TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/28 88/04/0009

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Veröffentlicht am 28.06.1990
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
GewO 1973 §353 idF 1988/399;
GewO 1973 §359 Abs1;
GewO 1973 §39 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §9 idF 1988/399;
GmbHG §18;

Betreff

N gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. November 1987, Zl. 303.030/4-III-3/87, betreffend gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A in X).

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit mündlich verkündetem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 5. Dezember 1986 wurde wie folgt entschieden:

"I) Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung erteilt auf Ansuchen der Holzindustrie A, Y, gemäß § 81 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974, i.d.g.F., in Verbindung mit § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, i.d.g.F., die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung der genehmigten Betriebsanlage Spanplattenwerk in Y durch

a)

Umstellung des Betriebes während ca. neun Monate des Jahres auf Ein-Trockner-Prinzip (bisher 2 Trockner),

b)

Umstellung der Trocknerbeheizung von Heizöl 'schwer' bzw. Erdgas auf Holzstaubverbrennung (mit Erdgasbeimischung),

c)

Rauchgasrückführung der Kesselbefeuerung in die Brennerkammer des Trockners, und

d)

Unterflurverlegung der oberirdisch laufenden pneumatischen Späneförderung samt Umbau auf mechanischen Betrieb (Gummi-Trogkettenförderer),

als erste Stufe des dreistufigen energetisch-ökologischen Sanierungs- und Optimierungsplanes, entsprechend der von den Amtssachverständigen in der Befundaufnahme vorgenommenen Anlagenbeschreibung, nach Maßgabe der dieser Augenscheinsverhandlung zugrunde liegenden Einreichpläne samt technischen Beschreibungen und Berechnungen, welche jeweils einen Bescheidbestandteil bilden, unter Vorschreibung der ebenfalls einen Bescheidbestandteil bildenden Auflagen, nämlich:

-

Pkt. 1 - 5 aus der gutachtlichen Stellungnahme des Arbeitsinspektors (auf Seite 9 dieser Verhandlungsschrift),

-

Pkt. 1 - 18 aus dem Gutachten der maschinenbautechnischen bzw. lärmtechnischen Amtssachverständigen (auf Seiten 17 - 19 dieser Verhandlungsschrift),

-

Pkt. 1 - 4 aus dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen (auf Seite 20 dieser Verhandlungsschrift), und

-

Pkt. 1 - 3 aus dem Gutachten des chemotechnischen Amtssachverständigen (auf Seite 32 dieser Verhandlungsschrift).

II) ....."

Über eine dagegen erhobene Berufung unter anderem der Beschwerdeführerin erkannte der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom 10. März 1987 wie folgt:

".....

A) Gem. § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 81 GewO 1973 sowie § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, idgF, wird der Berufung keine Folge gegeben.

B) ....."

Über eine seitens unter anderem der Beschwerdeführerin auch dagegen erhobene Berufung erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 13. November 1987 spruchgemäß wie folgt:

"Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die im Spruchteil I) des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 5. 12. 1986, Zl. 2-3.7444/4-1986, bezeichnete Betriebsanlagenänderung gem. § 81 GewO 1973 mit der Maßgabe genehmigt werde, daß deren Errichtung binnen sechs Monaten ab Erlassung dieses Bescheides erfolgt sein muß und unmittelbar nach Abschluß des im Spruchabschnitt II) des Bescheides der Behörde 1. Instanz gem. § 78 Abs. 2 leg. cit. angeordneten Betriebsbewilligungsverfahrens im Falle der Erteilung der Betriebsbewilligung um Genehmigung der Realisierung der Stufe 2 (Rauchgasverbrennung) des Projektes anzusuchen ist.

