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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
N gegen Bundesminister für Inneres vom 26. Juni 1989, Zl. 247.971/3-II/9/89, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 10. November 1988 in das Bundesgebiet ein und stellte am 15. November 1988 Asylantrag. Zur Begründung führte er aus, er hätte sich in seinem Heimatstaat nie für Politik interessiert und habe keiner Partei oder Gruppierung angehört. Der türkischen Regierung gegenüber sei er "indifferent" eingestellt. Da er christlichen Glaubens sei, befürchte er bei Ableistung des Wehrdienstes in den gefährlichsten Regionen der Türkei Wachdienst versehen zu müssen. Weiters sei es als Christ für ihn aussichtslos, in der Türkei einen Arbeitsplatz zu erhalten. Wegen der bevorstehenden Einziehung zum Militär sei sein Reisepaß nur kurzfristig gültig. Auf Grund seines Studiums sei er bereits zweimal zurückgestellt worden. Weitere Gründe für den Asylantrag könne er nicht vorbringen.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Jänner 1989 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer, ohne neue Umstände geltend zu machen, die für seine Flüchtlingseigenschaft sprächen, Berufung ein.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, angesichts der gegenwärtig in der Türkei herrschenden politischen und wirtschaftlichen Umstände bestehe kein Anlaß, an der Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu zweifeln; diese seien der Entscheidung zu Grunde zu legen. Die vom Beschwerdeführer angeführten Beeinträchtigungen erfüllten den Tatbestand einer Verfolgung nicht. Sie gingen nicht über das hinaus, was die Bewohner des Heimatstaates auf Grund des herrschenden Systems allgemein hinzunehmen hätten und stellten daher keine individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention dar. Eine wohlbegründete Furcht liege insbesondere dann nicht vor, wenn der Asylwerber das politische System in seinem Heimatland ablehne, jedoch konkret keinen Verfolgungen im Sinne der Flüchtlingskonvention ausgesetzt gewesen sei. Die Ausführungen, nicht zum Militär eingezogen werden zu wollen, könnten eine Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention nicht bescheinigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, als Flüchtling anerkannt zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Asylgesetz 1968, BGBl. Nr. 126, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt.
Daß in bezug auf die Person des Beschwerdeführers die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z. 1 der Flüchtlingskonvention erfüllt seien, hat weder der Beschwerdeführer behauptet noch sind im Zuge des Verfahrens Tatsachen hervorgekommen, die in eine solche Richtung wiesen. Auch Ausschließungsgründe nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Flüchtlingskonvention liegen nicht vor, weshalb nur zu prüfen bleibt, ob sich die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers aus Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Flüchtlingskonvention ableiten läßt. Damit eine Person als Flüchtling im Sinne der genannten Bestimmungen angesehen werden kann, ist unter anderem Voraussetzung, daß sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb ihres Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Der Beschwerdeführer rügt in der Beschwerde, daß die belangte Behörde seine Angaben keiner Überprüfung unterzogen und keinen überprüfbaren Sachverhalt wiedergegeben habe.
Dem ist entgegenzuhalten, daß im Asylverfahren das Vorbringen des Flüchtlings als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muß und weitere Ermittlungen, insbesondere Anfragen an jene staatlichen Stellen des Heimatlandes, dessen Schutz der Asylwerber gerade nicht in Anspruch nehmen will, aus naheliegenden Gründen des Schutzes der Person des Asylwerbers nicht zweckmäßig und zielführend sind. Die belangte Behörde hat das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren im angefochtenen Bescheid wiedergegeben und im Rahmen der von ihr vorgenommenen Beweiswürdigung zum Ausdruck gebracht, daß sie von der Richtigkeit dieser Angaben ausgehe.
Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, die Türkei deshalb verlassen zu haben, weil er befürchtet habe, entsprechend der dort gültigen allgemeinen Wehrpflicht nach seiner Ausmusterung in Bälde zum Militärdienst eingezogen zu werden, vermag dieser Grund - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - schon deshalb dem Beschwerdeführer nicht die Eigenschaft eines Konventionsflüchtlings zu verschaffen, weil die Militärdienstpflicht alle männlichen türkischen Staatsangehörigen entsprechenden Alters gleichermaßen und unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Glaubensgemeinschaften ohne Rücksicht auf ihre politische Einstellung oder sonstige nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bedeutsamen Umstände trifft.
Schließlich rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde sei nicht auf das Problem seiner Arbeitsmöglichkeiten zufolge der Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit in der Türkei eingegangen. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben bei seiner Einvernahme am 12. Dezember 1988 vorgebracht hat, seit 1985 in einem Buchhaltungsunternehmen als Buchhalter entsprechend seiner Ausbildung an einer Handelsakademie gearbeitet zu haben. Im übrigen hat der Beschwerdeführer auch weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet, es seien individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen durch die Behörden wegen seiner religiösen Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche erfolgt.
Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989010393.X00Im RIS seit
10.01.1990Zuletzt aktualisiert am
23.03.2009