TE Vwgh Erkenntnis 1990/8/29 90/02/0085

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Veröffentlicht am 29.08.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
B-VG Art130 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 idF 1971/274;
VStG §19;

Betreff

N gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 20. März 1990, Zl. I/7-St-B-89148, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bundesland Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 17. Oktober 1988 gegen 19.30 Uhr an einem näher beschriebenen Ort in A einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt sowie der Ersatz von Barauslagen vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer geht in Übereinstimmung mit den Gutachten des Amtssachverständigen sowie des vom Beschwerdeführer beigezogenen Privatsachverständigen Dr. H. davon aus, daß der bei ihm eine Stunde nach dem Lenken festgestellte Alkoholgehalt der Atemluft einem Alkoholgehalt des Blutes von 1,06 %o gleichzusetzen ist. Er führt allerdings im Sinne der gutächtlichen Äußerungen des Privatsachverständigen Dr. H. zunächst ins Treffen, daß wegen seines "weiteren Alkoholkonsumes der Eliminationsprozeß nicht in Gang gesetzt werden konnte". Der von der belangten Behörde infolge des Verstreichens einer Stunde seit der Tatzeit hinzugerechnete Wert von 0,1 %o sei daher unrichtig. Unter Abzug des vom Sachverständigen Dr. H. errechneten Wertes von 0,25 %o für den vom Beschwerdeführer getätigten Nachtrunk ergebe sich ein Blutalkoholwert für die Tatzeit von 0,81 %o. Berücksichtige man noch, daß der Nachtrunk nicht nur 370 ml, sondern tatsächlich 3,75 ml betragen habe, so ergebe dies einen unter 0,8 %o liegenden Alkoholwert.

Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, daß nach der ständigen hg. Rechtsprechung der durchschnittliche stündliche Verbrennungswert des Alkohols im Blut 0,10 bis 0,12 %o beträgt und auch im Fall eines Nachtrunkes der Blutalkoholgehalt zu einer bestimmten Tatzeit ermittelt werden kann, sofern der Zeitpunkt und die Menge des danach genossenen Alkohols feststehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1982, Zl. 81/02/0185). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde allerdings berechtigt, einen derartigen Abbauwert dem auch vom Beschwerdeführer außer Streit gestellten Blutalkoholwert von 1,06 %o hinzuzurechnen. Die von dem Privatsachverständigen Dr. H aufgestellte These, solange noch immer Alkohol "aufgestockt" werde, sei der Mechanismus des Alkoholabbaues "weitgehend blockiert", steht nicht im Einklang mit den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaften (vgl. etwa Forster/Joachim, Blutalkohol und Straftat, Stuttgart 1975, Seite 83), sodaß die belangte Behörde dem durchaus schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen folgen konnte, wonach der Abbau des Blutalkoholgehaltes ein kontinuierlicher Vorgang sei. Es bedurfte daher auch nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Einholung eines "Obergutachtens".

Sohin mußten bei der belangten Behörde keineswegs Zweifel darüber entstehen, ob der Beschwerdeführer zur Tatzeit im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, und gehen die vom Beschwerdeführer von einer verfehlten Prämisse ausgehenden Berechnungen ins Leere. Im übrigen sei der Beschwerdeführer darauf verwiesen, daß selbst dann, wenn der unmittelbar vor Antritt der Fahrt genossene Alkohol noch nicht vollständig resorbiert gewesen sein sollte, die schädlichen Wirkungen des Alkohols auf die Fahrtüchtigkeit unabhängig vom Grad der Alkoholresorption sofort, also bereits in der Anflutungsphase, eintraten (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Zl. 90/18/0027). Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.

Soweit der Beschwerdeführer die Strafbemessung rügt, vermag er gleichfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Im Hinblick auf die Strafdrohung des § 99 Abs. 1 StVO bis zu S 50.000,-- ist eine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die belangte Behörde nicht zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger Alkoholbeeinträchtigung Resorption Abbaugeschwindigkeit Alkoholbeeinträchtigung Fahrtüchtigkeit Gutachten Beweiswürdigung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990020085.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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