TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/20 89/13/0142

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Veröffentlicht am 20.06.1990
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80;
BAO §81;
BAO §82;
BAO §83;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §18;
GmbHG §25;

Betreff

B gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Mai 1989, GZ. GA 7 - 1111/89, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO,

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluß der Gesellschafter der M GesmbH vom 25. Juni 1987 wurde der Beschwerdeführer zusammen mit S zum Geschäftsführer der genannten Gesellschaft bestellt. In dem Beschluß wird zum Ausdruck gebracht, daß die GesmbH durch die beiden "Geschäftsführer gemeinsam oder einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten" werde. Mit Schreiben vom 30. März 1988 wurde dem zuständigen Kreisgericht

Wiener Neustadt die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers mitgeteilt.

Mit Haftungsbescheid vom 5. Dezember 1988 nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der M GesmbH im Ausmaß von S 55.904,-- in Anspruch. Dieser Betrag setzt sich - wie sich aus der im Verwaltungsakt befindlichen Aufgliederung ergibt - wie folgt zusammen:

Lohnsteuer 8, 10, 11/87  S 26.478,--

DB 8, 10, 11/87          S  8.780,--

DZ 8, 10, 11/87          S    780,--

Säumniszuschlag          S  1.002,--

Umsatzsteuer 9, 11/87    S 18.864,--.

Innerhalb offener Frist erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher er im wesentlichen ausführte:

Die M GesmbH stehe zu 100 % im Eigentum der ML, London. Am 25. Juni 1987 seien er und S in einer "Blitzaktion" zu Geschäftsführern der österreichischen GesmbH bestellt worden. Dabei habe ihnen der Geschäftsführer des englischen Unternehmens erklärt, daß es sich hiebei "nur um einen vorübergehenden Zustand" handle. Der Beschwerdeführer habe die Berufung zum Geschäftsführer annehmen müssen, weil er sonst seinen Arbeitsplatz als Angestellter der M GesmbH wegen Einstellung derselben verloren hätte. In der Folge seien sodann alle Waren und finanziellen Mittel regelmäßig vom Ausland aus zur Verfügung gestellt worden. Ab September 1987 jedoch hätte sich diese Zurverfügungstellung immer mehr verringert, bis sie schließlich zur Gänze beendet worden wäre.

Im Innenverhältnis habe der Beschwerdeführer keine Befugnisse eingeräumt erhalten. Seine Tätigkeit sei eine völlig untergeordnete gewesen. Er habe die Arbeit als Geschäftsführer mit 30. März 1988 eingestellt und dies auch dem zuständigen Gericht mitgeteilt. Tatsächlich habe er aber bereits im Dezember 1987 keine Geschäftsführertätigkeit mehr ausgeübt.

Nach Abweisung dieses Rechtsmittels mit Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt, beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte begründend im wesentlichen aus:

Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, es seien ihm keine Mittel zur Erfüllung der bestehenden Abgabenverpflichtungen zur Verfügung gestanden und er sei "zur Übernahme der Geschäftsführertätigkeit gezwungen worden, weil er sonst seine Beschäftigung verloren hätte", sei zu bemerken, daß ihm durch die Bestellung zum Geschäftsführer auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen übertragen worden sei. Allfällige Beschränkungen des Beschwerdeführers im Innenverhältnis reichten nicht aus, um ihn vom "Vorwurf der Nichterfüllung seiner Pflichten zu befreien".

Die im erstinstanzlichen Haftungsbescheid zur Zahlung vorgeschriebenen Steuern beträfen überwiegend lohnabhängige Abgaben. Die Nichteinbehaltung und Nichtabführung der Lohnsteuer, die auf den ausgezahlten Arbeitslohn entfiele, könne nicht damit entschuldigt werden, daß die Geldmittel nicht ausgereicht hätten; denn wenn die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens "nur die Zahlung von Vorschüssen oder Teilbeträgen zuläßt, muß bei jeder dieser Zahlungen die darauf entfallende Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden".

