TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/21 89/01/0047

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Veröffentlicht am 21.03.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §47 Abs1;
VStG §49 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. November 1988, Zl. St 160/88, betreffend Übertretung des Waffengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm der Verfall einer Waffe ausgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung vom 13. September 1988 erkannte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten den Beschwerdeführer für schuldig, am 28. August 1988 in der Zeit von 18.00 bis 18.30 Uhr in der Gemeinde T 30 Meter östlich der nicht eingefriedeten Liegenschaft A Nr. n mit einem Karabiner Mod. K 98, Kal. 8x57 ca. 20 Schüsse auf eine ca. 25 m entfernte Zielscheibe, die auf einem Wiesenhang stand, abgegeben und somit eine Schußwaffe geführt zu haben, ohne im Besitze eines hiefür erforderlichen Waffenscheines zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 37 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Waffengesetz 1986 (WaffG) begangen, weshalb gegen ihn gemäß § 37 Abs. 1 WaffG eine Geldstrafe von S 1.500,-- verhängt und gemäß § 39 Abs. 1 WaffG der angeführte Karabiner für verfallen erklärt wurde.

Der vom Beschwerdeführer gegen diese Strafverfügung erhobene Einspruch hat folgenden Wortlaut:

"Ich erhebe Einspruch gegen die Strafverfügung Nr. 3-1151-88 in folgenden Punkten:

1.) Ich habe in Unkenntnis des genauen Gesetzeswortlautes auf eigenem Grund mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen ohne jedwede Gefährdung wie auch im Gendarmerieprotokoll näher beschrieben ca. 20 Schüsse mit dem Karabiner K 98 abgegeben und das auch in keiner Weise abgestritten. Ich finde daher die Geldstrafe von öS 1.500,-- unangemessen hoch, zumal auch keinerlei Wiederholungsgefahr besteht, da ich nun die genaue Gesetzeslage kenne. 2.) Der in der Strafverfügung erklärte Verfall des Karabiners Mod. K 98 Kal. 8x57 ist de facto nur eine Erhöhung der Geldstrafe im Ausmaß von öS 4.300,--, da lt. Gesetz jeder Einwohner Österreichs gegen Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises eine derartige Waffe käuflich erwerben kann. Durch einen Nachkauf meinerseits würden daher Kosten in der Höhe von öS 4.300,-- entstehen. In der Hoffnung auf positive Erledigung meines Einspruches zeichne ich ...."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. November 1988 gab die belangte Behörde dem Einspruch, den sie gemäß § 49 Abs. 2 VStG 1950 als lediglich gegen das Ausmaß der Strafe gerichtete Berufung wertete, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 51 Abs. 4 VStG 1950 Folge und setzte die verhängte Strafe auf S 1.000,-- herab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein Geständnis seien bei der Strafbemessung als mildernd zu werten gewesen. Da durch die Tat das Rechtsgut der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in erheblichem Maße gestört worden sei, sei eine weitere Herabsetzung der in Anbetracht des bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmens ohnedies geringen Strafe nicht geeignet, den Beschwerdeführer in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Delikte abzuhalten. Unter anderem habe auch der rechtmäßig erklärte Verfall der Tatwaffe eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht angebracht erscheinen lassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, sein gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten gerichteter Einspruch sei von der belangten Behörde zu Unrecht lediglich als Berufung gegen das Strafausmaß gewertet worden, weil der Beschwerdeführer sich ausdrücklich auch gegen den ausgesprochenen Verfall seiner Schußwaffe gewendet habe. Der Ausspruch des Verfalles sei insbesondere deshalb rechtswidrig, weil der für verfallen erklärte Karabiner einen Wert von S 4.300,-- habe, während gemäß § 47 Abs. 1 VStG 1950 mit Strafverfügung nur dann auf Verfall eines beschlagnahmten Gegenstandes erkannt werden könne, wenn der Wert der beschlagnahmten Sache S 1.000,-- nicht übersteige.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 VStG 1950 richten sich Strafmittel und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen finden, soweit hienach die Verhängung einer Freiheits- oder Geldstrafe, die Erteilung einer Verwarnung oder der Verfall von Gegenständen zulässig ist, die Vorschriften der §§ 1 bis 22 Anwendung.

Gemäß § 49 Abs. 2 VStG 1950 ist ein gegen eine Strafverfügung erhobener Einspruch, wenn in ihm ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten in Beschwerde gezogen wird, als Berufung anzusehen und der Berufungsbehörde vorzulegen.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen tritt in allen anderen Fällen die Strafverfügung durch die rechtzeitige Erhebung des Einspruches außer Kraft und ist das ordentliche Verfahren einzuleiten, wobei der Einspruch als Rechtfertigung im Sinne des § 40 leg. cit. gilt.

Der Beschwerdeführer hat in seinem gegen die erstinstanzliche Strafverfügung erhobenen Einspruch in keiner Weise erkennen lassen, daß er die Verhängung einer Strafe wegen des unberechtigten Führens einer Schußwaffe grundsätzlich bekämpfe. Er hat vielmehr die ihm zur Last gelegte Tat in keiner Weise abgestritten und ausgeführt, Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil ihm die Gesetzeslage nun bekannt sei. Der Einspruch des Beschwerdeführers richtet sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe und dagegen, daß durch den ausgesprochenen Verfall der Schußwaffe im Wert von S 4.300,-- im Ergebnis eine Erhöhung der verhängten Strafe um diesen Betrag erfolgt sei. Wie sich aus dem zitierten § 10 Abs. 2 VStG 1950 ergibt, zählt auch der Verfall von Gegenständen zu den Strafen des Verwaltungsstrafverfahrens. Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer, indem er den Ausspruch des Verfalls der Schußwaffe im Einspruch bekämpft hat, sich auch in dieser Hinsicht lediglich gegen die über ihn verhängte Strafe gewendet hat. Ein gegen eine Strafverfügung nur wegen der Art der verhängten Strafe erhobener Einspruch ist aber als Berufung im Sinne des § 49 Abs. 2 VStG 1950 anzusehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1959, Slg. NF 4881/A). Die belangte Behörde hat somit insgesamt zu Recht über den gemäß § 49 Abs. 2 VStG 1950 als Berufung zu wertenden Einspruch des Beschwerdeführers als Berufungsbehörde entschieden. Insoweit mußte daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Gemäß § 47 Abs 1 letzter Satz VStG 1950 kann in der Strafverfügung auch auf den Verfall beschlagnahmter Gegenstände oder ihres Erlöses erkannt werden, wenn der Wert der beschlagnahmten Gegenstände S 1.000,-- nicht übersteigt.

Der Beschwerdeführer hat bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung geltend gemacht, der für verfallen erklärte Karabiner K 98 habe einen Wert von S 4.300,--. Die belangte Behörde ist auf diese Frage nicht eingegangen und hat keinerlei Feststellungen über den tatsächlichen Wert der beschlagnahmten Waffe getroffen. Da die Rechtmäßigkeit eines in einer Strafverfügung ausgesprochenen Verfalls beschlagnahmter Gegenstände aber gemäß § 47 VStG 1950 auch davon abhängt, daß die in dieser Gesetzesstelle angeführte Wertgrenze nicht überschritten wird, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, Ermittlungen in dieser Richtung anzustellen und dementsprechende, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Verfalls maßgebliche Feststellungen zu treffen. Da sie das nicht getan hat, hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid mußte daher, soweit mit ihm der Verfall der Schußwaffe des Beschwerdeführers verfügt worden war, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010047.X00

Im RIS seit

21.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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