TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/10 89/01/0425

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Veröffentlicht am 10.01.1990
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnA;

Betreff

N gegen Bundesminister für Inneres vom 10. Oktober 1989, Zl. 228.141/3-III/13/87, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge bekämpfte der Beschwerdeführer, ein polnischer Staatsangehöriger, den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. November 1987 mit dem festgestellt worden war, beim Beschwerdeführer lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und führte begründend aus, weder die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte jüdische Abstammung seines Vaters noch der Umstand, daß seine Mutter in den USA geboren sei, könnten als Indiz für Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Behörden seines Heimatstaates gewertet werden. Obwohl der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge mehrfach verhört und geschlagen worden sei, habe er als Erzieher in Ferienlagern arbeiten können. Letzteres wäre im Falle tatsächlicher Verfolgung des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen. Die Weigerung der polnischen Behörden, dem Beschwerdeführer einen Paß auszustellen, sei als systemimmanentes Faktum anzusehen. Die dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben im Fall seiner Rückkehr in sein Heimatland drohende Bestrafung wegen Übertretung paßrechtlicher Bestimmungen könne für sich allein nicht den Tatbestand politischer Verfolgung begründen. Angesichts der gegenwärtig in Polen herrschenden politischen und wirtschaftlichen Umstände könne den Angaben des Beschwerdeführers kein Glauben geschenkt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen "Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft insbesondere dadurch verletzt, daß, bedingt durch Sprachschwierigkeiten, seine Angaben nur in "abgeschwächter Form" Eingang in den angefochtenen Bescheid gefunden hätten. Da der Beschwerdeführer sein Heimatland illegal verlassen habe, müsse er für den Fall seiner Rückkehr mit Bestrafung rechnen, wobei ein nach paßrechtlichen Normen abgeführtes Strafverfahren als Vorwand für politische Verfolgung dienen könnte. Hinzu komme beim Beschwerdeführer noch eine begründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse oder Religion. Die Tätigkeit als Erzieher in Ferienlagern habe er nur auf Grund persönlicher Beziehungen und des Umstandes, daß ihm trotz wiederholter "Bespitzelung" nichts habe nachgewiesen werden können, ausüben können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126/1968, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Der Beschwerdeführer hat seine Furcht vor Verfolgung insbesondere damit begründet, daß er, obwohl er nicht auf frischer Tat beim Transport verbotener Bücher betreten worden sei, überwacht und von der Miliz gesucht worden sei. Wenn die belangte Behörde bei diesem Vorbringen, das für sich allein eine Furcht vor Verfolgung objektiv nicht begründet erscheinen läßt, von einer insoweit nicht glaubhaften Darstellung von angeblichen Fluchtgründen ausgegangen ist, so kann dies ihren Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belasten. Überdies ist eine wohlbegründete Furcht im Sinne der Konvention vor dem Hintergrund der geänderten politischen Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers nicht anzunehmen.

Das Vorliegen von Umständen für eine begründete Furcht vor Verfolgung aus rassischen bzw. religiösen Gründen hat der Beschwerdeführer, soweit dem angefochtenen Bescheid entnehmbar, mit Ausnahme des Hinweises auf seine Abstammung, nicht näher begründet und auch in der Beschwerde, in der er von einer nicht exakten Wiedergabe seiner Angaben im angefochtenen Bescheid spricht, nicht näher dargetan, welche der von ihm angegebenen (allenfalls nicht wiedergegebenen) Umstände Furcht vor Verfolgung aus diesen Gründen bewirkt hätten. Bei diesem Sachverhalt ist in der Feststellung der belangten Behörde, in Polen würden Menschen jüdischer oder amerikanischer Abstammung nicht generell verfolgt keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Zu der vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtung, wegen der Übertretung paßrechtlicher bzw. sonstiger den Aufenthalt polnischer Staatsbürger im Ausland regelnder Vorschriften bestraft zu werden, hat die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der hg. Judikatur ausgeführt, daß eine allenfalls aus diesen Gründen drohende Bestrafung eines Asylwerbers für die Frage seiner Anerkennung als Flüchtling ohne Bedeutung ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Februar 1988, Zl. 86/01/0252, und vom 31. März 1989, Zl. 89/01/0102).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Demgemäß konnte auch ein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010425.X00

Im RIS seit

10.01.1990

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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