TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/4 90/09/0071

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Veröffentlicht am 04.05.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs2;
KOVG 1957 §86 Abs1;
KOVG 1957 §95;
VwGG §45 Abs2;

Betreff

N gegen Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Salzburg vom 9. November 1989, Zl. 15/89, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme in einer Angelegenheit der Kriegsopferversorgung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juni 1989 wurde das die Beschwerdeführerin betreffende Verfahren über eine ihr zustehende Zusatzrente ab 1983 rechtskräftig abgeschlossen und dieser Bescheid von der damaligen Vertretung der Beschwerdeführerin am 28. Juni 1989 übernommen.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 5. September 1989 die Wiederaufnahme dieses Verfahrens, weil sie in den Besitz eines neuen Beweismittels gekommen sei, das sie vorher nicht anbieten habe können. Es handle sich um vorgenommene Mietzahlungen für ein näher bezeichnetes Objekt. Diese Zahlungen seien von ihrem früheren Mann geleistet worden. Als Beweis dafür legte die Beschwerdeführerin eine Kopie über die Mieteinnahmen 1982 vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im wesentlichen weiter dargelegt, im Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. September sei nicht angegeben, wann die Beschwerdeführerin in den Besitz des beigelegten Beweismittels gekommen sei bzw. wann sie davon Kenntnis erlangt habe. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe bei inhaltlichen Mängeln von Anträgen auf Wiederaufnahme die Zurückweisung dieser Anträge zu erfolgen. Das Fehlen der Angabe des Zeitpunktes der Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes sei ein solcher inhaltlicher Mangel. Aus diesem Grund sei das Fehlen dieser Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung im Wiederaufnahmeverfahren kein Formgebrechen und daher nicht verbesserungsfähig. Da der Antrag der Beschwerdeführerin keine Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung enthalten habe, sei er wegen inhaltlicher Mängel zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Da die für die Entscheidung maßgebende Frage bereits auf Grundlage des Vorbringens beurteilt werden konnte, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Abstandnahme von der Einleitung eines Vorverfahrens in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 35 VwGG erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich nach ihrem gesamten Vorbringen dadurch beschwert, daß die belangte Behörde ihren Antrag auf Wiederaufnahme mangels Angabe eines Datums, wann sie vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe, zurückgewiesen hat. Sie bringt im wesentlichen vor, die in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründete Rechtsansicht, daß das Fehlen von Angaben über die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages nicht verbessungsfähig sei, finde im § 69 AVG 1950 keine eindeutige Deckung. Aus der Verwendung des Wortes "nunmehr" im Antrag ergebe sich auch ohne Nennung eines bestimmten Tages, daß dieser Antrag innerhalb eines Monates ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes gestellt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, daß der Behörde bei der Behebung von Formgebrechen keine engen Grenzen gesetzt seien und der Sinn des § 13 Abs. 3 AVG darin gelegen sei, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte einer Partei zu gewährleisten, nicht aber darin, durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maße als unbedingt erforderlich einzuschränken. Der Verwaltungsgerichtshof sei in jüngster Zeit von seiner bisherigen Formstrenge, z.B. bei Wiedereinsetzungsanträgen, erfreulicherweise abgegangen, sodaß im Interesse der Durchsetzung von Rechten in einem Rechtsstaat, wozu auch das Recht auf Wiederaufnahme eines Verfahrens gehöre, kein Grund für eine derartige Formstrenge bestehe, die der Öffentlichkeit unverständlich erscheinen müsse und auch nicht notwendig sei.

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Nach § 86 Abs. 1 KOVG 1957 findet das AVG 1950 auch für diesen Rechtsbereich Anwendung. § 69 Abs. 2 AVG 1950 sieht vor, daß der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, einzubringen ist. Diese zweiwöchige Frist ist gemäß § 95 KOVG 1957 auf einen Monat verlängert.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat der Verwaltungsgerichtshof auch in der Rechtsprechung in den letzten Jahren an der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Rechtsansicht festgehalten (vgl. Erkenntnis vom 26. März 1985, Zl. 85/05/0034, Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/17/0083 u.v.a.) und auch ausdrücklich ausgesprochen, daß ein Fehlen von Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages nicht als ein Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG 1950 gewertet werden kann (vgl. Erkenntnis vom 24. April 1974, Slg. N.F. Nr. 8605/A oder Erkenntnis vom 24. Februar 1982, Zl. 81/03/0304). Ein Wiederaufnahmeantrag hat nicht nur den Wiederaufnahmegrund, sondern auch Angaben über die Rechtzeitigkeit der Erhebung des Begehrens zu enthalten (vgl. Erkenntnis vom 15. Juli 1986, Zl. 86/07/079), wobei die Angabe "erst dieser Tage" oder die Verwendung des Wortes "soeben" als Zeitangabe von der Rechtsprechung nicht als hinreichend bezeichnet worden sind. Der Wiederaufnahmeantrag hat vielmehr den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes datumsmäßig oder sonst genau zu enthalten (vgl. Erkenntnis vom 18. November 1981, Zl. 81/03/0168).

Daß der mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesene Wiederaufnahmeantrag diesen Erfordernissen gerecht geworden wäre, behauptet die Beschwerdeführerin gar nicht. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der Verwaltungsgerichtshof aber auch nicht finden, daß durch die Verwendung des Wortes "nunmehr" die Rechtzeitigkeit des Antrages offensichtlich gewesen wäre.

Die nicht hinreichende Darstellung der für die Beurteilung des Antrages entscheidenden Frage des Zeitpunktes der Kenntnisnahme kann ausgehend davon, daß es sich hiebei um den zentralen Inhalt der Regelung überhaupt handelt, und unter Beachtung der genannten Vorjudikatur, nicht als bloßes Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG 1950 gewertet werden. Diese angebliche "Formstrenge" kann aus den genannten Gründen auch nicht mit der in der Beschwerde herangezogenen Reduzierung der Formstrenge bei Wiedereinsetzungsanträgen verglichen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr zur vergleichbaren Regelung des § 45 Abs. 2 VwGG ebenfalls ausgesprochen, daß ein Fehlen entsprechender Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung nicht nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 als bloßes Formgebrechen behandelt werden kann (vgl. Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zlen. 85/17/0083, 0122 u.v.a.)

Ausgehend von diesen Überlegungen mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht verlautbarte Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Inhalt des Wiederaufnahmeantrages Verbesserungsauftrag Ausschluß Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990090071.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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