TE Vwgh Erkenntnis 1990/7/13 90/19/0088

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Veröffentlicht am 13.07.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §28 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;

Betreff

Bundesminister für Arbeit und Soziales gegen Landeshauptmann von Wien vom 25. Juli 1988, Zl. MA 63 - F 33/87/Str, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (mitbeteiligte Partei: A

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid hob der Landeshauptmann von Wien (die belangte Behörde) aus Anlaß der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung das Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den

16. Bezirk vom 14. Oktober 1987 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG 1950 wegen Eintrittes der Verfolgungsverjährung ein.

Mit jenem hatte das Magistratische Bezirksamt für den

16. Bezirk die mitbeteiligte Partei "als Arbeitgeber" wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes in mehreren Fällen schuldig erkannt und bestraft.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, es sei zwar im vorliegenden Fall innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gegen die mitbeteiligte Partei eine Strafverfügung ergangen, doch enthalte diese in ihrem Spruch keine Angaben über den Tatort (das sei der Ort, von dem aus die mitbeteiligte Partei hätte handeln müssen, nämlich der Sitz des Unternehmens). Da somit die einzige innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte Verfolgungshandlung ein wesentliches Sachverhaltselement nicht enthalten habe, sei Verfolgungsverjährung eingetreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat in einer Gegenschrift den Antrag gestellt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Rechtsfrage

strittig, ob die innerhalb der sechsmonatigen

Verfolgungsverjährungsfrist von der Behörde mit 18. Dezember 1986 datierte dem Beschwerdeführer am 7. Jänner 1987 zugestellte Strafverfügung eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung darstellt oder nicht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sowohl die belangte Behörde als auch der beschwerdeführende Minister hinweist, muß eine Verfolgungshandlung, um den Eintritt der Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 VStG 1950) auszuschließen, einen bestimmten (strafbaren) Sachverhalt zum Gegenstand haben; dies erfordert, daß er sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezieht (vgl. etwa die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 19. Oktober 1978, Slg. Nr. 9664/A, und vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A).

Die belangte Behörde und der beschwerdeführende Minister stimmen darin überein, daß eines dieser wesentlichen Sachverhaltselemente die Nennung des Tatortes ist. Während aber die belangte Behörde meint, der Tatort wäre in der genannten Strafverfügung nicht angeführt, vertritt der beschwerdeführende Minister die Ansicht, wenngleich im Spruch der Strafverfügung der Unternehmenssitz nicht angeführt sei, so lasse die gesamte Textierung der Strafverfügung "(Adressierung an den Unternehmenssitz des Beschuldigten, Bezeichnung der Arbeitgebereigenschaft etc.)" keinen Zweifel daran offen, daß die Übertretungen der mitbeteiligten Partei in bezug auf das von ihr in Wien n, X-Gasse 15, geführte Transportunternehmen und in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber zur Last gelegt worden seien.

Dieser Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Es ist zwar richtig, daß der Verwaltungsgerichtshof bei Übertretungen nach dem AZG ausgesprochen hat, der Tatort sei dort anzunehmen, wo der Beschuldigte hätte handeln sollen; wenn eine solche Unterlassung beim Betrieb eines Unternehmens erfolgt ist, so fällt dieser Ort im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammen. Daraus kann aber für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen werden. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß (im gegebenen Fall ein solcher Schluß aus dem Sitz des Unternehmens schon deshalb nicht gezogen werden kann, weil die Strafverfügung keinen Hinweis auf den Sitz des Unternehmens enthält). Aus der Adressierung der Strafverfügung "Sg. Herrn A, Transportunternehmer, mmmm Wien, X-Gasse 15" kann aber entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch im Zusammenhang mit der übrigen Textierung der Strafverfügung weder abgeleitet werden, an welchem Ort die mitbeteiligte Partei ihr Unternehmen betrieben hat, bzw. daß gegen sie der Vorwurf erhoben wird, die ihr angelasteten Taten unter der angeführten Adresse begangen zu haben.

Da somit die einzige an die mitbeteiligte Partei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gerichtete Verfolgungshandlung dem erforderlichen Konkretisierungsgebot mangels Nennung des Tatortes nicht entsprochen hat, wurde die Einstellung dieses Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG 1950 von der belangten Behörde zu Recht verfügt.

Die sohin unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190088.X00

Im RIS seit

13.07.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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