TE Vwgh Beschluss 1980/5/19 0862/80

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Veröffentlicht am 19.05.1980
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

BMG 1973 §2 Anlage Teil2 AbschnA Z4;
DVG 1958 §12 Abs1;
DVG 1958 §2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Seiler, Dr. Drexler und Dr. Herberth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Novak, in der Beschwerdesache des Dr. XY in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 1980, Zl. Präs 4800-63-205/80, betreffend Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung (des nächsten Vorrückungstermines), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurde am 22. Februar 1980 eine Erledigung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zugestellt, in der zunächst ausgeführt wurde, dass der Bundespräsident den Beschwerdeführer mit Entschließung vom 1. Februar 1980 gemäß § 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in Verbindung mit den §§ 25 und 65 des Richterdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961, in der geltenden Fassung, mit Wirksamkeit vom Ernennungstage zum Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes auf eine Planstelle der Gehaltsgruppe III der Richter im Planstellenbereich des Verwaltungsgerichtshofes ernannt habe. Das Ernennungsdekret sei ihm am 12. Februar 1980 ausgefolgt worden. Sodann wurde in der bezeichneten Erledigung festgestellt:

"Es gebührt Ihnen daher ab 1. März 1980 unter Bedachtnahme auf § 66 Abs. 2 und 3 sowie 12 RDG der Gehalt der Gehaltsgruppe III der Richter, Gehaltsstufe 9, mit nächster Vorrückung am 1. Juli 1984 sowie die Verwendungszulage gemäß § 68 a Abs. 1 Z. 2 lit. c RDG, in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 1979, BGBl. Nr. 561/1979, mit dem das Richterdienstgesetz geändert worden ist."

Der Beschwerdeführer bekämpft diese von ihm als Bescheid gewertete Erledigung, soweit in ihr als nächster Vorrückungstermin der 1. Juli 1984 festgestellt wurde, mit der vorliegenden, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützten Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er erachtet sich in seinem Recht verletzt, ausgehend von der Ernennung in die Gehaltsgruppe III der Richter alle zwei Jahre in die jeweils nächsthöhere Gehaltsstufe vorzurücken (erstmals zum 1. Jänner 1982). Beantragt wird, den bekämpften Teil des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Beschwerde geht davon aus, dass der bekämpfte Verwaltungsakt ein letztinstanzlicher Bescheid sei, dass eine Berufung (insbesondere an den Bundeskanzler) ausgeschlossen und die Prozessvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges somit erfüllt sei. Hiezu enthält die Beschwerdeschrift nachstehende Ausführungen:

"1. Es ist zwar richtig, dass ein Teil der Rechtsprechung den im Art. 103 Abs. 4 B-VG idF vor der B-VGNov 1974, BGBl 444, für die mittelbare Bundesverwaltung ausgesprochenen Grundsatz der Gewährleistung des bis zur Ministerialinstanz durchgehenden Instanzenzuges 'analog' auch auf die unmittelbare Bundesverwaltung übertragen hat (vgl VfSlg 2352, 2333/1952; VwSlg 1232 A/1950, 424 F/1951); dieser Analogieschluss, - Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, System (1972), 410, lehnt ihn überhaupt ab - ist durch die B-VGNov 1974 fragwürdig geworden. Ein anderer Teil der Rechtsprechung sieht jedoch den im Zweifel bis zur jeweils höchsten Verwaltungsbehörde durchlaufenden Instanzenzug als Ausfluss eines allgemeinen Strukturprinzips der Verwaltung (hierarchischer Aufbau, Verantwortlichkeit der obersten Organe) an (VfSlg 1946/1950, 2421/1952, 3054/1954); so begründet z.B. der VwGH, dass auch in Justizverwaltungssachen der administrative Instanzenzug grundsätzlich, also in Ermangelung ausdrücklicher Einschränkungen, bis zum zuständigen Bundesminister gehe, aus Art. 69 Abs. 1 B-VG (VwSlg 830 A/1949). Diese Argumentation ist durch die B-VGNov 1974 unberührt geblieben (vgl Novak, Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974 und Verwaltungsorganisation, ÖJZ 1975, 281, 284). Walter (a.a.O.) hingegen lehnt auch diese Auffassung, dass sich der Instanzenzug aus der hierarchischen Organisation der Verwaltung ergebe, ab. Diese Ablehnung erscheint gerade, was den Instanzenzug in Justizverwaltungsangelegenheiten anlangt, im besonderen Maße beachtenswert.

