TE Vwgh Erkenntnis 1984/11/4 84/07/0225

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Veröffentlicht am 04.11.1984
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z30;
ForstG 1975 §175;
ForstG 1975 §85 Abs1 lita;

Beachte

Siehe: 87/10/0036 E 22. April 1987

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde des DDr. HA, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Mai 1984, Zl. 8-31 A 9/3-1983, betreffend Bestrafung nach dem Forstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 19. April 1983 schuldig erkannt, er habe in der Zeit zwischen Spätsommer 1981 und Herbst 1981 auf dem mittleren Teil seines Waldgrundstückes Nr. n1, KG. S, eine unbefugte Kahlschlägerung im Ausmaß von rund 0,70 ha durchgeführt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 85 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (FG) begangen. Gemäß § 174 Abs. 1 lit. a Z. 30 FG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe sechs Tage) verhängt.

Wie bereits in seiner Stellungnahme im Verfahren vor der Strafbehörde erster Instanz bestritt der Beschwerdeführer auch in seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung zwar nicht die Tatsache einer von ihm vorgenommenen Schlägerung, wohl aber deren Strafbarkeit. Die vorgeworfene Schlägerung sei nämlich bereits vor mehr als einem Jahr vor Anzeigeerstattung zur Gänze durchgeführt worden. Abgesehen von der dadurch eingetretenen Verjährung sei die Schlägerung auch deshalb nicht strafbar, weil die geschlägerte Fläche das Ausmaß von 0,5 ha nicht erreicht habe, was bei einer Besichtigung leicht erkennbar sei. Auch sei die Schlägerung auf Grund einer Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung durchgeführt worden, deren Gültigkeitsdauer keineswegs abgelaufen gewesen sei.

Die belangte Behörde holte zu dieser Berufung eine Stellungnahme ihrer Fachabteilung für das Forstwesen ein, die aus diesem Anlass am 4. Juli 1983 ohne Beiziehung des Beschwerdeführers eine örtliche Erhebung mit nochmaliger Vermessung der Kahlschlagfläche durchführte. Unter Zugrundelegung dieser Stellungnahme erließ die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Mai 1984, mit dem sie die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abwies und gleichzeitig das erstinstanzliche Straferkenntnis dahingehend ergänzte, dass die im Spruch beschriebene Handlung nunmehr der Bestimmung des § 81 Abs. 1 lit. a (richtig gemäß Berichtigungsbescheid der belangten Behörde vom 12. September 1984: § 85 Abs. 1 lit. a) in Verbindung mit § 174 Abs. 1 lit. a Z. 30 FG subsumiert werde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, aus der Stellungnahme der Fachabteilung für das Forstwesen gehe hervor, dass es sich auf Grund der durchgeführten örtlichen Erhebung und Vermessung vom 4. Juli 1983 um eine Blößenfläche von insgesamt 1,33 ha handle, von der die Fläche eines Forstweges im Ausmaß von 0,17 ha und der Anteil einer landwirtschaftlichen Nutzfläche im Ausmaß von 0,05 ha abzuziehen seien, sodass als geschlägerte Fläche ein Areal von 1,11 ha verbleibe. Weiters habe die Fachabteilung dargelegt, dass es zwar durchaus möglich sei, bei frischen Hieben an den Baumstrünken auf Grund des Vertrockungsgrades der verbliebenen Rinde eine annähernde Angabe über den Zeitpunkt der stattgefundenen Schlägerung abzugeben, eine solche Zeitangabe aber nach Jahren des Einwirkens verschiedenster Witterungseinflüsse unmöglich sei. Dieser Umstand sei dem die Verjährung betreffenden Berufungsvorbringen entgegenzuhalten. In diesem Zusammenhang sei auf die (im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte) Stellungnahme des forsttechnischen Amtssachverständigen vom 16. September 1982 hinzuweisen, in der glaubhaft dargestellt worden sei, dass die in der Anzeige genannte Schlägerungszeit auf Grund des vorgefundenen Schlagabraumes (Äste, Wipfel, Laub etc.) und des frischen Zustandes der Stöcke sowie des noch lagernden Holzes mit dem Zeitraum zwischen Spätsommer 1981 und Herbst 1981 konkretisiert werden konnte. Damit aber gehe die Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich eingetretener Verfolgungsverjährung ins Leere. - Ebenfalls als unhaltbar hätten sich die Behauptungen des Beschwerdeführers erwiesen, dass der Kahlhieb bloß eine Fläche im Ausmaß von weniger als 0,5 ha aufweise. Nach der im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahme betrage die Kahlhiebfläche 1,11 ha. Diese Ermittlung sei ebenfalls vom forsttechnischen Amtssachverständigen getroffen worden, der im Rahmen seiner Ausbildung u.a. den Nachweiserfolgreich abgeschlossener geodätischer Studien zu erbringen gehabt habe, weshalb auf die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Vermessungsfach verzichtet werden könnte. - Zur Behauptung des Beschwerdeführers, die Schlägerung sei auf Grund einer noch nicht abgelaufenen Schlägerungsbewilligung erteilt worden, verwies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, dass eine solche Bewilligung am 16. Dezember 1970 erteilt worden, jedoch auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nach Ablauf von drei Jahren ab ihrer Rechtskraft bezüglich der bis dahin nicht geschlägerten Fläche erloschen sei. - Die belangte Behörde habe somit den Sachverhalt, wie ihn bereits die Behörde erster Instanz festgestellt habe, als erwiesen angenommen; sie schließe sich auch hinsichtlich der Angemessenheit der verhängten Strafe der Auffassung der Bezirkshauptmannschaft an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 85 Abs. 1 lit. a FG bedürfen Kahlhiebe und diesen gleichzuhaltende Einzelstammentnahmen (Abs. 2) auf einer zusammenhängenden Fläche ab einer Größe von einem halben Hektar einer Bewilligung der Behörde.

