TE Vfgh Beschluss 1987/10/14 B993/87, B994/87

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Veröffentlicht am 14.10.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
AVG §63 Abs2

Leitsatz

Als "Verfahrensanordnung" bezeichnete, aber eine meritorische Erledigung der Gewerbebehörde 1. Instanz darstellende Erledigung - ein Bescheid; jedoch Zurückweisung der Beschwerde mangels Erschöpfung des Instanzenzuges

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den VwGH werden abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Judenburg als Gewerbebehörde 1. Instanz erließ am 12. August 1987 nachstehende Erledigung:

"Gemäß §§39, 52 Abs2 und 63 Abs2 AVG 1950, BGBl. Nr. 172 ergeht im Verfahren betreffend gewerbebehördliche Genehmigung der Sulfatzellstoffanlage in Pöls zur Beurteilung der Gesamtanlage nachstehende

Verfahrensanordnung

Zur weiteren notwendigen Beurteilung der emissionsseitigen Auswirkungen der Rindenverwertungsanlage, bestehend aus den Teilbereichen Rindenlager, Vergasungsanlage, Rindentrockner und Dampferzeuger (näher beschrieben auf den Seiten 24 bis 27 40 und 41 der ha. Verhandlungsschrift vom 2. bis 6.6.1986), der Auswirkungen des Einsatzes von Rindengas im Kalkofen sowie zur Optimierung des Betriebes wird ein neuerlicher bis 31. Dezember 1987 befristeter Versuchsbetrieb dieser Anlage zugelassen.

Dieser Versuchsbetrieb darf nur bei Einhaltung der nachstehenden Auflagen durchgeführt werden:....."

In der Begründung wurde ua. ausgeführt, daß - wie in den bereits vorangegangenen Verfahrensanordnungen der BH Judenburg vom 22.12.1986 und 24.4.1987 dargelegt worden sei - eine Gesamtbeurteilung der Sulfatzellstoffanlage und die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung noch nicht durchgeführt werden konnte. Der zuletzt zugelassene Versuchsbetrieb sei bis zum 30.6.1987 befristet gewesen.

Die bel. Beh. begründet die prozessuale Form der getroffenen Erledigung mit der Ansicht des VwGH, wonach nur die gesamte Betriebsanlage und nicht einzelne Teile derselben gewerbebehördlich genehmigt werden könnten, sodaß eine Genehmigung eines Probebetriebes gemäß §78 Abs2 GewO für den in Rede stehenden Betriebsanlagenteil nicht in Frage käme.

Die Erledigung schließt mit der Rechtsmittelbelehrung, wonach gem. §63 Abs2 AVG 1950 eine abgesonderte Berufung nicht zulässig sei und die vorliegende Verfahrensanordnung erst in einer etwaigen Berufung gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid bekämpft werden könne.

2. Gegen diesen Verwaltungsakt wenden sich die vorliegenden beim VfGH zu B993/87 und B994/87 protokollierten und auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung diverser verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Aufhebung der als (Bewilligungs-)Bescheid qualifizierten Erledigung begehrt wird. Weiters wird jeweils die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie für den Fall, daß die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht vorliege, die Abtretung der Beschwerden an den VwGH, beantragt.

II. Über die Beschwerden wurde erwogen:

1. Nach Art144 Abs1 B-VG erkennt der VfGH ua. über Beschwerden gegen - letztinstanzliche - Bescheide von Verwaltungsbehörden.

2. Bei dem bekämpften Verwaltungsakt handelt es sich um eine von der bel. Beh. als "Verfahrensordnung" bezeichnete Verfügung, die ihrem wahren Gehalt nach eine meritorische Erledigung darstellt, die - entgegen der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung - im Instanzenzug bekämpft werden kann.

Dieser Verwaltungsakt ist daher ein Bescheid.

Trotz dieser Wertung der angefochtenen Erledigung vom 12.8.1987 als Bescheid sind die Beschwerden mangels Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges unzulässig (vgl. VfGH 22.11.1985 B535/85).

Die Beschwerden sind daher zurückzuweisen.

3. Die Eventualanträge der Bf. auf Beschwerdeabtretung an den VwGH waren abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur für den - hier nicht zutreffenden - Fall einer abweisenden Sachentscheidung des VfGH vorgesehen ist, nicht hingegen bei Zurückweisung einer unzulässigen Beschwerde (vgl. z.B. VfGH vom 22.11.1985, B536/85).

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch ein Abspruch über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden.

4. Diese Entscheidung konnte gem. §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Bescheidbegriff, Verfahrensanordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B993.1987

Dokumentnummer

JFT_10128986_87B00993_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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