TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/19 89/04/0243

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §58;
AVG §59 Abs1;
AVG §59 Abs2;
GewO 1973 §360 Abs2 idF 1988/399;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

1.) N-GesmbH 2.) N gegen Landeshauptmann von Oberösterreich vom 17. September 1989, Zl. Ge-7330/3-1989/Sch/TH, betreffend Maßnahme gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. Juli 1989 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land "gemäß § 360 Abs. 2

Gewerbeordnung 1973 ... für den Betrieb der

Chemisch-Reinigungsanlage in X" mehrere Maßnahmen. Im Vorspruch dieses Bescheides wird der Bescheidadressat bezeichnet wie folgt:

"N-GesmbH bzw. N, Betriebsanlage für Chemisch-Reinigung X Laut der diesem Bescheid angeschlossenen Zustellverfügung

in Verbindung mit den im Akt erliegenden Rückscheinen wurde dieser Bescheid sowohl der N-GesmbH als auch N persönlich zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer (getrennte) Berufungen, welche der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 17. September 1989 gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 als unbegründet abwies. In der Begründung dieses Bescheid führte der Landeshauptmann zum Vorbringen der Beschwerdeführer, im erstinstanzlichen Bescheid sei der Bescheidadressat unrichtig bezeichnet, aus, dem Verfahrensakt sei zu entnehmen, daß Betreiberin der gegenständlichen Anlage die Erstbeschwerdeführerin sei; gewerberechtlicher Geschäftsführer sei der Zweitbeschwerdeführer. Adressat der Verfügung sei somit die Erstbeschwerdeführerin; die Zustellung einer Bescheidausfertigung an den gewerberechtlichen Geschäftsführer werde als nicht rechtswidrig erkannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer "in ihrem subjektiven öffentlichen Recht, nicht Normadressat einer Maßnahme nach § 360 Gewerbeordnung (N-GesmbH) zu sein und in ihrem subjektiven Recht, daß ihnen keine einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme nach § 360 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 auferlegt wird, verletzt". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes tragen die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, die belangte Behörde habe dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid zum Zwecke des Grundwasserschutzes erließ, eine sachliche Zuständigkeit in Anspruch genommen, welche ihr in Wahrheit nicht zukomme. Denn die Belange des Gewässerschutzes seien im Wasserrechtsgesetz geregelt. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides machen die Beschwerdeführer unter anderem geltend, Betreiber der in Rede stehenden Betriebsanlage sei der Zweitbeschwerdeführer. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht gegen die Erstbeschwerdeführerin eine Maßnahme nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 gesetzt.

Gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, hat die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nichtgenehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen.

Die belangte Behörde erließ den angefochtenen Bescheid nach der Begründung des erstbehördlichen Bescheides, die die belangte Behörde zur Gänze übernahm, "um gesundheitliche Gefahren für die Bewohner der Liegenschaft und um Grundwasserverunreinigungen zu verhindern". Da nach dem diesbezüglich eindeutigen Gesetzeswortlaut Zweck der Regelung des § 360 Abs. 2 leg. cit. auch die Abwehr von Gefahren für die Gesundheit von Menschen ist, nahm die belangte Behörde nicht zu Unrecht ihre Zuständigkeit zur Erlassung der in Rede stehenden Maßnahme in Anspruch. Daß die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides außerdem ins Treffen führte, daß sie bei ihrer Entscheidung auch Gesichtspunkte des Gewässerschutzes berücksichtigte, vermag daran nichts zu ändern. Die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch auf Grund folgender Überlegungen als rechtswidrig:

In den die Erlassung von Bescheiden regelnden Bestimmungen der §§ 58, 59 und 18 Abs. 4 AVG 1950 ist zwar eine Pflicht der Behörde, im Bescheid den Adressaten zu nennen, ausdrücklich nicht geregelt. Diese Pflicht ergibt sich aber dennoch zwingend aus den sachlichen Gegebenheiten, nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Es genügt allerdings, wenn die Behörde den Verpflichteten im Spruch zunächst nur abstrakt bezeichnet, dann aber in der Zustellungsverfügung diejenige physische oder juristische Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1970, Slg. N.F. Nr. 7703/A).

Gegen diese Verpflichtung verstößt der angefochtene Bescheid indem die belangte Behörde durch gänzliche Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides die entsprechenden Bezeichnungen im erstbehördlichen Bescheid zum Inhalt auch des angefochtenen Bescheides erhob. Aus der Anführung beider Beschwerdeführer unter Verwendung des Wortes "beziehungsweise" ist nicht erkennbar, welchen der beiden Beschwerdeführer die belangte Behörde als Bescheidadressaten in Anspruch nahm. Aus der dem erstbehördlichen Bescheid angeschlossenen Zustellverfügung, wonach der erstbehördliche Bescheid beiden Beschwerdeführern zuzustellen war, ist keine weitere Aufklärung zu gewinnen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenInhalt des Spruches Anführung des BescheidadressatenVerfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040243.X00

Im RIS seit

27.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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