Gemäß § 174 Abs. 1 lit. a Z. 30 FG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 60.000,-- oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu bestrafen, wer Fällungen entgegen den Bestimmungen der §§ 85 Abs. 1 und 94 Abs. 1 durchführt.

Gemäß § 175 FG ist die Verfolgung einer Person wegen Übertretung dieses Bundesgesetzes oder der hiezu gemäß Art. 10 Abs. 2 B-VG erlassenen Landesausführungsgesetze unzulässig, wenn gegen sie binnen einem Jahr von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, auf dem ihm gehörigen Waldgrundstück Nr. n1, KG. S, eine Fällung vorgenommen zu haben. Strittig ist jedoch nach wie vor, ob er diese Fällung auf Grund einer behördlichen Bewilligung durchführen durfte, wann sie stattgefunden hat und welches Ausmaß die davon betroffene Waldfläche hatte.

Dem vom Beschwerdeführer der Beschwerde beigefügten Fällungsbewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 16. Dezember 1970 ist zu entnehmen, dass die Bewilligung - wie dies der damaligen Rechtslage entsprach - "gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Forstrechts-Bereinigungsgesetzes vom 12. Juli 1962, BGBl. Nr. 222/1962, und des Walderhaltungsgesetzes vom 8. April 1921, LGBl. Nr. 348/1921" erteilt worden ist. Eine nach dem Forstrechts-Bereinigungsgesetz (FRBG) erteilte Fällungsbewilligung erlosch gemäß § 43 Abs. 5 dieses Gesetzes (vgl. nunmehr § 92 Abs. 1 FG) drei Jahre nach Eintritt ihrer Rechtskraft. Im Ergebnis im Einklang damit bestimmte auch § 9 des Walderhaltungsgesetzes, LGBl. für Steiermark Nr. 348/1921, - welches gemäß § 86 Abs. 1 Z. 2 lit. f FRBG ausdrücklich als von diesem Gesetz unberührt erklärt worden ist - dass dann, wenn die Schlägerung innerhalb von drei Jahren nach der ausdrücklichen oder stillschweigenden Gestattung nicht ausgeführt wird, die Bewilligung bezüglich der nicht geschlägerten Fläche erlischt und die beabsichtigte Schlägerung neu anzumelden ist.

