TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/24 89/02/0165

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Veröffentlicht am 24.01.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §5 Abs1;
ZustG §13 Abs4;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Wien vom 27. Juli 1989, Zl. MA 70-10/1044/89/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges "unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 19.12.1988, zugestellt am 13.1.1989, bekanntzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug" an einem bestimmten Ort "abgestellt hat, sodaß es dort am 14.11.1988 um 17.02 Uhr gestanden ist, Auskunft zu erteilen". Er habe dadurch eine Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattete, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde - wie bereits im Verwaltungsstrafverfahren - vor, daß er zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers in seiner Kanzlei zu Handen einer Angestellten am 13. Jänner 1989 im Ausland gewesen sei. Dieser Auslandsaufenthalt habe bis zum 6. Februar 1989 angedauert. In seinem Einspruch gegen die am 6. Februar 1989 zugestellte Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 3. Februar 1989 habe er die entsprechende Bekanntgabe gemacht.

Es kann dahinstehen, ob der am 13. Jänner 1989 in der Kanzlei des Beschwerdeführers erfolgte Vorgang die rechtswirksame Zustellung der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an den Beschwerdeführer zur Folge hatte. Selbst wenn dies der Fall wäre - und damit die Tatbestandsmäßigkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens gegeben wäre -, hätte die belangte Behörde nicht von einem Verschulden des Beschwerdeführers an der Unterlassung der fristgerechten Entsprechung der in Rede stehenden Aufforderung ausgehen dürfen. Die Verpflichtung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Bekanntgabe des Lenkers (oder zur Benennung einer anderen auskunftspflichtigen Person) trifft den Zulassungsbesitzer persönlich. Er hat - allenfalls durch Boten oder Bevollmächtigte - eine Wissenserklärung abzugeben. Keine gesetzliche Bestimmung verpflichtet einen Zulassungsbesitzer, Vorkehrungen dafür zu treffen, daß einer in seiner Abwesenheit von der Abgabestelle anfragenden Kraftfahrbehörde eine Lenkerauskunft erteilt wird. Um der Auskunftspflicht nachkommen zu können normiert das Gesetz lediglich unter bestimmten Voraussetzungen eine Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen (§ 103 Abs. 2 vorletzter Satz KFG 1967). Der Zulassungsbesitzer hat insbesondere keine Pflicht zur Vorsorge dafür, daß bei Abwesenheit von seiner Abgabestelle jederzeit eine Lenkerauskunft erteilt werden kann. Das Gesetz gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß sich der abwesende Zulassungsbesitzer eines "Gehilfen" zu bedienen hat.

Sollte daher die Frist zur Lenkerbekanntgabe während der Abwesenheit des Beschwerdeführers zu laufen begonnen haben, so träfe ihn kein Verschulden daran, wenn er die Auskunft erst nach seiner Rückkehr an seine Abgabestelle erteilt hat. Mit dem - von der belangten Behörde nicht angezweifelten - Hinweis auf seinen Auslandsaufenthalt hat er jedenfalls im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 glaubhaft gemacht, daß ihn an der allenfalls gegebenen Verwirklichung des Tatbildes nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 kein Verschulden trifft.

Dieses Ergebnis ist auch deswegen geboten, weil es nicht anginge, einen Zulassungsbesitzer, der "eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person" (§ 13 Abs. 4 des Zustellgesetzes) ist, im Hinblick auf zustellrechtliche Sonderbestimmungen in kraftfahrrechtlicher Hinsicht anders zu behandeln als Zulassungsbesitzer, die diesem Personenkreis nicht zuzuzählen sind.

Aus den genannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei Kraftfahrwesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989020165.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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