TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/22 89/06/0078

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Veröffentlicht am 22.03.1990
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
L85007 Straßen Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BauO Tir 1978 §18;
LStG Tir 1951 §37 Abs2 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §50 Abs1 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §54 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §55 Abs5;
LStG Tir 1989 §83 Abs1;
LStG Tir 1989 §83;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

N gegen Tiroler Landesregierung vom 17. April 1989, Zl. IIb1-L-1290/22-1989 betreffend Enteignung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde XY)

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit auch die Höhe der Enteignungsentschädigung bekämpft wird, als unzulässig zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 22. September 1988, Zlen. 88/06/0034, AW 88/06/0008, und 88/06/0035, AW 88/06/0009, sowie auf das Erkenntnis vom 15. Dezember 1988, Zlen. 88/06/0001, AW 88/06/0001, verwiesen. Am 12. Mai 1980 war öffentlich kundgemacht worden, der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde habe in seiner Sitzung vom 8. Mai 1980 einstimmig beschlossen, daß gemäß § 37 Abs. 2 lit. a des Tiroler Straßengesetzes u.a. für die schon seit längerer Zeit bestehende Straßenstrecke "von Abzweigung Sägewerk A bis B (Grundparzelle nn/1) KG XY" "die Eigenschaft und Öffentlichkeit als Gemeindestraße festgestellt bzw. zuerkannt" werde. Nach länger dauernden Verhandlungen beschloß schließlich der Gemeinderat am 10. Oktober 1985, für das genannte, im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Wegstück (ca. 173 lm) das Grundeinlösungsverfahren (Enteignungsverfahren) einzuleiten. Auf Grund dieses Antrages entschied die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 12. Juni 1986, Zl. IIb1-L-1290/5-1986, daß die Teilfläche von 587 m2 aus der Grundparzelle nn/1, EZ nn2/n KG XY, zugunsten der mitbeteiligten Gemeinde für dauernd lastenfrei enteignet erklärt werde. Die für die enteignete Fläche zu leistende Entschädigung wurde mit S 20,-- pro m2 festgesetzt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen.

Parallel dazu wurde auch ein Verfahren betreffend den Ausbau der Straße (Verbreiterung auf insgesamt 6 m) geführt (dieses Verfahren ist nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde). Mit Bescheid vom 31. Juli 1986 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Bewilligung zu dem vorgesehenen Ausbau unter Berufung auf den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Juni 1986 über die Enteignung der bestehenden Verkehrsfläche. Die Berufung gegen diesen Bescheid war nur hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen und dgl. erfolgreich. Nach einer Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde wurde vom Gemeindevorstand als Berufungsbehörde neuerlich die straßenrechtliche Baubewilligung erteilt; mit Bescheid vom 26. Jänner 1987, Zl. IIb1-L-1290/11-1987, wies die Tiroler Landesregierung die

dagegen erhobene Vorstellung ab.

Mit dem bereits angeführten hg. Erkenntnis vom 22. September 1988 wurde der Enteignungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Juni 1986 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, wogegen die gegen den genannten aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 26. Jänner 1987 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. In dem aufhebenden Teil des Erkenntnisses wurde ausdrücklich ausgeführt, daß § 18 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung nur für die HERSTELLUNG oder Verbreiterung von Gemeindestraßen anzuwenden sei, damit also nur für jenen Teil der künftigen Gemeindestraße, der nicht schon in der Natur als Straße bestehe. Nur diesen Teil betreffe jedoch der Bescheid vom 12. Juni 1986, sodaß eine Anwendung des § 18 TBO ausgeschlossen sei. Damit aber gelten die Vorschriften des § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 54 des Tiroler Straßengesetzes. Das Enteignungsverfahren sei daher von der Tiroler Landesregierung zu Recht durchgeführt worden. Es treffe auch die Einwendung des Beschwerdeführers nicht zu, daß der Enteignung eine rechtskräftige Straßenbaubewilligung vorangehen müsse. Der Beschwerdeführer übersehe, daß es sich in diesem Verfahren nicht um den Neubau, Ausbau oder die Verlegung von öffentlichen Straßen handle (§ 50 StrG), sondern lediglich um die Übernahme einer in der Natur bereits bestehenden Verkehrsfläche. Für diese Übernahme sei selbst dann keine Baubewilligung erforderlich, wenn die Straße - wie im vorliegenden Fall - in der Folge verbreitert werden soll; erst dieser Ausbau (= Verbreiterung) bedürfe einer Baubewilligung. Die Herstellung eines neuen Straßenbelages einschließlich Untergrund und dgl. stelle nämlich weder den Neubau noch einen Ausbau von Straßen dar. Aus dem Zusammenhang zwischen § 37 Abs. 2 lit. b und den §§ 51 ff. des Tiroler Straßengesetzes ergebe sich auch nicht, daß der Gemeinderat zur Prüfung der Voraussetzungen der Enteignung berufen wäre. Handle es sich dabei doch bei dem im § 37 Abs. 2 lit. b des Tiroler Straßengesetzes vorgesehenen Gemeinderatsbeschluß um eine Verordnung, wobei die darin ausgesprochene Widmung mangels Zustimmung der Eigentümer des Weges und sonstiger Benützungsberechtigter von einem gesetzmäßig durchgeführten Enteignungsverfahren abhänge. In diesem könne der Eigentümer des Privatweges alle Einwendungen gegen die Widmung für den öffentlichen Verkehr und dgl. erheben.

