TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/26 90/05/0034

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
L82259 Garagen Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §60 Abs1 litg;
BauO Wr §64;
BauO Wr §76 Abs10;
BauO Wr §80 Abs1;
BauO Wr §81 Abs2;
BauO Wr §81 Abs6;
BauO Wr §81;
BauO Wr §82 Abs1;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §4 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

1)

Elisabeth M, 2) Dr. Sieglinde S, 3) Yara A, 4) Andrea K,

5)

Ruth Renee M, 6) Mag. Karin Danielle K, 7) Dr. Walter K,

8)

Dr. Rita K sowie 9) Dr. Bernhard K gegen Bauoberbehörde für Wien vom 14. Dezember 1989, Zl. MDR-B XIX-40/89, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Dr. Peter P).

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 11. März 1988 ersuchte der Mitbeteiligte beim Wiener Magistrat um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück 416/1 der KG X. Zu der für 21. Juni 1988 anberaumten mündlichen Augenscheinsverhandlung wurden auch Nachbarn, darunter die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer geladen. Die bei dieser Verhandlung anwesende Nachbarin F.H. erhob keine Einwendungen, die übrigen Nachbarn waren nicht erschienen. Der mitbeteiligte Bauwerber wurde beauftragt, die Adressen von benachbarten Miteigentümern innerhalb einer Frist von 28 Tagen bekanntzugeben. Diesem Antrag entsprach der Mitbeteiligte. Mit Anbringen vom 4. Juli 1988 verwies die Drittbeschwerdeführerin darauf, daß sie zur Zeit der Ladung und der Verhandlung auf Urlaub gewesen sei, weshalb eine neuerliche Ladung erforderlich sei. Gleichzeitig erhob sie Einwendungen betreffend Überschreitung von Baufluchtlinien und Gebäudehöhe. Sie sprach sich auch gegen das Vorhaben wegen unzumutbarer Lärm- und Geruchsbelästigung sowie wegen einer Gefahr für Kinder gegen die geplante Garageneinfahrt aus.

Zu einer Büroverhandlung am 2. August 1988 wurde auch die Drittbeschwerdeführerin geladen. Der Vertreter der Drittbeschwerdeführerin hielt die erhobenen Einwendungen aufrecht und ergänzte sie dahingehend, daß sich innerhalb des von jeder Verbauung freizuhaltenden Seitenabstandes von 6 m nicht nur die Abfahrtsrampe zur Garage, sondern auch die Garage als unterirdisches Bauwerk selbst befinde. Zu diesen Einwendungen nahm der Mitbeteiligte im einzelnen Stellung.

Am 10. Jänner 1989 legte der Architekt des Mitbeteiligten neue Baupläne vor, nach welchen die ursprünglich geplante Überschreitung der Baufluchtlinie nicht mehr vorgesehen ist.

Zu der für 24. Februar 1989 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden nunmehr sämtliche Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG 1950 als Nachbarn geladen. Bei dieser Verhandlung erhoben die Beschwerdeführer eine Reihe von Einwendungen. Der bautechnische Amtssachverständige erachtete das Bauvorhaben unter gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen für zulässig.

