TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/6 89/05/0191

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Veröffentlicht am 06.03.1990
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Index

L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
BauO Krnt 1969 §11 Abs1 idF 1979/079;
BauO Krnt 1969 §9 idF 1979/079;
BauRallg;

Betreff

N-GmbH gegen Kärntner Landesregierung vom 7. August 1989, Zl. 8 BauR 1-222/3/1989 betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: XY)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 15. Juni 1988 bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für eine Plakattafel mit den Ausmaßen von 15,90 x 2,60 m in XY, Landstraße, Parzelle Nr. nnn/1 EZ n2 KG XY. In einer Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 20. Juni 1988 wurde u. a. ausgeführt, im gegenständlichen Straßenbereich sei die evangelische Kirche mit dem angebauten Pfarrhaus dominierend. Bei diesem Bauensemble handle es sich um ein beachtenswertes Beispiel der Jugendstilarchitektur. Die konsenslos aufgestellten Plakattafeln widersprächen den Interessen eines erhaltenswerten Ortsbildes. Dem Vorhalt dieser Stellungnahme begegnete die Beschwerdeführerin damit, daß eine Plakattafel grundsätzlich keine Beeinträchtigung eines Ortsbildes darstelle. Sie gehöre gerade dazu, vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten. Der gegenständliche Standort sei für eine Plakattafel ein ganz typischer Punkt. Hier füge sich die Tafel sehr gut in das Umfeld mit städtischem Charakter ein. Ein Beweis hiefür sei u.a. ja auch, daß unmittelbar angrenzend an den gewählten Standort sich bereits seit Jahren die Plakattafel eines Kollegenunternehmens befände und diese Tafel seinerzeit genehmigt worden sei.

Mit Bescheid vom 8. November 1988 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde das Ansuchen der Beschwerdeführerin zur Errichtung einer Werbetafel gemäß § 9 Abs. 2 lit. d in Verbindung mit § 11 der Kärntner Bauordnung wegen Beeinträchtigung des Ortsbildes ab.

Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. Jänner 1989 als unbegründet abgewiesen.

Aufgrund der dagegen eingebrachten Vorstellung holte die belangte Behörde die Stellungnahme eines Amtssachverständigen ein. In seinem Gutachten vom 4. Juli 1989 stellte dieser nach einer Besichtigung fest, daß die Landstraße eine in Ost-Westrichtung verlaufende schmale Verbindungsstraße in einer Wohngegend mit in diesem Bereich im wesentlichen ein- bis zweigeschoßiger Bebauung und der evanglischen Kirche darstelle. Auf der Nordseite der Landstraße schräg gegenüber dieser Kirche sei entlang des Gehsteigrandes eine ca. 16 m lange und ca. 3,6 m hohe Werbefläche errichtet worden. Ihr Westende befinde sich ca. 9 m östlich der Nordostecke der Kirche. Westlich dieses Gebäudes sei ein gepflegter Grünbereich vorhanden. Das nördlich der Kirche und dieses Grünbereiches jenseits der Straße gelegene Areal bestehe aus Gartenflächen, die mit der Grünfläche westlich der Kirche optisch zusammenhingen und den für dieses schön gestaltete Objekt notwendigen Freiraum bildeten, wodurch dieses erst voll zur Wirkung komme. Die gegenständliche Werbeanlage zerteile diese Einheit und wirke dadurch als Störfaktor. Ihre Situierung im Verlaufe eines Holzzaunes entlang der äußeren Gehsteigkante, die nicht durch bauliche Gegebenheiten bedingt sei, scheine willkürlich und unmotiviert. Da sich gegenüber der Tafel auf der Südseite der Straße eine höhere Hecke befände, sei auch der Blick aus Osten stark eingeengt, wodurch ebenfalls eine Beeinträchtigung des Ortsbildes entstehe. Überdies wurde in dem Gutachten ausgeführt, daß laut Auskunft der Stadtplanung die ursprünglich daneben befindliche Werbetafel eines Konkurrenzunternehmens abgetragen und dafür weiter östlich zur Abdeckung eines abbruchreifen Hauses eine andere Tafel errichtet worden sei. Auf Vorhalt dieses Gutachtens führte die Beschwerdeführerin aus, aus diesem sei kein Argument ersichtlich, das gegen eine Plakattafel in diesem Bereich spreche. Es sei lediglich vorurteilhaft von der Zerteilung einer Einheit die Rede, aber es liege wohl grundsätzlich an einer Plakattafel, daß sie am Gesamtbild etwas verändere. Wenn dies allein einen Störfaktor darstellen würde, dürften überhaupt keine Plakattafeln genehmigt werden. Laut höchstgerichtlichen Entscheidungen sei es erforderlich, daß der Gutachter ein ganz konkretes Argument vorbringe, warum die Plakattafel an dieser Stelle störend wirke. Die Feststellung eines störenden Einflusses der Plakattafel allein sei zu wenig.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend führte die Behörde im wesentlichen aus, bereits der auf Gemeindeebene herangezogene Sachverständige habe - allerdings in einer für eine Abweisung des Antrages nicht ausreichenden Weise - hervorgehoben, daß die Werbetafel das Ortsbild beeinträchtige. Hingegen sei der hochbautechnische Amtssachverständige im Vorstellungsverfahren anhand einer ausreichenden Beschreibung des Beurteilungsbereiches schlüssig zum Ergebnis gekommen, daß die Werbetafel das eine Einheit darstellende Ortsbild in mehrfacher Hinsicht störe. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin habe der Sachverständige die Gründe für die Störung des Ortsbildes (Zerteilung der Einheit, unwillkürliche und unmotivierte Situierung, Einengung des Blickes nach Osten) angeführt. Der Beschwerdeführerin sei es nicht gelungen, die begründeten und schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen zu widerlegen, weshalb davon auszugehen sei, daß der Errichtung der Werbetafel Interessen der Erhaltung des Ortsbildes entgegenstünden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall haben die Verwaltungsbehörden nach Durchführung eines Vorprüfungsverfahrens den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 48/1969, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 79/1979 abgewiesen. Nach dieser Gesetzesstelle hat die Behörde den Antrag abzuweisen, wenn dem Vorhaben einer der Gründe des § 9 Abs. 2 entgegensteht. Nach § 9 Abs. 2 lit. d der Kärntner Bauordnung hat die Behörde festzustellen, ob dem Vorhaben Interessen der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Schutzes des Ortsbildes entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 84/06/0183, BauSlg. Nr. 934, ausgesprochen, daß die Behörde zur Frage, ob eine Plakattafel das Ortsbild stört, das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen und dieses auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen habe.

