TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/21 90/12/0126

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Veröffentlicht am 21.05.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/02 Familienrecht;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

B-VG Art7;
EheG §61 Abs3;
PG 1965 §19 Abs4 idF 1985/426;

Betreff

N gegen Bundesminister für Finanzen vom 29. Juli 1986, Zl. 55 5230/2-VI/5/86, betreffend Neubemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten gemäß § 19 des Pensionsgesetzes 1965

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde (einschließlich der vorgelegten Unterlagen) ist im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die 1921 geborene Beschwerdeführerin ist die (erste) frühere Ehefrau des am 10. Februar 1982 verstorbenen Bundesbeamten im Ruhestand Mag. Josef M. Die zwischen den beiden am 27. September 1947 vor dem Standesamt in U geschlossene Ehe war mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Jänner 1969, 14 Cg nn1/68, nach § 49 Ehegesetz aus dem Verschulden des beklagten verstorbenen Beamten geschieden worden.

Aus Anlaß (auch) der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 1982, mit dem im Instanzenzug ihr Versorgungsbezug unter Zugrundelegung des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Jänner 1969 ab 1. März 1982 betragsmäßig in der Höhe von 35 % des Nettobezugs des verstorbenen Beamten monatlich bemessen worden war, beim Verfassungsgerichtshof eingebrachteten Beschwerde leitete dieser von Amts wegen gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG ein Gesetzesprüfungsverfahren ein, hob mit Erkenntnis vom 14. März 1984, G 77/83, 71/84 (= VfSlg. 9995/1984) § 19 Abs. 4 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) (in der Fassung des Art. XXI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 280/1978 und der 6. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 104/1979), als verfassungswidrig und in der Folge den damals angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 26. Juni 1984, B 472/82 = VfSlg. 10076/84, auf.

Im fortgesetzten Verfahren stellte die belangte Behörde mit Bescheid vom 11. Jänner 1985 den Versorgungsbezug der Beschwerdeführerin nach § 19 Abs. 1 PG 1965 (ohne die nach § 19 Abs. 4 in der vorhin zitierten Fassung vorgesehene Beschränkung auf die Höhe der Unterhaltsleistungen am Sterbetag des Beamten - diese Norm war auf die Beschwerdeführerin im Hinblick auf Art. 140 Abs. 7 B-VG nicht anzuwenden) im Ausmaß von 60 v.H. des Ruhegenusses fest, der der ruhegenußfähigen Gesamtdienstzeit des verstorbenen Beamten und der von ihm im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienststand erreichten besoldungsrechtlichen Stellung entsprach.

In diesem Bescheid wies die belangte Behörde im Abschnitt "Sonstiges" darauf hin, daß mit der in Aussicht genommenen Neufassung des § 19 Abs. 4 PG 1965 eine Neubemessung des der Beschwerdeführerin gebührenden Versorgungsgenusses vorzunehmen sein werde, wobei dessen Verringerung zu erwarten sei.