Mit Bescheid vom 8. Mai 1989 erteilte der Wiener Magistrat die angestrebte baubehördliche Bewilligung unter gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen. Die Einwendungen der Nachbarn wurden mit näherer Begründung als unbegründet bzw. unzulässig abgewiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, welche Anlaß für die am 1. August 1989 durchgeführte mündliche Verhandlung war. Bei dieser Verhandlung erklärten die Beschwerdeführer, ihre Berufung nicht mehr aufrechtzuerhalten, falls der Mitbeteiligte sein Projekt in näher besprochenen Punkten ändere. Mit Schreiben vom 10. August 1989 gaben die Beschwerdeführer bekannt, daß keine Einigung erfolgt sei. In einer umfangreichen Äußerung nahm der Mitbeteiligte zu den Argumenten der Beschwerdeführer Stellung, wobei er gleichzeitig erklärte, daß das in den Plänen dargestellte Schwimmbecken nicht zur Ausführung gelangen werde und daher eine Erhöhung des Geländes entfalle; damit könne auch die Stützmauer über der Garagenoberkante entfallen. In dieser Beziehung hat der Beschwerdeführer den Einreichplan offensichtlich abgeändert, wobei der Aktenlage nicht entnommen werden kann, wann der am 28. November 1989 geänderte Plan der Berufungsbehörde vorgelegt worden ist. Den Beschwerdeführern wurde dieser Plan nicht zur Kenntnis gebracht. Das ursprünglich vorgesehen gewesene Schwimmbecken scheint darin nicht mehr auf.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Bauoberbehörde für Wien die Berufung als unbegründet ab, behob jedoch die erstinstanzliche Bewilligung insoweit, als sie sich auf die Errichtung des Schwimmbeckens bezog. Zur Berufung der Sechst- bis Neuntbeschwerdeführer wurde in der Begründung festgehalten, daß sie nicht dartun könnten, in einem ihnen nach der Bauordnung für Wien eingeräumten subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden zu sein. Eine solche Verletzung sei nur dann denkbar, wenn die Beschwerdeführer Eigentümer unmittelbar benachbarter oder der Straßenfront unmittelbar gegenüber befindlicher Liegenschaften wären. Dies sei hier nicht der Fall, sodaß ihrer Berufung schon aus diesem Grunde keine Folge zu geben sei.

