TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/18 89/16/0212

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.1990
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
FinStrG §35 Abs1;
FinStrG §37 Abs1 lita idF 1975/335;
FinStrG §37 Abs1 lita;
FinStrG §84 Abs2;
FinStrG §98 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Besprechung in:ÖStZ 1991, 24;

Betreff

L gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. August 1989, GA 14-1/L-152/1/1/88, betreffend Finanzvergehen der Abgabenhehlerei

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Strafe des Wertersatzes bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer nach mündlicher Verhandlung mit dem am 10. August 1988 zugestellten Erkenntnis vom 26. Juli 1988 des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt, weil er in den Jahren 1983 und 1984 im Bereiche des Zollamtes Wien vorsätzlich Sachen, nämlich sechs Stück gefälschte Cartier Armbanduhren und sechs Stück gefälschte Rolex Armbanduhren, hinsichtlich welcher zuvor von unbekannt gebliebenen Tätern ein Schmuggel (gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG) und von G eine vorsätzliche Abgabenhehlerei begangen worden sei, in Kenntnis dieses Umstandes angekauft, sowie im Sommer 1985 im Bereiche des Zollamtes Wien vorsätzlich eine Sache, nämlich eine Herrenarmbanduhr der Marke IWC-Schaffhausen, Typ SL-Quarz, hinsichtlich der zuvor von einem namentlich unbekannt gebliebenen Täter ein Schmuggel (gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG) begangen worden sei, in Kenntnis dieses Umstandes angekauft habe. Wegen dieses Finanzvergehens hatte das Hauptzollamt Wien über den Beschwerdeführer gemäß § 37 Abs. 2 FinStrG eine Geldstrafe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Tage) verhängt und im Grunde des § 19 Abs. 1 FinStrG für die zwölf gefälschten Armbanduhren auf anteiligen Wertersatz (40 % von 100 %) und für die Herrenarmbanduhr der Marke IWC-Schaffhausen, Typ SL-Quarz, statt auf Verfall auf Wertersatz in der Höhe von insgesamt 189.843 S (Ersatzfreiheitsstrafe 38 Tage) erkannt.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. August 1989 der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Annahme der Finanzstrafbehörde erster Instanz, er habe hinsichtlich der Herrenarmbanduhr der Marke IWC-Schaffhausen den Tatbestand des § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG erfüllt, aus dem Grunde der unrichtigen Beweiswürdigung bekämpfte und die Strafbemessung sowie den "Verfallsausspruch (richtig: den Ausspruch der den Verfall substituierenden Strafe des Wertersatzes) als mit der Rechtslage nicht in Einklang stehend qualifizierte, keine Folge. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, zunächst zur objektiven Tatseite ausgeführt, im Beschwerdefalle könne, weil die Herrenarmbanduhr der Marke IWC-Schaffhausen als Tatgegenstand nicht mehr "zustande gebracht worden sei", das Vorliegen des Tatbestandserfordernisses der vollendeten Vortat nur im Rahmen der freien Beweiswürdigung anhand vorliegender Indizien überprüft werden. Zunächst bedürfe es keines Beweises, daß es sich bei der streitverfangenen Herrenarmbanduhr um ein ausländisches Erzeugnis handle. Diese bekannte Tatsache habe bei der Behörde als offenkundig zu gelten (§ 98 Abs. 2 FinStrG). Unbedenklich sei ferner die Auskunft des österreichischen Generalvertreters für IWC-Uhren, der Firma C-HandelsGmbH, daß der empfohlene Richtpreis für die Weitergabe dieser Uhr an den Händler in Österreich, also der Einzelhändler-Einstandspreis, im Jahre 1985 167.000 S betragen habe, welcher Betrag bei retrograder Rückrechnung einen Zollwert von 121.384 S ergebe. Unbestritten sei ferner, daß die streitverfangene Herrenarmbanduhr nicht im Verzeichnis der gestohlenen oder entfremdeten Sachen aufscheine, aber auch daß der Beschwerdeführer diese