Dieser im § 78 EStG 1972 normierten Verpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen, sodaß das Finanzamt zu Recht zu dem Schluß gelangt sei, der Beschwerdeführer habe seine Pflichten als Geschäftsführer nicht erfüllt.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, aus dem Entgelt, das für die Lieferungen und sonstigen Leistungen erzielt worden sei, die entsprechende Umsatzsteuer abzuführen, "die er auch eingenommen hat". Da dies nicht geschehen sei, läge "auch darin ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen

Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer ab 25. Juni 1987 Geschäftsführer der M GesmbH war, daß er diese Funktion - laut seinen eigenen Ausführungen im Berufungsschriftsatz - "mit Schreiben vom 30. März 1988 ... mit sofortiger Wirkung" zurücklegte und mit Registereingabe vom selben Datum an das Kreis- als Handelsgericht Wiener Neustadt die Löschung "der Geschäftsführereintragung" beantragte. Die Fälligkeitstage jener Abgaben, hinsichtlich welcher der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde, liegen, wie sich aus der im Verwaltungsakt befindlichen Rückstandsaufgliederung ergibt und was der Beschwerdeführer auch nie bestritt, zwischen dem 10. September 1987 und dem 11. Jänner 1988. Sie fallen deshalb - selbst bei Berücksichtigung der formlosen Mitteilung des Beschwerdeführers an das Finanzamt vom 21. März 1988, wonach er seit 28. Jänner 1988 "für die Firma M nicht mehr zuständig" sei - unzweifelhaft in die Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit. Der Beschwerdeführer stellt aber konkret nicht in Abrede, daß er grundsätzlich als zum Kreis der im § 80 BAO genannten Vertreter zählend, zur Haftung hinsichtlich der in Rede stehenden Abgaben gemäß § 9 BAO herangezogen werden kann. Er behauptet jedoch, daß ihn kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Abgaben treffe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, daß es Sache des Vertreters ist, die Gründe darzutun, aus denen ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich war, widrigenfalls die Behörde zu der Annahme berechtigt ist, daß er seine Pflicht schuldhafterweise vernachlässigt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1980, Zl. 2653/77).

Was nun zunächst die Abfuhr der im Haftungsbescheid enthaltenen Lohnsteuer und Umsatzsteuer anlangt, war der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der M GesmbH zur Abfuhr dieser Steuern abgabenrechtlich verpflichtet. Die Verletzung dieser Verpflichtung durch ihn war eine, unabhängig von den vorhandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens jedenfalls schuldhafte, weil es sich bei den genannten Abgaben um solche handelte, deren Entrichtung bzw. Abfuhr bei korrekter Geschäftsführung durch diese Schwierigkeiten nicht gehindert war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1985, Zl. 85/13/0086). Für die nicht abgeführte Lohnsteuer - daß etwa die Löhne, auf deren Basis diese Abgabe errechnet wurde, nicht bezahlt worden wären, wird vom Beschwerdeführer nie konkret dargetan - hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht auf § 78 EStG 1972 hingewiesen, aus welcher Bestimmung sich ergibt, daß jede vom Beschwerdeführer vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichten, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO darstellte.

Was die Umsatzsteuer - hinsichtlich welcher konkret nie auch nur behauptet wird, daß die betreffenden Umsätze nicht getätigt worden wären - betrifft, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach regelmäßig davon auszugehen ist, daß die Umsatzsteuer mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen bezahlt wird und daher für die Abfuhr an das Finanzamt zur Verfügung steht (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 18. September 1985).

Bezüglich der übrigen Abgaben (DB S 8.780,--, DZ S 780,-- und SZ S 1.002,--) ist folgendes zu sagen:

Im Verwaltungsverfahren bestreitet der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Verschulden an der Nichtentrichtung der in Rede stehenden Abgaben mit der Behauptung, daß er einerseits als bestellter Geschäftsführer im Innenverhältnis keine entsprechenden Befugnisse eingeräumt erhalten habe und andererseits ab "etwa September 1987" die bisherige Zurverfügungstellung finanzieller Mittel durch die ausländische Muttergesellschaft "sukzessive verringert und schließlich ganz eingestellt worden" sei.

Mit diesem Vorbringen ist jedoch für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen; denn wenn ein Geschäftsführer, aus welchen Gründen immer, an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten gehindert ist, muß er entweder sofort die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abstellen oder diese Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 85/13/0214 und die dort angeführte hg. Judikatur). Da der Beschwerdeführer dies nicht getan hat und weiterhin als Geschäftsführer, jedenfalls hinsichtlich des im vorliegenden Verfahren maßgebenden Zeitraumes, tätig blieb, obwohl er sich nach seinen eigenen Angaben in seiner Pflichterfüllung gehindert sah, hat er auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die GesmbH treffenden Abgaben verletzt. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er habe tatsächlich ab Dezember 1987 seine Arbeit als Geschäftsführer eingestellt, vermag daran nichts zu ändern.

Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erscheint, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989130142.X00

Im RIS seit

01.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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