Aus dem Berufungsvorbringen ergebe sich weiters eindeutig, daß eine Überschreitung der Baufluchtlinien, sollte eine solche vorliegen, nur an der Süd- bzw. Nordseite des Gebäudes erfolgt sei, nicht aber an der den (übrigen) Beschwerdeführern zugekehrten Ostseite. Aus dem gleichen Grunde sei auch nur zu prüfen gewesen, ob die Gebäudehöhe an der Ostfassade in unzulässiger Weise überschritten werde. Dies müsse verneint werden. Nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 5779, sei die höchste zulässige Gebäudehöhe für die gegenständliche Liegenschaft mit 6,5 m festgesetzt. Diese höchste zulässige Gebäudehöhe dürfte an der Ostfront gemäß § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien bis zu 3 m überschritten werden. Daß an dieser Front des Gebäudes eine Gebäudehöhe von 9,50 m überschritten sei, sei von den Beschwerdeführern weder behauptet worden, noch sei dies aus den Plänen ersichtlich. Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1983, Zl. 05/1168/80, sei bei der Berechnung der Gebäudehöhe gemäß § 81 Abs. 2 der Bauordnung vom anschließenden Gelände auszugehen, worunter weder das gewachsene Gelände zu verstehen sei noch das im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung vorhandene Niveau. Vielmehr handle es sich um jenes Gelände, wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein werde. Ausgehend von diesem Begriff des anschließenden Geländes komme die Berufungsbehörde zu dem Ergebnis, daß eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe an der Ostfassade nicht vorliege, zumal die von den Beschwerdeführern genannte Gebäudehöhe von 6,87 m praktisch nur an der Gebäudekante Ost-Nordseite erreicht werde und sonst im überwiegenden Ausmaß an der Ostseite des Gebäudes nicht einmal die nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zulässige Gebäudehöhe von 6,5 m gegeben sei. Dazu komme, daß auch die an dieser Gebäudeseite situierte Gaupe rechtlich als solche zu qualifizieren sei, zumal es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht auf die Anzahl der Fenster, sondern auf das äußere Erscheinungsbild ankomme. Nach diesem liege eine Gaupe vor. Die Beschwerdeführer, welche Eigentümer der an die Ostseite der Liegenschaft des Mitbeteiligten angrenzenden Liegenschaft sind, könnten daher die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes wegen Nichteinhaltung der höchsten zulässigen Gebäudehöhe nicht mit Erfolg geltend machen. Die Berufungsbehörde könne auch nicht erkennen, daß es sich bei der Garage um einen oberirdischen Gebäudeteil handle, da sie nicht raumbildend über dem anschließenden Gelände liege, sondern in ihrem nördlichen Teil bloß in Deckenstärke sichtbar werde. Nach dem bereits eingangs erwähnten Plandokument sei aber die Errichtung einer unterirdischen Garage unmittelbar bis an die Grundgrenze zulässig. Nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei die Oberfläche einer solchen Garage allerdings zu begrünen, weshalb auch das Aufbringen von Erdreich auf die Garagendecke rechtlich gedeckt sei. Daß die sogenannte Drittelbebauung nicht eingehalten werde, bleibe eine bloße Behauptung der Beschwerdeführer und könne von der Berufungsbehörde nicht erkannt werden. Die Berufung erweise sich somit zur Gänze als unbegründet, weil die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes der Beschwerdeführer nicht hätte festgestellt werden können. Abschließend verwies die belangte Behörde darauf, daß das Unterbleiben eines Ortsaugenscheines keinen Verfahrensmangel darstelle, weil die Durchführung eines solchen Augenscheines weder in der Bauordnung für Wien gesetzlich vorgeschrieben noch aus anderen Gründen im gegenständlichen Fall erforderlich gewesen sei. Die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides, soweit er sich auf die Bewilligung eines Swimmingpools beziehe, liege darin begründet, daß das Bauansuchen in diesem Umfang vom Bauwerber zurückgezogen worden sei.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 5779, beruhend auf dem Beschluß des Wiener Gemeinderates vom 26. Juni 1985, Präs.Zl. 1947/85, für die Liegenschaft des Mitbeteiligten die Widmung Wohngebiet, die Bauklasse I mit einer Beschränkung der Gebäudehöhe auf 6,5 m sowie die offene oder gekuppelte Bauweise festgesetzt sind. Weiters ist durch Fluchtlinien jener Teil der Liegenschaft umrissen, der einer Bebauung offensteht. Die restliche Grundfläche ist gärtnerisch zu gestalten, wobei im Bebauungsplan jedoch ausdrücklich bestimmt worden ist, daß pro Bauplatz die Errichtung nur eines Nebengebäudes gestattet ist und dessen bebaubare Fläche von maximal 20 m2 nicht überschritten werden darf. Weiters ist die Errichtung einer Tiefgarage vorgesehen, deren Oberfläche zu begrünen ist. Entlang der öffentlichen Verkehrsfläche ist im nordwestlichen Teil ein Ausfahrtsverbot festgesetzt, also in jenem Bereich, in dem der dort vorgesehene Fußweg einmündet.

