TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/12 90/19/0069

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Veröffentlicht am 12.03.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

ARG 1984 §3 Abs2;
KJBG 1987 §19 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1 idF 1983/176;
VStG §9 Abs2 idF 1983/176;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr.Iro und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Februar 1989, Zl. MA 63 - W 39/88/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes und des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als verantwortlicher Beauftragter der Qu. Aktiengesellschaft zu verantworten, daß 1.) am Samstag dem 2. Jänner 1988 die Wochenendruhe für an einem näher beschriebenen Ort beschäftigte 23 (namentlich angeführte) Arbeitnehmer nicht spätestens um 13.00 Uhr begonnen habe, da diese um ca. 15.45 Uhr beschäftigt worden seien, wobei der Arbeitsbeginn mit 7.00 Uhr angegeben worden sei und 2.) am selben Tag die Wochenendruhe für am selben Ort beschäftigte 2 (gleichfalls namentlich angeführte) Jugendliche nicht spätestens nach Möglichkeit um 15.00 Uhr begonnen habe, da diese bis ca. 15.50 Uhr beschäftigt worden seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu

1.) 23 Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes und zu 2.) 2 Verwaltungsübertretungen nach § 19 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen begangen. Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er sei nicht eine zur Vertretung nach außen berufene Person der in Rede stehenden Aktiengesellschaft im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG. Seine Bestrafung unter Heranziehung des § 9 Abs. 4 VStG 1950 setze allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, daß bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eingelangt wäre. Ein solcher Zustimmungsnachweis des Beschwerdeführers liege nicht vor.

Die belangte Behörde hat dazu in der Gegenschrift vorgebracht, die Rechtsabteilung der Qu. Aktiengesellschaft habe den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. März 1988 als verantwortliche Person für die gegenständliche Betriebsstätte namhaft gemacht. Weiters habe dieser selbst anläßlich der Niederschrift vom 27. Juni 1988 ausdrücklich vor der Behörde erklärt, er sei zum verantwortlichen Beauftragten für diese Filiale bestellt worden, in dem Bewußtsein, daß er bei Gesetzesverletzungen zur Verantwortung gezogen werde. Die Behörde habe somit keine Zweifel gehabt, den Beschwerdeführer als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG 1950 zu qualifizieren.

Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. Nach § 9 Abs. 1 VStG 1950 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 176/1983 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG 1950 können für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen (als die in § 9 Abs. 2 erster Satz genannten Organmitglieder) zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Nach § 9 Abs. 4 VStG 1950 kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Um von einem verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG sprechen zu können, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß dem wiedergegebenen Abs. 4 dessen nachweisliche Zustimmung zu seiner Bestellung erforderlich. Diese Bestellung wirkt erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird. Erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. November 1984, Slg. Nr. 11 596/A). Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (vgl. das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12 375/A). Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.); dies trifft sohin auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis (wie etwa die erst im Verwaltungsstrafverfahren abgelegte Zeugenaussage des "verantwortlichen Beauftragen") nicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1988, Zl. 87/08/0306).

Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Schreiben vom 28. März 1988, laut welchem der Beschwerdeführer als verantwortliche Person "nominiert" wurde, keinen "Zustimmungsnachweis" darstellt. Was aber die Aussage des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme als Beschuldigter am 27. Juni 1988 anlangt, so handelt es sich hiebei - dies trifft im übrigen auch auf das vorzitierte Schreiben zu - um kein Beweisergebnis, das schon vor Begehung der Tat vorhanden war.

Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, weil sie den Beschwerdeführer aufgrund der zitierten Beweismittel als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG 1950 qualifizierte und ihn für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen bestraft hat.

Dies führt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190069.X00

Im RIS seit

12.03.1990

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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