Berechtigt sei die Beschwerde jedoch, soweit sie den Mangel an Bestimmtheit des Spruches des Enteignungsbescheides rüge. Es sei dem Beschwerdeführer beizupflichten, daß der Spruch schon deshalb nicht hinreichend bestimmt sei, weil es an einer Bezugnahme auf konkret vorgelegte Pläne fehle und bei der letzten mündlichen Verhandlung solche Pläne auch noch gar nicht vorgelegen seien. Damit aber habe die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 12. Juni 1986 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Schließlich wurde noch darauf hingewiesen, daß weder der Niederschrift über die Verhandlung vom 6. Februar 1986 zu entnehmen, noch sonst aus der Aktenlage erkennbar sei, ob die Voraussetzungen für die Enteignung gegeben seien.

Mit Kundmachung vom 9. Jänner 1989 beraumte die belangte Behörde in der Enteignungssache für 26. Jänner 1989 an Ort und Stelle eine mündliche Verhandlung an; als Gegenstand des Verfahrens wurde die Enteignung von zunächst 587 m2 aus der Grundparzelle nn/1 in der EZ nn2/n der KG XY angegeben; am 23. Jänner 1989 wurde die Quadratmeteranzahl auf 596 berichtigt und die Mitteilung hierüber dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt. Die ursprüngliche Kundmachung wurde den Parteien des Enteignungsverfahrens, darunter dem Vertreter des Beschwerdeführers, am 13. Jänner 1989 zugestellt. An der Verhandlung nahmen auch ein technischer Sachverständiger für Straßenbau und ein Sachverständiger zur Schätzung von Grundstücken teil. Bei der örtlichen Begehung verzichtete der Beschwerdeführer, der sich schon vorher gegen die Auspflockung gewehrt hatte, auf ausdrückliches Befragen auf die Auspflockung während der Verhandlung. Der straßenbautechnische Sachverständige führte aus, daß es sich bei dem einzulösenden Weg um eine ca. 3 m breite, vor Jahren von der Gemeinde befestigte Wegfläche handle, die ohne Einschränkungen vom öffentlichen Verkehr seit über 30 Jahren benützt werde. Das gegenständliche Wegstück liege im Zuge einer ca. 2 km langen Gemeindestraße, welche im östlichen Ortsende von XY in Richtung C-Wirt D-Landestraße verlaufe. Im Zuge dieses Verlaufes erschließe diese Gemeindestraße die E-Au und F sowie diverse Streusiedlungen. Bis auf den gegenständlichen Abschnitt A-Säge - B sei die Zweispurigkeit bereits gegeben, sodaß es aus Rücksichten auf die Verkehrssicherheit und die Erhaltung der Straße zwingend notwendig sei, den vorgesehenen Ausbau auf 5 m nutzbare Fahrbahnfläche zuzüglich zweier Bankette vorzunehmen. Als Voraussetzung hiefür sei aber die vorgesehene "Beanspruchung" erforderlich. Das richtige Ausmaß der "Beanspruchung" betrage 596 m2.

Auch der Sachverständige für Grundstücke erstattete ein Gutachten.

Nach der Niederschrift der Verhandlung lagen "die Entwurfsbehelfe" sowohl beim Amt der Tiroler Landesregierung als auch beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Gemeinde zur allgemeinen Einsichtnahme auf. Bei der Verhandlung erhob der Beschwerdeführer die schriftlich von seinem Vertreter verfaßten Einwendungen:

"1.)