Für die Frage, ob die beschwerdeführenden Nachbarn durch die Erteilung der Baubewilligung an den Mitbeteiligten in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden sind, ist zunächst entscheidend, welche subjektiv-öffentlichen Rechte die Bauordnung für Wien einem Nachbarn einräumt. Gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987, sind Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien des Baubewilligungsverfahrens, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen. Hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Zunächst war die Frage zu prüfen, ob die belangte Behörde hinsichtlich der Sechst- bis Neuntbeschwerdeführer im angefochtenen Bescheid zu Recht die Auffassung vertreten konnte, sie hätten in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt werden können. Wie dem genehmigten Lageplan zu entnehmen ist, befindet sich das Grundstück dieser Beschwerdeführer schräg vis a vis vom Grundstück des Mitbeteiligten, getrennt durch die 8 m breite Verkehrsfläche. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß dann, wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich eine besondere Anordnung getroffen hat, Nachbarn die Eigentümer jener Liegenschaften sind, die zu der zur Verbauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch den Bestand oder die konsensgemäße Benützung des geplanten Bauwerkes mit Einwirkungen auf ihre Liegenschaft zu rechnen ist, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet (vgl. etwa die Ausführungen bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Auflage, insbesondere Seite 21 ff. und die dort zitierte Rechtsprechung). Im Beschwerdefall kann der Auffassung der belangten Behörde beigepflichtet werden, daß eine Verletzung von Rechten der Eigentümer einer Liegenschaft, welche sich zu der zu bebauenden Liegenschaft schräg vis a vis, getrennt durch eine 8 m breite Verkehrsfläche befindet, nicht in Betracht kommt, ist doch Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens die Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Garage. In der Beschwerde wird nun behauptet, daß das Grundstück der genannten Beschwerdeführer um mehrere Meter niedriger liege, sodaß eine Beeinträchtigung des Licht- und Sonneneinfalles durch das zu errichtende Bauwerk gegeben sei, und damit das Recht der Grundstückseigentümer auf Einhaltung von Abstandsvorschriften und Höhenbeschränkungen. Mit diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer allerdings, daß die Wiener Bauordnung einen Rechtsanspruch auf einen bestimmten Lichteinfall bzw. auf eine bestimmte Besonnung überhaupt nicht kennt. Auf Vorschriften über die Einhaltung von Abständen bzw. von Gebäudehöhen besitzen Nachbarn zwar einen Rechtsanspruch, jedoch ist hier Voraussetzung ein bestimmtes räumliches Naheverhältnis, welches im Beschwerdefall, wie erwähnt, nicht mehr gegeben ist. Mit den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen hat daher die belangte Behörde Rechte der genannten Beschwerdeführer nicht verletzt.

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, daß für Geländeveränderungen ein gesondertes baubehördliches Bewilligungsverfahren erforderlich gewesen wäre, verkennen die Beschwerdeführer die Rechtslage. Aus der Regelung des § 60 Abs. 1 lit. g BO, wonach die Veränderung der Höhenlage einer Grundfläche unter der Voraussetzung bewilligungspflichtig ist, daß sie von Einfluß auf bestehende bauliche Anlagen auf eigenen oder benachbarten Grundflächen oder deren widmungsgemäße Verwendung ist, läßt sich nämlich nicht der Schluß ziehen, daß für Veränderungen der Höhenlage ein gesondertes baubehördliches Bewilligungsverfahren erforderlich ist. Für eine solche Annahme liefert die gesetzliche Regelung keinen Anhaltspunkt. Die Beschwerdeführer meinen in diesem Zusammenhang, daß Änderungen des Geländes in einer für die Berechnung der Gebäudehöhe maßgeblichen Weise im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens für ein Gebäude überhaupt nicht vorgenommen werden dürften. Hiebei geht es im wesentlichen um eine Auslegung des § 81 Abs. 2 BO betreffend die Berechnung der Gebäudehöhe. Nach dieser genannten Gesetzesstelle darf u.a. bei allen nicht an der Baulinie gelegenen Gebäuden die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer sein als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe; hiebei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von 3 m von derselben überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden. Bei der Ermittlung sind die Feuermauern ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben jedoch bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht. In seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1983, Zl. 05/1168/80, BauSlg. Nr. 155, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung dieser Gesetzesstelle dargetan, daß bei der Berechnung der Gebäudehöhe nicht von einem "gewachsenen" Gelände auszugehen sei, sondern jenes Gelände entscheidend sei, das nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein werde, wie es sich also im Projekt darstellt. Die im Akt erliegenden Pläne lassen nun durch Höhenlinien erkennen, von welchen Geländeverhältnissen die Baubehörden ausgegangen sind. Das Grundstück des Mitbeteiligten grenzt zwar unmittelbar an das Grundstück der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer an, doch hat der Mitbeteiligte, was auch tatsächlich geschehen ist, schon nach dem Bebauungsplan sein Bauwerk an die von den Beschwerdeführern abseits gelegene Grundgrenze zu setzen. Auf diese Weise ist das Einfamilienhaus nach den Kotierungen des Lageplanes 7,9 m von der gemeinsamen Grundgrenze mit den genannten Beschwerdeführern entfernt. Die östliche Front dieses Gebäudes ist fast parallel zur gemeinsamen Grundgrenze errichtet, sodaß die Beschwerdeführer tatsächlich nur hinsichtlich einer Überschreitung dieser Fronthöhe in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein könnten (vgl. etwa in diesem Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 1980, Slg. N.F. Nr. 10.127/A). Tatsächlich hat schon die Baubehörde erster Instanz die nach § 81 Abs. 2 BO erforderliche Fassadenabwicklung überprüft und in dieser Beziehung keine Überschreitung der höchsten zulässigen Gebäudehöhe festgestellt. Bedenkt man, daß nach § 81 Abs. 2 BO an einer Front die Gebäudehöhe um mehr als 3 m überschritten werden darf, so ist keine Verletzung eben dieser Vorschrift vorgelegen. Im übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof, wie erwähnt, die Auffassung der belangten Behörde, daß den Beschwerdeführern nur darauf ein Rechtsanspruch zusteht, daß die ihnen zugekehrte Front die nach dem Gesetz maximal zulässige Gebäudehöhe nicht überschreitet. Dies ist aber im Beschwerdefall nach den dem Baubewilligungsverfahren zugrunde gelegenen Plänen nicht geschehen. Eine Verletzung des von den Beschwerdeführern geltend gemachten Rechtes ist sohin nicht festzustellen.

