TE Vwgh Erkenntnis 1989/7/17 88/10/0098

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Veröffentlicht am 17.07.1989
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
80/02 Forstrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
96/01 Bundesstraßengesetz;
96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

Brenner AutobahnFinG 1964 §2 Abs1;
BStG 1971 §2 Abs1 lita;
BStG 1971 §7 Abs1;
B-VG Art140 Abs2;
B-VG Art17;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs2 litb;
ForstG 1975 §5 Abs1;
StVO 1960 §98;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kirchner, über die Beschwerde der BRENNER AUTOBAHN AKTIENGESELLSCHAFT in Innsbruck, vertreten durch Dr. Richard Larcher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Schmerlingstraße 2/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. April 1988, Zl. 12.341/07- IC8/88, betreffend Parteistellung in einem Feststellungsverfahren nach dem Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin ist auf Grund des § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner, BGBl. Nr. 135/1964, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 306/1971, die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung der A 13 Brennerautobahn übertragen. Zur Errichtung dieser Autobahn wurden auch die im Eigentum des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) stehenden Grundstücke Nr. 23/3 und 953/4 der EZ. 460 KG Gries am Brenner - dass diese Bestandteile der Brenner-Autobahn sind, erscheint unbestritten - in Anspruch genommen.

Am 10. November 1986 beantragte die Beschwerdeführerin beim Landeshauptmann von Tirol die Feststellung, dass es sich bei den Grundstücken Nr. 23/3 und 953/4 der genannten EZ nicht um Wald im Sinne des Forstgesetzes handle. Die Beschwerdeführerin stützte ihren Antrag auf § 19 Abs. 2 lit. b des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (FG), mit der Begründung, sie sei auf Grund des Gesetzes betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner mit der Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 FG betraut worden. In diesem Sinne würden die beiden Grundstücke auch von ihr verwaltet.

Der durch Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG 1950 zuständig gewordene Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (belangte Behörde) wies mit Bescheid vom 12. April 1988 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, dass es sich bei den Grundstücken Nr. 23/3 und 953/4, beide EZ. 460, KG Gries am Brenner, nicht um "Wald" im Sinne des Forstgesetzes handle, gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 lit. a FG zurück. In der Begründung ihres Bescheides vertrat die belangte Behörde die Auffassung, diese Grundstücke stünden im Eigentum eines von der Beschwerdeführerin verschiedenen Rechtsträgers, nämlich des Bundes; es lägen keine Umstände vor, die auf einen außerbücherlichen Erwerb der Grundstücke durch die Beschwerdeführerin schließen ließen, weshalb der durch die Beschwerdeführerin gestellte Antrag auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 5 FG im Hinblick auf § 19 Abs. 2 lit. a FG unzulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. a FG hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen, wenn Zweifel bestehen, ob eine Grundfläche Wald ist.

§ 19 Abs. 2 FG bestimmt, dass zur Einbringung eines Antrages auf Rodungsbewilligung u.a. der Waldeigentümer (lit. a) sowie die zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Zuständigen (lit. b) berechtigt sind.

Als "Zuständige" und damit als Antragsberechtigte im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b FG sind alle Personen (und nicht nur Behörden) anzusehen, denen Rechtsvorschriften die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 leg. cit. zuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1988, Zl. 88/10/0039).

Die Herstellung und Instandhaltung von Bundesstraßen und daher auch von Autobahnen (§ 2 Abs. 1 lit. a des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286/1971) gehört in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes (vgl. Walter-Mayer, Grundriss des besonderen Verwaltungsrechtes2, Wien 1987, S. 535; Krzizek, Das öffentliche Wegerecht, Wien 1967, S. 94), wobei der Grundsatz gilt, dass die Straßen von allen Benützern bei Einhaltung der bestehenden Vorschriften und unter Bedachtnahme auf besondere Umstände ohne Gefahr benützbar sein solle (§ 7 Abs. 1 leg. cit.). In diesem Umfang obliegt dem Straßenerhalter sohin die Wahrnehmung öffentlicher Interessen, wie dies z.B. auch in dem von der Beschwerdeführerin zitierten § 98 StVO ihren Niederschlag findet. Der Straßenerhalter ist daher auch zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen an einer anderen Verwendung von Waldboden als für Zwecke der Waldkultur, und zwar der im öffentlichen Straßenverkehr gegründeten (§ 17 Abs. 3 FG), bei der ihm obliegenden Herstellung und Instandhaltung der Straße berufen.

Die Besorgung der Geschäfte der Bundesstraßenverwaltung wurde in Ansehung der A 13 Brenner-Autobahn hinsichtlich der Herstellung, Erhaltung und Finanzierung mit dem Gesetz betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner (§ 2 Abs. 1) der Beschwerdeführerin übertragen. Im Hinblick auf diesen (sonder) gesetzlichen Übertragungsakt ist die Verordnung des Bundesministers für Handel und Wiederaufbau vom 27. Mai 1963, BGBl. Nr. 131, im Geltungsbereich des genannten Gesetzes nicht anwendbar. Diese Rechtslage hat zur Folge, dass die Beschwerdeführerin zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b FG und damit zur Antragstellung nach dieser Gesetzesstelle berufen ist. Dass die Einlösung und Enteignung der zur Herstellung und Erhaltung der Brennerautobahn erforderlichen Grundstücke - wie in der Gegenschrift der belangten Behörde ausgeführt - nicht durch die Beschwerdeführerin erfolgte, ist für die Lösung der hier zu beurteilenden Frage ohne Belang. Die belangte Behörde hätte demnach über einen im Grunde des § 19 Abs. 2 lit. b FG zulässigerweise gestellten Antrag zu entscheiden gehabt.

Dies hat zur Folge, dass die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin inhaltlich rechtswidrig ist, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben ist.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 17. Juni 1989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1988100098.X00

Im RIS seit

23.01.2007

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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