TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/24 86/13/0162

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Veröffentlicht am 24.01.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19;
BAO §91;
EStG 1972 §16;
EStG 1972 §28;
EStG 1972 §4;

Betreff

X gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Juli 1986, Zl. 6/1-1155/85, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1981

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezog im Jahr 1981 als Geschäftsführerin einer Realitäten-GmbH, an der sie zu 100 Prozent beteiligt war, Einkünfte aus selbständiger Arbeit und machte u.a. unter dem Titel "Rechts- und Beratungskosten" Aufwendungen in Höhe von insgesamt S 98.175,86 als Betriebsausgaben geltend.

Mit der Begründung "mangels Vorhaltsbeantwortung" versagte das Finanzamt diesen Beträgen die steuerliche Abzugsfähigkeit. Ein Vorhalt läßt sich allerdings den Verwaltungsakten nicht entnehmen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Bei den Rechts- und Beratungskosten handle es sich ausschließlich um Rechtsanwalts- bzw. Prozeßkosten, die im Zusammenhang "mit der Tätigkeit als Maklerin" bzw. der Tätigkeit als Geschäftsführerin der Realitäten-GmbH stünden. Im einzelnen seien mit den Honorarnoten

- alle ausgestellt von Rechtsanwalt Dr. W. - folgende Leistungen abgerechnet worden:

1. Vertretung in einem Rechtsstreit wegen Nichtbezahlung von Leasingraten für Pager durch die Beschwerdeführerin (S 4.014,90);

2. Vertretung in einem Rechtsstreit wegen Nichtbezahlung eines durch Wechsel besicherten Pönales einschließlich Prozeßkostenersatz der klagenden Partei (insgesamt S 75.209,62);

3. Vertretung in einem Rechtsstreit wegen Nichtbezahlung von Hafnerarbeiten in den Räumlichkeiten der GmbH (S 4.129,62);

4. Vertretung in einem Mietprozeß samt Räumungsklage betreffend die von der Beschwerdeführerin und der GmbH benutzten Geschäftsräumlichkeiten (insgesamt S 14.821,72).

Weiters machte die Beschwerdeführerin den Abzug der in den vorstehenden Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies damit, daß es sich bei sämtlichen Aufwendungen um solche gehandelt habe, die die Geschäftstätigkeit der GmbH betroffen hätten, sodaß auch nur die GmbH diese Aufwendungen hätte geltend machen können.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sämtliche Honorarnoten seien an sie persönlich und nicht an die GmbH gerichtet worden. Als Geschäftsführerin obliege ihr die Bezahlung aller Aufwendungen, die sie "als Konsequenz dieser Funktion zu tätigen habe".

Mit Niederschrift vom 4. April 1986 wurden folgende Aussagen der Beschwerdeführerin festgehalten:

Die Beschwerdeführerin habe neben ihrer Geschäftsführertätigkeit keine Tätigkeit als selbständige Maklerin ausgeübt. Die Pager seien von der GmbH gemietet bzw. geleast worden. Die Prozeßkosten seien von der Beschwerdeführerin bezahlt worden, weil die betreffenden Honorarnoten an sie gerichtet gewesen seien. Warum Rechtsanwalt Dr. W. die Honorarnoten an sie gerichtet habe, könne sie nicht sagen. Die Pager seien unter der Firma der GmbH bei der Post angemeldet worden.

Den Wechsel zur Besicherung des Pönales habe sie als Privatperson unterschrieben. Dies sei von ihr verlangt worden, weil eine GmbH in Konkurs gehen könne. Sie habe damit eine Familie vor der Obdachlosigkeit retten wollen.

In den Räumlichkeiten, auf die sich der Mietprozeß bezogen habe, seien sowohl ihre Wohnung als auch die Geschäftsräumlichkeiten der GmbH untergebracht gewesen. Die Räumlichkeiten seien bereits vor Gründung der GmbH von der Beschwerdeführerin gemietet worden. Die von der GmbH genutzten Geschäftsräumlichkeiten seien dieser von der Beschwerdeführerin unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Die Rechts- und Beratungskosten seien teils als Aufwendungen der GmbH nur bei dieser, teils als private Aufwendungen der Beschwerdeführerin überhaupt nicht abzugsfähig. Gehe man davon aus, daß die Beschwerdeführerin Zahlungsverpflichtungen der GmbH als deren Alleingesellschafterin übernommen habe, so sei dies als freiwillige Gesellschaftereinlage zu werten und aus diesem Grund steuerlich nicht abzugsfähig.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, nach dem Leasingvertrag betreffend die Pager sei nicht die GmbH, sondern die Beschwerdeführerin selbst zur Bezahlung der Leasingraten verpflichtet gewesen. Es treffe zwar zu, daß sie niederschriftlich ausgesagt habe, die GmbH sei im Rahmen eines Leasingkaufes Erwerber der Pager gewesen; dies widerspreche aber der in Ablichtung angeschlossenen Klage und der darin enthaltenen Klagserzählung, wonach die Beschwerdeführerin selbst für die offenen Forderungen in Anspruch genommen worden sei. Die belangte Behörde hätte den Kläger Rainer Sch. als Zeuge darüber einvernehmen müssen, mit wem tatsächlich der Leasingvertrag abgeschlossen worden sei. Weiters wäre sie verpflichtet gewesen, diesen Vertrag beizuschaffen und in ihn Einsicht zu nehmen.