neuwertige Uhr um einen Betrag von etwa 70.000 S von einem nicht ausgeforschten Verkäufer im Inland erworben habe. Allein schon aus diesem Zahlenvergleich erhelle, daß diese Uhr nicht auf zollredliche Weise in das Inland gelangt sein konnte, weil bei einem redlichen Import allein schon Eingangsabgaben aufzuwenden gewesen wären, die sich in ihrer Höhe dem vom Beschwerdeführer aufgewendeten Kaufpreis nähern. Wenn man letztlich den Umstand genauer betrachte, daß es sich um eine neuwertige Herrenarmbanduhr handle, die auf Grund eines Kataloges sogar mit den Details einer Referenznummer bestellt und auch feststellungsgemäß geliefert worden sei, könnten sämtliche Sachverhalte, denen die zunächst zollredliche Einbringung mit anschließender zollredlicher oder sogar auch zollunredlicher Verwendung zugrundelägen, außer Betracht bleiben. Demnach verblieben als denkmögliche Vortaten nur jene Delikte, die in ihrem Wesen das Vorenthalten eines Gegenstandes dem Zollverfahren zum Inhalt haben. Es kämen daher als Vortaten nur die Finanzvergehen des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG oder der Verzollungsumgehung gemäß § 36 Abs. 1 leg. cit. in Frage, wobei unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß hier eine ausländische Ware von vorneherein zu einem Preis bestellt worden sei, der unter keinen Umständen auch ihre Belastung mit inländischen Eingangsabgaben beinhalten konnte, eine fahrlässige Verletzung der Stellungspflicht schon von vorneherein ausgeschieden werden könne. Der Tatbestand der Abgabenhehlerei (§ 37 Abs. 1 lit. a FinStrG) erscheine daher in objektiver Weise erfüllt. Zur subjektiven Tatseite führte die belangte Behörde in der Folge weiter aus, hier wären außer den vorstehenden Erwägungen noch folgende Vorgänge zu würdigen: Der Ankauf der streitverfangenen Herrenarmbanduhr habe in einem Wiener Kaffeehaus von einer Person stattgefunden, die der Beschwerdeführer, aus welchen Gründen immer, nicht zu nennen bereit sei. Es handle sich zweifellos um einen Wertgegenstand, für den weder eine Rechnung oder ein Garantieschein verlangt noch ausgehändigt worden sei. Wenn der Beschwerdeführer, was äußerst unwahrscheinlich sei, den inländischen Verkaufspreis der streitverfangenen Herrenbarmbanduhr schon nicht gekannt habe, so habe er doch gewußt, um das exorbitante "Aufklaffen" von Wert und Kaufpreis, habe er doch seinem nachmaligen Pfandgläubiger einen diesbezüglichen Betrag in Höhe von 100.000 S genannt. In eindrucksvoller Weise sei seine Meinung über den Wert der Uhr später dadurch erhärtet worden, daß er nur für den Einbau eines Gliedes des Armbandes dieser Herrenarmbanduhr einen Betrag in Höhe von 5.000 S habe aufwenden müssen. Allein diese Umstände machten eine andere als vorsätzliche Begehung des Deliktes der Abgabenhehlerei denkunmöglich. Im übrigen habe er anläßlich seiner Vernehmung als Verdächtiger am 14. Feber 1986 zur Niederschrift ein Geständnis abgelegt. Die Abschwächung dieser Verantwortung in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 1987 könne nicht überzeugen. Da seine damalige Verantwortung in ausführlicher Weise zur Niederschrift festgehalten sei und nicht nur aus einer flüchtigen Passage bestehe, sei nicht erkennbar, wie es zu einem allfälligen Mißverständnis bei der Protokollierung seines Geständnisses gekommen sein könnte. Eine absichtliche Falschprotokollierung werde selbst vom Beschwerdeführer aber nicht in Erwägung gezogen. Das Vorliegen des Tatbestandes der vorsätzlichen Abgabenhehlerei erscheine daher nicht nur in objektiver sondern auch in subjektiver Weise erwiesen. Wenn der Beschwerdeführer die Strafbemessung, welche die wiederholte Tathandlung als erschwerend berücksichtigt habe, als fehlerhaft bekämpfe, so übersehe er dabei, daß sich aus dem bekämpften Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz keine Anhaltspunkte für seine Meinung ergäben. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Ansichbringen und Weitergeben von insgesamt 13 Uhren richtig eine wiederholte Tatbegehung zu verantworten. Wenn der Beschwerdeführer vermeine, der (zwingende) Verfallsausspruch (richtig: der Ausspruch der den Fall substituierenden Strafe des Wertersatzes) sei zu Unrecht erfolgt, so übersehe er, daß die zum Zeitpunkt der Begehung der Tat in Geltung gestandene Verfallsregelung des § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 532/1984 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1987, G 114/87 u.a., mit Wirkung vom 31. Juli 1988 aufgehoben worden sei. Diese Vorschrift sei demgemäß unbeschadet der Bestimmung des § 4 Abs. 2 FinStrG auf die vorliegenden Taten des Beschwerdeführers anzuwenden. Das Vorliegen der Verfallsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle werde daher nicht ernstlich bestritten werden können. Aber auch unter dem Gesichtspunkt des § 19 Abs. 1 und Abs. 3 lit. a FinStrG sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Im Gegenstand sei auf die Strafe des Wertersatzes deswegen zu erkennen, weil gemäß § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG im Zeitpunkt der Entscheidung festgestanden sei, daß der Verfall unvollziehbar sei. Die Ausmessung des Wertersatzes sei nach den Bestimmungen des § 19 Abs. 3 FinStrG vorzunehmen, wobei er den Beschwerdeführer ungeteilt treffe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht wegen des ihm angelasteten Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhehlerei für schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, es stehe in keiner Weise fest, daß es sich bei der streitverfangenen Herrenarmbanduhr der Marke IWC-Schaffhausen um eine Ware handle, hinsichtlich der die Vortat des Finanzvergehens des Schmuggels erfüllt worden sei. Aus den vorliegenden Indizien, insbesondere, daß es sich bei der streitverfangenen Herrenarmbanduhr um ein ausländisches Erzeugnis handle, deren Erwerb nicht ordnungsgemäß im Inland erfolgt sei, sowie aus dem Umstand, daß bei einem redlichen Import alleine schon die Eingangsabgaben den vom Beschwerdeführer aufgewendeten Kaufpreis nahekämen lasse sich nicht der Schluß ableiten, daß die streitverfangene Herrenarmbanduhr im Schmuggelwege nach Österreich gekommen sei. Den Beschwerdeführer treffe jedoch auch kein vorsätzliches, sondern höchstens ein leicht fahrlässiges Verhalten. Die Erfüllung der subjektiven Tatseite sei ebenfalls nicht gegeben. Wenn die belangte Behörde demgegenüber vermeine, dies in "freier Beweiswürdigung" feststellen zu können, so liege in Wahrheit ein Ermessensmißbrauch vor, weil mangels entsprechender Beweisergebnisse die bekämpften Feststellungen nicht zuträfen, zumal auch "Indizien" in Wahrheit nicht vorlägen, sondern diese nur Überlegungen der belangten Behörde darstellen weshalb eine Scheinbegründung vorliege.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern (Branntweinaufschlag) oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, oder Erzeugnisse aus Branntwein, hinsichtlich dessen ein solches Finanzvergehen begangen worden ist, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Nach diesem Wortlaut gehört zum Tatbestand der Abgabenhehlerei eine (vollendete) VORTAT in Gestalt eines der erschöpfend aufgezählten Finanzvergehen. Nur solche Sachen können Gegenstand der Abgabenhehlerei sein, die mit dem Makel einer der hier bestimmt bezeichneten Vortaten behaftet sind. Damit setzt die Abgabenhehlerei, wenn - wie im Beschwerdefall - als Vortat ein Schmuggel angenommen wird, jedenfalls die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale dieses Finanzvergehens voraus (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 1986, Zl. 84/16/0166, Slg. Nr. 6110/F, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzieht.