In der Kundmachung vom 9.1.1989 ist eine Bezugnahme auf konkret vorgelegte Pläne nicht erfolgt, es wird beantragt, dem von der Enteignung betroffenen A eine Ausfertigung konkreter Planunterlagen zu übermitteln, um ihm Gelegenheit zur Überprüfung an Ort und Stelle zu geben und das Verfahren erst in der Folge fortzusetzen.

2.)

Die Tiroler Landesregierung ist zur Durchführung der

gegenständlichen Verhandlung nicht zuständig. Bei seinen Beschlüssen vom 8.5. und 10.10.1980, auf die sich die gegenständliche Verhandlung stützt, hatte der Gemeinderat von XY offensichtlich die Bestimmung des § 37 des Tiroler Straßengesetzes im Auge und hat den Privatweg des A für den öffentlichen Verkehr als Gemeindestraße gewidmet. Die Beschlüsse können erst mit Rechtskraft des Enteignungsbescheides in Kraft treten. Enteignungsbehörde wäre in diesem Fall die Landesregierung.

Im vorliegenden Fall sind aber die Grundflächen, die für die Herstellung der gegenständlichen Gemeindestraße benötigt werden, im Bebauungsplan als Verkehrsflächen ausgewiesen.

Gemäß § 18 Abs. 2 TBO hat der Bürgermeister im übertragenen Wirkungsbereich zu entscheiden, welche Grundflächen in einem solchen Fall abzutreten sind. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg. 8475 ausdrücklich festgestellt, daß, soweit § 54 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes die Zuständigkeit der Landesregierung für den gleichen Anwendungsbereich festlegt, für die nach § 18 Abs. 2 TBO die Zuständigkeit des Bürgermeisters im übertragenen Wirkungsbereich festgelegt ist, dem Tiroler Straßengesetz durch die Tiroler Bauordnung als spätere Norm derogiert wird.

Das bedeutet, daß die Landesregierung für die gegenständliche Enteignung nicht zuständig ist, die Zuständigkeit liegt beim Bürgermeister von XY, bei dem zu AZ 612-1 bereits ein Verfahren anhängig ist.

3.)

Zwischen A und der Gemeinde XY ist gemäß

Gemeinderatsbeschluß vom 23.5.1985 grundsätzlich eine Einigung dahingehend erzielt worden, daß unter der Voraussetzung einer angemessenen Ablöse für den gegenständlichen Weg und der Zustimmung der Gemeinde zur Bepflanzung mit Bäumen an der Grundgrenze zur künftigen Straße A dem gegenständlichen Vorhaben der Gemeinde XY zustimmt. Entgegen den Bestimmungen der TBO hat der Bürgermeister diesen Gemeinderatsbeschluß nicht vollzogen und beruht der Gemeinderatsbeschluß vom 10.10.1985, der mit zur gegenständlichen Verhandlung führte, auf einer offensichtlich unrichtigen Auffassung bzw. Information der Gemeinderäte von XY.

Darüberhinaus liegt im Hinblick darauf, daß A zur freiwilligen Abtretung des gegenständlichen Grundstückes unter den erwähnten Bedingungen bereit ist, die Voraussetzung für die Enteignung nicht vor."

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß für die Widmung des Privatweges "A-Säge - B" als Gemeindestraße die Notwendigkeit der Enteignung der im Grundeinlösungsplan (Enteignungsplan) dargestellten Grundfläche aus dem Grundstück nn1/n in EZ nn2/n, KG XY, im Ausmaß von 596 m2 gegeben sei. Diese Grundfläche werde daher zugunsten der mitbeteiligten Gemeinde für dauernd lastenfrei enteignet erklärt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen Notwendigkeit, Gegenstand und Umfang der Enteignung wurden abgewiesen.

Nach Wiedergabe des Sachverhaltes führte die belangte Behörde aus, daß trotz Aufhebung des vorangegangenen Bescheides aus formellen Gründen durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1988 der Umwidmungsbeschluß in Kraft bleibe, daher auch auf Grund der geänderten Gesetzeslage ein neuerlicher Beschluß nicht erforderlich sei. Auf Grund des bei der mündlichen Verhandlung erstatteten Sachverständigengutachtens habe sich ergeben, daß für die Umwidmung des Privatweges zur Gemeindestraße die im Enteignungsplan dargestellte und im Spruch des Bescheides angeführte Grundfläche benötigt werde; damit sei die Voraussetzung für die Enteignung gegeben. Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht berechtigt, da er nur seit Jahren versuche, das Verfahren zu verzögern. Soweit der Vertagungsantrag darauf gestützt werde, daß in der Kundmachung vom 9. Jänner 1989 (zugestellt am 17. Jänner 1989) ein Hinweis auf konkrete Pläne nicht erfolgt sei, dürfte dem Beschwerdeführer der dritte Absatz auf Seite 2 der Kundmachung entgangen sein. Die Behauptung, die Tiroler Landesregierung sei zur Enteignung nicht zuständig, stehe in krassem Widerspruch zum Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis. Ebenso widersprüchlich sei das tatsachenwidrige Vorbringen, daß eine Enteignung nicht rechtens sei, weil die Zustimmung zur Umwidmung gegeben worden sei. Eine Erklärung, unter unerfüllbaren Forderungen der Umwidmung zuzustimmen, sei keine Grundlage für eine gütliche Einigung. Daß der Weg für den örtlichen Verkehr der Gemeinde nicht von Bedeutung sei, sei nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet worden.

