TE Vwgh Erkenntnis 1990/4/23 90/12/0091

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Veröffentlicht am 23.04.1990
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Index

L22007 Landesbedienstete Tirol;
L26007 Lehrer/innen Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
BLKUFG Tir 1979 §10 idF 1986/002;
BLKUFG Tir 1979 §14 idF 1986/002;

Betreff

N gegen Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landeslehrer vom 6. April 1988, VC 503/1987, betreffend Kuraufenthalt

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol.

Am 3. Juli 1987 stellte die Beschwerdeführerin an die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landeslehrer einen Antrag auf Gewährung des Kostenersatzes für einen Kuraufenthalt von 21 Tagen in Bad Kreuzen. Diese Kur wurde vom behandelnden Arzt Dr. H am gleichen Tag als zur Besserung und Festigung der Gesundheit, der Dienstfähigkeit bzw. der Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, für notwendig erachtet.

In ihrer Sitzung vom 22. Juli 1987 beschloß die genannte Kommission, den Kostenersatz abzulehnen.

Dieser Beschluß wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27.Juli 1987 mitgeteilt, wobei sich die Kommission auf die "derzeit geltenden Richtlinien" berief und es der Beschwerdeführerin freistellte, binnen zwei Wochen schriftlich unter Anschluß eines ausführlichen Arztberichtes Stellung zu nehmen.

Die Beschwerdeführerin schrieb hierauf am 11. August 1987 der Behörde erster Instanz unter Anschluß einer ärztlichen Bestätigung ihres behandelnden Arztes vom gleichen Tag, sie ersuche um umgehende Gewährung eines Kuraufenthaltes, da nur ein solcher die akut und immer häufiger auftretenden Krankheitssymptome mäßigen, heilen und indikativ vorbeugend für weitere, schwerere gesundheitliche Schädigungen wirken könne.

Dem ärztlichen Attest sind folgende Erkrankungen zu entnehmen:

"1. Labiler Hochdruck (RR - Spitzen bis 190/110), mit rezidivierenden Cephalea und Wetterfühligkeit

2.

Physischer und psychischer Erschöpfungszustand

3.

Belastungsabhängige paroxsysmale Tachykardien

4.

Hypercholesterinamie

5.

Cervikalsyndrom mit rezidivierenden Cervikobrachialgien bds; Myogelose Nacken-Rückenmuskulatur."

Die Beschwerdeführerin habe nach dieser ärztlichen Bestätigung durch ihre bisherigen Kuraufenthalte immer wieder gesundheitliche Besserung und Milderung der Beschwerden erreicht, insbesondere beim letzten Kuraufenthalt in Bad Kreuzen. Ein neuerlicher Kuraufenthalt dort sei ärztlich indiziert, wobei die Kurbehandlung vorbeugend vor Beginn des Schuljahres angezeigt sei.

Gleichzeitig ersuchte die Beschwerdeführerin den zuständigen Sachbearbeiter, ihren Antrag sogleich zu bearbeiten und positiv zu erledigen, um den beabsichtigten Kuraufenthalt am 22. August 1987 antreten zu können.

Die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landeslehrer beschloß in ihrer Sitzung vom 8. September 1987, den Kostenersatz der Kuranwendungen und des Kurarztes nach Tarif zu genehmigen. Mit Schreiben vom 9. September 1987 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, nach den derzeit geltenden Richtlinien könne ein Kostenbeitrag für einen Kuraufenthalt innerhalb von 5 Jahren nur dreimal gewährt werden. Da es sich bei dem Antrag der Beschwerdeführerin um den vierten handle, könnten nur die Kosten für den Kurarzt und Kuranwendungen nach Tarif ersetzt werden.

Mit Schreiben vom 15. September 1987 beantragte die Beschwerdeführerin den Ersatz der gesamten Kosten ihres in Bad Kreuzen vom 23. August bis 12. September 1987 verbrachten Kuraufenthaltes und der Fahrtkosten. Gleichzeitig legte sie eine Bestätigung des Hausarztes vom 14. September 1987 vor, worin ausgeführt wird, der Kuraufenthalt in Bad Kreuzen vom 23. August bis 12. September 1987 sei aus dringender ärztlicher Indikation "absorbiert" worden, da die Krankheitsbeschwerden vor Beginn des Kuraufenthaltes akut "exerzerbiert" seien und der Antritt Ende August 1987 dringend erforderlich gewesen sei. Es handle sich bei diesem Termin um eine Vorwegnahme des Kuraufenthaltes im Frühjahr 1988.

Am 24. November 1987 wurde die Beschwerdeführerin durch den Vertrauensarzt der Behörde untersucht, der folgende Beurteilung vornahm:

"Obengenannte ist eine gesundheitsbewußte Person, die während des ganzen Jahres viele persönliche Initiativen unternimmt, um ihre Beschwerden zu verringern. Diese werden durch Kuranwendungen sicherlich gebessert, und lassen erhoffen, daß der relativ gute Gesundheitszustand wiederum eine zeitlang anhält. Die Notwendigkeit einer Kur besteht nicht, Kuranwendungen bringen den selben Erfolg, zumal sie ganzjährig durchgeführt werden sollten."

