt habe und er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs. 2 StVO 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO), begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde gegen ihn eine Geldstrafe von S 150,- (Ersatzarreststrafe 36 Stunden) verhängt. In der Begründung wurde dargelegt, die Tatsache, dass verschiedene Verkehrszeichen ein bestimmtes Verhalten einem Straßenbenützer vorschrieben, könne kein Grund dafür sein, vorgeschriebene Verhaltensmaßregeln im Straßenverkehr außer acht zu lassen. In der Berufung bringt der Beschwerdeführer vor, § 11 Abs. 2 StVO sage, es seien Manöver der Fahrtrichtungsänderung oder des Fahrstreifenwechsels so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer darauf einstellen könnten. Damit sei aber logisch gesagt, dass das Anzeigen der Fahrtrichtungsänderung oder des Fahrstreifenwechsels nicht um seiner selbst zu geschehen habe, sondern dazu, dass sich die anderen Straßenbenützer dementsprechend einrichten könnten. Durch die an der Kreuzung angebrachten Bodenmarkierungen und Ampelsignale sei für den einmal rechts eingeordneten Kraftfahrer jede andere Fahrtrichtung als das Abbiegen nach rechts ausdrücklich verboten. Der gegenständliche Fall wäre durch die angebrachten Verkehrszeichen analog dem Befahren einer Kurve zu beurteilen, der Tatbestand dcs § 11 Abs. 2 StVO daher nicht gegeben. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1968 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß §§ 51 VStG 1950 und 66 Abs 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 keine Folge. Wie in der Begründung ausgeführt wird, trifft es wohl zu, dass der nachfolgende Verkehr ein gesondertes Anzeigen der Fahrtrichtungsänderung nicht erfordere, weil die Lenker dieser Fahrzeuge die Bodenmarkierungen kennen würden und ihnen damit klar sei, dass der Vorfahrende nur nach rechts abbiegen könne. Links abbiegende Fahrzeuge im Gegenverkehr jedoch könnten diese Bodenmarkierungen vom gegenüberliegenden Straßenrand nicht erkennen und würden daher annehmen, dass die am rechten Fahrstreifen fahrenden Fahrzeuge, die ein Rechtsabbiegen nicht anzeigten, geradeaus weiterführen; damit würden die entgegenkommenden nach links einbiegenden Fahrzeuge zum Anhalten gezwungen, also behindert werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Darnach sei die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Behauptung, dass für die nach links abbiegenden Fahrzeuge des Gegenverkehrs die Bodenmarkierungen, die ein Rechtsabbiegen auf dem vom Beschwerdeführer benützten Fahrstreifen vorschrieben, nicht erkannt werden könnten und daher der Beschwerdeführer das Rechtsabbiegen auch in der vorliegenden Situation hätte anzeigen müssen, unrichtig. Aus der im Akt enthaltenen Skizze ergebe sich, dass die Sperrlinien, die einerseits zusammen mit dem Gebotspfeil in einer gesonderten Verkehrsampel das ausschließliche Rechtsabbiegen der in der Bahnhofstraße auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden Fahrzeuge nach rechts in die Volksgartenstraße vorschrieben, andererseits das Einfahren entgegenkommender Fahrzeuge, die nach links in die Volksgartenstraße abbiegen wollen, in dem Fahrstreifen, den der Beschwerdeführer benützen habe müssen, verhinderten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie sich aus der im Akt erliegenden vom Meldungsleger am 19. Jänner 1968 angefertigten Skizze ergibt, konnten die aus der Fahrtrichtung des Beschwerdeführers gesehen im Gegenverkehr aus der Bahnhofstraße kommenden Fahrzeuge, die nach links in die Volksgartenstraße einbiegen wollten, durch den Beschwerdeführer nicht behindert werden. Die auf der Skizze mit F bezeichnete Sperrfläche ist auch für die aus der Gegenrichtung vorschriftsmäßig auf dem zum Linkseinbiegen vorgesehenen mittleren Fahrstreifen kommenden Fahrzeuge erkennbar und zwingt einerseits den Beschwerdeführer nach rechts abzubiegen, andererseits die entgegenkommenden nach links abbiegenden Fahrzeuge vor dieser Sperrfläche in die Volksgartenstraße einzubiegen und dort auf den mehr gegen die Fahrbahnmitte zu gelegenen Fahrtstreifen weiterzufahren. Die gegenteiligen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides stehen daher im Widerspruch zur Aktenlage.

Diese aktenwidrige Annahme der belangten Behörde stellt einen wesentlichen Mangel dar. Die mögliche Behinderung der entgegenkommenden nach links abbiegenden Fahrzeuge war nämlich nach den Ausführungen des angefochtenen Bescheides (S. 3) der einzige Grund für die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer wäre im Sinne der Bestimmungen, des § 11 Abs. 2 StVO verpflichtet gewesen, trotz des für ihn gebotenen Einbiegens nach rechts seine Fahrtrichtung anzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes braucht der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nur dann anzuzeigen, wenn dadurch andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden können (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 30. Juni 1958, Slg. N. F. Nr. 4714 /A, und vom 8. April 1964, SIg. N. F.:Nr. 6294/A). Dies gilt insbesondere auch für den Fall, dass die Fahrtrichtung (hier Einbiegen nach rechts) besonders vorgeschrieben ist (siehe z.B. das Erkenntnis vom 26. Mai 1964, Slg. N. F. Nr. 6357 /A, und das dort genannte Erkenntnis vom 26. September 1962, Zl. 673/62). Eine solche Behinderungsmöglichkeit war im vorliegenden Fall für andere Fahrzeuglenker, sofern diese die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beachteten, nicht gegeben. Es mangelte daher an einer Verpflichtung des Beschwerdeführers im Sinne der Bestimmungen des § 11 Abs. 2 StVO und damit an dem dem Beschwerdeführer angelasteten strafbaren Verhalten.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. e Z. 1 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, weil der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden ist.

Der Kostenzuspruch an den obsiegenden Beschwerdeführer gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG 1965 im Zusammenhang mit Art:

I der Verordnung des Bundeskanzleramtes, BGBl. Nr. 4/1965. Wien, am 7. April 1970

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1970:1969000751.X00

Im RIS seit

07.06.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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