Der Satzteil 'entsprechend der von den Amtssachverständigen in der Befundaufnahme vorgenommenen Anlagenbeschreibung' des Spruchteiles I) des Bescheides der Behörde 1. Instanz wird behoben, ebenso der Spruchteil III) des Bescheides der Behörde

1. Instanz in der Fassung des angefochtenen Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in den ihr zustehenden subjektiven Rechten auf Nichtgenehmigung der Änderung einer Betriebsanlage sowie im subjektiven Recht auf Unterlassung des Probebetriebes einer Betriebsanlage beschwert, da die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorliegen. Die Beschwerdeführerin bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde im wesentlichen vor, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei Mag. B nicht zeichnungsberechtigter Prokurist der Firma M. A-KG in Y. Dies ergebe sich aus dem angeschlossenen Handelsregisterauszug. Nach dem Handelregister könne das Unternehmen der Firma A-KG gemeinsam durch die beiden persönlich haftenden Gesellschafter vertreten werden bzw. darüber hinaus auch durch jeweils zwei Prokuristen. Mag. B sei für die Firma A-KG nicht zeichnungsberechtigt. Deshalb liege kein Ansuchen um entsprechende Änderung der Betriebsanlagengenehmigung vor. Da nach §§ 353 und 356 GewO 1973 das Betriebsanlagenänderungsverfahren einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt voraussetze und ein solcher nicht vorliege, hätten sich die Gewerbebehörden eine Zuständigkeit angemaßt, die ihnen nicht zukomme. Sowohl der maschinenbautechnische wie auch der chemotechnische Amtssachverständige hätten im Verfahren erster Instanz auf den Umstand der durch die VDI-Richtlinie 3673 vorgegebenen technisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit Holzfeuerungsanlagen an Dampfkesseln sowie der Druckentlastung von Staubexplosionen nicht Bedacht genommen. Bei einem Staubluftgemisch und bei einem Staubölgemisch könne es zu Staubexplosionen kommen. Sowohl der maschinenbautechnische als auch der chemotechnische Sachverständige hätten ihren Befund in dieser Richtung nicht vollständig aufgenommen, daher sei sowohl ihr Gutachten wie auch das weitere Gutachten des Amtsarztes unvollständig. Bei Beachtung der in den VDI-Richtlinien erwähnten technisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse hätte sowohl der Sachverständige für Maschinenbau wie auch der chemotechnische Sachverständige die Lärmsituation anders beurteilen müssen. Bei Luftholzstaubgemischen und bei den anderen Holzfeuerungen an Dampfkesseln komme es zu Explosionsgefahren, wobei die Flammenfront sich mit Überschallgeschwindigkeit ausbreite und das 30-fache des Anfangsdruckes erreicht werde. Die gefahrlose Ableitung der Druckwelle der Flamme und der Abgase verbiete die Rauchgasrückführung der Kesselbefeuerung. Die Nichtbeachtung aller dieser Umstände, die in den VDI-Richtlinien festgehalten seien, behafte den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Weiters habe sich die belangte Behörde weder mit dem Inhalt der seinerzeitigen gewerbebehördlichen Genehmigung der Brennkammer des O + A-Trockners noch mit dem gegenständlichen Projekt vergleichsweise auseinandergesetzt. Aus diesem Grund habe die belangte Behörde auch nicht irrtumsfrei zum Ergebnis kommen können, daß durch die gegenständliche Betriebsanlagenänderung eine angebliche Verbesserung der Gesamtsituation sich ergeben werde. Voraussetzung für eine derartige Rechtsmeinung wäre die Anstellung einer Interessenabwägung zwischen den durch die Altanlage hervorgerufenen Immissionen und durch die angeblichen Verbesserungen der Neuanlage. Sowohl der chemotechnische wie auch der maschinenbautechnische Amtssachverständige kämen im Ergebnis zu dem Schluß, daß die Stufe 1 für sich allein eine Verschlechterung der derzeitigen Situation deshalb hervorrufe, weil zwingend die Nachverbrennung der an die Außenluft abgegebenen Schadstoffe erforderlich sei. Dieses Projekt habe die mitbeteiligte Partei jedoch noch nicht eingereicht. Der Probebetrieb widerspreche deshalb der Bestimmung des § 78 GewO 1973, weil auf Grund der durchgeführten Erhebungen jedenfalls anzunehmen sei, daß ohne Nachverbrennung die Gefährdung der Nachbarn durch Lärm, Staub, Ruß und Geruch und durch die Emittierung all dieser Schadstoffe an die Außenluft eintrete. Sowohl der Spruch der belangten Behörde wie die Spruchfassungen der Unterbehörde würden dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 nicht gerecht. In Ansehung von Auflagen dürfe ein derartiger Spruch nämlich nicht auf die Ausführungen eines Sachverständigen in der Verhandlungsschrift verweisen. Daran ändere auch nichts der Umstand, daß die betreffende Verhandlungsschrift zu einem "ergänzenden Bestandteil eines Bescheides" erklärt werde.

