TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/11 90/18/0004

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Veröffentlicht am 11.05.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §6;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 17. November 1989, Zl. MA 70-9/738/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. November 1989 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 26. August 1988 um

19.47 Uhr in "Wien 23, A 2 Höhe Lichtmast 038" als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges die durch Verkehrszeichen gemäß § 52 Z. 10a StVO 1960 kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erheblich überschritten zu haben, indem er mit ca. 131 km/h gefahren sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung der zitierten Bestimmung der Straßenverkehrsordnung 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt worden ist.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt, wie schon während des Verwaltungsstrafverfahrens, die Auffassung, der Schuldspruch sei rechtswidrig, weil er sich in einem Notstand befunden habe. Er sei nämlich von Frau Z., die einen Asthmaanfall erlitten habe, gebeten worden, möglichst rasch nach Hause gebracht zu werden, weshalb er die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe.

Diesem Vorbringen kommt aus nachstehenden Erwägungen keine Berechtigung zu:

Der Beschwerdeführer hat in seinem Einspruch gegen die wegen desselben Deliktes erlassene Strafverfügung ausgeführt, er habe am Tattag mit Frau Z., der Zulassungsbesitzerin des in Rede stehenden Pkws, eine Schießsportveranstaltung in Brunn am Gebirge besucht. Die Genannte "erlitt dort einen akuten Asthmaanfall. Auf Grund dessen mußte sie umgehend mit Injektionen Volon A 40 versorgt werden. Ich fuhr deshalb Frau Z. auf dem schnellsten Weg in ihre Wohnung Mariahilferstraße 1070 Wien, um ihr die Spritze zu verabreichen. ...".

Gemäß § 6 VStG 1950 ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist.

Darunter kann im Sinne der ständigen hg. Judikatur nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Prugg-Verlag Eisenstadt, 3. Aufl., auf S. 579 wiedergegebene hg. Judikatur).

Der Gerichtshof hält die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Auffassung der belangten Behörde, daß unter diesen Umständen eine Notstandssituation nicht gegeben gewesen sei, und es "das Nächstliegende gewesen wäre, die Rettung zu verständigen, die ja auch in Brunn am Gebirge zur Stelle ist, oder einen Arzt in Brunn aufzusuchen, anstatt das Risiko einer Fahrt nach Wien in die Mariahilferstraße auf sich zu nehmen", für zutreffend. In diesem Zusammenhang ist auf das hg. Erkenntnis vom 3. März 1977, Zl. 641/76, zu verweisen, in welchem der Gerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, daß die Verbringung einer Person in besorgniserregendem Zustand in ein Krankenhaus, ohne die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht eine andere Transportgelegenheit, insbesondere ein Rettungsfahrzeug, das als Einsatzfahrzeug nicht an Beschränkungen der Fahrgeschwindigkeit gebunden ist, zur Verfügung steht, keinen Notstand hinsichtlich der Übertretung der Straßenverkehrsordnung zu begründen vermag. Es fehlen im Beschwerdefall jegliche Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Möglichkeit vom Beschwerdeführer geprüft worden ist.

Dem vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf der Aktenwidrigkeit (die belangte Behörde sei davon ausgegangen, der Asthmaanfall habe sich in Brunn am Gebirge ereignet, wogegen er in seiner Berufung ausgeführt habe, der Anfall sei in Brunn am Gebirge noch nicht so akut gewesen, daß ein Arzt aufgesucht werden mußte, sondern der Zustand habe sich erst auf der Autobahn so weit verschlechtert, daß "eine Furcht um Gesundheit und Leben aufgetreten" sei) ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer in seinem teilweise bereits wörtlich wiedergegebenen Einspruch ausdrücklich erklärt hat, Frau Z. habe "dort", also in Brunn am Gebirge, einen "akuten Asthmaanfall erlitten", wobei der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung (vgl. zum Umfang der Kontrollbefugnis derselben durch den Gerichtshof das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie dieser persönlichen Darstellung des Beschwerdeführers und nicht der von seinem Rechtsvertreter erst in der Berufung vorgebrachten Version gefolgt ist.

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung sohin mit Recht die Einspruchsangaben des Beschwerdeführers zugrunde gelegt, weshalb ihr aber auch nicht der Vorwurf einer im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlichen, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verletzung von Verfahrensvorschriften gemacht werden kann, wenn sie von der Einvernahme der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen Abstand genommen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180004.X00

Im RIS seit

11.05.1990

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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