TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/12 90/19/0166

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Veröffentlicht am 12.03.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1972 §16 Abs1 idF 1985/427;
MeldeG 1972 §3 Abs1 idF 1985/427;
MeldeG 1972 §6 Abs1 idF 1985/427;
VwGG §48 Abs1;
VwGG §49 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des R gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 12. Oktober 1989, Zl. St-648-1/89, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Meldegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I. 1. Nachdem eine diesbezügliche Strafverfügung vom 20. Jänner 1989 durch rechtzeitige Erhebung eines Einspruches des Beschwerdeführers außer Kraft getreten war, erließ die Bundespolizeidirektion Villach nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter dem Datum 20. Juli 1989 gegenüber dem Beschwerdeführer ein Straferkenntnis, mit dem dieser einer Übertretung des § 3 Abs. 1 Meldegesetz 1972 schuldig erkannt wurde, weil er "am 29. Dezember 1988 in Villach, X-Gasse n1 Unterkunft genommen und es unterlassen (hat), sich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden". Gemäß § 16 leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 600,-- (Ersatzarrest 18 Stunden) verhängt.

Begründend führte die Behörde erster Instanz im wesentlichen aus: Laut Anzeige vom 16. Jänner 1989 habe der Beschwerdeführer am 29. Dezember 1988 an der im Spruch genannten Anschrift Unterkunft genommen und dort bis 11. Jänner 1989 unangemeldet gewohnt. Der Beschwerdeführer habe dazu angegeben, die in Rede stehende Wohnung erst seit 1. Jänner 1989 gemietet zu haben und in der Zeit von 1. Jänner bis 11. Jänner 1989 in dieser Wohnung nie länger als drei Tage geschlafen bzw. nie länger als drei Tage ununterbrochen gewohnt zu haben. Demgegenüber habe der Meldungsleger, zeugenschaftlich einvernommen, ausgesagt, der Beschwerdeführer habe ihm gegenüber angegeben, bereits seit 29. Dezember 1988 in der besagten Wohnung zu wohnen und sich deshalb nicht bei der Meldebehörde in Villach angemeldet zu haben, da er ohnehin in Salzburg polizeilich gemeldet sei. Es lägen keine Gründe vor, die Aussage des Meldungslegers anzuzweifeln, zumal dieser zur Angabe der Wahrheit verpflichtet sei und er auf die strafgesetzlichen Folgen einer falschen Zeugenaussage aufmerksam gemacht worden sei. Der Beschwerdeführer habe - dies lasse sich aus seiner diesbezüglichen Verantwortung ableiten - zumindest seit 1. Jänner 1989 bis 11. Jänner 1989 in der bezeichneten Wohnung in Villach Unterkunft genommen; er wäre daher verpflichtet gewesen, sich spätestens ab diesem Tag innerhalb von drei Tagen anzumelden; dies sei jedoch nicht geschehen.

2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 12. Oktober 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis.

Zur Begründung ihres Bescheides verwies die belangte Behörde einleitend auf die Begründung des Straferkenntnisses, die als zutreffend zur Gänze in die Berufungsentscheidung aufgenommen werde. Jene erscheine ausreichend, umsomehr als die Erstinstanz ihrer Entscheidung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens "schlüssig und in keiner Weise ergänzungsbedürftig" zugrunde gelegt habe. Jedenfalls lege die belangte Behörde den Angaben des Meldungslegers, der die Anzeige unter Diensteid erstattet habe, und der unter Wahrheitspflicht als Zeuge vernommen worden sei, mehr Glaubwürdigkeit bei als den Angaben des Beschwerdeführers. Außerdem bestehe kein Anlaß, an den seinerzeitigen Angaben des Beschwerdeführers (gemeint offenbar dem Meldungsleger gegenüber) zu zweifeln.

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht, nicht der Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 Meldegesetz 1972 schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

1. Gemäß § 3 Abs. 1 Meldegesetz 1972, BGBl. Nr. 30/1973 idF BGBl. Nr. 427/1985, ist, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sofern in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden. Nach § 6 Abs. 1 leg. cit. trifft die Meldepflicht, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist - was für den vorliegenden Fall zutrifft - den Unterkunftnehmer. Gemäß § 16 Abs. 1 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit einer Geldstrafe bis zu

S 3.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer (Z. 1) die ihn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treffende Meldepflicht nicht oder nicht fristgerecht erfüllt.