Dazu ist zu sagen, daß die Beschwerdeführerin - wie sie selbst zugibt - im Verwaltungsverfahren niederschriftlich erklärt hat, die Pager seien von der GmbH gemietet worden. Allenfalls widersprechende Ermittlungsergebnisse lagen nicht vor. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, an dieser Darstellung zu zweifeln und den Vertragspartner Rainer Sch. als Zeugen einzuvernehmen oder in den Leasingvertrag Einblick zu nehmen. Die Klage bzw. deren Ablichtung, in der die Beschwerdeführerin selbst als beklagte Partei aufscheint, wurde erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt, fällt daher unter das in diesem Verfahren geltende Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG und ist schon aus diesem Grund unbeachtlich. Die von der Beschwerdeführerin zu diesem Punkt vorgebrachte Verfahrensrüge ist somit unberechtigt.

Zu dem Rechtsstreit betreffend das durch Wechsel besicherte Pönale hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgebracht, sie habe den Wechsel "als Privatperson" unterschrieben. Dies habe Karl P. ausdrücklich mit der Begründung gewünscht, daß eine GmbH in Konkurs gehen könne. Diese Darstellung zeigt jedoch keinen Grund auf, einen Aufwand, der eindeutig im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit der GmbH stand, nämlich mit der Vermittlung von Realitäten und einem diesbezüglichen Pönale, bei der Beschwerdeführerin als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Wie die belangte Behörde zutreffend im angefochtenen Bescheid festgestellt hat, kommt dem Umstand keine Bedeutung zu, daß die Beschwerdeführerin auf Einlösung des Wechsels geklagt wurde und daß ihr aus diesem Rechtsstreit Kosten erwachsen sind. Letztlich wurde sie nämlich durch den Rechtsstreit lediglich zur Erfüllung einer Verpflichtung verhalten, die der GmbH oblag. Übernimmt aber der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft Verpflichtungen seiner Gesellschaft, so sind die ihm daraus erwachsenen Kosten grundsätzlich als Gesellschaftereinlagen zu werten, die ebensowenig als Betriebsausgaben abzugfähig sind, wie andere Geld- und Sacheinlagen, die der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft seiner Gesellschaft zuführt. Solche Einlagen können nicht in Betriebsausgaben des Gesellschafters umgedeutet werden, die diesem in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer erwachsen, und zwar mit dem Argument, daß damit der Fortbestand seiner Einkünfte als Geschäftsführer gesichert würde. Primär dienen nämlich die Einlagen des Gesellschafters einer in ihrer Existenz gefährdeten Kapitalgesellschaft dem Fortbestand der Gesellschaft. Die Sicherung allfälliger Geschäftsführerbezüge ist erst eine weitere Folge des Fortbestandes der Gesellschaft und tritt daher gegenüber dem primären Zweck der Einlagen in den Hintergrund.

Die Beschwerde erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.

Gleiche Überlegungen gelten für die weiteren beiden Beschwerdepunkte, nämlich die Vertretungskosten im Zusammenhang mit nicht bezahlten Hafnerarbeiten sowie mit einem Mietprozeß und einer Räumungsklage, sämtliche betreffend die von der Beschwerdeführerin gemieteten und der GmbH unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten. Die Beschwerdeführerin betont, daß sie sich verpflichtet gehabt habe, diese Räume der GmbH im brauchbaren Zustand unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Auch die der Beschwerdeführerin aus dieser behaupteten Verpflichtung erwachsenen Aufwendungen sind als Sacheinlagen zu werten, für die das oben Gesagte gilt. Eine Beurteilung als Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung - wie dies die Beschwerdeführerin alternativ beantragt - kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführerin - wie die belangte Behörde zutreffend bemerkt - infolge der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat.

Schließlich bringt die Beschwerdeführerin noch vor, daß sie die Niederschrift vom 4. April 1986 "völlig unvorbereitet abgab" und daß "die formale Ladung im Sinne des § 19 AVG" unterblieben sei.

Zum ersten ist zu sagen, daß die Beschwerdeführerin nicht darlegt, welche ihrer Aussagen im Verwaltungsverfahren einer Vorbereitung bedurft hätte, etwa weil die Beantwortung entscheidungswesentlicher Fragen erst nach Beseitigung von Erinnerungslücken oder nach Durchführung entsprechender Nachforschungen möglich gewesen wäre. Abgesehen davon wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, bereits im Verwaltungsverfahren auf ihr momentanes Unvermögen hinzuweisen, bestimmte Fragen wahrheitgemäß zu beantworten.

Was das Unterbleiben einer "formalen Ladung im Sinne des § 19 AVG" betrifft, so ist zunächst darauf hinzuweisen, daß im Abgabenverfahren nicht die Vorschriften des AVG sondern jene der BAO anzuwenden waren. Abgesehen davon besteht aber nach der dem § 19 AVG vergleichbaren Bestimmung des § 91 BAO keine Verpflichtung, sondern lediglich eine Berechtigung der Behörde zur Vorladung von Personen, deren Erscheinen nötig ist. Der Beschwerdeführerin war von der belangten Behörde mit Schreiben vom 19. März 1986 die Gelegenheit geboten worden, sich zu verschiedenen Feststellungen der belangten Behörde zu äußern. Sie hat dies nicht schriftlich getan, sondern ist unaufgefordert) am 4. April 1986 vor der belangten Behörde erschienen, um ihre Aussage mündlich zu machen. Diese Aussage wurde niederschriftlich festgehalten. Ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften kann in dieser Vorgangsweise nicht erblickt werden.

Da sich somit die Beschwerde in ihrer Gesamtheit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986130162.X00

Im RIS seit

24.01.1990

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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