TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/3 89/14/0276

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Veröffentlicht am 03.04.1990
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
63/03 Vertragsbedienstetengesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

EStG 1972 §16 Abs1 Z6;
EStG 1972 §16 Abs1 Z9;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs7;
LandesvertragslehrerG 1966 §4;
VBG 1948 §29a idF 1977/319;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 36;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 12. Oktober 1989, Zl. B 392-4/88, betreffend Ablehnung der Eintragung eines weiteren steuerfreien Betrages für erhöhte Werbungskosten auf der Lohnsteuerkarte 1987

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen im Betrag von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Vertragslehrer an der Landesberufsschule in X. Er wohnt in diesem Ort. Um ihm die Möglichkeit zu geben, dem Dienstvertrag gemäß fristgerecht die Lehramtsprüfung für Berufsschulen abzulegen, wurde der Beschwerdeführer vom Dienstgeber unter Fortzahlung der Bezüge zum Zwecke des Besuches des zweisemestrigen Vorbereitungslehrganges für die Lehramtsprüfung an der Berufspädagogischen Akademie des Bundes in Graz für das Schuljahr 1986/1987 beurlaubt (vgl. § 4 Landesvertragslehrergesetz 1966 in Verbindung mit § 29 a Abs. 2 Vertragsbedienstetengesetz 1948 in der Fassung der 24. Novelle). Der Beschwerdeführer besuchte den Lehrgang, nahm sich jedoch keine Unterkunft in Graz, sondern fuhr täglich mit dem Pkw von seinem Wohnort an die Stätten des Lehrganges (Gratwein, Graz und Gratkorn) und zurück. Die Aufwendungen für Verpflegsmehrkosten, Lehrmaterial und Fahrtkosten machte er unter Abzug des Fahrkostenzuschusses des Dienstgebers (in Höhe der Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels) als erhöhte Werbungskosten geltend.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nun vor dem Verwaltungsgerichtshof (hinsichtlich der Ablehnung des Mehrbegehrens) angefochtenen Bescheid wurden zwar die das allgemeine Werbungskostenpauschale übersteigenden Aufwendungen für die Anschaffung von Lehrmitteln und für den Verpflegungsmehraufwand in Höhe des Taggeldes gemäß § 16 Abs. 1 Z. 9 in Verbindung mit § 26 Z. 7 EStG 1972 als Freibetrag für erhöhte Werbungskosten durch Berufsfortbildung auf der Lohnsteuerkarte berücksichtigt, nicht jedoch die Aufwendungen durch die Benützung des eigenen Pkw (amtliches Kilometergeld); letzteres mit der Begründung, der Sitz der Berufspädagogischen Akademie des Bundes in Graz sei für die Dauer des Berufsfortbildungslehrganges als Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972 anzusehen; mit dem KFZ-Pauschale seien aber alle Mehraufwendungen durch die Benützung des Pkws zur Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den das Mehrbegehren abweisenden Teil dieser Entscheidung in seinem Recht auf lohnsteuermindernde Berücksichtigung von Werbungskosten verletzt. Er behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behöde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegen die übereinstimmende Ansicht der Streitteile, es handle sich beim Besuch des Vorbereitungslehrganges für die Lehramtsprüfung durch den Beschwerdeführer um Berufsfortbildung in seinem Beruf als Vertragslehrer an einer Landesberufsschule und damit bei den hiedurch verursachten Aufwendungen um Werbungskosten, sind beim Gerichtshof Bedenken nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer beanstandet indes zu Recht die Ansicht der belangten Behörde als rechtswidrig, der Sitz der Berufsfortbildungsanstalt sei für die Dauer seiner Dienstfreistellung als seine Arbeitsstätte im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972 anzusehen. Schon die Tatsache der Beurlaubung (Dienstfreistellung) zeigt nämlich, daß es sich bei dem Besuch des Kurses nicht um die Erbringung von Dienstleistungen gegenüber dem Dienstgeber handelt, sondern um eine Tätigkeit, die zwar mit der nichtselbständigen Arbeit des Beschwerdeführers im Zusammenhang steht, nicht jedoch Dienstleistung gegenüber dem Dienstgeber ist. Die Beurlaubung erleichtert dem Dienstnehmer nur die Erfüllung der im Dienstvertrag übernommenen Pflicht zur Ablegung der Lehrsamtsprüfung. Die jeweilige Fortbildungsstätte (diese war im übrigen nicht stets Graz, sondern auch Gratwein und Gratkorn) ist daher nicht Arbeitsstätte im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972. Bei den Fahrten des Beschwerdeführers von seiner Wohnung zum Fortbildungsort und zurück handelt es sich daher nicht um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sondern um Fahrten zur Sicherung und Erhaltung seiner Einnahmen als Vertragslehrer. Dem Beschwerdeführer ist auch darin beizupflichten, daß die Argumentation der belangten Behörde insofern mit sich selbst in Widerspruch steht, als einerseits Pauschverpflegungsmehraufwand in Höhe von Tagesgeldern als Reisekosten für ausschließlich beruflich veranlaßte Reisen gemäß § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 anerkannt, den Fahrkosten jedoch die Anerkennung mit der Begründung versagt wurde, es handle sich um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Der Hinweis in der Gegenschrift auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1983, Zl. 82/14/0199 (ÖStZB 1983, 345) geht fehl, weil in diesem Erkenntnis die die Kosten eines Massenbeförderungsmittels übersteigenden Fahrtkosten für die Benützung eines Pkw nicht deshalb versagt wurden, weil es sich um Fahrten gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972 zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handle, sondern weil die NOTWENDIGKEIT der Verwendung des Individualverkehrsmittels nach Lage des Beschwerdefalles verneint wurde. Im vorliegenden Beschwerdefall wurde von den Abgabenbehörden jedoch die Notwendigkeit der Benützung des Pkws nicht in Zweifel gezogen; die belangte Behörde hat daher auch nicht festgestellt, daß das Massenbeförderungsmittel nach den Umständen des Falles zumutbarerweise benützt werden konnte, ohne die Fortbildung in Frage zu stellen. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG von dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt auszugehen hat, kann das Erkenntnis vom 1. März 1983 nicht zur Stützung des angefochtenen Bescheides herangezogen werden.

Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage dadurch verkannt, daß sie § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972 als Hindernis für die Anerkennung der Fahrtkosten mit Pkw als Werbungskosten (Kosten der Berufsfortbildung) ansah. Der angefochtene Bescheid mußte deshalb wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989140276.X00

Im RIS seit

28.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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