Index
L40017 Anstandsverletzung Ehrenkränkung LärmerregungNorm
LPolG Tir 1976 §14 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Mag. Öhler, Dr. Kramer,Dr. Knell und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der G in I, vertreten durch DDr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Juni 1980, Zl. 1518/17-79, betreffend Bestrafung wegen verbotswidriger Ausübung der Prostitution zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 8. Jänner 1979 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 28. Oktober 1978 um
23.35 Uhr in I., B.-Platz, Haltestelle Linie LK, Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb bewilligter Bordelle angebahnt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 14 lit. b (Tiroler) Landespolizeigesetz - LPG, LGBl. für Tirol Nr. 60/1976, begangen zu haben. Gemäß § 19 Abs. 1 lit. a leg. cit. wurde über sie eine Primärarreststrafe von 20 Tagen verhängt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 lit. b LPG ist die außerhalb behördlich bewilligter Bordelle erfolgende Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution verboten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die Erkenntnisse vom 6. März 1979, Zl. 1551/77, vom 24. April 1979, Zl. 3127/78, und vom 19. Mai 1980, Zl. 3435/78) ist unter "Anbahnung" von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehres in der Absicht zu verstehen, sich hiedurch eine Einnahmequelle zu verschaffen. Dieses Verhalten muss allgemein nicht nur einem eingeweihten Personenkreis gegenüber - als Anbieten zum entgeltlichen Geschlechtsverkehr verstanden werden.
Auf dem Boden dieser Rechtslage hält der angefochtene Bescheid, in dem die belangte Behörde Punkt 1) des Spruches des Straferkenntnisses erster Instanz voll übernommen hat, einer Überprüfung nicht stand. Denn dem Schuldspruch, wonach die Beschwerdeführerin "Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb bewilligter Bordelle angebahnt" habe, ist nicht zu entnehmen, welches KONKRETE Verhalten, das als Anbahnung zur Ausübung der Prostitution gewertet werden kann, die Beschwerdeführerin tatsächlich gesetzt hat. Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, weshalb es nicht genügt, sich bei Umschreibung dieser Tat (abgesehen von der Angabe der Tatzeit und des Tatortes) auf den reinen Gesetzeswortlaut zu beschränken, weil dieses essentielle Erfordernis durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden kann (vgl. Erkenntnisse vom 17. Juni 1980, Zl. 3232/79, vom 30. September 1980, Zl. 411/80, und vom 9. Dezember 1980, Zl. 3229/79).
Daraus ergibt sich, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 schon aus diesem Grund aufzuheben war; eine Auseinandersetzung mit den anderen Beschwerdegründen erübrigte sich daher.
Soweit nichtveröffentlichte Erkenntnisse zitiert wurden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542. Stempelgebühren waren nur in der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderlichen Höhe zuzusprechen.
Wien, am 5. Mai 1981
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1981:1980002519.X00Im RIS seit
22.07.2008Zuletzt aktualisiert am
06.08.2008