2. Die Untersuchung der Rechtslage im vorliegenden Fall zeigt, dass eine Berufung gegen den angefochtenen Bescheid nicht in Betracht kommt. Der Instanzenzug ist 'deutlich, unzweifelhaft' (vgl Novak, a.a.O., 283, Anm. 22, und die dort zitierte Rsp) ausgeschlossen, von einer nach Auffassung Walter's erforderlichen ausdrücklichen Normierung eines solchen kann keine Rede sein.

Gemäß § 2 Abs. 1 DVG richtet sich die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten zunächst nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, subsidiär nach dem DVG. Eine solche dem DVG vorgehende Zuständigkeitsnorm enthält § 5 VwGG. In den dort genannten und abschließend geregelten Urlaubsangelegenheiten ist der Präsident des VwGH somit in einziger Instanz zuständig; dies wird auch durch die auf Koordinierung mit dem Bundeskanzler hindeutende Zustimmungsbedürftigkeit längerer Urlaubsgewährungen deutlich. Aber auch in anderen Dienstrechtsangelegenheiten ist der Präsident des VwGH nirgends zur nachgeordneten Dienstbehörde erster Instanz kraft einer auf § 2 Abs. 2 DVG gestützten Verordnung gemacht worden (§ 2 DVV zählt zwar den Präsidenten des OGH und die Präsidenten der OLG im Bereiche des BMJ, im Bereiche des BKA jedoch nur die Staatsdruckerei als nachgeordnete Dienstbehörden auf).

Soweit somit besondere gesetzliche Bestimmungen Dienstrechtszuständigkeiten des Präsidenten des VwGH wie im § 5 VwGG begründen, enthalten sie eine abschließende Zuständigkeitsregelung; eine Berufung kommt nicht in Betracht. Im übrigen ist der Ressortminister (Bundeskanzler; mangels einer ausdrücklichen Norm, wie sie § 47a GG 1924, wvl mit K BGBl 1928/l05 idF BGBl 1929/436, enthält, ist dessen Zuständigkeit aus dem Zusammenhalt des VwGG, dem BMinG und den gehaltsrechtlichen Regelungen zu erschließen) in erster und einziger Instanz zuständig (§ 2 Abs. 2 erster Satz DVG). Im Erkenntnis VwSlg 2979/A/1953 war der VwGH 'nun der Auffassung, dass die in der Verwaltungsvorschrift verankerte Endgültigkeit der Entscheidung auch dann Platz greifen muss, wenn diese endgültige Entscheidung von einer unzuständigen Behörde getroffen wurde'. Genauso wie in diesem zit Fall besteht auch hier weder ein instanzenmäßiges noch ein organisatorisches Verhältnis hierarchischer Über- und Unterordnung.

Der Instanzenzug ist aus diesen Gründen erschöpft."

Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet dem Beschwerdeführer zunächst darin bei, dass dem zweiten Absatz der bekämpften Erledigung Bescheidcharakter zukommt (vgl. hiezu den Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73, Slg. N. F. Nr. 9458/A). Keine Bedenken bestehen auch dagegen, im Rahmen dieses Bescheides die Feststellung über den nächsten Vorrückungstermin als trennbaren Abspruch anzusehen.

Was die Prozessvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges anlangt, erachtet es der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang nicht für erforderlich, näher auf die Frage einzugehen, ob ein allgemeiner Grundsatz besteht, wonach im Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung der Instanzenzug bis zum zuständigen Bundesminister geht, sofern nicht bundesgesetzlich anderes bestimmt ist. (Das Bestehen dieses Grundsatzes wird übrigens nunmehr auch von Walter, allerdings mit abweichender Begründung, bejaht: vgl. Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, S. 157.) Denn zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall der Instanzenzug noch nicht erschöpft ist, gelangt der Verwaltungsgerichtshof nicht unter Berücksichtigung des vorerwähnten Grundsatzes, sondern, wie nachstehend aufgezeigt werden soll, auf der Grundlage ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen.

Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers ist der Materie nach eine Angelegenheit des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund, auf das Verfahren sind daher gemäß § 1 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 mit den im Dienstrechtsverfahrensgesetz normierten Abweichungen anzuwenden. Hinsichtlich der Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten enthält § 2 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes zunächst eine Verweisung auf die einschlägigen Gesetze und Verordnungen, die aber hier ins Leere geht, weil für die gegenständliche Angelegenheit keine Zuständigkeitsregelung (außerhalb des Dienstrechtsverfahrensgesetzes) besteht. Gemäß dem zweiten Satz des § 2 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes bestimmt sich daher die Zuständigkeit nach den folgenden Absätzen dieses Paragraphen.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes sind die Dienststellen bei den obersten Verwaltungsorganen als oberste Dienstbehörden in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig.