Vor Zustellung dieses Bescheides langte noch eine weitere Eingabe des Beschwerdeführers ein, in der neuerlich auf die Notwendigkeit von Lärmschutzmaßnahmen (Bepflanzung mit Bäumen an der Grundgrenze der zukünftigen Straße) hingewiesen wurde; es hätten sich insofern Neuerungen ergeben, als sich aus dem Schreiben des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft die Unzumutbarkeit der Lärmbelästigung ergebe, aus einem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (in Gewerbesachen), daß für den lärmerregenden Hubstapler gar keine Betriebsanlagengenehmigung existiere, die Bezirkshauptmannschaft aber trotz eines entsprechenden Antrages des Beschwerdeführers die Einstellung des Betriebes noch nicht verfügt habe.

Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes, wobei er die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auch darauf gründete, daß die belangte Behörde keine Erwägungen dafür dargelegt habe, wie sie zur Entschädigung von S 20,-- pro m2 enteigneter Fläche komme.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I.

ZUR FESTSETZUNG DER ENTSCHÄDIGUNG:

§ 55 Abs. 5 des Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 1/1951 (gemäß § 83 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 13/1989 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden) bestimmt, daß der Enteignete und der Antragsteller innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Enteignungsbescheides die endgültige Festsetzung der Entschädigung im Außerstreitverfahren bei Gericht begehren können (§ 74 des neuen Tiroler Straßengesetzes sieht übrigens Ähnliches vor). Durch diese Regelung wird die sukzessive Zuständigkeit der Gerichte durch deren Anrufung nach Erlassung des Bescheides der Verwaltungsbehörde normiert, wodurch dieser außer Kraft tritt. Derartige Bescheide können weder im ordentlichen Verwaltungsweg noch vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bekämpft werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1966, Zl. 991/66, und vom 25. September 1978, Zl. 1294/76). Soweit sich also die Beschwerde in ihrer nur die Festsetzung der Enteignungsentschädigung im angefochtenen Bescheid betreffenden Mängelrüge auch gegen die Höhe der Entschädigung richtet, war sie wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 VwGG zurückzuweisen.

II.

ZU DEN ÜBRIGEN TEILEN DES ANGEFOCHTENEN BESCHEIDES:

Das Tiroler Landesgesetz vom 16. November 1988 über die öffentlichen Straßen und Wege (Tiroler Straßengesetz), LGBl. Nr. 13/1989, bestimmt in seinem § 83 unter der Überschrift "Anhängige Verfahren":

"(1) Straßenbaubewilligungsverfahren sowie Enteignungsverfahren, in denen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits eine Entscheidung der Behörde erster Instanz erlassen worden ist, sind nach den Vorschriften des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 1/1951, zu Ende zu führen. Alle anderen Verfahren sind nach diesem Gesetz durchzuführen.

....."

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich aus dieser Übergangsvorschrift eindeutig, daß auf das vorliegende Verfahren weiterhin die Vorschriften des Tiroler Straßengesetzes aus 1951 anzuwenden sind, da vor dem gemäß § 84 des neuen Gesetzes mit 1. April 1989 vorgesehenen Termin des Inkrafttretens bereits eine Entscheidung der Behörde erster Instanz ERLASSEN worden war, nämlich der Bescheid vom 12. Juni 1986, der mit hg. Erkenntnis vom 22. September 1988 aufgehoben worden ist. Diese Aufhebung ändert aber nichts daran, daß ein Bescheid erster Instanz bereits erlassen worden war und daher weiterhin das Straßengesetz aus 1951 anzuwenden ist. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, daß es sich bei der Übergangsregelung um eine "unklare gesetzliche Regelung" handle, ist nicht ganz verständlich, liegt es doch im Wesen einer Übergangsbestimmung, die weitere Anwendung eines im übrigen außer Kraft getretenen Gesetzes auf bestimmte Fälle anzuordnen. Soweit sich also die Ausführungen des Beschwerdeführers auf die Anwendung des Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 13/1989 beziehen, gehen sie an der Rechtslage vorbei.

