TE Vwgh Erkenntnis 1973/9/21 0281/73

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Veröffentlicht am 21.09.1973
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

FinStrG §8 impl;
VStG §5 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs1 idF 1969/207;

Beachte

Fortgesetztes Verfahren: 1416/74 E 24. Februar 1975 VwSlg 8773 A/1975;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Penzinger und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Leibrecht und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesgerichtsrat Dr. Kremzow, über die Beschwerde der CH in X, vertreten durch Dr. Heinz Glatz, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 5-9/2, gegen den Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Dezember 19729 Zl. IIIa 1 -- 3734/1, betreffend Bestrafung nach dem wasserrechtsgesetzt zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 26. Juni 1972 wurde die Beschwerdeführerin "als Geschäftsführerin" des Hotels A in X gemäß § 137 WRG 1959 mit einer Geldstrafe von S 5.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzarreststrafe in der Dauer von 10 Tagen belegt, weil sie die Ölfeuerungsanlage des genannten Hotels nicht mit der gebotenen Sorgfalt betrieben habe bzw. betreiben habe lasse, sodass am 23. September 1971 beim Umpumpen von Heizöl aus dem Lagertank in den Tagesbehälter überlaufendes Öl über das städtische Kanalnetz in die Großache gelangt sei und die Beschwerdeführerin damit eine Verwaltungsübertretung nach § 31 des Wasserrechtsgesetzes 1959 zu verantworten habe.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass am 23. September 1971 eine Verschmutzung der Kitzbühler Ache (Großache) durch Öl festgestellt worden sei. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass an diesem Tag im Hotel A Heizöl vom Lagertank in den Tagesbehälter umgepumpt worden sei. Die Anlage habe keine Rücklaufvorrichtung, was zur Folge habe, dass das Öl aus dem Tagesbehälter überlaufe, wenn dieser voll sei und die Pumpe nicht rechtzeitig abgestellt werde. Unbestritten sei, dass bei dem geschilderten Vorgang Heizöl aus dem Tagesbehälter übergelaufen und dann durch ein Loch im Fußboden des Heizraumes über das Netz der städtischen Kanalisierung in die Kitzbühler Ache gelangt sei. Die Beschwerdeführerin bestreite in ihrer Rechtfertigung ein persönliches Verschulden und verweise darauf, dass sie in technischen Belangen ein Laie sei und sich daher auf die Empfehlungen der mit der Wartung der Anlage betrauten Installationsfirma habe verlassen müssen. Von dieser Firma sei sie auf keine besonderen Mängel hingewiesen worden. Die Beanstandungen durch die Stadtgemeinde Kitzbühel habe sie nie zu sehen bekommen, da sie an ihren Bruder K gerichtet gewesen seien.

Der Tatbestand nach § 31 WRG 1959 umfasse jene Gewässerverunreinigungen, die nicht ohne weiters voraussehbar seien. Die Sorgfaltspflicht im Sinne des § 31 des Wasserrechtsgesetzes sei deshalb eine ganz allgemeine und der Tatbestand sei dann erfüllt, wenn eine solche nicht voraussehbare Gewässerverunreinigung tatsächlich eingetreten sei, sofern sie nicht durch höhere Gewalt verursacht wurde. Im gegenständlichen Falle sei zu berücksichtigen, dass dann, wenn der Schalter für die Ölpumpe in einem anderen Raum liege als der zu füllende Tagesbehälter, immer die Gefahr bestehe, dass es schon bei einer geringen Unaufmerksamkeit zu einem Überlaufen des Öles komme. Dieser Gefahr hätte in zweifacher Hinsicht ohne Schwierigkeiten begegnet werden können; einmal hätte es genügt dafür zu sorgen, dass allenfalls überlaufendes Öl in einem entsprechenden Behälter aufgefangen wird; zum anderen hätte der Schaden vermieden werden können, wenn der Fußboden kein Loch zur Kanalisierung aufgewiesen hätte. Diese Vorgänge und Maßnahmen seien so selbstverständlich und einfach, dass sie auch ohne technische Vorkenntnisse für Laien verständlich bzw. zumutbar seien. Objektiv erscheine der Tatbestand durch den Ölaustritt in die Kitzbühler Ache, der im wesentlichen unbestritten sei, erwiesen. In dieser Richtung sei in der Rechtfertigung lediglich die Menge des ausgetretenen Öles in Frage gestellt und darauf verwiesen worden, dass auch bei einem anderen Kitzbüheler Betrieb Öl ausgeflossen sei. Die Erhebungen der Gendarmerie hätten aber ergeben, dass von dieser anderen Firma kein Heizöl in die Kanalisation gelangt sei. Die Erhebungen von Gendarmerie und Stadtbauamt hätten ergeben, dass Ölspuren in der Kanalisation lediglich bis zur Einmündung des Zulaufes aus dem Hotel A feststellbar gewesen seien. Somit könne auch der objektive Tatbestand als erwiesen angesehen werden. Die genaue Menge des ausgelaufenen Öles hätte nachträglich nicht mehr ermittelt werden können.

Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 1973 nicht Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Die in diesem Zusammenhang von Beamten des Städtischen Bauamtes Kitzbühel und des Gendarmeriepostens Kitzbühel am 24. September 1971 durchgeführten Erhebungen, bei denen der Hauptkanal und alle Nebenkanäle durch Einsteigen in die Schächte kontrolliert wurden, ergaben eindeutig, dass die Ölverschmutzung des städtischen Kanales und damit der Kitzbühler Ache in der fraglichen Zeit nur aus dem Heizraum des Hotels A stammen konnte. Eindeutig haben die damals erhebenden Organe festgestellt, dass entgegen der von der Beschuldigten in der Berufung vorgebrachten Ansicht, dass die Ölverunreinigung achenabwärts des Hotels, wo sich noch mindestens 7 größere Betriebe und Tankanlagen befinden, entstanden sein könnte, die Ölverunreinigung nicht aus diesen Betrieben stammte. Die zitierten Betriebe haben zum Teil keinen Kanalabfluss; glaubhaft konnte der Betriebsleiter der Fa. B den erhebenden Beamten nachweisen, dass am 23. September 1971 kein Heizöl ausgelaufen ist. Als verantwortliche Geschäftsführerin des Hotels A musste die Beschuldigte alle Vorkehrungen treffen, dass es zu keiner Ölverunreinigung im städtischen Kanal und in der Kitzbühler Ache kommen konnte. Es genügt nicht, dass sie sich darauf beschränkte, verlässliches Hauspersonal zu haben, sie musste dieses auch entsprechend kontrollieren. Es wäre auch ihre Pflicht gewesen, bei Übernahme der Geschäftsführung für das Hotel A, dafür Sorge zu tragen, dass alle technischen Einrichtungen, zu denen zweifellos auch die Heizanlage gehört, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erstellt sind und in diesem Sinne auch betrieben werden. Diese Sorgfaltspflicht ist der Geschäftsführerin eines Hotels an einem wichtigen Fremdenverkehrsort Tirols nicht nur zumutbar, sondern gehört zu ihrem eigentlichen Aufgabenbereich. Die Beschuldigte hätte demnach die Aufgabe gehabt, den Bescheid der Stadt Kitzbühel vom 30. 5. 1968, Zl. 2748/67, zu beachten, in welchem die Betriebsbedingungen für die Ölfeuerungsanlage und den Öllagerraum enthalten sind. Wäre den dort enthaltenen Vorschriften Rechnung getragen worden, hätte es nicht zur Gewässerverschmutzung kommen können. Wenn die Beschuldigte in ihrer Berufung vorbringt, dass die Menge des ausgelaufenen Öles nicht erhoben wurde, so kann darin kein Verfahrensmangel erblickt werden. Die Feststellung der Menge hätte auf die Strafbarkeit des an den Tag gelegten Verhaltens keinen Einfluss gehabt. Auch das Vorbringen, dass während der vergangenen 20 Jahre kein Ölüberlauf eingetreten ist - bei der baulichen Anlage des Heizraumes wäre es zutreffender gewesen, festgestellt worden ist, zu sagen - ist für das Verfahren unerheblich. Wären die im Bewilligungsbescheid aus dem Jahre 1968 vorgesehenen Schutzeinrichtungen: Ölwanne, kein Wasserablauf aus dem Keller, bzw. wenn ein solcher vorhanden ist, nur unter Vorschaltung einer Ölsperre, tatsächlich vorhanden gewesen, hätte es zu keiner Gewässerverunreinigung kommen können".

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959, in der Fassung der Wasserrechtsnovelle 1969, hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Die Beschwerdeführerin, gab in ihrer Verantwortung vom 17. November 1971 an, Mehrheitseigentümerin - und damit nicht nur Geschäftsführerin - des gegenständlichen Hotelbetriebes zu sein und stellt damit eine Person vor, der Einwirkungen aus dieser Anlage auf ein Gewässer im Sinne des § 31 Abs. 1 zurechenbar sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu bereits in seinem Erkenntnis vom 23. Oktober 1970, Slg. N.F. 7893/A, dargelegt hat, umfasst das Gebot des § 31 Abs. 1 WRG 1959 alle die Vorsorgen, die dazu angetan sind, eine an sich zwar nicht vorbedachte, aber immerhin mögliche Verunreinigung auszuschließen. Diesem Gebot wurde durch ein Verhalten zuwidergehandelt, das dazu führt, dass eine verbotene (weil bewilligungslose) Verunreinigung eintritt. Eine Zuwiderhandlung gegen § 31 Abs. 1 setzt demnach den Eintritt einer verbotenen Gewässerverunreinigung voraus. Die Gewässerverunreinigung ist in diesem Fall ein notwendiger Bestandteil des Tatbildes mangelnder Obsorge gegenüber der Gewässergüte.