Die Beschwerde erweist sich schon aus folgendem Grund als berechtigt:

Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 hat der Spruch (eines Bescheides) die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Nach § 60 leg. cit. sind in der Begründung (des Bescheides) die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die belangte Behörde hielt im vorliegenden Fall den Spruch des in zweiter Instanz ergangenen Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. März 1987 - dieser wiederum den Spruch des erstbehördlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 5. Dezember 1986 mit der dargestellten spruchmäßigen Änderung - zur Gänze aufrecht und machte sich somit diesen im angeführten Umfang in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG 1950 zu eigen. Eine diesem Spruch anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.

Daraus ergibt sich aber, daß schon in Ansehung der vorgeschriebenen Auflagen die Verweisung auf das im Spruch des erstbehördlichen Bescheides bezeichnete Verhandlungsprotokoll nicht als entsprechend der Bestimmung des § 59 Abs. 1 AVG 1950 angesehen werden kann, da es sich hiebei insbesondere weder um die im § 359 Abs. 2 GewO 1973 angeführten, gemäß § 353 leg. cit. die Grundlagen für den Genehmigungsantrag bildenden Unterlagen handelt, noch auch sich etwa aus dem Verwaltungsverfahren ein anhand der Anordnung des § 59 Abs. 1 AVG 1950 zu messendes Erfordernis für eine derartige Spruchfassung ergab. In diesem Zusammenhang ist weiters insbesondere darauf hinzuweisen, daß auch nach der ausdrücklichen Anordnung des § 359 Abs. 1 GewO 1973 allenfalls erforderliche Auflagen im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid anzuführen sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1984, Zl. 84/04/0045).

Es ist aber auch noch folgendes auszuführen:

Aus § 353 GewO 1973 ergibt sich die Qualifikation der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage als antragsbedürftiger Verwaltungsakt, wobei derartige Verwaltungsakte nur dann mit dem Gesetz im Einklang stehen, wenn ein auf ihre Setzung gerichteter, von einer hiezu legitimierten Partei gestellter Antrag vorliegt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1985, Zl. 84/04/0202, und die dort weiters zitierte hg.

Rechtsprechung). Auch die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage setzt ein Ansuchen voraus und ist somit ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 1974, Zl. 2052/74). Zum Antrag auf Genehmigung oder Änderung einer bestehenden Betriebsanlage ist deren Inhaber legitimiert, worunter auch der gewerberechtlich genehmigte Pächter des Gewerbes fällt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1986, Zl. 85/04/0134, und die dort weiters zitierte hg. Rechtsprechung).

Auf der Grundlage der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen, worauf die Behörde ihre (offenbare) Annahme gründete, daß in Ansehung des Antrages auf Änderung der bestehenden Betriebsanlage eine hiezu für die mitbeteiligte Partei vertretungslegitimierte Person eingeschritten ist.

Soweit diesbezüglich in der Gegenschrift der belangten Behörde darauf verwiesen wird, daß der Einschreiter gewerberechtlicher Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei und daher für diese vertretungslegitimiert sei, so ist zu bemerken, daß die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 über die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers - gegenüber der Behörde für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften - über die nach zivilrechtlichen (im gegebenen Zusammenhang insbesondere handels- bzw. gesellschaftsrechtlichen) Normen zu beurteilende Vertretungsmacht keine Aussage treffen. Dies wird schon aus den Regelungen des § 9 Abs. 3 bis 5 (seit der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, auch Abs. 6) GewO 1973 erhellt, wonach in den dort normierten Fällen die (entsprechende) Vertretungsmacht tatbestandsmäßige Voraussetzung für die - und nicht Rechtsfolge der - Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer ist.

Schon auf Grund der oben dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen bedurfte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Vertretungsbefugter juristische PersonInhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungGewerberecht Pächter Vermieter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988040009.X00

Im RIS seit

28.06.1990

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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