TE Vwgh Erkenntnis 1990/5/23 89/01/0424

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Veröffentlicht am 23.05.1990
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Index

60/03 Kollektives Arbeitsrecht;

Norm

ArbVG §4 Abs2 Z3;
ArbVG §4 Abs2;

Betreff

N-Vereinigung gegen Bundeseinigungsamt beim Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 4. Oktober 1989, Zl. 11/BEA/1989-8 betreffend Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 26. Mai 1989 die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit und brachte dazu im wesentlichen folgendes vor:

Sie sei eine Interessenvertretung von Arbeitgebern des Beherbergungsgewerbes und verfüge zum Zeitpunkt der Antragstellung über 812 ordentliche Mitglieder aus dem Bereich der "Drei- bis Fünf-Stern-Hotellerie". Auf der Grundlage einer gemeinsamen Anzahl von etwa 78.000 angebotenen Betten könne unter Anwendung des brachenüblichen Bettenschlüssels ein Mitarbeiterstand von mindestens 30.000 angenommen werden. Dies entspreche 86,5 % aller in Hotels unselbstständig Beschäftigten und etwa 43,8 % der in allen Beherbergungsbetrieben unselbständig Beschäftigten, wie etwa einem Viertel aller Arbeitnehmer des gesamten Hotel- und Gastgewerbes.

Ihre Tätigkeit erstrecke sich in räumlicher Hinsicht auf das ganze Bundesgebiet, in fachlicher Hinsicht auf die allgemeine Interessenvertretung gegenüber öffentlichen und privaten Institutionen, auf die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern und Unternehmern sowie auf ein umfangreiches Dienstleistungsangebot für die Mitglieder. In den Statuten sei festgelegt, daß die Regelung von Arbeitsbedingungen und der Abschluß von Kollektivverträgen zu ihren statutenmäßigen Aufgaben gehören. Auf Grund der Betriebssystematik des Österreichischen Statistischen Zentralamtes, die zuletzt 1983 für das Beherbergungs- und Gaststättengewerbe erhoben worden sei, gebe es in Österreich 2.636 Hotels mit insgesamt 38.000 Beschäftigten im Jahresdurchschnitt, darunter 34.706 unselbständig Beschäftigten. Im selben Jahr habe es in Österreich insgesamt 21.384 Betriebe des Beherbergungsgewerbes mit im Jahresdurchschnitt insgesamt 98.716 Beschäftigten gegeben, davon 68.563 Unselbständigen. Nach der Arbeitsmarktstatistik des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger aus dem Jahr 1987 seien im November dieses Jahres im gesamten Beherbergungs- und Gaststättengewerbe

94.178 Beschäftigte und im August desselben Jahres

134.438 Beschäftigte tätig gewesen. Bezogen auf den 11. August 1989 seien 850 Betriebe Mitglieder der Beschwerdeführerin und die Anzahl ihrer Mitarbeiter auf 31.000 zu schätzen gewesen.

Die belangte Behörde holte Stellungnahmen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, des Österreichischen Arbeiterkammertages und der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft ein. Der Österreichische Gewerkschaftsbund bezweifelte, ob die Beschwerdeführerin in ihrer auf Vertretung der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig werde, weil sie nur für Drei-, Vier- und Fünf-Stern-Hotels Mitgliedschaften vorsehe, anderen Teilen des Beherbergungsgewerbes hingegen die Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin versagt sei. Der Österreichische Gewerkschaftsbund erachtete auch die wirtschaftliche Bedeutung der Beschwerdeführerin für unzureichend. Nach der Statistik "Die gewerblichen Beherbergungsbetriebe Österreichs nach Kategorien für das Jahr 1988" des Österreichischen Statistischen Zentralamtes bestünden 6.188 Hotelbetriebe in der Kategorie Drei- bis Fünf-Sterne. Unter Einbeziehung der anderen Kategorien komme man aber auf mehr als 20.000 Betriebe, weshalb eine maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung der Beschwerdeführerin zweifelhaft sei.