Gemäß § 54 Abs. 2 des Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 1/1951 in der Fassung LGBl. Nr. 10/1970 (StrG) ist lediglich eine achttägige Frist vorgesehen, innerhalb deren die Verzeichnisse und Grundeinlösungspläne in den betroffenen Gemeinden zur allgemeinen Einsicht aufzulegen und die Kundmachungen ortsüblich zu verlautbaren sind. Nach den vorliegenden Unterlagen hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Annahme, daß diese achttägige Frist eingehalten worden ist. Daß das genaue Ausmaß der zu enteignenden Fläche erst nachträglich von 587 m2 auf 596 m2 berichtigt worden ist, ist unbedenklich, weil derartige geringfügige Änderungen jederzeit möglich sind, soweit sie dem Enteigneten noch rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden. Im vorliegenden Fall geht es ja überhaupt nur um die Frage der Berechnung einer in der Natur eindeutig erkennbaren Fläche.

Daß die vorliegende Enteignung - im Gegensatz zur Verbreiterung der vorhandenen Straße - keiner baubehördlichen Bewilligung bedurfte, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 22. September 1988 ebenso klar zum Ausdruck gebracht wie die Zuständigkeit der belangten Behörde. Soweit der Beschwerdeführer dies neuerlich zu bekämpfen versucht, übersieht er die Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 63 Abs. 1 VwGG. Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers bedurfte es auch nicht etwa einer neuerlichen Beschlußfassung des Gemeinderates gemäß § 37 Abs. 2 lit. a StrG, da der bestehende Beschluß vom 8. Mai 1980 durch das den Enteignungsbescheid aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes unberührt blieb.

Nahezu mutwillig scheint allerdings die Rüge, daß die von der Enteignung betroffenen Grundflächen nicht spätestens am dritten Tag vor der mündlichen Verhandlung in der Natur in geeigneter Weise gekennzeichnet worden seien; hat doch der Beschwerdeführer für den Fall der Einhaltung dieser Vorschrift eine Besitzstörungsklage angedroht und bei der mündlichen Verhandlung trotz ausdrücklichen Befragens auf eine Auspflockung verzichtet.

Nicht einsichtig sind die Ausführungen des Beschwerdeführers, daß es in der Frage der Notwendigkeit der Enteignung nicht auf die vom Sachverständigen dargelegten Rücksichten der Verkehrssicherheit ankomme. Gerade dieser Gesichtspunkt bildet nämlich durchaus einen Teil der Prüfung des öffentlichen Verkehrsinteresses. Der Sachverständige hat unbekämpft dargelegt, daß Gebietsteile der mitbeteiligten Gemeinde durch den zu enteignenden Privatweg erschlossen sind; daß dieser Weg nur eine - noch dazu geringfügige - Abkürzung darstelle, hat entgegen der Behauptung in der Beschwerde der Beschwerdeführer im Enteignungsverfahren der Aktenlage nach nicht vorgebracht, sodaß es sich dabei um eine gemäß § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung handelt.

Der Beschwerdeführer verkennt auch offensichtlich, daß die Notwendigkeit der Enteignung nicht etwa dadurch ausgeschlossen wird, daß er unter bestimmten Bedingungen, die mit den Vorschriften des Straßengesetzes in keinem Zusammenhang stehen, sondern eine Folge des im gewerberechtlichen Betriebsanlageverfahren auszutragenden Streits mit seinem Bruder darstellen, bereit wäre, die Grundfläche an die mitbeteiligte Gemeinde abzutreten. Die Straßenbehörde hat keine rechtliche Möglichkeit, im Enteignungsverfahren eine Ablösevereinbarung zwischen Enteigner und Enteignetem herbeizuführen, möge eine solche auch durchaus der Billigkeit entsprechen. Unter den gegebenen Verhältnissen war daher die Enteignung die einzige durchsetzbare Möglichkeit, den festgestellten Verkehrsbedürfnissen zu entsprechen.

Demgemäß war die Beschwerde, soweit sie sich gegen Notwendigkeit und Umfang der Enteignung richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten in welchen die Anrufung des VwGH ausgeschlossen istMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989060078.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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