Welche Dienstbehörde im einzelnen Fall zuständig ist, richtet sich gemäß § 2 Abs. 5 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. Ist die Dienststelle nicht gleichzeitig Dienstbehörde, so ist jene Dienstbehörde zuständig, zu der die Dienststelle auf Grund der Organisationsvorschriften gehört.

Schließlich bestimmt § 2 Abs. 9 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes, dass in Dienstrechtsangelegenheiten des Bundes das Bundeskanzleramt in erster und letzter Instanz zuständig ist, wenn sich nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 7 eine zuständige Dienstbehörde nicht ermitteln lässt. (Die hier nicht wiedergegebenen Bestimmungen des § 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes enthalten Sondervorschriften, die für den Beschwerdefall nicht in Betracht kommen.)

Die Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung gehört zu jenen Dienstrechtsangelegenheiten, die durch die Dienstrechtsverfahrensverordnung 1969, BGBl. Nr. 377, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. Nr. 4/1979, auf die im § 2 der Verordnung genannten nachgeordneten Dienststellen übertragen wurden (siehe § 1 Abs. 1 Z. 19 der Verordnung). Die Zuständigkeit der nachgeordneten Dienstbehörden bezieht sich auf Beamte, die weder der obersten Dienstbehörde angehören noch eine nachgeordnete Dienstbehörde leiten.

Die Stellung eines obersten Verwaltungsorganes des Bundes ist der belangten Behörde nach der geltenden Verfassungsrechtslage nicht eingeräumt (vgl. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 8. Auflage, Anmerkung 7 zu § 2 DVG). Daher kann die Regelung des ersten Satzes des § 2 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes, wonach die Dienststellen bei den obersten Verwaltungsorganen als oberste Dienstbehörde in erster - und gleichzeitig letzter - Instanz zuständig sind, im vorliegenden Fall nicht zum Zuge kommen. Gleichfalls unanwendbar ist aber der letzte Satz der bezogenen Gesetzesstelle, weil die belangte Behörde in der Aufzählung der nachgeordneten Dienstbehörden (§ 2 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1969) nicht angeführt ist.

Aus letzterem folgt aber nicht das Fehlen einer Berufungsmöglichkeit, diese ergibt sich vielmehr aus § 12 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes. Danach steht im Dienstrechtsverfahren der Partei das Recht der Berufung zu, soweit dieses Recht nicht durch Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen ist. Da ein solcher Ausschluss nicht vorliegt und auch nicht zweifelhaft ist, dass dem Beschwerdeführer in der gegenständlichen Angelegenheit die Stellung einer Partei im Sinne des § 3 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes zukommt, war er zur Erhebung einer Berufung gegen den angefochtenen Bescheid berechtigt. Für die Frage der Erschöpfung des Instanzenzuges wäre dieses Berufungsrecht nur dann ohne Bedeutung, wenn eine instanzenmäßig übergeordnete Behörde nicht vorhanden wäre. Dies kann aber im Hinblick auf Abschnitt A Z. 4 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1973, BGBl. Nr. 389, nicht gesagt werden. Auch der Beschwerdeführer geht davon aus, dass der Bundeskanzler der zuständige Ressortminister ist.

Das vom Beschwerdeführer angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1953, Slg. Nr. 2979/A, bezog sich auf einen Anwendungsfall der Verordnung (reichsrechtlicher Herkunft) zur Behebung der dringendsten Wohnungsnot. Im § 7 dieser Verordnung war die Unanfechtbarkeit des Bescheides der zuständigen Behörde, soweit dieser die Enteignung als solche betraf, normiert. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in dem zitierten Erkenntnis die Auffassung, dass die in der Verwaltungsvorschrift verankerte Endgültigkeit der Entscheidung auch dann Platz greifen müsse, wenn diese endgültige Entscheidung von einer unzuständigen Behörde getroffen worden sei. Die Rechtslage nach dem Dienstrechtsverfahrensgesetz ist hingegen mit der geschilderten nicht vergleichbar, ergibt sich doch aus § 12 Abs. 1 dieses Gesetzes der Grundsatz der Anfechtbarkeit der in Dienstrechtsangelegenheiten ergangenen Bescheide.

Aus den dargelegten Erwägungen musste die vorliegende Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (Nichterschöpfung des Instanzenzuges) gemäß §34 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückgewiesen werden.

Wien, am 19. Mai 1980

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1980000862.X00

Im RIS seit

28.01.2004

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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