Die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landeslehrer wies mit Bescheid vom 4. Februar 1988 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung eines Zuschusses zum Kuraufenthalt und zur Übernahme der Fahrtkosten ab. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, in der Beurteilung des Vertrauensarztes sei dargelegt worden, daß die aufgetretenen Leiden nicht durch einen Kuraufenthalt gebessert werden könnten, sondern daß Kuranwendungen, die ganzjährig durchgeführt werden könnten, den gleichen Erfolg brächten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet ab. Begründend wird dazu im wesentlichen nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Kur im Jahr 1987 angetreten, bevor der Kuraufenthalt bewilligt gewesen sei. Sie habe sich daher des Risikos bewußt sein müssen, daß allenfalls die Kosten der Kur nicht zur Gänze von der Krankenfürsorge der Landeslehrer getragen würden. Das Gutachten des von der Behörde beigezogenen Vertrauensarztes sei ausreichend und schlüssig. Es sei nicht nur eine Untersuchung der Beschwerdeführerin vorgenommen, sondern es seien auch die Schreiben des Hausarztes der Beschwerdeführerin und des Gemeindearztes von Bad Kreuzen berücksichtigt worden. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen, insbesondere der ärztlichen Atteste und des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin, sei eine gutächtliche Äußerung hinsichtlich der Notwendigkeit eines Kuraufenthaltes möglich, auch wenn dieser bereits absolviert gewesen sei. Der Vertrauensarzt sei zu dem Schluß gelangt, daß zwar die Kuranwendungen zielführend seien, aber ein Kuraufenthalt nicht notwendig gewesen noch derzeit notwendig sei. Im Gutachten werde der Schluß gezogen, daß die Notwendigkeit einer Kur nicht bestehe, da Kuranwendungen denselben Erfolg brächten, zumal sie ganzjährig durchgeführt werden sollten. Die von der Beschwerdeführerin genannten Bedenken seien nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Arztes in Zweifel zu ziehen oder den Wert des Gutachtens herabzusetzen. Aufgrund dieser Beurteilung ergebe sich, daß weder die Fahrtkosten noch der Zuschuß zum Kuraufenthalt von der Krankenfürsorge der Landeslehrer zu gewähren seien. Durch den Zeitraum zwischen der Beschlußfassung der Behörde erster Instanz und der Bescheidausfertigung sei die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten beeinträchtigt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Tiroler Beamten- und Lehrer-, Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (BLKUFG), LGBl. Nr. 42/1979, in der Fassung LGBl. Nr. 2/1986, anzuwenden.

Nach § 10 dieses Gesetzes umfaßt die Heilbehandlung alle Maßnahmen, die zur Beseitigung oder Besserung des durch die Krankheit bedingten regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes notwendig sind. Hiezu gehören gemäß lit. c dieses Paragraphen auch Sonderleistungen (§ 14).

§ 14 Abs. 1 BLKUFG lautet:

"Soweit zur nachhaltigen Besserung oder Festigung der Gesundheit, der Dienstfähigkeit oder der Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen,

a)

die Unterbringung in Genesungs- oder Erholungsheimen,

b)

ein Aufenthalt in Heilstätten, Kurbädern, Kurorten oder anderen Erholungsstätten,

              c)              mit den in lit. a und b genannten Aufenthalten verbundene Reisen oder

              d)              häusliche Pflege

notwendig sind, ist hiefür Kostenersatz zu leisten."

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Ersatz notwendiger Kosten des Kuraufenthalts und der Reisekosten im wesentlichen damit begründet, ein Kuraufenthalt sei nicht notwendig gewesen, weil Kuranwendungen ausgereicht hätten. Das Gutachten des Vertrauensarztes vom 25. November 1987 enthält nur die Schlußfolgerung, daß "die Notwendigkeit einer Kur nicht besteht" (gemeint: bestand). Dem Gutachten des Vertrauensarztes läßt sich aber weder eine Aussage darüber entnehmen, daß keine akuten Krankheitszustände vor Kurantritt vorgelegen waren, noch daß bejahendenfalls eine (ganzjährige) Kuranwendung in diesem Fall in gleicher Weise Abhilfe geschaffen hätte. Mit den sachverständigen Äußerungen des Hausarztes der Beschwerdeführerin, wonach sich die Krankheitsbeschwerden vor Beginn des Kuraufenthaltes akut verschlechtert hätten und daher der Antritt der Kur vor Ende August 1987 dringlich erforderlich gewesen sei, setzt sich das Gutachten des Amtssachverständigen überhaupt nicht auseinander.

Schon daraus folgt, daß sich die belangte Behörde mit dem entsprechenden Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend auseinandergesetzt hat und auf Grund einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung zu dem durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht gedeckten Schluß gelangt ist, der Kuraufenthalt der Beschwerdeführerin wäre zur Beseitigung oder Besserung des durch die Krankheit bedingten Körperzustandes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 10 BLKUFG nicht erforderlich gewesen.

Die belangte Behörde hat durch die aufgezeigten Verfahrensmängel Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung ein anderes Ergebnis des Verfahrens nicht auszuschließen ist. Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren, das durch den Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand nicht gedeckt ist, mußte abgewiesen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120091.X00

Im RIS seit

23.04.1990

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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