Nachdem § 19 Abs. 4 des Pensionsgesetzes 1965 durch die 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, mit Wirksamkeit vom 1. März 1985 eine neue Fassung erhalten hatte, stellte der Bundesminister für Finanzen mit dem im Instanzenzug erlassenen nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. Juli 1986 fest, daß der Beschwerdeführerin ab 1. März 1985 der Versorgungsbezug in einem betragsmäßig angeführten Ausmaß, und zwar entsprechend ihrem zuletzt gegebenen Unterhaltsanspruch auf 35 % des Nettoeinkommens des früheren Ehemannes, gebühre. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, es gebühre ihr nach wie vor ein Versorgungsbezug in Höhe eines Witwenversorgungsgenusses, lehnte die belangte Behörde im wesentlichen mit der Begründung ab, die hiefür nach § 19 Abs. 4 lit. a PG 1965 (idF der 8. PG-Novelle) erforderliche Tatbestandsvoraussetzung (im Scheidungsurteil enthaltener Ausspruch nach § 61 Abs. 3 Ehegesetz) könne im Hinblick auf die Neuregelung des Ehegesetzes durch Art. II Z. 5 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978, BGBl. Nr. 280, an der die pensionsrechtliche Regelung angeknüpft habe, lediglich von Scheidungsurteilen ab dem 1. Juli 1978 erfüllt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Aus Anlaß (auch) dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend § 19 Abs. 4 PG 1965 ( in der Fassung der 8. Pensionsgesetz-Novelle) ein. Mit Erkenntnis vom 3. März 1989, G 138/88, G 145/88 und G 213/88, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß § 19 Abs. 4 PG 1965 (in der zitierten Fassung) nicht als verfassungswidrig aufgehoben werde. Mit Erkenntnis vom 14. Juni 1989, B 833/86, wies der Verfassungsgerichtshof die (auf Art. 144 Abs. 1 B-VG) gestützte Beschwerde der Beschwerdeführerin ab und trat diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Nach ihrer über Aufforderung ergänzten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Rechtsauffassung widerspreche dem Ehegesetz und den allgemeinen Bestimmungen des Privatrechts. Die frühere (überlebende) Ehegattin, die auf Scheidung aus Verschulden des Ehegatten erfolgreich geklagt habe, werde pensionsrechtlich schlechter gestellt als jene Frau, die auf die Klage ihres (in der Folge verstorbenen) Ehegatten gemäß § 55 Abs. 3 Ehegesetz gewartet habe und die Scheidung nicht mehr habe verhindern können. Eine solche moralisch unvertretbare Bevorzugung des Staates (als Pensionszahler) sei mit § 7 ABGB, der auch für das öffentliche Recht Geltung habe, nicht vereinbar und stelle eine "Rechtswidrigkeit infolge Verletzung einer natürlich moralisch zu interpretierenden Rechtslage" im Scheidungsrecht dar. Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß die Vorgänge bei der Ehescheidung und die dahinterliegenden "moralischen und utilitaristischen Erwägungen" nicht untersucht worden seien.

Diesem Vorbringen ist es verwehrt, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

§ 19 Abs. 4 erster und zweiter Satz PG 1965 in der Fassung der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, lauten:

"(4) Der Versorgungsbezug - ausgenommen die Ergänzungszulage und die Hilflosenzulage - darf die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn

a) das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes enthält,

b)

die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert und

c)

der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr vollendet hat."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 1989, Zl. 89/12/0141, ausgeführt hat, ist ausgehend vom klaren und zu keinem Zweifel Anlaß gebenden Wortlaut des § 19 Abs. 4 lit. a PG 1965, der insbesondere auch eine Bedachtnahme auf eine etwa dem Sinne nach gleichartige Feststellung ausschließt, ein Ausspruch nach § 61 Abs. 3 Ehegesetz nur für NACH DEM 1. JULI 1978 ergangene Scheidungsurteile von Bedeutung. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von seiner Auffassung auf Grund der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken abzugehen, zumal gegen die bestehende Rechtslage (unterschiedliche unterhalts- und pensionsrechtliche Folgen für den schuldlos geschiedenen Ehepartner) wegen der auf völlig unterschiedlichen Rechtsgedanken beruhenden Scheidungstypen (Verschuldensscheidung - Zerrüttungsscheidung) unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1989, G 138/88 u.a.).

Im Beschwerdefall stammt das Scheidungsurteil der Beschwerdeführerin vom 21. Jänner 1969. Die Beschwerdeführerin konnte daher vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtslage eine der drei erforderlichen Voraussetzungen, die für die Erhöhung des Versorgungsbezuges nach § 19 Abs. 4 zweiter Satz PG 1965 gegeben sein müssen, nicht erfüllen. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf die Beschwerdeführerin die Bestimmung des § 19 Abs. 4 erster Satz PG 1965 angewendet hat.

Da die Beschwerde ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist sie in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bezüglich der in diesem Erkenntnis zitierten, nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120126.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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