Die Finanzstrafbehörden haben im Beschwerdefall das Vorliegen der Vortat des Schmuggels hinsichtlich der streitverfangenen Herrenarmbanduhr der Marke IWC-Schaffhausen daraus erschlossen, daß es sich bei dieser Uhr unbestrittenermaßen um ein ausländisches Erzeugnis handelt, welches der Beschwerdeführer in einem Wiener Kaffeehaus von einer Person, deren Namen zu nennen, er unter keinen Umständen bereit war, um einen Preis in Höhe von etwa 70.000 S erworben hat, der bei einem redlichen Import allein schon für die darauf entfallenden Eingangsabgaben aufzuwenden gewesen wäre.

Diese Annahme erweist sich als gerechtfertigt. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen vermag den Verwaltungsgerichtshof nicht davon zu überzeugen, daß die belangte Behörde den für ihre Entscheidung relevanten Sachverhalt ungenügend aufgeklärt oder ihre Beweiswürdigung in einer Weise vorgenommen hätte, welche den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig erkennen ließe.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten als erwiesen angenommen werden. Die Finanzstrafbehörde darf hiebei eine Tatsache nur dann als erwiesen annehmen, wenn sie davon überzeugt ist, daß die betreffende Feststellung dem wahren Sachverhalt auch wirklich entspricht; "beweisen" heißt mit anderen Worten, ein Urteil über die Gewißheit des Vorliegens einer entscheidungsrelevanten Tatsache (eben die "Überzeugung" hievon) herbeiführen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1986, Zl. 85/16/0109, Slg. Nr. 6170/F). Gemäß § 98 Abs. 1 FinStrG kommt als Beweismittel im Finanzstrafverfahren unbeschadet des Abs. 4 alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Richtung, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig waren, d.h. ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, Slg. Nr. 11894/A, u.v.a.).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde nach einer gründlichen Auseinandersetzung mit allen aufgenommenen Beweisen ausführlich und schlüssig dargelegt, warum sie der Darstellung des Beschwerdeführers, die streitverfangene Herrenarmbanduhr sei nicht ohne Durchführung eines gesetzlichen Zollverfahrens in das österreichische Zollgebiet eingebracht worden, keinen Glauben geschenkt hat. Schon allein der Umstand, daß es über den Erwerb der streitverfangenen Uhr, der noch dazu in einem Wiener Kaffeehaus stattfand, keine schriftlichen Urkunden gibt, rechtfertigte die Auffassung der belangten Behörde, ebenso aber auch, daß der Beschwerdeführer in Ansehung des Grundsatzes des "nemo tenetur se ipsum vel alterum accusare" sich im Administrativverfahren nicht bereit erklärt hatte, den Verkäufer zu nennen.

Die belangte Behörde durfte daher mit Recht davon ausgehen, daß es der Beschwerdeführer als ein Gebot eigenen Interesses ansehen müßte, den Namen jener Person zu nennen, bei der er die streitverfangene Herrenarmbanduhr zollredlich erworben haben will. Weigert er sich, dies zu tun, ist die Annahme, daß er selbst den Ausgang des Rechtsstreites bei einer derartigen Nennung als für ihn ungünstig beurteilt, nicht abwegig.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist der in der Beschwerde erhobene Einwand einer nicht völligen Aufklärung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde nicht begründet.