Diese Voraussetzungen der Strafbarkeit hat die belangte Behörde unbedenklich festgestellt. Hinsichtlich des persönlichen Verschuldens genügt nach § 5 Abs. 1 VStG 1950, wenn die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn der Täter den Erfolg, wegen dessen das Gesetz die Tat als strafbar erklärt, zwar nicht gewollt, aber auch nicht vermieden hat, obwohl er ihn hätte vermeiden können oder sollen. Der Grund der Strafbarkeit liegt in dem negativen Moment eines Mangels an Pflichtgefühl, nämlich in der Vernachlässigung der unter den gegebenen Umständen und nach den persönlichen Verhältnissen gebotenen pflichtgemäßen Sorgfalt und Rücksicht gegenüber den Interessen anderer, mag der Täter auch infolge seiner Nachlässigkeit den Erfolg seiner Handlungsweise nicht vorausgesehen haben (vgl. Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom 30. Mai 1935, Slg. 469/A). Auf die im § 31 Abs. 1 WRG 1959 angeführten Vorschriften über den zu vertretenden Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit im Sinne der §§ 1297 und 1299 ABGB ist dabei Bedacht zu nehmen.

Ein Inhaber eines Betriebes hat zwar nicht jedes Verschulden der im Betrieb beschäftigten Personen zu verantworten. Es trifft ihn die strafrechtliche Verantwortlichkeit aber dann, wenn er den Eintritt des gesetzwidrigen Erfolges bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte hintanhalten können, diese aber nicht aufgewendet hat (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1951, Slg. N. F. Nr. 2142/A u.a.).

Die belangte Behörde hat nach diesen Gesichtspunkten einwandfrei festgestellt, dass es Pflicht der Beschwerdeführerin als geschäftsführender Mehrheitseigentümerin gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, dass alle technischen Einrichtungen, zu denen zweifellos auch die Heizanlage gehört, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erstellt und betrieben werden. Damit hatte aber die Beschwerdeführerin auch die Aufgabe, die Vorschriften des Bescheides der Stadt Kitzbühel vom 30. Mai 1968, Zl. 2748/67, zu beachten, in welchen die Betriebsbedingungen für die Ölfeuerungsanlage und den Öllagerraum enthalten sind. Wäre den dort enthaltenen Vorschriften Rechnung getragen worden, hätte es eindeutig nicht zur Wasserverschmutzung kommen können, da bereits in diesem und in dem nach der Überprüfung der Ölfeuerungsanlage von der Stadtgemeinde Kitzbühel am 25. November 1968 erteilten und nicht befolgten Auftrag zur Mängelbehebung angeordnet worden war, den Wasserabfluss im Heizraum entweder dicht zu verschließen (d. i. zu vermauern) oder mit einer Heizölsperre zu versehen.

Damit erscheint aber die Feststellung der belangten Behörde, dass die gegenständliche Heizanlage von der Beschwerdeführerin nicht mit der gebotenen Sorgfalt hergestellt, instandgehalten und betrieben wurde, durch die Umstände des Falles gedeckt. Wenn die Beschwerde hiezu behauptet, wesentliche Unfallsursache sei die für niemanden voraussehbare Unsinnstat des Hausdieners H gewesen, so ist dem zu entgegnen, dass mit einem solchen Versagen eines Bediensteten bei der Bedienung einer Pumpe gerechnet werden muss und gerade deshalb in den einschlägigen Bewilligungsbescheiden Maßnahmen dagegen angeordnet werden, dass ausfließendes Öl in fließende Gewässer oder in das Grundwasser gelangt.

Dass aber die Verschmutzung eines Kanals keine Gewässerverschmutzung bewirken kann, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 12. Februar 1965, Slg. N. F. Nr. 6816/A, das sich mit der Frage beschäftigte, ob Einleitungen in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage gegen den Willen des Anlageeigentümers bewilligungsfähig sind - wie dies die Beschwerdeführerin annimmt -, keinesfalls ausgesprochen.

Der belangten Behörde ist bei diesem Ergebnis aber auch beizustimmen, dass der Höhe der ausgeflossenen Ölmenge, welche in der Beschwerde selbst mit mindestens 30 Liter beziffert wird, ebenso wenig entscheidende Bedeutung zukommt, wie der Frage, ob allenfalls durch eine weitere Überprüfung auch noch andere Mitverursacher der Gewässerverschmutzung ausgeforscht werden konnten, da jedenfalls der ursächliche Zusammenhang zwischen der Verschmutzung der Großache am 23. September 1971 mit dem Überfließen von Heizöl in der Heizanlage des Hotels A schlüssig und unbedenklich festgestellt erscheint.

Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Der Zuspruch des Aufwandersatzes an den Bund gründet sich auf § 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 und Art. 1 Z. 4 und 5 der Verordnung BGBl. Nr. 427/1972.

Wien, am 21. September 1973

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1973:1973000281.X00

Im RIS seit

07.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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