TE Vwgh Beschluss 1987/5/18 86/10/0157

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Veröffentlicht am 18.05.1987
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art131a;
VStG §39 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, in der Beschwerdesache des JP in T, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Rechtsanwalt in Zell am See, Sebastian-Hörl-Straße 7, gegen die Bezirkshauptmannschaft Zell am See, betreffend Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 11. September 1986 durch vorläufige Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 2 VStG 1950, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Das Aufwandersatzbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Von Organen der Salzburger Berg- und Naturwacht wurden am 11. September 1986 in "Rauris, Krummltal" mehrere beim Beschwerdeführer vorgefundene Gegenstände, und zwar ein Grabpickel und drei Stück Bergkristalle, wegen Verdachtes einer Übertretung des Gesetzes über die Errichtung des Nationalparkes Hohe Tauern im Land Salzburg, LGBl. Nr. 106/1983, vorläufig beschlagnahmt. Gegen diese Maßnahme richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben einer vorläufigen Beschlagnahme bei Fehlen einer "ausreichenden gesetzlichen Grundlage" hiefür verletzt und beantragt deshalb, die vorläufige Beschlagnahme kostenpflichtig als rechtswidrig zu erklären.

Nach Einbringung der Beschwerde (sie wurde dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge am 9. Oktober 1986 zur Post gegeben und langte am 13. Oktober 1986 beim Verwaltungsgerichtshof ein) ordnete die Bezirkshauptmannschaft Zell am See mit dem am 14. Oktober 1986 dem Beschwerdevertreter zugestellten Bescheid vom 6. Oktober 1986 gemäß § 39 Abs. 1 VStG 1950 die Beschlagnahme der am 11. September 1986 vorläufig beschlagnahmten Gegenstände, nämlich dreier "durchschnittlich faustgroßer Bergkristalle" und eines "Pickels ohne Bezeichnung", an. Mit diesen Gegenständen sei der Beschwerdeführer am besagten Tag "im Gebiet 'Lechnerhäusl', Ausgang Krummltal" angetroffen worden; sie seien daraufhin vorläufig beschlagnahmt und der belangten Behörde übergeben worden.

Mit Verfügung vom 1. April 1987 gab der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme dazu, ob nicht im Hinblick auf die bescheidmäßig angeordnete Beschlagnahme die Beschwerde gegen die vorläufige Beschlagnahme als gegenstandslos geworden anzusehen und das Verfahren hierüber einzustellen sei. Der Beschwerdeführer brachte daraufhin den Schriftsatz vom 22. April 1987 ein; darin hielt er seinen Antrag, die vorläufige Beschlagnahme kostenpflichtig als rechtswidrig zu erklären aufrecht.

Die bekämpfte Amtshandlung vom 11. September 1986 wurde von Organen der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vorgenommen, ohne dass vorher ein sie anordnender verwaltungsbehördlicher Bescheid erlassen wurde. Eine solche Amtshandlung kann, soweit die Verletzung anderer als verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht wird, als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 131a B-VG beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1987, Zl. 86/10/0186). Die Beschwerde war, da im Zeitpunkt ihrer Erhebung sämtliche Prozessvoraussetzungen vorlagen, zulässig.

Gegenstand der mit der Beschwerde bekämpften Amtshandlung ist eine vorläufige Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 2 VStG 1950. Nach Einbringung der Beschwerde hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 6. Oktober 1986 gemäß § 39 Abs. 1 VStG 1950 die bescheidmäßige Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten Gegenstände verfügt. Das die Identität der Gegenstände bestreitende Vorbringen im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 22. April 1987 hält der Verwaltungsgerichtshof nicht für berechtigt: Aus dem Spruch im Zusammenhang mit der Begründung des Beschlagnahmebescheides ergibt sich unmissverständlich, dass mit ihm eben jene Gegenstände beschlagnahmt worden sind, die dem Beschwerdeführer anlässlich der vorliegend bekämpften Amtshandlung durch Organe der Salzburger Berg- und Naturwacht am 11. September 1986 abgenommen und von diesen vorläufig beschlagnahmt worden sind. Mit der Erlassung des Bescheides vom 6. Oktober 1986 ist der Beschwerdegegenstand (die vorläufige Beschlagnahme) weggefallen und dadurch die Beschwerde gegenstandslos geworden. Aus diesem Grunde ist das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. dazu das zuvor erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1987 und die darin angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Die in dem oben zitierten Schriftsatz des Beschwerdeführers vertretene Rechtsauffassung, die vorläufige Beschlagnahme sei ungeachtet der Rechtswirkungen des Beschlagnahmebescheides einer rechtlichen Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, ist nicht berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 5720/1968, 8888/1980, 9099/1981) vertretene Rechtsauffassung, wonach dann, wenn eine vorläufige Beschlagnahme durch einen förmlichen Bescheid bestätigt worden ist, die vorläufige Beschlagnahme nicht mehr selbstständig existent ist und daher auch nicht mehr unmittelbar Objekt einer Beschwerde sein kann. Diese Rechtsfolgen eines Beschlagnahmebescheides, mit dem eine vorläufige Beschlagnahme bestätigt wird, traten im Beschwerdefall mit der Erlassung des Bescheides vom 6. Oktober 1986 (durch Zustellung an den Beschwerdevertreter) am 14. Oktober 1986 ein.

Der Beschwerdeführer hält sein Kostenbegehren mit der Begründung aufrecht, es stünde ihm auch im Falle einer Einstellung des Beschwerdeverfahrens ein Aufwandersatz zu, weil die belangte Behörde den Beschlagnahmebescheid nicht unverzüglich erlassen und deshalb Anlass zur Erhebung der Beschwerde gegeben habe. Dazu ist zu sagen:

Ein Zuspruch von Aufwandersatz an den Beschwerdeführer kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich hier nicht um einen Fall der Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG handelt. Richtet sich eine gemäß Art. 131a B-VG erhobene Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, so tritt eine Klaglosstellung weder durch das Aufhören des rechtswidrigen Zustandes noch durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein (Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1980, Zlen. 260/77, 1716/80). Der mit der vorliegenden Beschwerde als rechtswidrig bekämpfte Zustand der vorläufigen Beschlagnahme hat mit der Erlassung des Beschlagnahmebescheides am 14. Oktober 1986 aufgehört. Damit ist die Beschwerde zwar gegenstandslos geworden, nicht jedoch durch eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers. Das aber hat, wie der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A, ausgesprochen hat, zur Folge, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar das Beschwerdeverfahren einzustellen hat, nicht aber, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufwandersatzes an den Beschwerdeführer nach den §§ 47, 48 Abs. 1 und 56 erster Satz VwGG vorliegen würden. Im Falle des Beschwerdeführers kommt vielmehr ausschließlich § 58 VwGG zur Anwendung. Darnach hat, soweit die §§ 47 bis 56 VwGG nicht anderes bestimmen (was im Beschwerdefall zutrifft), jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen.

Zu der im Schriftsatz vom 22. April 1987 - ohne nähere Begründung - angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof auf Prüfung der Verfassungsgemäßheit der Bestimmungen des VwGG über den Kostenersatz sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst.

Wien, am 18. Mai 1987

Schlagworte

Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster Satz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1987:1986100157.X00

Im RIS seit

21.08.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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