In der Beschwerde wird weiters eine Überschreitung der Baufluchtlinie behauptet. Auch in diesem Zusammenhang machen die Beschwerdeführer nicht geltend, daß die ihnen zugekehrte Baufluchtlinie überschritten worden sei, sodaß auch schon aus diesem Grunde, wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht ausgeführt wurde, eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer nicht vorliegt. Das gleiche gilt hinsichtlich der Behauptung des Überschreitens einer Baufluchtlinie durch den sogenannten Wintergarten. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die ausdrückliche Bestimmung des Bebauungsplanes zu verweisen, wonach ein Nebengebäude mit einer maximal bebaubaren Fläche von 20 m2 zulässig ist. Seiner baulichen Gestaltung nach erweist sich aber der Wintergarten, wie die Baupläne erkennen lassen, als ein Nebengebäude. Auch hinsichtlich der gerügten Freitreppe und des Erkers liegt keine Überschreitung jener Baufluchtlinie vor, welche parallel zur Grundgrenze den Beschwerdeführern zugeordnet ist. Die Errichtung einer Tiefgarage ist aber schließlich im Bebauungsplan vorgesehen, wobei auch ausdrücklich angeordnet worden ist, daß deren Oberfläche zu begrünen ist. Nach der Plandarstellung handelt es sich aber bei der Garage zweifelsohne um ein unterirdisches Bauwerk, sodaß auch in dieser Beziehung das Bauvorhaben dem Gesetz entspricht. Hinsichtlich der Oberflächengestaltung wurde darüberhinaus im Zuge des Berufungsverfahrens der erwähnte abgeänderte Bauplan vorgelegt, sodaß in dieser Beziehung dem Begehren der Beschwerdeführer zumindest teilweise entsprochen worden ist.

Soweit die Beschwerdeführer behaupten, die maximal zulässig bebaubare Fläche sei überschritten, weil das Ausmaß der bebauten Fläche mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche im Sinne des § 76 Abs. 10 BO betrage, ist ihnen gleichfalls nicht zu folgen. So hat schon die Baubehörde erster Instanz in ihrem Vorlagebericht an die belangte Behörde dargetan, daß im Hinblick auf die Bauplatzfläche eine Fläche bis zu

186 m2 bebaut werden dürfte, wogegen die bebaute Fläche des Gebäudes mit Türverbau und Nebengebäude 143,04 m2 betrage. Die Fläche der unterirdischen Garage kann nämlich entgegen der Meinung der Beschwerdeführer nicht als bebaute Fläche qualifiziert werden. Nach § 80 Abs. 1 BO gilt als bebaute Fläche die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht. Auch in dieser Beziehung sind sohin die Beschwerdeführer in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden.

