TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/08/0076

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §113 Abs1 idF 1986/111;
ASVG §59 idF 1986/111;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde der N-KG gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. Februar 1989, Zl. 3/07-12.188/2-1989, betreffend Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Jänner 1988 schrieb die mitbeteiligte Salzburger Gebietskrankenkasse der Beschwerdeführerin nachberechnete Beiträge von insgesamt S 235.122,58 und gemäß § 113 Abs. 1 ASVG einen Beitragszuschlag von S 47.000,-- vor.

Auf Grund des dagegen erhobenen Einspruches korrigierte die mitbeteiligte Partei die Beitragsnachberechnung und verringerte die nachzuzahlenden Beiträge auf S 84.857,63.

Daraufhin zog die Beschwerdeführerin den Einspruch betreffend die Beitragsnachforderung zurück, hielt ihn aber hinsichtlich des verhängten Beitragszuschlages aufrecht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Einspruch Folge und setzte den Beitragszuschlag auf S 20.000,-- herab. In der Begründung wurde nach Zitierung des § 113 Abs. 1 ASVG lediglich ausgeführt, daß die Herabsetzung des Beitragszuschlages im verfügten Umfang einerseits den gesetzlichen Verzugszinsen im Ausmaß von 10,5 % Rechnung trage, andererseits werde der erwachsene Mehraufwand zumindest zum Teil abgegolten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, daß kein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 ASVG, zumindest aber nicht in der festgesetzten Höhe von S 20.000,--, verhängt werde, verletzt und begründet dies im wesentlichen - so wie schon im Verwaltungsverfahren - damit, der Gebietskrankenkasse sei durch die Beitragsprüfung kein Mehraufwand entstanden, Verzugszinsen seien bereits im Rahmen der Beitragsnachzahlung mit der Beitragsrechnung vom 22. Dezember 1988 vorgeschrieben worden und die belangte Behörde habe bei Ermittlung der für die Ermessensausübung maßgeblichen Tatsachen, nämlich insbesondere hinsichtlich der Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, Verfahrensvorschriften verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zlen. 89/08/0189, AW 89/08/0039, mit weiteren Judikatur hinweisen) ist der Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 ASVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 41. Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten. Demgemäß darf, wenn mit dem festgestellten Meldeverstoß auch eine Beitragsnachentrichtung verbunden ist, der Beitragszuschlag - bei Bedachtnahme auf den Regelungszusammenhang des § 113 ASVG mit § 59 ASVG - weder den durch den Meldeverstoß verursachten Verwaltungsmehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung noch das Doppelte der in § 113 ASVG näher umschriebenen Beiträge übersteigen; er darf in solchen Fällen nach dem klaren Wortlaut des § 113 Abs. 1 ASVG aber auch - unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners und der Art des Meldeverstoßes - eine Untergrenze nicht unterschreiten, nämlich die Höhe der Verzugszinsen, die ohne Vorschreibung eines Beitragszuschlages auf Grund des § 59 Abs. 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären. Der Art des Meldeverstoßes und damit dem Verschulden des Meldepflichtigen an diesem Verstoß kommt - neben anderen Umständen, wie z.B. den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners - nur bei der Ermessensübung innerhalb der objektiven Grenzen Bedeutung zu.

Vor dem Hintergrund des dargestellten Zweckes des Beitragszuschlages stünde - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - eine auf Grund einer Vorschreibung bereits erfolgte Bezahlung der infolge der verspäteten Beitragsentrichtung aufgelaufenen Verzugszinsen (die allerdings von der mitbeteiligten Partei bestritten wird) einer Verhängung eines Beitragszuschlages nicht entgegen; freilich reduzierte sich dadurch die eine der beiden Obergrenzen des Beitragszuschlages auf den durch den Meldeverstoß verursachten Verwaltungsmehraufwand und fiele die Untergrenze weg, sodaß der Beitragszuschlag in einem solchen Fall unter Bedachtnahme auf die Art des Meldeverstoßes und damit das Verschulden des Meldepflichtigen an diesem Verstoß auch auf null reduziert werden könnte.

Um beurteilen zu können, ob die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Festsetzung des Beitragszuschlages mit S 20.000,-- diesen Grundsätzen entspricht, genügt aber die oben wiedergegebene Begründung nicht. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Das Kostenmehrbegehren hinsichtlich des Stempelgebührenersatzes war wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989080076.X00

Im RIS seit

27.03.1990

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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