2.1. Unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde voll aufrechterhaltenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde der Beschwerdeführer spruchmäßig schuldig erkannt, am 29. Dezember 1988 in einer bestimmt bezeichneten Wohnung Unterkunft genommen und es unterlassen zu haben, sich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden. Allein dieser Tatvorwurf ist Gegenstand des Schuldspruches, nur er ist auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Soweit die belangte Behörde, indem sie sich in diesem Punkt mit der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses identifiziert, (auch) darauf abstellt, daß der Beschwerdeführer "zumindest seit 1. Jänner 1989 bis 11. Jänner 1989 in gegenständlicher Wohnung Unterkunft genommen" habe und sich "spätestens ab diesem Tag innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden" verpflichtet gewesen wäre, ist darauf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht Bedacht zu nehmen, da dieser Zeitraum von der - insoweit allein maßgeblichen - spruchmäßig umschriebenen Tatanlastung nicht erfaßt ist.

2.2. Was den spruchmäßig formulierten Tatvorwurf anlangt, so hat sich die belangte Behörde (gleich der Erstinstanz vor ihr) zur Stützung desselben ausschließlich auf die Angaben des Anzeigelegers, GrInsp. M., berufen. Dieses Beweismittel reichte indes nicht aus, um die dem Beschwerdeführer angelastete Tat objektiv als einwandfrei erwiesen ansehen zu können.

Die Ausführungen in der Anzeige, daß der Beschwerdeführer "seit 29.12.1988 in .... eine Wohnung und dort bis 11.1.1989 unangemeldet gewohnt hat", bringen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer - wie ihm spruchmäßig angelastet - "am 29. Dezember 1988" in dieser Wohnung tatsächlich Unterkunft genommen habe. Wenn GrInsp. M. anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge vor der Erstbehörde am 2. März 1989 zu Protokoll gab, der Beschwerdeführer habe ihm gegenüber angegeben, er würde bereits seit 29. Dezember 1988 in der besagten Wohnung wohnen, so wird diese Aussage durch den unmittelbar anschließenden Hinweis des Zeugen, diese Angabe habe der Beschwerdeführer im Zuge einer Niederschrift (vom 11. Jänner 1989) mit seiner Unterschrift bestätigt, weitgehend entwertet, zeigt doch diese - im Akt erliegende - Niederschrift, die GrInsp. M. mit dem Beschwerdeführer aufgenommen hat, daß letzterer die ihm von dem genannten Zeugen zugedachte Angabe nicht gemacht hat. Vielmehr hat der Beschwerdeführer in der niederschriftlich festgehaltenen Aussage vom 11. Jänner 1989 lediglich angegeben, daß am 29. Dezember 1988 um 11.00 Uhr ein näher bezeichnetes Lokal (dessen Geschäftsführer er sei) eröffnet worden sei, weiters daß er in Villach ..... eine Wohnung gemietet habe, und schließlich, daß die Miete dafür von ihm gezahlt werde. Nachdem der Beschwerdeführer in seiner Äußerung vom 28. März 1989 an die Erstbehörde ausdrücklich bestritt, daß er seit 29. Dezember 1988 in der besagten Wohnung unangemeldet gewohnt habe und darauf hinwies, erst seit 1. Jänner 1989 die Wohnung gemietet zu haben und bis zum 11. Jänner 1989 immer in seine Wohnung nach Salzburg gefahren zu sein, nahm GrInsp. M. dazu in der Form Stellung, daß er neuerlich auf die von ihm mit dem Beschwerdeführer am 11. Jänner 1989 aufgenommene Niederschrift verwies und betonte, der Beschwerdeführer habe im Zuge dieser Einvernahme ihm gegenüber mehrmals angegeben, "daß er in Villach ..... wohne". Der Hinweis auf diese Niederschrift ist insofern nicht zielführend, da diese, wie bereits erwähnt, keine Angabe des Beschwerdeführers enthält, er habe am oder seit dem 29. Dezember 1988 in der in Rede stehenden Wohnung Unterkunft genommen; noch weniger kann von einer mehrmaligen Angabe dieses Inhaltes die Rede sein. Der Hinweis des Beschwerdeführers aber, "daß er in Villach ..... wohne", ist, da ohne jegliche zeitliche Präzisierung, zur Untermauerung des Tatvorwurfes nicht verwendbar.

3. Indem sich somit die belangte Behörde (wie bereits vor ihr die Erstbehörde) zum Beweis für die Verwirklichung der objektiven Tatseite der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat auf unzureichende Ermittlungsergebnisse stützte, blieb der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig, ist doch nicht auszuschließen, daß sie, wäre ihr dieser Mangel nicht unterlaufen, zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der in Beschwerde gezogene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

4. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da eine gesonderte Vergütung von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand von S 10.110,-- im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Schlagworte

Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des Pauschbetrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190166.X00

Im RIS seit

12.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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