Nun ist der Beschwerdeführerin zwar zuzustimmen, daß das Gutachten des Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 4. Juli 1989 nicht besonders ausführlich ist. Der zeilenmäßige Umfang eines Gutachtens allein kann aber nicht ausschlaggebend sein. Immerhin ist das Gutachten in einen Befund, der die örtlichen Gegebenheiten wiedergibt, und einen daraus gezogenen Schluß gegliedert. Der Befund läßt, insbesondere im Zusammenhang mit der schon auf Gemeindeebene abgegebenen Stellungnahme des Sachverständigen vom 20. Juni 1988 (Beschreibung des Komplexes der evangelischen Kirche mit angebautem Pfarrhaus als Bauensemble in beachtenswertem Jugendstilcharakter), die örtlichen Gegebenheiten erkennen. Daß der Gebäudekomplex der evangelischen Kirche die in der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 20. Juni 1988 aufgezeigten Qualitäten nicht aufweise, wurde von der Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens nicht behauptet. Wenn nun in dem Gutachten des Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 4. Juli 1989 davon ausgegangen wird, daß die zusammenhängenden Grünflächen den für dieses schön gestaltete Objekt notwendigen Freiraum bildeten, wodurch dieses erst voll zur Wirkung komme, so kann dem unter dem Gesichtspunkt der Beweiswürdigung nicht widersprochen werden. In der Beschwerde wird ausgeführt, es gäbe Gebäude, die zu ihrer architektonischen Entfaltung diesen Freiraum brauchten, wie z.B. barocke Jagdschlösser, andere Gebäude hingegen ohne diesen Freiraum wirkten, wie beispielsweise gotische Kathedralen. Diese Ausführungen sind zwar richtig, vermögen aber die Feststellung des Sachverständigen, gerade das vorliegende Objekt benötige einen Freiraum zur Wirkung, nicht zu widerlegen. Daß der Sachverständige eine allgemeine Feststellung getroffen habe, schön gestaltete Objekte benötigten einen Freiraum, findet in den Formulierungen des Gutachtens keine Deckung. Wenn nun der Gutachter zu dem Schluß kommt, die gegenständliche, immerhin ca. 16 m lange Werbeanlage zerteile diese Einheit und wirke dadurch als Störfaktor, ist dies durchaus nachvollziehbar. Daß die ursprünglich neben der Werbetafel befindliche Plakattafel eines Konkurrenzunternehmens zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Amtssachverständigen der belangten Behörde bereits beseitigt war, wurde im Verwaltungsverfahren nicht bestritten.

Die belangte Behörde hat das Gutachten des Amtssachverständigen sowohl auf seine Vollständigkeit als auch auf seine Schlüssigkeit hin überprüft.

Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung), bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Davon ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die Beurteilung der Sachverständigengutachten und somit des Sachverhaltes unschlüssig sei oder den Denkgesetzen widerspreche.

Die Beschwerdeführerin meint, nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen sei es nicht Angelegenheit des Antragstellers, Ausführungen eines Sachverständigen "zu widerlegen", vielmehr müßte sich die Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung anhand der vorhandenen Beweismittel selbst ein Urteil bilden. Gerade das hat aber die belangte Behörde getan. An Beweismitteln lagen die Beilagen zum Bauansuchen und die Gutachten der Amtssachverständigen sowie die Parteienausführungen vor. Da die Gutachten ausreichend, schlüssig und im Verhältnis zueinander nicht wiedersprüchlich waren, ist die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung zutreffend zu dem Schluß gelangt, daß durch die Plakattafel ein Störungsfaktor gegeben sei.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Diverses BauRallg11/4 Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild Landschaftsbild

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989050191.X00

Im RIS seit

11.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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