Die belangte Behörde ist mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Beschwerdeführer zu seiner Entlastung auf eine Unkenntnis dieser Vorschriften nicht berufen konnte. Der angefochtene Bescheid ist nach dem Gesagten auch nicht etwa dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verhaltens die längst erloschene Fällungsbewilligung vom 16. Dezember 1970 als nicht mehr bedeutsam angesehen hat. Es erübrigte sich daher, näher darauf einzugehen, dass dem Beschwerdeführer die aus Anlass dieser Fällungsbewilligung im Jahre 1970 auferlegte Kaution in der Höhe von S 24.000,-- nach Ablauf der Dreijahresfrist zurücküberwiesen und von ihm persönlich übernommen worden ist.

Die Beschwerde ist aber insoweit berechtigt, als darin geltend gemacht wird, die belangte Behörde sei zu ihren Feststellungen betreffend den Zeitpunkt und das Flächenausmaß der dem Beschwerdeführer angelasteten Fällung im Wege eines mit relevanten Mängeln behafteten Verfahrens gekommen.

Die belangte Behörde hat sich, obwohl im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ausgeführt worden war, die Flächenangabe von 0,7 ha sei auf Grund einer "sorgfältig durchgeführten Flächenermittlung" erfolgt, und der vom Beschwerdeführer beantragte Ortsaugenschein werde deshalb "als nicht zweckdienlich erachtet, weil davon keine neuen Aspekte zu erwarten sind", veranlasst gesehen, das Ermittlungsverfahren durch Einholung einer Stellungnahme ihrer Fachabteilung für das Forstwesen zu ergänzen, wobei dieser Stellungnahme die Ergebnisse einer - unzweckmäßigerweise ohne Beiziehung des Beschwerdeführers vorgenommenen - örtlichen Erhebung zugrundegelegt worden sind. Die belangte Behörde hat diese Stellungnahme dem Beschwerdeführer vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Kenntnis gebracht und ihm in Verletzung seines Parteiengehörs (§ 45 Abs. 3 AVG 1950) keine Gelegenheit gegeben, seinerseits dazu Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer weist im Zuge seines Beschwerdevorbringens mit Recht darauf hin, dass schon die Differenz der von den Forststrafbehörden festgestellten Fällungsflächen (0 ,7 ha in erster Instanz, 1,11 ha im Berufungsverfahren) Anlass zu einer näheren Überprüfung dahingehend gegeben hätte, welcher Teil des Grundstücks Nr. n1 des Beschwerdeführers nun tatsächlich innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist vor der ersten Verfolgungshandlung der Forstbehörde im Sinne des § 175 FG vom Beschwerdeführer geschlägert worden ist. Wenn nämlich im Zeitpunkt der örtlichen Erhebung vom 4. Juli 1983 als geschlägerte Fläche ein Areal von 1,11 ha festzustellen war, stellt sich die Frage, wie die Flächendifferenz zu den Erhebungen vor Anzeigeerstattung zu erklären ist. Gerade im Hinblick auf die durch diese Flächendifferenz ausgelösten Zweifel an der Genauigkeit der erstinstanzlichen Erhebungen, aber auch mit Rücksicht auf die von der belangten Behörde selbst dargestellten Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Fällungszeitpunktes steht aber auch nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit fest, wann und in welchem Umfang nun tatsächlich Fällungen durch den Beschwerdeführer vorgenommen worden sind. Dass der Beschwerdeführer - wie ihm dies in dem von der belangten Behörde insoweit bestätigten Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vorgeworfen wird - tatsächlich innerhalb der Verjährungszeit 0,7 ha seines Waldgrundstückes Nr. n1 kahlgeschlägert hat, ist daher durch das bisherige Verfahren nicht zweifelsfrei erwiesen.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Gewährung des Parteiengehörs zu den von ihr erzielten Ermittlungsergebnissen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben war.

Von der Abhaltung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte infolgedessen gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren von S 60,-- war abzuweisen, da die Eingabengebühr nur S 240,-- ausmachte, dafür aber in der Beschwerde S 300,-- verzeichnet wurden.

Wien, am 4. Dezember 1984

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1984:1984070225.X00

Im RIS seit

08.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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