Zu dem Beschwerdevorbringen betreffend die Erforderlichkeit der Größe der Tiefgarage und der Zufahrt unmittelbar an der Grundgrenze ist auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes zu verweisen, wonach die Zufahrt zu der zu errichtenden unterirdischen Garage nur unmittelbar an dieser Grundgrenze zulässig ist. Bei der vorgesehenen Kleingarage kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß ein Widerspruch zu § 4 Abs. 3 des Wiener Garagengesetzes gegeben sein könnte, wonach innerhalb des Baulandes im Wohngebiet nur Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von

3.500 kg zulässig sind, und auch diese nur insoweit, als sie für die Bewohner des Gebietes oder für die dort Beschäftigten erforderlich sind. Tatsächlich sind in der Tiefgarage nur zwei Stellplätze vorgesehen, sodaß von einer erhöhten Zahl von Stellplätzen nicht die Rede sein kann.

Unter dem Titel einer Überschreitung der Gebäudehöhe behaupten die Beschwerdeführer weiters, daß die vorgesehene Gaube unzulässig sei. Sie berufen sich in diesem Zusammenhang auf eine Anmerkung bei Geuder-Hauer, Das Wiener Baurecht,

3. Auflage, S. 324, wonach eine Gaube (auch: Gaupe) als ein mit einem bis maximal zwei Fenstern versehener, über die Dachhaut vorstehender Gebäudeteil (Dachaufbau) zur Erweiterung und Belichtung des Dachraumes bezeichnet wird. Nach § 81 Abs. 6 BO darf nämlich mit raumbildenden Dachaufbauten der Gebäudeumriß nur durch einzelne Dachgauben überschritten werden. Im Beschwerdefall handelt es sich zwar um eine Dachgaube mit vier Fenstern Richtung Osten, doch sind diese Fenster, unmittelbar nebeneinander so angeordnet, daß es sich in Wahrheit um ein mehrfach unterteiltes Fenster handelt. Dies ergibt sich auch schon daraus, daß die Gesamtlänge der Gaube, gemessen vom äußeren Umriß, nur 4,3 m beträgt, wobei die Frontlänge des gesamten Gebäudes 12,5 m ausmacht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie diese Dachgaube als nach § 81 Abs. 6 BO zulässig ansah.

Zutreffend rügen die Beschwerdeführer, daß ihnen die Änderung des Bauansuchens betreffend die Zurückziehung des Antrages auf Bewilligung eines Swimmingpools nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Tatsächlich wurde ja nicht nur der Antrag des Mitbeteiligten betreffend die Bewilligung eines bestimmten Bauwerkes zurückgezogen, vielmehr hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung einen gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren geänderten Bauplan zugrunde gelegt, ein Umstand, der offensichtlich den Beschwerdeführern gar nicht bekannt ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß ein derart geänderter Bauplan den beschwerdeführenden Nachbarn im Rahmen des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gebracht hätte werden müssen, sodaß sie hier zu Recht eine Verletzung des Parteiengehörs rügen. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG allerdings nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Bei einer Reduzierung des Bauvorhabens und den in diesem Zusammenhang stehenden Änderungen des Bauplanes kann nicht davon ausgegangen werden, daß die belangte Behörde bei Gewährung des Parteiengehörs, wozu sie an sich nach dem Gesetz verpflichtet gewesen wäre, zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der aufgezeigte Verfahrensmangel konnte daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990050034.X00

Im RIS seit

11.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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