Der Österreichische Arbeiterkammertag bezweifelte ebenfalls die maßgebende wirtschaftliche Bedeutung der Beschwerdeführerin, weil sie nur etwa ein Drittel aller in der Hotelbranche tätigen Unternehmen vertrete. Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft sprach sich gegen die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit an die Beschwerdeführerin aus, weil es an der Zielsetzung fehle, in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig zu werden und nur Hotels der Drei- bis Fünf-Stern-Kategorien Mitglieder der Beschwerdeführerin seien. Der Umfang der Zielsetzung sei aber an der Gesamtheit der gewerblichen Beherbergungsbetriebe zu beurteilen. Es fehle überdies an der maßgeblichen wirtschaftlichen Bedeutung, weil auf ganz Österreich bezogen nach den Erhebungen des Fachverbandes der Hotel- und Beherbergungsbetriebe aus dem Jahr 1987 der Mitgliederstand der Beschwerdeführerin 764 betragen habe, was nur 3,8 % der im Fachverband der Beherbergungsbetriebe zusammengeschlossenen

20.343 Unternehmungen ausmache. In einzelnen Bundesländern (ausgenommen Wien) liege der Organisationsgrad gemessen an der Zahl der Mitgliederbetriebe im Vergleich zur Gesamtzahl der Beherbergungsbetriebe zwischen 2,4 und 9,7 %. Die Zahl der Arbeitnehmer in den Betrieben der Beschwerdeführerin betrage

20.800 gegenüber einer Gesamtbeschäftigtenzahl von durchschnittlich 115.000 im gesamten Bereich des Beherbergungsgewerbes. Überdies fehle es an der Gegnerunabhängigkeit der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Statuten.

Die Beschwerdeführerin selbst wies darauf hin, daß die Betriebssystematik des Österreichischen Statistischen Zentralamtes aus dem Jahr 1983 stamme, seither sei die Hotelanzahl gewachsen und man habe diese Zahlen hochgerechnet. Die Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer sei auf Grund des Bettenschlüssels erfolgt. Ordentliche Mitglieder bei ihr könnten nur Betriebe sein, und zwar unabhängig von ihrer Rechtsform. 60 % der Arbeitnehmer seien Saisonkräfte. Im November würden im Durchschnitt 40 % der Arbeitnehmer beschäftigt. In der Zahl der Mitgliedsbetriebe seien auch Kurhotels beinhaltet, aber auch Beherbergungsunternehmen, die sich noch als Gasthöfe oder Pensionen bezeichneten.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ab und argumentierte dabei - ohne daß gesonderte Tatsachenfeststellungen getroffen worden wären - rechtlich im wesentlichen wie folgt:

Es bestehe an der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 Z. 1 und 4 ArbVG kein Zweifel. Hingegen lägen die Voraussetzungen nach Z. 2 und 3 leg. cit. nicht vor. Die Voraussetzung der maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung der Beschwerdeführerin dürfe nicht isoliert betrachtet werden, sondern in Verbindung mit der Zielsetzung, die auf ein Tätigwerden in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich gerichtet sein müsse. Da sich die Zielsetzungen der Beschwerdeführerin und ihre tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten auf das gesamte Bundesgebiet erstreckten, bestehe an der umfassenden räumlichen Zielsetzung zwar kein Zweifel, hingegen sei eine auf Hotels nur einer bestimmten Kategorie eingeschränkte Zielsetzung in fachlicher Hinsicht nicht als "umfassend" zu bezeichnen. Tätigkeiten, wie sie in Hotels dieser Kategorien ausgeübt würden, seien in gleicher Weise auch in anderen Hotels, Gasthöfen und sonstigen Beherbergungsbetrieben, aber auch in Restaurants und Gaststättenbetrieben zu verrichten (Kellner, Köche, Zimmerpersonal udgl.). Die Beschwerdeführerin wolle nach ihren Zielsetzungen nur die Arbeitsbedingungen eines Teiles des gastgewerblichen Personals regeln, das in diesem Wirtschaftsbereich beschäftigt sei. Ihre Zielsetzung beschränke sich daher nur auf die Regelung von Arbeitsbedingungen von maximal 20 % des in Frage kommenden Personals dieses Wirtschaftszweiges, die in Frage kommenden Arbeitgeber machten gar nur rund 4 bis 5 % der Gesamtheit der Arbeitgeber im Wirtschaftszweig aus. Die belangte Behörde erachtete daher die Zielsetzung der Beschwerdeführerin, in einem größeren fachlichen Wirkungsbereich tätig zu werden, für nicht gegeben und, davon abgesehen, auch die Voraussetzung einer maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung nicht für erfüllt. Man dürfe nämlich die Beschwerdeführerin nicht bloß zur Gesamtheit aller Hotels in Relation setzen, sondern vielmehr in Anlegung eines umfassenderen Prüfungsmaßstabes zum gesamten Wirtschaftszweig des Beherbergungs- und Gastgewerbes. Unter diesem Gesichtspunkt ergebe sich eine Mitgliederzahl von 856 Betrieben bei der Beschwerdeführerin, der 21.384 Betriebe des Beherbergungsgewerbes gegenüber stünden. Daraus ergäbe sich für die Beschwerdeführerin eine Größe von 4 %. Bei der Anzahl der Arbeitnehmer, die in Betrieben beschäftigt seien, die von der Beschwerdeführerin vertreten würden, sei die Relation für die Beschwerdeführerin zwar günstiger, doch komme gerade bei einer Arbeitgebervereinigung der Arbeitnehmeranzahl im Vergleich zur Mitgliederzahl eine geringere Bedeutung zu. Der Fachverband Gastronomie habe aber im Jahr 1987 38.634 Mitgliedsbetriebe, der Fachverband der Hotel- und Beherbergungsbetriebe im gleichen Jahr 22.042 Mitgliedsbetriebe gehabt.

Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Beschäftigtenzahlen könnten nur mit einem gewissen Vorbehalt zur Kenntnis genommen werden, da sie auf einer "Umrechnung aus dem Bettenschlüssel" stammten. Es sei der Beschwerdeführerin zuzugeben, daß Hotels höherer Kategorien naturgemäß einen höheren Anteil an Arbeitnehmern hätten, es scheine "doch nicht recht glaubhaft", daß die rund 850 Hotels, die Mitglieder der Beschwerdeführerin seien, 31.000 Arbeitnehmer beschäftigten und die restlichen 1.700 bis 1.800 Hotels zusammen lediglich 3.000. Die belangte Behörde folge daher insoweit den Angaben der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit und darauf verletzt, daß die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sorgfältig berücksichtigt würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ArbVG sind die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufsvereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer kollektivvertragsfähig, welche

1. sich nach ihren Statuten zur Aufgabe stellen, die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln;

2. in ihrer auf Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig werden;

3. vermöge der Zahl der Mitglieder und des Umfanges der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben;

4. in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sind.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die von der belangten Behörde verneinten Voraussetzungen der Z. 2 und 3 im vorstehenden Sinn bei der Beschwerdeführerin gegeben sind oder nicht.

Was zunächst die Frage des "größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereiches" (Z. 2 leg. cit.) anlangt, die von der belangten Behörde im Zusammenhang mit dem von der Z. 3 leg. cit. geforderten Kriterium der "maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung" behandelt wurde, bejahte der angefochtene Bescheid zu Recht das Vorliegen des größeren räumlichen Wirkungsbereiches, weil sich die Aktivitäten der Beschwerdeführerin auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken, verneinte aber den "größeren fachlichen Wirkungsbereich" der Beschwerdeführerin; dies mit der Begründung, daß eine auf Hotels einer bestimmten Kategorie eingeschränkte Zielsetzung in fachlicher Hinsicht nicht als "umfassend" zu bezeichnen wäre.

Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht zu folgen:

In der Literatur wurde schon mehrfach ausgesprochen (vgl. Weißenberg-Cerny, Arbeitsverfassungsgesetz 43, 44 und Grillberger, Voraussetzungen der Kollektivvertragsfähigkeit freier Berufsvereinigungen, ZAS 1984, 92 ff insbesondere 94), daß die Voraussetzung eines größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereiches vom Gesetzgeber des Arbeitsverfassungsgesetzes aus dem Kollektivvertragsgesetz (§ 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b) entnommen wurde. Die Materialien zum Arbeitsverfassungsgesetz lassen erkennen, daß man diesbezüglich an die Rechtslage unter dem Kollektivvertragsgesetz 1947 anknüpfen und mit der entsprechenden Regelung erklärtermaßen die Absicht verfolgen wollte, UNBEDEUTENDE SPLITTERGRUPPEN von der Kollektivvertragsfähigkeit auszuschließen (vgl. dazu insbesondere auch 285 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates V. GP Seite 11). Weder dem Gesetzestext noch den zitierten Materialien ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber für die Erfüllung des § 4 Abs. 2 Z. 2 ArbVG verlangt, die entsprechende Berufsvereinigung müsse eine "umfassende" Organisation der Angehörigen eines bestimmten Berufs- oder Wirtschaftszweiges darstellen. Im Gegenteil, gerade durch die Verwendung des Begriffes "größerer Wirkungsbereich" wird durchaus ein entsprechender Spielraum eröffnet. Schon dadurch, daß die belangte Behörde in rechtlicher Beurteilung das Vorliegen eines größeren fachlichen Wirkungsbereiches der Beschwerdeführerin mit dem Argument verneinte, es liege bei ihr keine "umfassende" Zielsetzung im Hotelbereich vor, hat sie ihren Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Bei richtiger Betrachtung der Problematik hätte die belangte Behörde beachten müssen, daß nach der von Grillberger (aaO) vertretenen Meinung - welcher der Verwaltungsgerichtshof beitritt - die Kollektivvertragsfähigkeit auch Organisationen zukommen soll, die nach anderen Kriterien als dem der vollständigen Zusammenfassung aller Angehörigen eines bestimmten Wirtschaftszweiges aufgebaut sind. Was für die von Grillberger gebrachten beiden Beispiele etwa der Zusammenfassung weiblicher oder jugendlicher Arbeitnehmer gilt, hat auch im vorliegenden Fall für die Beschwerdeführerin als eine Organisation der in Österreich bestehenden, gehobenen Hotellerie zu gelten, die insoweit auch schon rein sprachlich als eine eigene Branche angesehen werden kann, der gegenüber dem Bereich der sonstigen Hotels durchaus die Verfolgung eigener Interessen auch auf dem Gebiete der Regelung von Arbeitsbedingungen für das dort tätige Personal zugebilligt werden kann.

Davon ausgehend hätte die belangte Behörde in der Folge bei dem gesondert zu beurteilenden Problem der "maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung" gemäß § 4 Abs. 2 Z. 3 ArbVG ebenfalls beachten müssen, daß auch dieses Kriterium - sowie die Vorschrift der Z. 2 leg. cit. - nur das Ziel verfolgt, "kleinere Berufsvereinigungen" von der Kollektivvertragsfähigkeit auszuschließen (Grillberger aaO 95). Ob es sich nun bei der Beschwerdeführerin im einzelnen nur um eine solche "kleinere" Vereinigung handelt, oder ob ihr jene Bedeutung zukommt, die - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 24. November 1982, Zl. 3355/79, Slg. N.F. 10.896/A, und vom 13. Februar 1958, Zl. 3033/55, Arb. 6830 klargestellt hat - zufolge ihres Mitgliederstandes und Tätigkeitsumfanges ein GESAMTWIRTSCHAFTLICH FÜHLBARES GEWICHT darzustellen vermag, hätte die belangte Behörde nicht - wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt - nur im Wege der Wiedergabe der Argumente der Gegner der Beschwerdeführerin (nämlich derjenigen Institutionen, die sich im Verwaltungsverfahren gegen die angestrebte Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit an die Beschwerdeführerin ausgesprochen haben) entscheiden dürfen, sondern hätte es dazu konkreter, im einzelnen nachprüfbarer Tatsachenfeststellungen auf Grund eines (transparenten) entsprechenden Ermittlungsverfahrens bedurft. Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Vorgangsweise ganz offensichtlich zu sehr von der Überlegung leiten lassen, daß zu vermeiden sei, dem Zusammenschluß einiger weniger großer Unternehmen die Kollektivvertragsfähigkeit zuzuerkennen (vgl. Seite 8 Abs. 1 des angefochtenen Bescheides) und sich damit in Widerspruch zur Praxis des Obereinigungsamtes gesetzt, welches z.B. einem Verband Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannte, dem zur Zeit der Antragstellung insgesamt nur zwei Arbeitgeber angehörten (vgl. das von Grillberger aaO 95 in FN 22 gebrachte Beispiel aus der Judikatur des Obereinigungsamtes, ZAS 1973/15).

Abschließend sei darauf hingewiesen, daß sowohl die von der Beschwerdeführerin als auch von ihren Gegnern ins Spiel gebrachten Zahlen und Prozentsätze durch geeignete Ermittlungen feststellbar sind. Eine verläßliche, einer Nachprüfung zugängliche Beurteilung des Vorliegens der vom Gesetz geforderten "maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung" der Beschwerdeführerin ist erst anhand des Vorliegens der dazu erforderlichen exakten Tatsachengrundlage möglich.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010424.X00

Im RIS seit

23.05.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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