Aber auch die Feststellungen der belangten Behörde zur inneren Tatseite halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Die Strafwürdigkeit der Abgabenhehlerei beruht auf dem Umstand, daß durch die Aufrechterhaltung des durch die Vortat (hier: Schmuggel) geschaffenen rechtswidrigen Zustandes die Feststellung der dem Zollverfahren entzogenen eingangsabgabepflichtigen Waren immer schwieriger wird. Das Wesen der Abgabenhehlerei besteht in der Aufrechterhaltung des durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen und somit verpönten Zustandes durch verschiedene, rechtlich aber gleichwertige Verfügungen über eine Sache (Perpetuierungstheorie).

Bei der Beurteilung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Schuldform ist entscheidend, daß - worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht hinweist - der Beschwerdeführer selbst anläßlich seiner am 14. Feber 1986 vor dem Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz erfolgten Vernehmung als Verdächtiger folgendes zur Niederschrift ausführte:

"Es war mir klar, daß die Uhr nicht legaler Herkunft damit meine ich aber nicht gestohlen ist, war und diese keinesfalls versteuert sein konnte. Ich konnte aber laufend sehen, daß derartige Uhren und andere Schmuckstücke im Hotel E gehandelt werden. Es war mir klar, daß ich mich auch dadurch strafbar mache, da es sich auch entweder um eine gegen Mehrwertsteuervergütung ausgeführte Uhr oder um eine unverzollte Uhr handelte."

Ein Geständnis bezieht sich auf Tatsachen und stellt seiner juristischen Natur nach eine einseitige Wissenserklärung dar. Zieht man in Erwägung, daß Angaben bei der ersten Vernehmung erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen und erst eineinhalb Jahre später in der mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe die Haltung geändert worden ist, so widerspricht die Feststellung in der Beweiswürdigung, die Abschwächung der oben wiedergegebenen Verantwortung in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 1987 könne nicht überzeugen, nicht den Denkgesetzen.

Die daraus von den Finanzstrafbehörden gezogene Schlußfolgerung, der Beschwerdeführer habe das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen der Abgabenhehlerei vorsätzlich begangen, ist logisch einwandfrei; dem Schuldspruch nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG haftet kein Mangel an.

Was das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, bei der Strafbemessung hätte der lange Zeitraum von beinahe fünf Jahren, der zwischen der Tat und dem angefochtenen Bescheid verstrichen sei, als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden müssen, ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß er im Administrativverfahren diesbezüglich nichts vorgebracht hat und im übrigen schon deshalb in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein kann, weil auch unter Bedachtnahme auf den Milderungsumstand des § 23 Abs. 2 FinStrG die Finanzstrafbehörden im Ergebnis das Ausmaß der Strafe nicht rechtswidrig festgesetzt haben.

Berechtigung kommt der Beschwerde jedoch insoweit zu, als sie unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt, die Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe hätte beim Ausspruch der den Verfall substituierenden Strafe des Wertersatzes die Bestimmungen des am 1. August 1988, in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988, BGBl. Nr. 414, mit dem das Finanzstrafgesetz (§§ 17 und 19) geändert worden ist, anzuwenden gehabt, weil sie in ihrer Gesamtauswirkung für den Beschwerdeführer günstiger wären.

Insoweit, als der Bescheid erster Rechtsstufe fehlerhaft ist, weil auf den nach § 4 Abs. 2 FinStrG vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich überhaupt nicht Bedacht genommen wurde, ist die Berufungsbehörde verpflichtet, dies in ihrem Abspruch zu ergänzen bzw. richtig zu stellen, weil sie sonst ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Da der angefochtene Bescheid die durch das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988, BGBl. Nr. 414, geschaffene neue Rechtslage überhaupt nicht berücksichtigte, sondern im Gegenteil dazu in der Begründung ausführte, es sei die alte Rechtslage maßgebend, wurde der Beschwerdeführer allein dadurch in seinen Rechten verletzt, weshalb der Bescheid aus diesem Grunde im ausgesprochenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden mußte.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemeinfreie BeweiswürdigungSachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989160212.X00

Im RIS seit

07.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten