TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/18 89/16/0143

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Veröffentlicht am 18.04.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrVG §15;
B-VG Art144 Abs3;
FlVfGG §50 Abs2 idF 1967/078;
FlVfGG §53 idF 1967/078;
VwGG §48 Abs1 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/16/0144

Betreff

JM und PM gegen Präsidenten des Kreisgerichtes Wels je vom 30. Jänner 1989, Zlen. ad 1): Jv 239-33a/89, ad 2): Jv 240-33a/89, beide betreffend Gerichtsgebühren

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem beim Bezirksgericht Haag am Hausruck am 27. Dezember 1988 eingelangten Grundbuchsgesuch stellten die Beschwerdeführer auf Grund des Kaufvertrages vom 30. Juni 1987, des Kaufvertragsnachtrages vom 9. Februar 1988 und der "Gemeinsamen Urkunde" vom 30. März 1988 den Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechtes ob einer näher bezeichneten Liegenschaft. "Unter Hinweis darauf, daß das gegenständliche Rechtsgeschäft laut beiliegendem Agrarbescheid als Siedlungsmaßnahme bzw. Flurbereinigung genehmigt und bestätigt" worden sei, beantragten die Beschwerdeführer gleichzeitig die Befreiung von der Grundbuchseintragungsgebühr.

Gleichzeitig legten die Beschwerdeführer unter anderem folgende Bescheide der Agrarbezirksbehörde Linz vor:

1) vom 2. September 1988, Zl. 12774/18-1988. Darin wird "nach Durchführung eines Agrarverfahrens" ausgesprochen,

a) gemäß § 4 Abs. 4 O.ö. LSG 1970 werde festgestellt, daß der Vertrag vom 30. Juni 1987 bzw. Nachtrag vom 9. Februar 1988 der Zielsetzung des § 1 Abs. 2 des O.ö. LSG 1970 entspreche;

b) auf Grund der Erhebungen werde festgestellt, daß ein unmittelbarer Erwerb gegeben sei und eine Siedlungsmaßnahme gemäß § 2 Abs. 1 Punkt 6 des O.ö. LSG vorliege.

2) vom 1. September 1988, Zl. A 2367/4-1988. Darin wird unter Hinweis auf die §§ 28 und 30 Abs. 1 des O.Ö.

Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979, LGBl. Nr. 73 (O.ö. FLG), als Rechtsgrundlage festgestellt, daß der "Flurbereinigungsvertrag" vom 30. März 1988 für die Durchführung der Flurbereinigung im Sinne des § 1 O.Ö. FLG erforderlich sei. Der vorangeführte Vertrag sei von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen worden und habe somit dem Flurbereinigungsverfahren zu Grunde gelegt werden können. Das gegenständliche Flurbereinigungsverfahren diene unmittelbar zur Durchführung einer Maßnahme der Bodenreform; der Vertrag werde daher genehmigt und bestätigt.

Wie sich aus der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens befindlichen, beglaubigten Ablichtung der vor einem öffentlichen Notar unterfertigten "Gemeinsamen Urkunde" vom 30. März 1988, und zwar insbesondere auch aus den dort genannten drei Grundstücknummern ergibt, handelt es sich bei dieser "Gemeinsamen Urkunde", die einen Kaufvertrag über diese drei Grundstücke sowie einen (hier nicht gegenständlichen) Tauschvertrag enthält, um den im Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom 1. September 1988 genannten "Flurbereinigungsvertrag".

Das oben genannte Grundbuchsgesuch wurde am 28. Dezember 1988 bewilligt und am nächsten Tage vollzogen.

Entgegen dem erwähnten Antrag auf Gebührenbefreiung hob der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Haag am Hausruck mit zwei getrennt ausgefertigten Zahlungsaufträgen je vom 13. Jänner 1989 von den Beschwerdeführern die Gebühr für die Eintragung zum Erwerb des Eigentums nach TP 9 C. lit. b Z. 1 GGG ein.

Mit den beiden nunmehr angefochtenen Bescheiden gab der Präsident des Kreisgerichtes Wels den dagegen von den Beschwerdeführern getrennt erhobenen Berichtigungsanträgen nicht statt.

Die Beschwerdeführer bekämpften diese Bescheide zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 364/89-3, B 422/89-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit für die genannte Grundbuchseintragung verletzt. Sie beantragen, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Vorlage einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen (lediglich) vor, durch die (mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 77/1967 erfolgte) Einfügung der Worte "und in den Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Siedlungswesens" in § 15 AgrVG sei auch die Gebührenbefreiung für diese Angelegenheiten geschaffen worden. Aus dieser Bestimmung gehe nicht hervor, daß auch der Vertrag vor der Agrarbehörde abgeschlossen werden müsse. Es sei lediglich erforderlich, daß ein Verfahren vor der Agrarbehörde durchgeführt und dieses positiv erledigt werde. Ein Verfahren vor der Agrarbehörde habe aber stattgefunden. Der Bescheid der Agrarbehörde Linz führe aus, daß der Bescheid "nach Durchführung eines Agrarverfahrens" ergehe. In diesem Agrarverfahren sei von den Beschwerdeführern ein Antrag gestellt und ein Lokalaugenschein durchgeführt worden.

Dieses Vorbringen stimmt mit dem vom selben Rechtsanwalt verfaßten Beschwerdeschriftsatz zu hg. Zl 89/16/0134 wörtlich überein. Diesbezüglich genügt es daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 89/16/0134, zu verweisen, wonach mit dem dargestellten Vorbringen eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aufgezeigt wird.

Sie erweisen sich jedoch aus einem von den Beschwerdeführern nicht geltend gemachten Grund als inhaltlich rechtswidrig. Wie oben dargestellt, erfolgte die hier gegenständliche Grundbuchseintragung hinsichtlich der drei oben genannten Grundstücke auf Grund der "Gemeinsamen Urkunde" vom 30. März 1988, die die Agrarbezirksbehörde Linz mit dem zitierten Bescheid vom 1. September 1988 als "Flurbereinigungsvertrag" dem Flurbereinigungsverfahren zu Grunde gelegt hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0006, dargetan und dort ausführlich begründet hat, unterliegen - anders als nach den Bestimmungen des § 15 AgrVG idF der Agrarverfahrensnovelle 1967 allein - die den Bestimmungen des § 50 Abs. 2 FlVGG idF der Flurverfassungsnovelle 1967, BGBl. Nr. 78, entsprechenden (also auch nicht vor der Agrarbehörde errichteten) Vertragsurkunden und die auf Grund dieser Urkunden geschehenen bücherlichen Eintragungen keiner öffentlichen Abgabe, somit auch nicht den Gerichtsgebühren. Des näheren wird auch diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zuletzt genannten Erkenntnisses verwiesen.

Da die belangte Behörde die Rechtslage in diesem Punkt verkannt hat, die angefochtenen Bescheide jedoch eine jeweils untrennbare Einheit bilden, waren sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß und nur insoweit zuzusprechen, als sie nicht bereits im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu entrichten waren (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 681 angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Schlagworte

Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989160143.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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