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L22008 Landesbedienstete Vorarlberg;Norm
AVG §56;Betreff
N gegen Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 1990, Zl. PrsA-304/Fr, betreffend Entlassung
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Kopie des obgenannten Schreibens der belangten Behörde ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Nach dem Beschwerdevorbringen sei der Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. September 1984 mit Wirkung vom 1. Oktober 1984 auf unbestimmte Zeit zum Angestellten des Landes Vorarlberg auf einen Dienstposten des Volksbildungsdienstes (Verwendungsgruppe a) ernannt und dem Amt der Vorarlberger Landesregierung zur Dienstleistung zugewiesen worden. In diesem Schreiben werde weiter ausgeführt:
"Auf das Dienstverhältnis finden die Bestimmungen des Landesbedienstetengesetzes, LGBl. Nr. 37/1979, und die zu seiner Durchführung erlassenen Verordnungen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Sie werden in die Verwendungsgruppe a, Dienstpostengruppe 1, Gehaltsstufe 9, mit nächster Vorrückung am 1.7.1986 in die Gehaltsstufe 10 eingereiht.
...
Die Aufnahme in das Beamtenverhältnis auch nach der Vollendung des 40. Lebensjahres wird Ihnen unter der Voraussetzung der Erfüllung der übrigen Ernennungserfordernisse zugesichert."
In der Folge sei der Beschwerdeführer im Bildungsbereich als faktischer Geschäftsführer für die Universitätslehrgänge tätig gewesen.
In dem nicht als Bescheid bezeichneten Schreiben der belangten Behörde vom 2. April 1990 heißt es nach Darlegung der Entlassungsgründe:
"Die Vorarlberger Landesregierung hat daher heute beschlossen, Sie gemäß § 128 Abs. 1 lit. e des Landesbedienstetengesetzes mit sofortiger Wirkung zu entlassen. Ihre Bezüge werden mit Ablauf des 2. April 1990 eingestellt."
Eine Rechtsmittelbelehrung enthält das Schreiben nicht.
Gegen dieses vom Beschwerdeführer als Bescheid qualifizierte Schreiben der belangten Behörde richtet sich die auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht als Beamter verletzt erachtet, daß eine Entlassung ohne weiteres Verfahren nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen ausgesprochen werde.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Voraussetzung einer solchen Bescheidbeschwerde ist daher unter anderem das Vorliegen eines Bescheides.
Gemäß § 1 Abs. 1 DVG ist unter anderem auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu den Ländern das AVG 1950 mit den nachstehenden Abweichungen anzuwenden. Sofern nicht ein Fall des § 10 DVG vorliegt, ist gemäß § 58 Abs. 1 AVG 1950 jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9.458/A) unter bestimmten Voraussetzungen das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter einer Erledigung unerheblich. Da aber Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben können, ist in jedem Fall, in dem der Inhalt der Erledigung Zweifel darüber entstehen läßt, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung oder um eine rechtsverbindliche Anordnung im Bereich des öffentlichen Rechtes handelt, die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell.
Im Beschwerdefall bestehen aus nachstehenden Gründen zumindest Zweifel am Bescheidcharakter des vorliegenden Schreibens der belangten Behörde:
Der Beschwerdeführer wurde zwar durch die Ernennung zum Landesangestellten im Sinne des § 2 Abs. 3 und des dritten Hauptstückes des Landesbedienstetengesetzes, LGBl. Nr. 37/1979, öffentlich-rechtlich Bediensteter des Landes Vorarlberg. Der Verfassungsgerichtshof hob aber mit Erkenntnis vom 3. Dezember 1986, VfSlg. 11.151, § 2 Abs. 3 und das dritte Hauptstück des Landesbedienstetengesetzes als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. November 1987 in Kraft trete. Mit der Novelle zum Landesbedienstetengesetz, LGBl. Nr. 46/1987, verfügte der Landesgesetzgeber in Art. III Abs. 2, daß § 2 Abs. 3 und das dritte Hauptstück des Landesbedienstetengesetzes am 1. Dezember 1987 wieder in Kraft träten und gleichzeitig näher angeführte Bestimmungen des Art. I der Novelle, mit der unter anderem § 2 Abs. 3 und Bestimmungen des dritten Hauptstückes geändert wurden, in Kraft träten. In Art. II Abs. 1 der genannten Novelle wurde verfügt, daß unter anderem die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Landesangestellten mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes unter Beibehaltung der bisherigen dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung der Bediensteten als Vertragsverhältnisse nach diesem Gesetz gelten. Das Landesbedienstetengesetz in der Fassung der genannten Novelle wurde mit dem Landesgesetz LGBl. Nr. 1/1988 neu kundgemacht. Nach der im Entlassungsschreiben der belangten Behörde vom 2. April 1990 zitierten Bestimmung des § 128 Abs. 1 lit. e des nunmehr geltenden Landesbedienstetengesetzes ist der Dienstgeber zur Entlassung des Landesangestellten (d.h. zur Auflösung seines Dienstverhältnisses vor Ablauf der Zeit, für die es begründet wurde, oder ohne Einhaltung der Kündigungsfrist) berechtigt, wenn der Landesangestellte sich eine sonstige schwere Verletzung der Dienstpflichten zuschulden kommen läßt. Nach § 128 Abs. 3 leg. cit. gilt in diesen Fällen das Dienstverhältnis mit der Zustellung des Entlassungsschreibens als gelöst.
Vor dem Hintergrund des Art. II Abs. 1 der Novelle zum Landesbedienstetengesetz, LGBl. Nr. 46/1987, und der seit dem Inkrafttreten dieser Novelle geltenden Regelung des Dienstverhältnisses der Landesangestellten deutet der Inhalt des bekämpften Schreibens der belangten Behörde vom 2. April 1990, insbesondere die Bezeichnung der Rechtsgrundlage der Entlassung, eher darauf hin, daß es sich hiebei um eine rechtsgeschäftliche Erklärung und nicht um eine rechtsverbindliche Anordnung im Bereich des öffentlichen Rechtes handelt, und bestehen daher zumindest Zweifel am Bescheidcharakter der Erledigung. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid wäre daher für den Bescheidcharakter essentiell.
An dieser verfahrensrechtlichen Beurteilung des vorliegenden Schreibens vermöchte es nichts zu ändern, wenn der Beschwerdeführer im Sinne der Beschwerdeausführungen deswegen die Rechtsstellung eines Beamten hätte, weil ihm im Schreiben der belangten Behörde vom 5. September 1984 die Aufnahme in das Beamtenverhältnis bei Erfüllung der Ernennungserfordernisse zugesichert worden sei, er aber in der Zwischenzeit diese Ernennungserfordernisse erlangt habe, und wenn, wie der Beschwerdeführer meint, Art. II Abs. 1 der Novelle LGBl. Nr. 46/1987 verfassungswidrig wäre.
Mangels Vorliegens eines Bescheides war daher die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990120173.X00Im RIS seit
21.06.1990